
Dickinson
Emily Dickinson ist eine der bedeutendsten US-Amerikanischen Poetinnen (mindestens) des 19. Jahrhunderts und schuf beinahe 1.800 Gedichte, wovon allerdings nicht einmal ein Dutzend zu ihrer Lebzeit veröffentlicht wurden. Das mag auch daran gelegen haben, dass Dickinsons Gedichte nicht inhaltlich, sondern oft auch in der Form ihrer Zeit voraus waren. So brach sie mit beinahe allen Regeln der Dichtkunst, die als guter Stil galten, etwa durch auf den ersten Blick willkürliche Groß- und Kleinschreibung und eher zufällig eingestreute Satzzeichen. Dickinson lebte zurückgezogen, gar abgeschottet von anderen Menschen und lebte Freundschaften vor allem in schriftlicher Form aus.
Eine Serie über eine Person, die ihr Zimmer nicht verlässt und überwiegend schriftlich kommuniziert? Apple hat sich für „Dickinson” einiger interessanter Kniffe bedient. Viele Szenen und ganze Handlungsstränge basieren auf Dickinsons Briefen oder gar auf einzelnen Versen ihrer Gedichte. Mindestens ihre Begegnungen mit der Figur des Todes oder einer überdimensionalen und sprechenden Biene laden den Zuschauer außerdem in den Kopf der Poetin, die ganz fabelhaft von Hailee Steinfeld gespielt wird, ein. Untermalt wird die Dramaserie immer wieder von moderner Musik der Genres R’n’B und Rap/Hiphop, was ein Stück weit an das Musical „Hamilton” erinnert. Das gepaart mit immer wieder durchbrechender moderner Sprache (Die Serien-Dickinson beginnt eine Zurechtweisung eines Bekannten mit „Alter, …” (im englischen Original „Dude, …“).) funktioniert als Sinnbild nicht nur für die vermuteten Wirren in Dickinsons Innerem, sondern eben auch für den Anachronismus, den ihre Dichtung darstellte.
„Dickinson” als eine von nur einer Hand voll Serien zum Start eines neuen Streamingdienstes zu zeigen, ist gewagt und ein Statement. Nicht jeder wird etwas mit „Dickinson” anfangen können. Ohnehin, da man sich auf die Art der Umsetzung einlassen muss und noch einmal mehr, wenn man als jemand ohne Verbindungen in die USA mit hoher Wahrscheinlichkeit noch nie etwas von der historischen Person Emily Dickinson gehört hat. Mit „Dickinson” knüpft Apple an das Versprechen an, mit AppleTV+ der Kunst und der künstlerischen Freiheit ein Zuhause bieten zu wollen.
Sebastian Schack
Diskutiere mit!
Hier kannst du den Artikel "Apple TV+: Diese Serien sind Ihre Zeit tatsächlich wert" kommentieren. Melde dich einfach mit deinem maclife.de-Account an oder fülle die unten stehenden Felder aus.
Ich wünsche mir, wenn ich das darf, mal eine Serie nicht nach US-Storyschreiber Vorbild wie GOT oder ähnlich. Egal wie gut die ursprüngliche Idee auch sein mag, bitte nicht immer die gleichen unendlichen Verwicklungen, dutzende Handlungsstränge, Twists und Ränkespiele. Es müssen auch nicht immer 10 Staffeln sein... Ich mag auch Serien, wo einzelne Folgen für sich stehen und man nicht immer alles gesehen haben muss... Ist aber nur meine Meinung oder mein Wunsch!