Bei jedem Versionssprung stellt sich die Frage: Update oder als neues System installieren? Auch wenn ein Rechner Probleme macht und man mit der Fehlersuche nicht so richtig weiterkommt, bietet ein Neuanfang die beste Chance für eine Rettung. Ein Clean Install – also die Neuinstallation von macOS mit anschließender manueller Neukonfiguration – macht zwar schon etwas Arbeit, aber so schlimm, wie man im ersten Moment denkt, ist es nun auch wieder nicht. In den folgenden Workshops führen wir Sie schrittweise durch den Vorgang. Der Lohn ist ein Mac, der, von allen Altlasten befreit, wieder schnell und zuverlässig arbeitet.
Gefährlicher Komfort
Apple gibt sich alle Mühe, den Übergang von einer Systemgeneration zur nächsten möglichst einfach zu gestalten. Das ist eigentlich eine tolle Sache, aber es verleitet Anwender auch dazu, das System des Rechners von Jahr zu Jahr immer nur zu aktualisieren. So kann es vorkommen, dass sich kleine Fehler in Bibliotheken, Fonts, Einstellungen und anderen Komponenten ansammeln. Jeweils für sich betrachtet, geht von ihnen keine große Gefahr aus, aber in der Summe leidet dann doch irgendwann die Stabilität des Systems. Es wird langsamer, System und Apps stürzen häufiger ab. Der Prozess schreitet schleichend voran, was es schwermacht, eine bestimmte Ursache zu finden. Aus diesem Grund empfehlen wir als Faustregel, jedes zweite große Systemupdate zum Anlass zu nehmen, OS X präventiv als frisches System zu installieren. Probieren Sie nicht so oft neue Apps und Erweiterungen aus, können Sie auch bis zum dritten großen OS-X-Update warten. Umgekehrt gilt aber auch: Wenn ein Mac bereits Probleme macht, ist spätestens beim nächsten großen Systemsprung ein Clean Install fällig.
Workshop: Clean Install vorbereiten
Vorbereitungen treffen
Ein Clean Install beginnt mit einem Backup. Dabei empfehlen wir, außer dem obligatorischen Time-Machine-Lauf auch eine 1-zu-1-Kopie des Startvolumes auf einer externen USB-Platte anzulegen. Das hat gleich mehrere Vorteile. Der Klon ist nicht nur ein zusätzliches Backup, Sie können auch während des Installationsprozesses direkt davon starten oder sehr einfach Dokumente übernehmen. Später legen Sie das Laufwerk als Archiv in den Schrank.
So vorbereitet, können Sie das alte Startlaufwerk löschen, um einen sauberen Neuanfang zu ermöglichen. Dabei reicht es nicht, alle Dateien in den Papierkorb zu ziehen. Sie müssen das Volume mit dem Festplattendienstprogramm löschen, um auch unsichtbare Systemkomponenten zu entfernen. Die Gelegenheit können Sie auch gleich nutzen, um die Partitionierung zu ändern, falls diese nicht mehr Ihren aktuellen Anforderungen entspricht.
Workshop: macOS Sierra installieren
Programme aus dem App Store können Sie nach der Anmedung schnell wieder herunterladen. Vergewissern Sie sich vor dem Löschen Ihres Startvolumes, dass Sie auch für andere Apps die nötigen Installationsdateien haben. Einige Apps müssen eventuell vor dem Löschen deaktiviert werden.
Installation starten
Haben Sie das Zielvolume so weit vorbereitet, laden Sie macOS Sierra aus dem App Store. So bekommen Sie auch gleich die aktuelle Version. Nach dem Download startet das Installationsprogramm automatisch. Haben Sie das Zielvolume ausgewählt, kopiert das Programm einige Daten darauf und startet den Mac neu. Das System wird installiert und startet zur Einrichtung einen Assistenten, der grundlegende Einstellungen wie Land, Sprache, Zeitzone und Netzwerkzugang, abfragt. Dann folgt die wichtige Frage, ob Sie Daten von einer vorhandenen Installation übernehmen wollen. Für einen Clean Install verneinen Sie das, schließlich geht es ja gerade darum, sämtliche Altlasten loszuwerden.
Im Rahmen der Erstkonfiguration können Sie nun auch gleich Ihre iCloud-ID eintragen, das lässt sich aber auch später noch nachholen. Auch die Ortsbestimmung lassen Sie erst einmal ausgeschaltet. Ist die Basiskonfiguration des Systems abgeschlossen, werden Sie aufgefordert, einen ersten Benutzer-Account anzulegen. Dieser erste Benutzer ist immer ein Administrator und erhält die interne ID 501. Falls Sie den Benutzernamen nicht aus persönlichen Gründen ändern wollen, empfehlen wir, für das neu installierte System den gleichen Hauptbenutzer zu verwenden. Das vermeidet später Probleme mit Apps und Diensten, die sich an Name und ID orientieren. Diese finden dann die gleichen Angaben vor. Zum Abschluss fragt der Assistent, ob macOS Nutzerdaten zur Diagnose übertragen darf. Um seine Privatsphäre möglichst gut zu schützen, lehnt man das ab.
Workshop: Basisfunktionen aktivieren
Systemkonfiguration anpassen
Sie haben nun Sierra installiert und können sich als der gerade angelegte Benutzer anmelden. Als Nächstes geht es daran, wichtige Systemfunktionen zu konfigurieren, damit der Mac wieder wie früher funktioniert. Wir wissen natürlich nicht, welche Einstellungen und Dienste Sie vorher benutzt haben, aber wir empfehlen auf jeden Fall den Besuch in einigen wichtigen Systemeinstellungen. Dazu gehört als Erstes die Konfiguration der Update-Einstellungen in „App Store“. Die Suche nach Updates sollte auf jeden Fall aktiv sein. Außerdem empfehlen wir, „Systemdateien und Sicherheits-Updates installieren“ einzuschalten, wenn Sie sich nicht selbst darum kümmern wollen. Das automatische Laden und Installieren von App- und Systemupdates ist dagegen ein zweischneidiges Schwert, da man immer Gefahr läuft, dass Downloads die Internetverbindung zur Unzeit belasten. Außerdem verliert man die Möglichkeit, Updates vor der Installation zu überprüfen, was gerade im professionellen Einsatz unbedingt zu empfehlen ist. Auf der anderen Seite lässt man besser alle Updates installieren als gar keine. Wer sich selbst gar nicht kümmert, sollte lieber die automatischen Optionen als kleineres Übel wählen.
Als Nächstes richten Sie in „Benutzer & Gruppen“ weitere Accounts ein, die Sie benötigen. Dann aktivieren Sie in „Freigaben“ benötigte Dienste, aber bitte auch nur diese. Es sollte kein Dienst unnötig aktiviert werden. Denken Sie daran, hier auch den alten Gerätenamen wieder einzutragen. Dann meldet sich der Mac auf anderen Rechnern im Netzwerk wieder mit dem gewohnten Namen. Die Auswahl Ihres Time-Machine-Volumes und das Einschalten des Backups sollten ebenfalls zur Standardkonfiguration gehören. Sie können übrigens wieder das gleiche Volume wie vor dem Clean Install auswählen und das Backup darauf einfach fortsetzen. Der erste Lauf wird trotzdem länger dauern, aber so behalten Sie Zugriff auf die Backup-Historie.
Es muss nicht immer iCloud sein. Speicherdienste wie Dropbox sind eine weitere einfache Möglichkeit, Daten unabhängig vom Mac zu sichern. Nach dem Aufspielen des neuen Systems installieren Sie die Software des Dienstes und melden sich mit Ihren Benutzerdaten an. Schon haben Sie wieder vollen Zugriff auf Ihre gespeicherten Dateien.
Einstellungen zur Sicherheit
Tipps zu wichtigen Sicherheitseinstellungen finden Sie ab Seite 36. Sierra erlaubt nur den Start geladener Apps aus dem App Store und optional noch von verifizierten Entwicklern. Bei freien Apps erscheint immer eine Warnung. Das ist auch gut so. Wir empfehlen außerdem einen Passwortschutz und das Abschalten der automatischen Anmeldung.
Ob das Passwort auch beim Beenden des Ruhezustands abgefragt soll und wie schnell, hängt von Ihrem persönlichen Sicherheitsbedürfnis ab und davon, ob der Mac einfach für andere Personen zugänglich ist. Das gilt auch für die Volumeverschlüsselung durch Filevault. Die schützt Ihre Daten allerdings auch beim Diebstahl des ganzen Macs aus Wohnung oder Büro.
Eine besondere Bedeutung kommt außerdem der iCloud-Anmeldung zu. Wer Apples Cloud-Dienst benutzt, kann durch die Eingabe der Kontodaten nach einer Neuinstallation diverse Informationen wie Kontakte, Termine, Mail-Accounts, Bookmarks und vieles mehr wiederherstellen.
Workshop: Oberfläche anpassen
Arbeitsumgebung optimieren
Viele Funktionen der Oberfläche des Macs lassen sich individuell anpassen. Das meiste davon ist Geschmackssache. Ich stelle zum Beispiel auf jedem Mac ohne Retina-Display unter „Allgemein“ die LCD-Schriftglättung aus, um die Lesbarkeit zu verbessern. Einfarbige Schreibtischhintergründe sind vielleicht langweilig, aber übersichtlicher als Bilder mit vielen Details. Wer viel mit Fotos zu tun hat, wird hier wahrscheinlich neutrales Grau bevorzugen. Legen Sie oft Dateien auf dem Schreibtisch ab, empfiehlt sich zudem die Ausrichtung am Raster („Sortieren nach“ in den Darstellungsoptionen).
Ein echter Pluspunkt ist dagegen die Aktivierung des Sekundärklicks („Rechte Maustaste“) für die Magic Mouse, um für Kontextmenüs nicht immer die Control-Taste mitdrücken zu müssen. In den Finder-Einstellungen für neue Fenster das Home-Verzeichnis oder „Dokumente“ anstelle von „Alle meine Dateien“ auszuwählen kann das Öffnen auf älteren Macs enorm beschleunigen. Außerdem sollten Sie sich wichtige Ordner direkt in Favoriten in der Seitenleiste ziehen.
Grafisch aufwändige Bildschirmschoner kosten nur Strom. Konfigurieren Sie lieber „Energie sparen“ vernünftig. Wenn Sie den Bildschirmschoner als Zugriffsschutz verwenden möchten, merken Sie sich lieber den Kurzbefehl [cmd] + [alt] + [Auswerfen] zum Aufruf des Ruhezustands oder [ctrl] + [shift] + [Auswerfen] zum Sperren des Bildschirms. Beides lässt sich bei Bedarf über die Sicherheitseinstellungen mit einem Passwort versehen, ohne das sich der Mac nicht wieder nutzen lässt.
Wer seine Daten nicht über iCloud abgleicht, muss wissen, wo er sie findet. Viele liegen in „Benutzer/Name/Library“. Kontakte finden Sie in „Application Support/AdressBook“. Kalenderdaten liegen in „Calendars“. „Mail“ enthält lokale Postfächer und alte POP3-Konten, „Safari“ die Bookmarks. Schriften liegen in „Fonts“, eventuell auch „Library/Fonts“.
Programme anpassen
Zum Abschluss beschäftigen wir uns noch mit den installierten Apps. Auch hier gibt es ein paar wichtige Einstellungen, an die man denken sollte. Der Virencheck bringt auch auf dem Mac immer wieder Plagegeister zum Vorschein. Gewöhnlich handelt es sich um Windows-Software, die in Zip-Anhängen von Spam-Mails steckt oder als getarnter Download von einer Website erfolgt. Das zeigt recht deutlich, dass man mit Dateien aus dem Netz vorsichtig sein sollte. Deshalb schalten Sie in den Safari-Einstellungen unter „Allgemein“ das Öffnen sicherer Dateien ab. Downloads aus unbekannten Quellen sind niemals sicher. Ähnlich verhält es sich mit dem Nachladen von „Entfernten Inhalten“ in E-Mails, zum Beispiel eingebetteten Bildern. Die zugehörige Option in den Darstellungseinstellungen von Mail gehört ebenfalls abgeschaltet.
Abgeschlossen wird der Clean Install schließlich durch die Installation von Apps und die Wiederherstellung von Dokumenten. Letztere lassen sich am besten aus einem Backup oder von dem bereits erwähnt Klon-Volume wiederherstellen.
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Also, schon Schritt 1 ist mir nicht mehr möglich. 2 TB lassen sich nicht so ohne weiteres auf einer Festplatte mit Time Machine abbilden. Da hört der Spaß schon auf. Die Daten habe ich separat auf 10 Festplatten abgespeichert und immer aktualisiert. Alle Photos auf einer, iTunes auf einer anderen, Geschäftsvorgänge auf einer dritten, Mediathek auf einer vierten usw. Deshalb, wenn schon Tips dann auch das obere Spektrum berücksichtigen. Wir sind ja hier nicht im Kindergarten. Vielen Dank im Voraus.
Hallo lieber Wolfgang,
der von ihnen beschriebene Weg zur Organisation von Daten dürfte nur von den wenigsten Anwendern beschritten werden. Wir haben uns im obenstehenden Artikel auf den Regelfall konzentriert, greifen aber auch immer wieder mal komplexere Szenarien auf.
Grüße aus der Redaktion,
Stefan
Kann man dieser Vorgang mit einer "Combo"-Installation vergleichen?