Die Wiege der Menschheit

Civilization 4

Ende der achtziger Jahre schrieb Sid Meiers unscheinbares Strategiespiel „Civilization“ Computerspielgeschichte. Das ursprünglich in BASIC programmierte Spiel fesselte trotz seiner selbst für damalige Verhältnisse schlechten Grafik, massenweise die Amiga-Spieler vor ihre Monitore. Mit dem vierten Teil der Serie überlässt es Meier wieder den Spielern, die Menschheitsgeschichte nachzuspielen.

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Wer auf dem Mac aber mit der neuesten Version des Spieles zivilisatorisch aktiv werden möchte, benötigt modernste Hardware. Das Spiel setzt Mac OS 10.3.9, einen G5-Prozessor mit 1,8 GHz, 512 MByte Speicher und eine 64-MByte-Grafikkarte sowie ein DVD-Laufwerk voraus. Allerdings wird diese Minimal-Hardwareausstattung dem Spieler aufgrund eklatanter Performanceschwächen wohl vor allem Zornesröte ins Gesicht treiben, denn im späteren Spielverlauf legte unser G5 doch sehr lange Denkpausen und ausführliche Ruckelphasen ein. Richtig rund läuft Civilization 4 dagegen auf den neuen Intel-iMacs. Aspyr hat bereits Besserung gelobt und will einen Patch nachschieben, der das Spiel auch auf G5-Macs zu einem Vergnügen statt einer Ruckelorgie machen soll.

Altbekannte Gesichter

Das Spielziel ist im Prinzip das gleiche geblieben: Seine eigene Zivilisation aus dem Nomadendasein zu erlösen, zu immer neuen zivilisatorischen Höhen führen und als erster den Schritt ins All zu tun. Das Standardspiel startet im Jahr 4000 vor Christus und ist im Jahr 2050 zu Ende, es sei denn, die eigene Zivilisation segnet vorher das Zeitliche. Rundenweise gibt der Spieler den Militäreinheiten ihre Weisungen, legt Forschungs- und Produktionsziele fest und kontaktiert Mit- und Gegenspieler, um etwa einen kleinen Handel abzuschließen. Zu Spielbeginn errichtet man mit seiner Siedlereinheit die erste Siedlung an einem möglichst gut geeigneten Ort und muss nun versuchen, eine blühende Zivilisation aufzubauen. Dazu gehören der Ausbau der Stadt ebenso wie die Errichtung neuer Städte, deren Verknüpfung, der Ausbau von Handelswegen und die ständige Erforschung neuer Technologien.

Dabei gilt es abzuwägen, das eigene Volk bei der Stange zu halten – Stichwort Brot und Spiele –, denn ohne motivierte Arbeiter sitzt es sich recht einsam auf dem Thron. Obschon die Grafik sicherlich nicht als spektakulär bezeichnet werden kann, ist sie für ein Spiel der Civilization-Reihe ausgesprochen gut. Natürlich wird in vollständig dreidimensionalen Welten – ein Novum in der Geschichte dieser Spielreihe – gesiedelt und geforscht. Dadurch scheint die Spielwelt auch wesentlich lebendiger zu wirken als je zuvor. Die errichteten Bauwerke und Weltwunder sind nun auch wirklich auf der zoombaren Karte zu sehen.

Und so eine Freiheitsstatue in Frankfurt macht sich wirklich prima. Civilization 4 bietet dem Spieler bereits vor Spielbeginn eine ungemein große Auswahl an Optionen. Neben dem Einzelspielermodus gibt es selbstredend auch verschiedene Multiplayer-Modi, die man über das Internet, LAN oder gar als Play-Per-Mail spielen kann. Gespielt werden kann auf einer Vielzahl unterschiedlicher Welten, die allesamt ihre individuellen Herausforderungen an den Strategen stellen.

Egal ob eine große zusammenhängende Landfläche, einzelne Kontinente, Seenlandschaften oder ein Hochplateau: Civilization 4 hat dem Spieler landschaftlich einiges zu bieten. Zur Auswahl stehen rund 20 Zivilisationen, die sich spielerisch doch stärker unterscheiden, als das bei anderen Civilization-Spielen der Fall zu sein scheint. Zudem bietet das Spiel auch die Möglichkeit, vorgefertigte Szenerien, beispielsweise den US-amerikanischen Unabhängigkeitskrieg oder den Zweiten Weltkrieg zu spielen. Wem das alles noch nicht ausreicht, der kann sich mit dem komfortabel zu bedienenden Welteneditor seine ganz persönliche Herausforderung basteln.

Schöne neue Welten

  In Sachen Spieldesign und neuen Features war man bei Firaxis diesmal sehr kreativ und hat den Schritt gewagt, einige wirkliche Änderungen in das altbekannte Spielprinzip zu integrieren. So fällt als erstes die Einführung der Religion ins Spiel auf. Wer als erster eine bestimmte Technologie erforscht, geht auch gleichzeitig als Begründer einer gewissen Religion in die Annalen ein. Durch Ausbildung und Aussendung von Missionaren kann die jeweils gute Kunde dann den Ungläubigen der näheren und ferneren Spielwelt näher gebracht werden. Neben positiven Auswirkungen auf die eigene Bevölkerung, spielt die Religion auch in den diplomatischen Beziehungen eine wichtige Rolle. Die Diplomatie ist jetzt wesentlich ansprechender gestaltet. Meistens kann man seinem Gesprächspartner schon ansehen, wie er über uns oder einen unserer Vorschläge denkt.

Auch der Technologiebaum wurde einer Frischzellenkur unterzogen. War der Forschungsablauf bisher immer recht linear, so können jetzt mehrere Wege zur Erforschung der Dampfmaschine führen. Darüber hinaus wurde das System der Staatsformen überarbeitet und in die Teilbereiche „Arbeit“, „Regierungsform“, „Rechtssystem“, „Ökonomie“ und „Religion“ unterteilt. Der Spieler will einen Polizeistaat (Regierungsform) mit Meinungsfreiheit (Recht), dem Kastensystem (Arbeit) und freier Marktwirtschaft (Ökonomie)? Kein Problem, eine kleine Revolution, und jeder kann erproben, wohin dieser Mix führen mag. Die Wahl der richtigen Staatsform zur rechten Zeit ist entscheidend und führt zu optimaler Produktivität und Kreativität der Bevölkerung.

Bereichert wird das Spiel ferner durch die Geburt großer Persönlichkeiten wie etwa einem Leonardo Da Vinci, Plato oder Einstein. Diese können entweder geopfert werden, um eine neue Technologie zu erkaufen oder können sich in einer Stadt niederlassen und werden dort die Kultur oder die Forschung beflügeln. Darüber hinaus bietet Civilization 4 im Vergleich mit seinen Vorgängern auch einige neue Einheiten, von denen manche zivilisationsspezifisch sind. Dem Kampfsystem wurde außerdem ein wenig Rollenspiel-Ambiente eingehaucht. Die Kampfeinheiten können nun durch erfolgreiche Gefechte „Erfahrungspunkte“ sammeln.

Fazit

Es gab lange kein Spiel mehr, das uns so sehr vor den Mac gebannt hat wie „Civilization 4“ das tat und immer noch tut. Den altbekannten Suchtfaktor – nur noch eine letzte Runde spielen – kann auch der neueste Spross der Civilization-Dynastie voll entfalten. Die Grafik ist für Civilization-Verhältnisse geradezu revolutionär schön geworden, auch wenn man sagen muss, dass sie natürlich nicht mit aktuellen 3D-Spielen konkurrieren kann. Aber darauf kam es Civilization-Spielern noch nie an. Der einzige große Kritikpunkt ist die äußerst mäßige Performance auf einem G5-Rechner.

Will Aspyr auf diesem Weg die Spieler dazu bringen, schnellstens auf einen Intel-Mac zu wechseln? Anders sind die eklatanten Performance-Unterschiede fast nicht zu erklären. Die gelegentlich auftretenden Abstürze werden sicher noch durch Patches behoben werden. Civilization-Jünger haben sich die neueste Inkarnation von Sid Meiers Meisterwerk ohnehin schon geholt. Jedem anderen Liebhaber von Strategiespielen können wir den Kauf dieses Spieles nur wärmstens empfehlen. Civilization 4 ist der neue König in Sachen rundenbasierende Strategiespiele.

Testergebnis
ProduktnameCivilization 4
HerstellerFiraxis
Preisca. 50 Euro
Webseitewww.aspyr.de
Pro
  • sehr hohe Langzeitmotivation
SystemvoraussetzungenMac OS X 10.3.9, G5- oder Intel-Chipsatz, 512 MB RAM, Radeon 9600/GeForce FX5200
Bewertung
1,5sehr gut

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