iPhone-Gimbal: Bildstabilisierung im Test

Test: FeiYu Tech G4 Pro - iPhone-Gimbal als Wunderwaffe gegen verwackelte Videos

G4 Pro im Test: So gut ist das iPhone-Gimbal wirklich. Hobbyfilmemacher haben leider nur selten ein gutes Auge für Motiv und Bildkomposition und treiben zudem durch technische Unzulänglichkeiten ihr Publikum in den Wahnsinn. Ein Gimbal vermag zumindest letzteres Problem zu entschärfen.

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5 Minuten Lesezeit

Smartphones bieten inzwischen eine Bild- und Tonqualität, die der von Camcordern im Einsteigersegment kaum nachsteht. Aktuelle iPhone-Modelle können dabei sogar hochauflösende Aufnahmen in 4K anfertigen, den Schnitt erledigt man per App gleich auf dem Smartphone. Doch gute Videos sind nicht nur eine Frage einer möglichst hohen Auflösung, guter Bildqualität und gelungener Nachbearbeitung.

Geheimzutat Bildstabilisierung: Das G4 Pro

Je nach Modus lässt sich mit dem kleinen Joystick und etwas Feingefühl vertikal und horizontal schwenken.
Je nach Modus lässt sich mit dem kleinen Joystick und etwas Feingefühl vertikal und horizontal schwenken. (Bild: Stefan Molz)

Auch wenn man sich Mühe gibt: Wer aus freier Hand filmt, fängt sich schnell verwackelte Aufnahmen ein. Dabei hilft selbst die ruhigste aller Hände nichts, denn im Ergebnis hat man es im fertigen Video oft mit reichlich „Seegang“ zu tun. Das gilt übrigens auch für Videos, die mit einem iPhone 6s Plus mit integrierter Bildstabilisierung aufgenommen wurden, denn Wunder vermag diese eben so wenig zu vollbringen, wie entsprechende Algorithmen in Videoschnittsoftware ein zu viel an Bewegung aus dem fertigen Video herauszurechnen vermögen. Doch wie kann man als Laie sanfte Schwenks und weiche Kamerafahrten umsetzen? Mit einem Gimbal.

Was ist ein Gimbal?

Unter einem Gimbal versteht man im Film eine Vorrichtung zur Bildstabilisierung. Diese wird durch eine Kameraaufhängung realisiert, die über drei rechtwinklig zueinander stehende Achsen verfügt. Alle drei Achsen sind mit bürstenlosen Elektromotoren bestückt, die dank entsprechender Lagesensorik die vom Kameramann auf die Kamera übertragenen Bewegungen ausgleichen und so für ein deutlich ruhigeres Bild sorgen.

G4 Pro: Ausgepackt und losgelegt

Das G4 Pro ist ein Gimbal, in dessen Halterung sich alle iPhone-Modelle ab dem iPhone 4 einspannen lassen. Im Lieferumfang befindet sich dabei natürlich zuerst einmal das Gimbal selbst. Das Gerät ist gut und sauber verarbeitet, besteht zum größten Teil aus Metall und liegt dank entsprechendem Profil sicher in der Hand – das ist auch nötig, denn die gesamte Konstruktion aus Gimbal und iPhone bringt in etwa ein halbes Kilogramm auf die Waage.

Neben aktuellen iPhone-Modellen passen auch ältere Modelle in die Halterung.
Neben aktuellen iPhone-Modellen passen auch ältere Modelle in die Halterung. (Bild: Stefan Molz)

Ein Blick von oben zeigt alle drei Achsen.
Ein Blick von oben zeigt alle drei Achsen. (Bild: Stefan Molz)

Zwei Sätze á zwei Lithium-Ionen-Akkus vom eher ungewöhnlichen Typ 18350 versorgen das Gimbal mit Strom, ein Ladegerät mitsamt USB-auf-Mini-USB-Kabel liegt bei. Mit diesem lassen sich die Akkus am heimischen Mac oder am iPhone-Netzteil laden. Die Akkus werden danach paarweise in dem via Schraubbewegung zu öffnenden Haltegriff eingelegt. Ein Paar versorgt das Gimbal verlässlich für je zwei Stunden mit Strom – bei im 4K-Modus anfallenden 375 MB an Daten pro Minute ist der Speicherplatz eines iPhones wohl eher der die Aufnahmedauer limitierende Faktor.

Das Gegengewicht (rechts im Bild) lässt sich austauschen, um das Gimbal für verschieden schwere Smartphone trimmen zu können.
Das Gegengewicht (rechts im Bild) lässt sich austauschen, um das Gimbal für verschieden schwere Smartphone trimmen zu können. (Bild: Stefan Molz)

Außerdem im Lieferumfang: diverse Gegengewichte, mit denen sich verschieden schwere Smartphones gegen die Halterung austarieren lassen. Das Austarieren ist nötig, um einen geraden, sauberen Horizont zu erhalten. Auch andere Smartphones, getestet haben wir neben diversen iPhone-Modellen unter anderem das Galaxy S7 Edge von Samsung, werden von den mitgelieferten Gewichten in Balance gehalten. Auf Nachfrage wurde uns zudem versichert, dass man nach der Veröffentlichung eines „iPhone 7“ gegebenenfalls entsprechende Gegengewichte anbieten wird. Mit Blick auf den Anschaffungspreis und dem daraus resultierenden Wunsch nach einer gewissen Investitionssicherheit ein willkommenes Detail. Überhaupt: Angst vor „Made in China“ ist unangebracht. Die auch deutschsprachige Anleitung erklärt die Inbetriebnahme und die verschiedenen Betriebsmodi gut verständlich. Die verschiedenen Modi lassen sich durch mehrmaliges Drücken des blau hintergrundbeleuchteten Tasters am Haltegriff aktivieren. Zur Auswahl stehen: 

• Schwenkmodus: Das iPhone kann nach links und rechts geschwenkt werden, via Joystick lässt der Neigungswinkel nach oben und unten verstellen.

• Schwenk- und Neigungsmodus: Auch hier kann das iPhone nach links und rechts geschwenkt werden, zusätzlich aber auch nach oben und unten. Rollbewegungen sind nicht möglich.

• Verriegelter Modus: Das iPhone wird in seiner aktuellen Ausrichtung fixiert.

Über den im Haltegriff integrierten Joystick lassen sich je nach Modus sowohl vertikale als auch horizontale Schwenks ausführen. Hierbei ist allerdings Fingerspitzengefühl gefragt. Der Stick reagiert empfindlich, Schwenks wirken daher ohne entsprechende Feinmotorik des Anwenders zu schnell oder ruckartig.

Auf der Rückseite findet sich etwas versteckt eine kleine Status-LED und eine USB-Buchse, etwa für Firmware-Updates. Für das G$ Pro ist noch kein solches Update veröffentlicht worden. Andere Gimbals aus dem Hause FeiYu ließen sich bislang nur mit einer Windows-Software aktualisieren.
Auf der Rückseite findet sich etwas versteckt eine kleine Status-LED und eine USB-Buchse, etwa für Firmware-Updates. Für das G$ Pro ist noch kein solches Update veröffentlicht worden. Andere Gimbals aus dem Hause FeiYu ließen sich bislang nur mit einer Windows-Software aktualisieren. (Bild: Stefan Molz)

Zudem lässt sich das Gimbal auch kopfüber im sogenannten  Umkehrmodus betreiben (der dem Schwenkmodus entspricht) – so lassen sich beispielsweise eindrucksvolle, stabilisierte Aufnahmen aus der Bodenperspektive anfertigen, etwa um Videos aus der Sicht krabbelnder Babys zu filmen. Auch lässt sich der Horizont nachjustieren, was im Rahmen unseres Tests aber nicht nötig war.

DJI Osmo: Die Alternative?

Der wohl größte Konkurrent des G4 Pro ist DJIs Osmo. DJI setzt auf das Know-how aus seinem Drohnen-Geschäft: Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich beim Osmo um eine auf einem Haltegriff platzierte und via Gimbal stabilisierte Kamera aus eben einem solchen Fluggerät – das eigene Smartphone dient dabei als Steuereinheit und Sucher. Osmo arbeitet aufgrund von Lüftern im Gerät deutlich lauter als das Duo aus G4 Pro und iPhone, die Qualität des Tons ist mies und die Akkulaufzeit liegt in der Praxis deutlich unter einer Stunde. Die Basisversion mitsamt 12-MP-Standard-Kamera kostet 749 Euro.

G4 Pro: Gut, aber nicht ganz perfekt

Kleine Macke im Detail: Die Auflagefläche ist nicht mit Gummi ausgekleidet, wer sein iPhone nicht besonders vorsichtig in die Halterung spannt, riskiert kleine Schrammen.
Kleine Macke im Detail: Die Auflagefläche ist nicht mit Gummi ausgekleidet, wer sein iPhone nicht besonders vorsichtig in die Halterung spannt, riskiert kleine Schrammen. (Bild: Stefan Molz)

Der Haltegriff bietet zwei Gewinde, eines für Stative, eines für die Verlängerung des Griffs.
Der Haltegriff bietet zwei Gewinde, eines für Stative, eines für die Verlängerung des Griffs. (Bild: Stefan Molz)

Das G4 Pro hat sich im Test als gut verarbeitet und funktional bewiesen. Dennoch hat das Gerät zumindest eine wirklich nennenswerte Schwäche: Sind die Akkus leer, rastet das Gimbal nicht in einer Ruheposition ein, sondern fällt in sich zusammen. Das birgt leider das Potenzial für Schrammen und Macken sowohl am iPhone als auch am G4 Pro selbst. Die einzige Warnung im Vorfeld ist das Blinken einer rückseitig angebrachten Mini-LED. Darüber hinaus hätten wir uns eine schützende Auskleidung der Auflagefläche der Smartphone-Halterung und einen Zugang zur Lightning-Buchse gewünscht – Zubehör wie etwa ein externes Lightning-Mikrofon lässt sich so leider nicht sinnvoll nutzen. Toll wäre auch eine Bluetooth-Verbindung zwischen Smartphone und Gimbal, die eine Einhandbedienung ermöglichen würde, etwa zum Starten und Beenden einer Aufnahme - das schaffen sogar bessere Selfie-Sticks. Apropos Selfie-Stick: Der Haltegriff lässt sich dank eines innenliegenden Gewindes durch optional erhältliche Zwischenstücke verlängern, eine ebenfalls optionale kabelgebundene Fernbedienung gewährt in diesem Fall wenn nötig Zugriff auf die Bedienelemente. Auch ein Stativgewinde ist in den Haltegriff integriert.

Fazit

Der qualitative Unterschied zwischen einem via Gimbal stabilisiertem Video und frei aus der Hand gefilmtem Material ist mehr als nur deutlich. Die Investition in die clevere Haltekonstruktion zahlt sich unmittelbar in hochwertiger wirkenden Aufnahmen aus: Bewegungen werden durch die kardanische Aufhängung ausgeglichen, grob verwackelte Videos sind nicht länger ein Problem. Punktum: Das Duo aus G4 Pro und iPhone-Kamera ebnet Hobbyfilmern den Weg auf ein neues Qualitätsniveau. Uns störte allerdings immer wieder einmal der etwas enge Bildwinkel der iPhone-Kamera – das aber ist kein Problem des Gimbals. Das Gimbal ist im Apple Store und direkt bei FeiYu Tech erhältlich – der Preisvorteil bei Direktbestellung allerdings wird von den Versandkosten und durch eine Verzollung anfallende Kosten aufgefressen.

Testergebnis
ProduktnameG4 Pro
HerstellerFeiYu Tech
Preis379,95 €
Webseitefeiyu-tech.com
Pro
  • gute Bildstabilisierung
  • zukunftssicher durch austauschbare Gegengewichte
  • Stativgewinde
  • verlängerbar
  • Fernbedienung als Zubehör verfügbar
  • hohe Akkulaufzeit
Contra
  • selten kurzes Harken bei Schwenks via Joystick
  • Gimbal ohne Ruheposition bei leerem Akku
  • Status-LED rückseitig angebracht
SystemvoraussetzungenSmartphone, offiziell unterstützt iPhone ab iPhone 4
Bewertung
2gut

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