Fluch der Karibik, Teil 2

Tropico 2

Als Piratenkönig auf einer kleinen Karibikinsel hat der Spieler eine Piratenschar zu managen. Eine nicht immer dankenswerte Aufgabe, denn das Piratenvolk hat ständig irgendwelche Forderungen, denen schnell nachgekommen werden muss: Glücksspiel, Essen, Alkohol und ein Dach über dem Kopf, sowie Prostitution.

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Um die raue Bande bei Laune zu halten und um diese später motiviert auf Raubzüge schicken zu können, sollte diesen Wünschen schnell nachgegangen werden, sonst findet man sich schnell auf einem kleinen Floß treibend irgendwo in der Karibik wieder. Damit die Bande auf großen Raubzug geschickt werden kann, muss zunächst ein Schiff her. Doch halt, vom „Im Schweiße deines Angesichtes“ arbeiten stand beim Anheuern nichts. Wie gut, dass sich in unserem Piratennest nicht nur die faule Piratenbrut tummelt, sondern auch zahlreiche Gefangene, die bei Beutezügen verschleppt wurden. Auf ihrem Rücken basiert der gesamte Wirtschaftszyklus auf Tropico. Sie dienen als billige Bauarbeiter, Holzfäller, Bauern oder als Angestellte in Kneipen und Bordellen.

Seemannsgarn

Ähnlich wie die Freibeuter haben auch die Gefangenen Ansprüche, die erfüllt werden müssen, sonst drohen Streiks und Arbeitsniederlegungen oder im schlimmsten Fall sogar ein Aufstand. Neben Nahrung und Schlafplatz haben die meisten auch religiöse Bedürfnisse. Werden diese zu lange ignoriert, flüchten die Gefangenen an den Strand und legen sich faul in die Sonne. Das gilt es zu vermeiden, denn wer dreht sonst am Glücksrad im Kasino oder serviert die Drinks? Eben, und genau das könnte für den Spieler schnell zu einer unfreiwilligen Floßrundfahrt mit offenem Ende führen. Also gilt es stets, ein Auge auf beide Bevölkerungsgruppen gerichtet zu haben.

Die Gefangenen kann man mittels Galgen, Verhörkammern und Skeletten einschüchtern, was eventuell zu deren Resignation oder sogar blinder Arbeitswut führt. Ausgebaut werden kann unsere Siedlung erst, wenn alle vorhandenen Arbeitsstellen besetzt sind. Sind nicht genügend Gefangene auf der Insel, ist es höchste Zeit, das Piratenpack auf großen Beutezug zu schicken. Beim Ausbau gilt es, wie schon anno Siedler, darauf zu achten, dass voneinander abhängige Gebäude möglichst nahe zueinander stehen, um die Transportwege kurz zu halten. Insgesamt gibt es über 50 verschiedene Gebäude, mit denen die Siedlung erweitert werden kann, von denen über ein Dutzend alleine der Befriedigung von Piratengelüsten dienen. Bei Planung und Bau der Siedlung sollte man beachten, dass die raubende und brandschatzende Bevölkerungsschicht nicht allzu große Umwege von der Anlegestelle auf dem Weg in Bar oder Bordell in Kauf nehmen muss.

Arbeiten im Paradies?

Wie gut die Gefangenen arbeiten, hängt an verschiedenen Faktoren. Zum einen gewinnt jeder Gefangene im Laufe einer Tätigkeit Erfahrungspunkte hinzu. Zum anderen erhöht sich die Effizienz der Gefangenen, wenn ihnen ein Aufseher an die Seite gestellt wird, der die Motivation mit Zuckerbrot und Peitsche beeinflussen kann. Neben dem normalsterblichen Gefangenen kann man auch Spezialisten wie Schiffsbauer oder Geistliche entführen und in unserem Tropenparadies zur Arbeit zwingen. Knapp 20 verschiedene Spezialisten stehen auf dem Wunschzettel eines jeden Piratenkönigs. Jeder Spezialist ermöglicht der Siedlung den Bau von zusätzlichen Gebäuden. So kann erst mit dem Bau einer Kirche auf Tropico begonnen werden, wenn ein Geistlicher gefangen wurde. Eine der größeren Schwächen im Game-Design tritt beim Besetzen der Arbeitsplätze zu Tage: Der Spieler hat weder bei Gefangenen noch bei den Piraten die Möglichkeit festzulegen, wer an welchem Platz arbeitet. Das kann zur Folge haben, dass ein begabter Kanonier als Aufseher eingesetzt wird. Das gleiche gilt für die Gefangenen. Da manuelles Eingreifen hier nicht möglich ist und das Programm die leeren Stellen nach dem Zufallsprinzip besetzt, kann man lediglich einen Ungeeigneten so oft entlassen, bis die CPU den Richtigen auf die Stelle setzt. Nervend …

Langeweile auf der Insel?

Auf einen Missstand wie eine fehlbesetzte Stelle aufmerksam zu werden, ist auch gar nicht so einfach. Das Spiel, das zwar über zahllose Statistiken und eine unglaubliche Zahl von Filtern für dessen Präsentation verfügt, weist nicht auf eine mögliche Fehlbesetzung hin. Auch die anderen Menüs glänzen mit allem, nur nicht mit Übersichtlichkeit. In den Wirren des Baumenüs sind sicher schon einige Piratenkähne verschollen gegangen und auch für das Editiermenü, mit dem man sich in der großen Diplomatie versuchen oder Gefangene zu Piraten befördern kann, gilt Trial and Error. Der rund 100-seitige Inselbericht könnte vielleicht wertvolle Informationen wie „Ist der Schmied ausgelastet?“ oder „Wie gut war die letzte Ernte?“ enthalten, aber wo man diese finden würde, ist nicht ganz klar.

Grafisch weiß Tropico 2, das auch auf älterer Hardware eine gute Figur macht, durchaus zu gefallen. Die Gebäude sind detailliert und die Karte ist in mehreren Stufen zoombar, wodurch für optimale Übersicht gesorgt ist. Ein „Siedler-Gefühl“ will sich allerdings nicht einstellen, dazu wirken die Animationen der Figuren zu mechanisch und laden nicht unbedingt zum längeren Zusehen ein. Auch unser Inselparadies als solches hinterlässt ein leicht zwiefältiges Gefühl. Zwar wird der Karibik- und Inselflair gut vermittelt, aber irgendwie wirkt unser Eiland etwas leblos und steril. Rund eine Stunde tolle Karibikklänge entschädigen aber die Ohren und sorgen für echtes Karibikflair vor dem heimischen Monitor.

Reif für die Insel?

Egal ob man die 16 Missionen lange Kampagne und die knapp zehn Einzelszenarien spielt oder sich im Editor eigene Szenarien zurechtstellt, der Spielablauf bleibt ein ums andere mal der Gleiche. Unabhängig wie das Missionsziel lautet, es muss zunächst immer aus einer mehr oder weniger bebauten Insel mit wenigen Piraten und Gefangenen ein funktionierender Inselstaat aufgebaut werden. Stehen erst einmal die wichtigsten Gebäude, ist man die überwiegende Zeit mit Mikromanagement beschäftigt und das Missionsziel, ob nun eine Kiste Gold gefunden werden oder ein Priester gekidnappt werden soll, wird zweitrangig. Schade ist, dass man seine Piratenschar, die man ihre Fähigkeiten im Entern und Brandschatzen trainieren lassen kann, nicht auf ihren Plünderfahrten begleiten kann. Man erfährt lediglich das Ergebnis und kann nicht selber die Lunte in Brand stecken. Dafür darf man sich als Diplomat auf internationalem Parkett bewähren und muss die Interessen der verschiedenen Großmächte geschickt gegeneinander ausspielen, damit sie auch morgen noch von Tropico aus auf Raubtour gehen können.

Thomas König

Testergebnis
ProduktnameTropico 2
HerstellerPop Top
Preis ca. 50 Euro
Webseitewww.macsoft.de
Pro
  • toller Soundtrack
Contra
  • keine Seeschlachten
SystemvoraussetzungenG3 mit 800 MHz, 256 MB RAM, Mac OS 10.2.8, 3D Grafikkarte mit 32 MB, 1,8 GB
Bewertung
1,9gut

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