Number26: „Europas modernstes Girokonto“ im Selbstversuch

Beim Thema Banken bin ich gleichermaßen vorsichtig wie kritisch. Praktisch kein Bankenangebot spricht mich vollumfänglich an. Die Versprechungen von Number26, endlich ein zeitgemäßes Girkokonto mit anständiger App, sowie hübscher und zugleich informativer Website anzubieten, waren verlockend genug, dass ich den Selbstversuch gestartet habe. Tatsächlich macht Number26 vieles besser – aber auch hier gilt derzeit, dass nicht alles Gold ist, was glänzt.

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Provokativ wirbt Number26 damit „europas modernstes Girokonto“ zu sein. Wenn man sich anschaut, wie angestaubt die meisten Banken sind, ist das ein Ziel, das in der Tat nicht allzu schwer zu erreichen sein sollte. Gerade in Deutschland bieten viele Banken immer noch Websites an, die optisch auch in den 1990er-Jahren nicht aufgefallen wären. Viele eigene Apps von Banken bilden nicht alle Funktionen ab, die im Web zur Verfügung stehen oder sind noch immer nicht auf iPhone 6 und iPhone 6 Plus angepasst. Die meisten nutzen nach wie vor nicht Touch ID zum sperren der jeweiligen App.
 

 
Eigentlich hat Number26, also zumindest an der Front leichtes Spiel – sollte man meinen. Auch, weil Number26 selbst keine Bank ist, sondern lediglich eine Art Frontend für ein klassisches Konto darstellt. Dahinter steht die Wirecard als Bank.
 

Die Einrichtung

Bei Number26 kann man derzeit nicht einfach so ein Konto eröffnen. Man muss seine E-Mail-Adresse hinterlegen und kommt dann auf eine Warteliste. Wer es dann irgendwann geschafft hat, kann anderen Wartenden einen Freischaltcode zukommen lassen. Auf Twitter war jemand nett genug, mir einen seiner drei Codes zukommen zu lassen, damit ich Number26 selbst ausprobieren konnte.
 

 
Ist man erstmal an der Reihe, ist in der Tat alles recht einfach. In der iOS-App (natürlich funktioniert das alles auch im Web) muss lediglich der „Invite Code“ eingegeben werden und schon geht es los. In den folgenden Schritten werden – wie bei der Eröffnung jeden anderen Kontos auch – diverse persönliche Daten abgefragt. Spannend wird es erst im letzten Schritt, bei dem es um die Verifikation der eigenen Identität geht.
 

 
Selbstverständlich steht hier PostIdent zur Wahl. Wer aber nicht mit ausgedruckten Zetteln zur einer Postfiliale wandern möchte, kann die Identität auch via Videotelefonat verifizieren lassen. Dafür muss die App IDnow aus dem App Store geladen werden. Dort wiederum muss eine von der Number26-App generierte Vorgangs-ID eingetragen werden.
Danach wird man mit einem Mitarbeiter von IDnow verbunden, der einen darum bittet, Fotos vom Gesicht und dem Personalausweis machen zu dürfen. Beides passiert direkt über die Kameras des iPhones. Danach ist das Konto direkt freigeschaltet.
 

 
Die beiden letzten Schritte dienen der Verknüpfung des Kontos mit dem iPhone (das erfolgt über einen per SMS zugeschickten Verknüfungscode) und dem Festlegen eines PIN-Codes für die MasterCard.
 
 

Viel Komfort

Direkt bei der ersten Nutzung fällt auf, dass man bei Number26 voll auf Komfort und Benutzbarkeit setzt. Wer ein Number26-Konto hat, soll keinen Bedarf mehr an zusätzlichen Apps wie Outbank haben. Entsprechend viele Einstellungen lassen sich bequem in der App oder auf der Website vornehmen. Sie möchten Karten-Zahlungen im Ausland oder im Web verbieten? Das können Sie mit einem Klick genauso einfach lösen, wie die Frage, ob die Karte zum Geldabheben an Automaten freigeschaltet werden soll.
 

 
Über erfolgreiche Zahlungen, Gutschriften, Abbuchungen oder Lastschriften werden Sie per Push-Meldung oder auf Wunsch auch per E-Mail benachrichtigt. Wenn Ihnen das zu viel wird, können Sie einzelne Benachrichtigungen deaktivieren oder an ein Limit koppeln. Dann klingelt das iPhone beispielsweise nur noch bei Abbuchungen von mehr als 50 Euro.
 

 
Ebenfalls komfortabel ist, dass die App Zahlungsvorgänge nicht nur grafisch hübsch aufbereitet, sondern daraus auch direkt Statistiken generiert. So hat man schnell einen Überblick, wie viel Geld Sie täglich, wöchentlich oder monatlich für Ernährung, Freizeit oder Shopping ausgibt.
 

 
Enttäuschend hingegen ist, dass die Number26-App weder Touch ID nutz, noch an die neuen Displaygrößen von iPhone 6 und iPhone 6 Plus angepasst ist. Hier hätte ich wirklich mehr erwartet. Insbesondere, da die neuen iPhones inzwischen auch nicht mehr taufrisch sind.
 

Kosten und Karten

Number26 erhebt weder Gebühren für die Kontoführung noch für die bereitgestellte Mastercard. In Deutschland wird allerdings schnell zum Problem, dass man zum Number26-Konto ausschließlich eine Mastercard erhält. Ja, richtig, eine EC-/Maestro-Karte gibt es bislang nicht. Gerade in Deutschland scheitert man aber an vielen Kassen mit einer Kreditkarte nach wie vor. Number26 will diesbezüglich noch im Frühjahr Abhilfe schaffen.
 

Moneybeam

Eine großartige Funktion hingegen ist Moneybeam. Darüber kann man Menschen Geld zukommen lassen, ohne dass diese einem erst ihre Kontodaten übermitteln müssen. E-Mail-Adresse oder Mobilfunkrufnummer der mit Geld zu beglückenden Person reicht aus. Die Person erhält dann entweder via SMS oder E-Mail einen Link zu Moneybeam. Dort müssen dann die Kontodaten hinterlegt werden und schon wird das Geld transferiert. Zu meinem großen Erstauen hat das in ein paar Tests völlig reibungslos funktioniert.
 

Fazit

Number26 hat wirklich das Zeug dazu, das Girokonto ein gutes Stück weit zu revolutionieren. Funktionen, Design, Layout – alles top. Schade ist lediglich, dass auch die App von Number26 der Zeit etwas hinterher hinkt (Touch ID, Anpassung an neue iPhones). Zumindest deutsche Kunden werden außerdem eine EC-/Maestro-Karte schmerzlich vermissen. Das ist dann auch der Hauptgrund, weswegen ich mein bisheriges Girokonto noch nicht gekündigt habe und noch nicht vollständig zu Number26 gewechselt bin.

UPDATE: In den Kommentaren stellte fabian21345 zwei wichtige Fragen. „Wie kann man Bargeld einzahlen? Und wie viel Gebühren erwarten ein beim Abheben von Geldautomaten im In und Ausland?“ -- Bargeld abheben kann man gebührenfrei an jedem Automaten (weltweit), der Mastercard akzeptiert. Beim Einzahlen von Bargeld sieht's ähnlich mau aus wie bei allen(?) Direktbanken: Grundsätzlich bei jeder Filialbank - gegen Gebühr.

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Wie kann man Bargeld einzahlen? Und wie viel Gebühren erwarten ein beim Abheben von Geldautomaten im In und Ausland?

Bargeld einzahlen – habe ich selbst noch nicht ausprobiert. Will ich aber bald versuchen. Kann zumindest bei der Sparkasse und Volksbank – um nur ein Paar zu nennen – kostenlos Geld abheben. Vielleicht lassen sich auch deren "Einzahl"-Automaten nutzen.

Kostenlos Geld abheben? Überall, wo du das Mastercard-Logo siehst. Schau dir mal die App Mastercard Nearby an. Dort findest du alle Automaten mit näheren Infos (z.B. kostenlos). Aber Achtung: Die App unterscheidet scheinbar nicht zwischen Filiale und Bürogebäude – letztere haben keine Automaten vor Ort.

Wichtige Fragen, danke!
Bargeld abheben kann man gebührenfrei an jedem Automaten (weltweit), der Mastercard akzeptiert.
Beim Einzahlen von Bargeld sieht's ähnlich mau aus wie bei allen(?) Direktbanken: Grundsätzlich bei jeder Filialbank - gegen Gebühr.

Man sollte dabei bedenken, dass Number26 ein junges Startup ist und – wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt – nicht ganz so viele Investitionen erhalten hat wie manch anderes Startups.

Ich lasse auch etwas Zeit vergehen. Wenn aber Daueraufträge verfügbar sind, blicke ich nicht mehr zurück und wechsel zu Number26. Touch ID ist nur ein Luxus, den sowieso kaum eine Banking-App integriert hat. Das ist also ein schwacher Vergleich.

Viele meinen, die Mastercard wäre quatsch. Finde ich nicht.
Bargeld kann ich bei 6 verschiedenen Banken und allen Drittanbieter-Automaten in meiner Nähe abheben, denen ich bisher begegnet bin. Ohne Kosten! Probier das mal mit einem "normalen" Girokonto.

Bezahlen ist auch fast überall möglich. Für den Rest gibt es ja noch Bargeld. Und wenn die Maestro-Karte kommt, umso besser.

Number26 ist für mich jetzt bereits das Startup des Jahres.

Von Vorteil ist, dass es einem als Kunden relativ egal sein kann, ob Number26 pleite geht. Dahinter steht Wirecard und muss dem deutschen Gesetz entsprechend Einlagen von Privatkunden absichern.

Natürlich kann man überall, wo die Mastercard nicht akzeptiert wird, mit Bargeld zahlen. Dann sind aber natürlich viele Vorteile von Number26 (Statistiken über Ausgaben) futsch.

Frage: Wie finanzieren die sich? Durch die Kosten, die für den Händler entstehen, wenn man mit der Karte bezahlt oder anders? Wie sieht es mit Sicherheit aus?

Als digitaler Nomade ist wäre das eine sehr gute Sache.

Korrekt, Number26/Wirecard verdient (wie alle anderen auch) an den Gebühren, die für Händler bei Kartentransaktionen fällig werden. Number26 verdient außerdem an den Einlagen von deren Partnerbank Wirecard. (Quelle: https://number26.de/kosten/)

Zum Thema Sicherheit steht eigentlich alles relevante schon im Text (wenn auch nicht wirklich ausführlich): Bei Wirecard handelt es sich um eine deutsche Bank, die sich nach deutschen Vorschriften etc. pp. richten muss. Von daher steht es um die Sicherheit nicht schlechter bestellt als bei anderen Banken auch. Im Zweifel sogar besser, da man die Einsatzmöglichkeiten der Mastercard wie oben beschreiben bequem selbst festlegen kann.

Letzendlich ist esnscheinbar das gleiche konzept, was die fidor bank schon seit einigen jahren erfolgreich umsetzt. Ich bin gespannt ob da number26 wirklich noch besser sein kann um sich europas beste bank zu nennen

Jein. Bei der Fidor-Bank fällt eine Gebühr für die Mastercard an. Die ist mit 9 Euro zwar niedrig aber existent. Außerdem kann man bei der Fidor-Bank nur 4x pro Monat kostenfrei Bargeld abheben.

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