Steve Jobs war ein echtes Marketing-Genie. Er konnte beinahe jeden davon überzeugen, dass Apple-Produkte nicht bloß Produkte waren – sie waren ein Lifestyle an und für sich selbst. Er schaffte es sogar, den Menschen Socken (für den iPod) anzudrehen und sie dabei cool und nicht albern aussehen zu lassen. Und seine „Stevenote“-Präsentationen bei Apple-Veranstaltungen wurden schnell legendär.
Aber egal wie gut seine Präsentation auch war, man wusste, dass er sich das Beste für den Schluss aufbewahrte. In bester Inspektor-Columbo-Manier fasste Jobs noch einmal alle Themen aus seiner Präsentation zusammen, machte sich auf den Weg von der Bühne und tat dann so, als wäre ihm just in diesem Moment noch etwas eingefallen, wandte sich dem Publikum zu und sprach den beinahe magischen Satz „But there is one more thing.“ Die Phrase wurde zu einem Markenzeichen und führte regelmäßig zu echter Aufregung und Spannung im Publikum und in der gesamten Fangemeinde. Denn: wer wird nicht gerne überrascht? Und für gewöhnlich zauberte Jobs an dieser Stelle wahre Highlights aus dem Zylinder.
Wir erinnern uns zurück und haben unsere liebsten „One more thing“-Stellen aus der Zeit von Jobs’ Rückkehr zu Apple bis zu seinem viel zu frühen Tod 2011 für Sie zusammengesucht.
2000 Jobs’ Rückkehr als CEO
Nach seinem Rauswurf bei Apple 1985 verbrachte Steve Jobs 13 lange Jahre abseits „seiner“ Firma, gründete mit NeXT die nächste Computerfirma und sorgte früh für eine anständige Finanzierung des Animationsfilmstudios Pixar. 1997 war Apple nur noch ein Schatten seiner selbst und an der Grenze zum Ruin. Nachdem Apple NeXT für 427 Millionen Dollar gekauft hatte, kam auch Jobs zurück zu Apple und fungierte als Interims-CEO.
Er begann sofort mit einer Rosskur und schmiss alle ihm überflüssig erscheinenden Projekte über Bord – CyberDog, OpenDoc und Newton, um nur ein paar zu nennen. Aber auch das Personal inklusive der Chefetage musste Einschnitte hinnehmen. Tatsächlich schaffte Jobs es mit seiner Taktik, Apple wieder profitabel zu machen. Dennoch erklärte er, dass er sich nicht vorstellen könne, der Firma langfristig erhalten zu bleiben. Und so suchte man bei Apple weiter nach einem permanenten CEO. Bei der Macworld im Januar 2000 aber zog Jobs dann ein As aus dem Ärmel.
Im Rampenlicht
Nachdem er über Apples enges Zusammenspiel von Software und Hardware gesprochen hatte, das es der Firma erlaube, innovativer zu sein als alle anderen, begann Jobs die vergangenen zweieinhalb Jahre Revue passieren zu lassen. Dann bat er die Apple-Mitarbeiter, die für OS X verantwortlich waren, aufzustehen und bedachte sie mit gebührendem Applaus. Das gleiche wiederholte er mit weiteren Abteilungen des Hauses. Jobs erklärte, dass er ein Leben als „dual CEO“ sowohl bei Apple als auch bei Pixar geführt habe und dass er ab sofort der Vollzeit-CEO von Apple sei. Die im Raum versammelten Menschen brachen in Jubel aus und nun war es an Jobs, stehende Ovationen entgegenzunehmen.
2001 PowerBook G4
Selbst für Steve-Jobs-Standards war die Enthüllung des PowerBook G4 ein außergewöhnliches Beispiel seiner Präsentationsfähigkeiten. Nach dem „one more thing“ leuchteten die Buchstaben „Ti“ auf der Leinwand auf. Jobs erklärte, dass während Apples Notebooks die Power hätten, hätten die der Konkurrenz „the sex“. „Wir wollen beides!“, erklärte Jobs zur Erheiterung des Publikums. Dies konnte nur eins bedeuten: „ein vollkommen neues PowerBook… unser erstes G4-PowerBook“. Ausgestattet mit AirPort und einem integrierten DVD-Laufwerk, sowie einem Akku, der fünf Stunden durchhielt, war das Notebook ein echtes Arbeitstier. „Aber was ist mit dem Sex“, fragte Jobs. Und da gab es einiges: das PowerBook G4 war für damalige Verhältnisse erfreulich dünn und leicht. Dann erschien wieder „Ti“ auf der Leinwand. „Was heißt das“, fragte Jobs. „Titan! Es ist aus Titan gemacht! Wie Spionageflugzeuge!“ Den größten Applaus aber gab es an anderer Stelle: „Wie ihr sehen könnt,“ erklärte Jobs, „haben wir das Logo umgedreht, so dass es richtig herum zu sehen ist, wenn man [das PowerBook] öffnet!“
Ein meisterhaftes Gerät
Aber wie verhielt sich das neue PowerBook zum Gerät mit dem bislang größten Sexappeal, dem Sony Vaio? Nun, das PowerBook war 50 Dollar teurer. Was man für den Aufpreis bekam? So einiges! Es hatte einen 52 Prozent größeren Bildschirm, war 15 Prozent dünner und hatte den leistungsstärkeren Prozessor. Der Akku hielt mehr als doppelt so lange durch wie beim Vaio, das zudem noch ein Magnesiumgehäuse hatte („Ein Material aus dem letzten Jahr,“ wie Jobs erwähnte).
Das beste Fazit lieferte der geschätzte Journalistenkollege John Siracusa von Ars Technica: „Es ist schneller und vielseitiger als mein Desktop-Computer. Es wiegt ungefähr so viel wie meine Tastatur. Ich will es haben!“
2005 Power Mac G5
Für gewöhnlich waren „one more thing“-Momente am Ende einer Stevenote zu erwarten. Nicht so aber bei der Ankündigung des Power Mac G5. Dieses Gerät war wichtig genug für Apple, dass Jobs es bereits zur Mitte seiner Keynote-Präsenation bei der WWDC 2003 enthüllte und dann den Rest der Zeit darauf verwendete.
Ein Stück weit war die Katze allerdings bereits aus dem Sack, da die technischen Spezifikationen zum Power Mac G5 bereits eine Woche zuvor irrtümlich ihren Weg auf die Apple-Website fanden.
Trotzdem genug zu erzählen
Trotz der frühzeitigen Bekanntgabe hatte Jobs immer noch genug Neuigkeiten im Gepäck. Es handelte sich um den schnellsten Personal Computer der Welt und in ihm steckte der erste 64-Bit-Desktop-Prozessor der Welt, der auch gleich der schnellste Desktop-Prozessor der Welt war – mit 2 Gigahertz. Außerdem war es eine der besten Maschinen in Sachen Sprungvorhersagen („branch prediction“). Sie wissen nicht, was das ist? Macht nichts, Jobs nämlich auch nicht. „Ich weiß genau, was das macht,“ erklärte er. „Es sagt Sprünge voraus!“
Der Power Mac G5 kam mit bis zu 8 GB RAM und hatte „eine der derzeit heißesten Grafikkarten“ an Bord, die Radeon 9600 Pro in den Highend-Modellen und die Nvidia GeForce FX 5200 in den Einstiegsmodellen. Trotz all dieser Leistung und neun Lüftern war der Power Mac G5 deutlich leiser als sein Vorgänger. Der größte Moment der Präsentation war aber, als Jobs das Gerät erstmals zeigte und es dazu auf einem Podest aus dem Bühnenboden fuhr. Bonuspunkte gab es für die Tragegriffe. „Wir sind die einzigen, die Griffe an Dinge machen“, sagte Jobs. „Unsere Pro-Kunden lieben sie!“
Zum Glück gab es einiges mehr, das am Power Mac G5 zu lieben war.
2005 iPod Shuffle
Nach der Vorstellung des ROKR-Telefons, Apples Kollaboration mit Motorla, die schnell scheitern sollte, ging Jobs zur letzten Neuvorstellung des Tages über. Die Zukunft bedeute nicht nur bei Apple, sondern auch überall sonst digitale Musik, erklärte er. Das „one more thing“ begann mit einem Blick auf den Markt für mobile Musikabspielgeräte. Die Konkurrenz des iPod litt, so Jobs, an winzigen Displays und qualvollen Bedienoberflächen. Zuletzt hatte Apple herausgefunden, dass die bevorzugte Abspielmethode unter den iPod-Kunden der Shuffle-Modus war. Das brachte Jobs und sein Team auf eine Idee.
Kampfansage
„Wir haben entschieden, einen Player auf Flash-Speicher-Basis um die Shuffle-Funktion herum zu bauen,“ so Jobs. Der neue iPod hatte keinen Bildschirm, denn schließlich ging es ja darum, die Musik zufällig wiederzugeben. Wozu also einen Bildschirm einbauen? Trotzdem verfügte das Gerät auch über einen Wiedergabemodus in der gespeicherten Reihenfolge.
Das Ziel war es, der Konkurrenz das Wasser abzugraben. Während deren Geräte für gewöhnlich 256 MB Speicherplatz bei einem Preis zwischen 99 und 170 US-Dollar boten, gab es den Shuffle bereits für 99 US-Dollar mit 512 MB Speicherplatz. Doppelt so viel wie bei der Konkurrenz. Für 149 Dollar gab es außerdem eine Variante mit 1 GB Speicherplatz, vier mal so viel wie bei den meisten anderen Playern, die sogar noch mehr kosteten.
Weltherrschaft
Außerdem gab es USB 2.0, eine „AutoFill“-Funktion in iTunes, die den iPod Shuffle mit zufällig ausgewählten Songs füllte und die Möglichkeit, den Shuffle als USB-Stick für andere Daten zu verwenden. Der Shuffle führte Apple einmal mehr an die Spitze.
2006 Intel MacBook
Über Jahre hat Apple auf die Vorteile von Intel-Prozessoren verzichtet und ist Motorolas PowerPC-Chips für Macs treu geblieben. Allerdings, wie Jobs auf der Macworld 2006 in San Francisco erklärte, waren diese nicht länger gut genug. Auch, weil sie wahre Energiefresser waren. Es war Zeit für einen Wandel.
Nach der Präsentation der Intel-iMacs zog Jobs ein weiteres Ass aus dem Ärmel. Nicht nur würde Apple einen Intel-Laptop vorstellen, nein, es handelte sich dabei auch um das allererste MacBook Pro. Ein monumentaler Wechsel folgte auf den nächsten. Den Wechsel in der Namenskonvention, weg vom bisherigen „PowerBook“ erklärte Jobs mit mehr als nur einem bisschen Ironie und einem Seitenhieb auf die Motorola-PowerPC-Chips: „We’re kinda done with Power.“
Längst nicht fertig mit „Power“
Aber was bedeutete das in der Praxis? Das neue MacBook Pro war vier bis fünf Mal schneller als das PowerBook G4 und kam mit einem 15,4-Zoll-Bildschirm, der so hell war wie Apples Cinema-Displays. Trotzdem war es nur etwa 2,5 Zentimeter dick. Für zusätzliches Aufsehen sorgte die integrierte iSight-Kamera, die zu wahren Jubelstürmen führte.
Eine großartige Ankündigung folgte auf die andere. Eine der wohl unterschätztesten zu der Zeit war jedoch eine relativ kleine: MagSafe. Die unfassbar clevere Idee, den Stromanschluss per Magnetismus und nicht per Steckverbindung zu realisieren, blieb über Jahre unverändert. Und auch bei der dritten Generation von USB-C-MacBooks ist das Gejammer über den Wegfall von MagSafe groß. So einfach, so offensichtlich – MagSafe war ein Sinnbild für Apple.
Zum Schluss erinnerte Jobs sein Publikum an den bevorstehenden 30. Geburtstag Apples und dass man nun seit 30 Jahren die besten Computer der Welt herstelle.
2008 Unibody MacBook
Wie wir heute wissen war Jobs’ Krebserkankung 2008 bereits fortgeschritten, was sich in seiner abgemagerten Statur zeigte. Das hielt ihn aber nicht davon ab, einen unserer beliebtestenen „one more thing“-Coups zu landen, indem er die Unibody-Modelle von MacBook und MacBook Pro präsentierte.
Das Alu-Gehäuse war eine mehr als willkommene Ablösung der weißen Plastik-Modell der Vorjahre. Außerdem war es an der Zeit für mehr Grafik-Power und LED-Displays. Apple warf einiges in die Waagschale. Das Gehäuse wurde aus einem Aluminiumblock gefräst und Apple konnte auf einen Großteil der in den Plastik-Laptops verbauten Teile verzichten, was zu einer belastbareren Struktur führte.
Schneller und heller
Die GPU in den neuen Mobil-Macs war vier bis fünf Mal schneller, das neue Display deutlich heller – und umweltverträglicher. Das war aber noch nicht alles. Vor der Ankündigung brauchten MacBook-Fans satte 1.999 US-Dollar, um an ein MacBook Pro zu kommen. Nach Jobs’ „one more thing“ lag der Einstiegspreis für ein Alu-MacBook bei 1.299 US-Dollar – und das Gerät war besser als das vorherige MacBook Pro.
Der Schritt zum Unibody-Gehäuse folgte aus den Erfahrungen der MacBook-Air-Produktion. Das MacBook Air aus dem Januar des selben Jahres verfügte über eine Handballenablage, die aus einem Alu-Block gefräst wurde und man fragte sich bei Apple, ob man so nicht auch einen kompletten Laptop fertigen könnte…
Dauerbrenner
Ja, man konnte! Und wie sich gezeigt hat, war das der richtige Weg. Die Vorteile lagen auf der Hand und Apple verfährt noch heute genau so.
- Es gab 32 „one more thing“-Momente in der Zeit von Steve Jobs. 33, wenn man den „Prototypen“ von der Macworld 1998 mitrechnet.
- Fast zwei Drittel aller „one more thing“-Ankündigungen befassten sich mit Hardware. Unter den ersten 16 gab es sogar nur ein einziges Software-„one more thing“.
- Die Macworld war die populärste „one more thing“-Veranstaltung. Ganze 12 Mal äußerte Jobs den markigen Satz auf einer Macworld-Bühne.
- „One more thing“ starb übrigens nicht mit Steve Jobs. Sein Nachfolger Tim Cook verwendete die Phrase 2014 zur Ankündigung der Apple Watch, im Jahr darauf für Apple Music und kürzlich für das iPhone X.
Das allererste Mal.
1998 gab es den ersten „one more thing“-Moment, ganz ohne dass Steve Jobs den später legendären Satz geäußert hätte.
Apple hatte ein schwieriges Jahrzehnt hinter sich, hatte bedingt durch vermasselte Produkte und schwere Managementfehler eigentlich keine Zukunft mehr und verlor täglich Geld. Im Oktober 1997 musste Apple ein Minus von 161 Millionen US-Dollar für das vergangene Quartal bekanntgeben. Und von Steve Jobs’ Auftritt bei der Macworld im Januar 1998 erwartete die Analysten weitere schlechte Nachrichten.
Jobs sparte sich die beste Nachricht des Tages für den Schluss seiner Präsentation auf und schockierte die Anwesenden auf positive Art und Weise mit der Erklärung, dass Apple wieder profitabel sei. Und zwar nicht gerade eben so. Apple hatte ein Plus von 45 Millionen US-Dollar erwirtschaftet und der Aktienkurs stieg in der Folge um 20 Prozent. Apple war definitiv zurück!
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Moin,
ach ja der original Shuffle, schönes kleines Gerät. Selbst meine Mutter hat ihn regelmässig bis zu ihrem Tot vor 5 Jahren genutzt, meist abends im Bett und im natürlich im Krankenhaus.
Ich muss mal suchen wo der abgeblieben ist.
gruss
sedl