Fast für Profis geeignet?

iMovie HD

Mit seiner neuen Version von iMovie wagt Apple den Sprung ins Profi-Lager, ohne dabei die Übersichtlichkeit und Intuitivität einer Einsteiger-Software für Videosc hnitt zu verlieren. Wir prüfen, ob der Sprung auch gelang. HDV ist quasi das hochauflösende Format für normalsterbliche Videofilmer.

Von   Uhr

Zwar machen sich die dazugehörigen Kameras noch rar, aber das wird sich in den nächsten Jahren ändern schon aus Eigeninteresse der Industrie, die dazu passende Fernseher, BluRay/HD-DV D-Rekorder und anderes Zubehör verkaufen möchte. Vorgeprescht ist JVC, Sony hat mittlerweile nachgezogen. Während Sony das 1080i-Format favorisiert (1440x1080 in 50/60 Halbbildern), bevorzugt JVC eher das progressive 720p-Format. Alle neuen Camcorder schreiben weiterhin auf gewöhnliche MiniDV-Bänder, werden über FireWire mit dem Mac verbunden und sind in der Lage, auch im Standard-DV-Format zu filmen.

Standard bei allen neuen Modellen ist eine echte 16: 9-Aufnahme. Gab es in der letzten Ausgabe noch Befürchtungen, dass die vergleichsweise geringe Rechenleistung vieler Macs mit den größeren Datenmengen überfordert wäre, gab der Test Anlass zur Beruhigung . Apple hat sich gegen eine Verwendung der HDV-Codierung MPEG2TS entschieden, deren Bearbeitung hohe Anforderungen gestellt hätte. Stattdessen wird b eim Importieren über FireWire der Datenstrom in den Apple Intermediate Codec umgesetzt, ein Zwischenformat, welches beim Schnitt ähnlich flexibel und schnell wie DV ist – selbst auf langsamen G4-Macs. Ledig lich die Berechnung von Effekten dauerte spürbar länger.

Nicht umgewandelt wird das normale DVFormat, welches natürlich weiterhin von iMovie unterstützt wird. Keine Unterstützung findet MPEG2TS beim Imp ort von der Festplatte. Wer also die HDV-Fähigkeit mit ein paar Filmbeispielen aus dem Internet ausprobieren will, muss das Video selbst umwandeln – beispielsweise mit MPEG Streamclip. Mit einem geöffneten HDV-Clip g ibt iMovie ein ungewohntes Aussehen ab, denn das Sichtfenster erstrahlt im Breitbild-Format und das Videobild ist ungewohnt scharf, sofern der Videofilmer die Aufnahme nicht in den Sand gesetzt hat, was auch mit HDV möglich ist. Wiedergabe und Schnitt arbeiten wie eingangs erwähnt absolut flüssig. Bei HDV ist die Datenmenge (Pixel) ungefähr viermal so groß wie beim normalen DV. Das zeigt sich erstaunlich genau beim Berechnen eines Effekts: Die HDV-Ente (14:43) wurde in 3:43 in Sepia-Töne getaucht, während ein DV-Clip schon in 55 Sekunden berechnet war beide Tests wurden auf einem iMac G4 mit 1 GHz Taktfrequenz durchgeführt.

Das andere Extrem sind M PEG4-Videos von Digitalkameras. Diese können entweder in einem eigenen Projekt bearbeitet oder ganz normal auf (H)DV-Projekte gezogen werden – 320x2 00 - Filmchen machen dann aber einen Eindruck, als würde es sich um einen schlechten Video-Stream handeln. Außerdem wird die iSight und SD DV unterstützt, eine Bezeichnung für DV-Clips im 16:9-Format. Viele MiniDVCamcorder verfügen allerdings nur über einen vorgeblichen 16:9-Modus. Übrigens kann jetzt auch PAL-Material in NTSC-Projekte (und umgekehrt) importiert werden. Es wird allerdings eine qualitativ minderwertige Standard- QuickTime-Konvertierung benutzt.

Wem es an HDV-Material mangelt, kann trotzdem ein solches Video erstellen: als Foto-Slideshow. Selbst 2- Megapixel-Bilder sind dafür immer noch ausreichend. Eher schwach, gerade im Vergleich mit iPhoto, ist das Suchfeld für Fotos, welches nur in Titeln, aber nicht in Schlüsselwörtern sucht.

Gleiches gilt auch für die Musik, bei der eine Genre- Suche nicht möglich ist. Von der Musik ist es nur ein kurzer Schritt zu den Skywalker Sounds. Deren Anzahl wurde um zwölf erweitert und alle klingen gut. Allerdings wird sich wohl niemand, der sich eine genauere Vorstellung über die Sound-Effekte gemacht hat, mit lediglich zwei Applaus- Samples zufrieden geben. Die Sound- Sammlung müsste erheblich größer sein – Effekte-Sammlungen gibt es teilweise als CD-Reihen zu speziellen Themen. Weiterhin nicht vorhanden sind Audio- Effekte wie Hall, um den Ton an das Bild anzupassen.

  Bearbeitung

Nach dem Importieren folgt die Bearbeitung. Wer zwischendurch speichert und einen schüchternen Blick auf die Festplatte wirft, wird verwundert fest- stellen, dass iMovie HD neue Projekte in einem „Packet“ speichert. Alte Projekte werden zwar auf iMovie HD konvertiert, aber nicht in ein Packet geändert. Eigentlich bringt das neue Format keine besonderen Vorteile, aber einen Nachteil: Wer einen Clip aus dem Packet schnell über die Dateiauswahl in einem anderen Programm öffnen möchte, kann dies nicht tun. Werden andere Clips im Finder in ein iMovie-Projekt kopiert, meldet iMovie beim Laden des Projektes, dass einige nicht zugeordnete Clips in den Papierkorb verschoben wurden. Mit der übersichtlichen Papierkorb-Verwaltung ist der Clip dann aber schnell in die Timeline kopiert.

Die maximale Länge eines einzelnen Clips ist nicht mehr auf neun Minuten und 30 Sekunden beschränkt. Jetzt lassen sich auch Clips aufnehmen, die länger als eine Stunde sind. Das betrifft etwa die, die das Fernsehprogramm via Analog-zu-DV-Wandler aufzeichnen. Letztere laufen problemlos mit der neuen iMovie-Version (Miglia, StudioTVR), aber laut Benutzerberichten scheint es bei einigen Geräten, die noch mit iMovie 4 zusammengearbeitet haben, Probleme zu geben. Erheblich mehr Möglichkeiten bekommen Videofi lmer in der Timeline. Das ständige Umschalten zwischen dieser und der Clip-Ansicht entfällt nun weitgehend, da Clips direkt an andere Positionen verschoben werden können. Wie aus Final Cut gewohnt können die Clips an den Seiten gezogen werden, um sie zu verkleinern oder Lücken zu schließen. Für letzteres wäre allerdings ein Lücke schließen-Kommando komfortabler.

Das, was mit Clips möglich ist, kann auch mit den Audio-Spuren gemacht werden, damit steigt die Motivation, auch etwas komplexere Projekte in iMovie zu bauen. Selbst von außerhalb können Clips direkt auf die Timeline gezogen werden, oder auch von iMovie aus in andere Programme. Die Widerrufen-Funktion speichert praktisch unbegrenzt viele Arbeitsschritte. Das trägt mit dazu bei, dass iMovie etwas mehr Speicher braucht. Wer versucht, einen Clip durch Teilen und anschließendes Löschen zu verkleinern, wird sich wundern: Der Film hat nach der Kürzung exakt die gleiche Dateigröße wie zuvor. Werden aus einem großen Clip mehrere kleine extrahiert und diese gelöscht, erscheinen diese in der Papierkorbliste unverhältnismäßig groß (zum Beispiel ergeben vier Sekunden Film dann 540 MB). Sie stellen aber nur eine Referenz zum „Mutterfi lm“ dar. Wird stattdessen die „Mutter“ gelöscht, verändert sich nichts – die Teilclips sind weiterhin nutzbar und können durch Ziehen in der Timeline auf die ursprüngliche Länge erweitert werden.

Für Einsteiger

Groß angekündigt wurde die Funktion Magic iMovie, eine Funktion, die dem Benutzer das Schneiden ganz abnehmen soll. Nach der Auswahl des Menü punktes darf zunächst ein Filmtitel gewählt werden, der dann vor das Video gesetzt wird. Verschiedene Übergänge können dem Zauberer vorher mitgeteilt werden.

Die Auswahl des Soundtracks ähnelt schließlich einer Wiedergabeliste, denn es können eine ganze Reihe von Musikstücken bestimmt werden. Die Angabe der Lautstärke gilt global für alle Tracks: Je lauter die Musik, desto weniger gibt es vom Originalton zu hören. Ganz Mutige lassen das Ergebnis gleich an iDVD schicken. Nach dem Start spult iMovie das Band ganz an den Anfang zurück. Das Video sollte ohne Unterbrechungen auf dem Band sein, denn iMovie interpretiert eine etwas längere Unterbrechung als Bandende. Eine Abhilfe wäre, das Band schon nach dem Kauf mit einem Videosignal zu bespielen. Die Szenenerkennung von Magic iMovie arbeitet genauso wie die normale Import-Funktion. Wurde das gesamte Band eingelesen, fügt die Software den gewählten Übergang ein. Magisch ist an der Funktion nichts:

Wer beim Filmen relativ lange Sequenzen gedreht oder mehrere Fehlversuche auf Band aufgenommen hat, muss diese später rauseditieren, denn iMovie beurteilt (zum Glück) nicht auch noch die Qualität der Aufnahmen. Bei der Berechnung der Übergänge, so denn welche gewählt wurden, bearbeitet iMovie mehrere Szenen gleichzeitig. Danach kann der Film weiter bearbeitet werden. Neben der nicht abschaltbaren Eigenart von Magic iMovie, das Band immer komplett zuru?ckzuspulen, muss das Band auch immer komplett eingele-sen werden. Wer auf Stop klickt, hat zwar alle bisher eingelesen Daten in der Timeline, aber iMovie wendet auf diese Daten nicht den gewählten Übergang an, sprich: Magic iMovie lässt sich nicht abkürzen auch nicht durch Ausschalten der Kamera (entspricht dem Stop-Knopf von Magic iMovie) oder Stoppen der Wiedergabe (iMovie startet die Wiedergabe erneut).

Outtakes

Keine Software ohne Fehler und natürlich hat auch iMovie eine ganze Reihe davon. So darf man von der Funktion Standbild erzeugen keine Wunder erfahren, denn Apple doktort schon seit Version 3 an der richtigen Auflösung herum. Diesmal werden ein paar Pixel weggelassen. Ärgerlicher ist der Export des Videos als DV-Stream, bei dem iMovie einfach den Timecode entfernt. Weniger ärgerlich, aber herrlich sinnlos, ist das Brennen des Projektes auf CD/DVD. Größere Projekte können nicht auf mehrere Datenträger verteilt werden – selbst Besitzer eines Double-Layer-DVD-Brenners können so nur maximal vierzig Minuten Video auf einer Silberscheibe unterbringen. Da heißt es also entweder auf ein Update warten oder sparen auf ein BluRay-Laufwerk.

Fazit

In iMovie hat sich viel geändert. Die neuen Bearbeitungsfunktionen machen den Schnitt erheblich komfortabler. Einige Konzepte, wie etwa die Clip-Verwaltung, sind in ähnlicher Ausführung in Final Cut zu finden.

Magic iMovie müsste noch erweitert werden, denn so ist die Funktion hauptsächlich ungeduldigen Menschen zu empfehlen. Mit der HDV-Unterstützung zieht Apple schließlich mit Schnittsystemen auf anderen Systemen gleich. Schaden kann sie nicht, obwohl es natürlich zweifelhaft ist, dass ein Käufer einer HDV-Kamera (Sony HDR-FX1) für 3500 Euro seine Videos ausgerechnet mit iMovie schneiden lässt. Sinnvoller wäre es da gewesen, iMovie mit einem MPEG2-Importmodul auszustatten, um dieses Format auch von der Festplatte einlesen zu können. Wer nur einmal in den HDV-Schnitt rein schnuppern möchte, ohne gleich die dazugehörige Kamera zu kaufen, hat ein ganz anderes Problem: Im Internet gibt es nur kurze Clips und Apple legt iMovie HD keinerlei Video-Material bei.

Testergebnis
ProduktnameiMovie HD
HerstellerApple
Preis79,- €
Webseitewww.apple.de
Pro
  • sinnvolle Suchwerzeuge
Contra
  • viele kleinere Programmfehler
Systemvoraussetzungenkeine
Bewertung
2,3gut

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