Für die einen ist es RagTime …

RagTime 6

… für die anderen die längste Betaphase der Welt. Das mag sich der eine oder andere gedacht haben, der geduldig auf die finale Version von RagTime 6 gewartet hat. Anfang August startete die RagTime GmbH den öffentlichen Test, insgesamt sechs Betaversionen wurden veröffentlicht, mehr als 20000 Anwender prüften Stabilität und Funktionsumfang. Da sollte doch eigentlich nichts mehr schief gehen, oder?

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5 Minuten Lesezeit

Mitte Juli hat die Auslieferung des fertigen Programms begonnen, der Zuspruch scheint enorm. Auf der Homepage wird um Geduld gebeten, denn mit sechs Wochen Lieferzeit muss durchschnittlich gerechnet werden. Da sich RagTime von anderen Office-Paketen abhebt, soll kurz die Arbeitsweise beschrieben werden.

Konzept

RagTime ist ein rahmenorientiertes Programm. Das bedeutet, dass der Anwender eine leere Seite vor sich hat und für die Inhalte Rahmen erzeugt. Die sich in solch einem Container befindlichen Inhalte werden als Komponenten bezeichnet. Dazu gehören Texte, Bilder, Diagramme und Tabellen. Doch Vorsicht, ganz so einfach ist das nicht, denn auch ein Layout ist eine Komponente, also ein fertig gestaltetes Dokument. Dass ein Dokument mehrere Layouts vereinen kann, trägt nicht unbedingt zum Verständnis bei. Für Einsteiger ist also schon das Vokabular des Programms gewöhnungsbedürftig. Wer diese Lernschwelle aber überwunden hat, der wird mit einem unglaublich vielseitigen Programm belohnt.

Das Foyer

Gleich zu Beginn wird man mit einer der auffälligsten neuen Funktionen begrüßt. Das Foyer bietet den Zugriff auf wichtige Dokumente und Vorlagen, ebenso auf die zuletzt benutzen Dateien. Um eigene Favoriten hinzufügen zu können, müssen diese nur mit der Maus in das Foyer gezogen werden. Die Dateien zeigen eine Miniaturübersicht an, der Pfad wird bei längerem Verweilen der Maus über dem Symbol eingeblendet.

Strukturiertes Inventar

Das überarbeitete Inventar bietet endlich die Möglichkeit, die Komponenten in Ordnern zu strukturieren. Bei mehrseitigen Broschüren wird schnell eine Komponentenanzahl erreicht, die es erschwert, den Überblick zu behalten. Durch den Einsatz einer Ordnerstruktur, wie sie auch im Finder möglich ist, kommt endlich Ordnung ins Inventar. Pflicht ist aber, dass sich der Anwender diszipliniert und die Komponenten sofort nach der Erstellung sinnvoll benennt und einsortiert. Da dies nicht jedermanns Sache ist, wäre eine automatische Anzeige jener Komponenten im Inventar wünschenswert, die momentan bearbeitet werden. Eine andere Möglichkeit wäre eine Suchfunktion, mit der sich alle Komponenten einer bestimmten Seite aufspüren ließen.

Schriften

Dass RagTime jetzt auch OpenType-Schriften unterstützt, ist zu begrüßen. Dadurch vergrößert sich das Angebot der verwendbaren Schriften deutlich. Ebenfalls neu ist die Möglichkeit, die Schriften in einer eigenen Palette anzeigen zu lassen. Dabei lassen sich verwendete und installierte Zeichensätze filtern, wodurch man teilweise schneller Zeichensätze zuweisen kann, wie mit dem dafür vorgesehenen Menübefehl. Die Symbolpalette ermöglicht das einfache Einsetzen von Sonderzeichen.

Die Bildschirmdarstellung profitiert stark durch die unterstützte Quartz-Engine. Ganz besonders ist dies bei gedrehten Texten und gezoomten Darstellungen sichtbar. Neben den Schriften profitieren hier auch feine Linien, die nicht mehr durch Stufen entstellt werden.

Weitere Neuheiten

Hinter dem Taschenmesser versteckt sich die Palette Formatierung, die Zugriff auf alle Parameter erlaubt, die der Formatierung dienen. Wir bemängelten in einem Preview die Breite, die auf kleinen Bildschirmen sehr störend war. Dieser Missstand wurde inzwischen behoben, so dass der Einsatz der Palette auch auf einem iBook oder MacBook sinnvoll ist. Ebenfalls neu sind die Möglichkeit, PDF-Dateien seitenweise zu importieren, der Export im HTML-Format und die Verwendung von Hyperlinks. Verbessert wurde der Umgang mit EPS-Dateien, die nun auch mit nicht PostScript-kompatiblen Druckern ein gutes Ergebnis ermöglichen.

Die kleinen und größeren Ärgernisse

Trotz der langen Betaphase lassen sich noch einige kleinere Fehler finden. So hat RagTime zeitweise Probleme mit der Darstellung, wenn durch Textfluss verkettete Textrahmen verschoben oder in ihrer Größe verändert werden. Es bleiben in diesem Fall einige Buchstaben „stehen“, in den meisten Fällen lässt sich das mit einem Maximieren des Fensters oder einer Änderung der Zoomstufe beseitigen. Ein ähnliches Problem ist, dass des öfteren das Leerzeichen nicht am Ende der Zeile, sondern am Beginn der neuen Zeile erscheint. Das ist nicht tragisch, aber dennoch störend. Vereinzelt wird auch von Fehlern beim PDF-Export berichtet, dies konnte bei der finalen Version nicht nachvollzogen werden.

Sehr ärgerlich ist aber, dass die Programmierer eine so mächtige Software immer noch nicht mit einer mehrschrittigen Widerrufen-Funktion ausgestattet haben.

RagTime kann dies nach wie vor nur einmal, das ist einfach nicht mehr zeitgemäß und sollte schnellstens dem aktuellen Standard angepasst werden. Letzter Kritikpunkt ist, dass die Software auf Intel-Macs nur unter Rosetta arbeitet, die volle Leistungsstärke des Rechners also nicht nutzen kann. Zugegeben, bei Textfunktionen ist das kein wirkliches Problem. Es ist aber schon vorstellbar, dass ein Geschwindigkeitszuwachs beispielsweise beim Einsetzen von großen Bildern und Seiten aus PDF-Dateien erzielt werden könnte.

Wo bleibt RagTime privat?

Dass RagTime privat eingestellt wurde und somit auch die nichtkommerzielle Nutzung nicht mehr kostenlos möglich ist, kann nachvollzogen werden. Zu stark schädigte diese an und für sich zu begrüßende Freigabe den Verkauf der Software. Somit werden nur noch Kunden des Bildungsbereichs eine stark vergünstigte Version erwerben können und die Rufe nach einer Light-Version werden wieder lauter werden. Doch hier sieht die RagTime GmbH kaum überwindbare Probleme. Zum einen sind sich die potenziellen Kunden uneins, mit welchen Beschränkungen sie leben könnten. Zum anderen ließen sich in dieser Version Dokumente des „großen“ RagTime nicht öffnen, da die entsprechenden Funktionen ja nicht vorhanden wären. Einziger Trost: Wer eine ältere Privat-Version besitzt darf diese auch weiterhin verwenden.

Fazit

Mit RagTime 6 wird ein tolles Programm besser. Es fehlen die ganz großen Neuerungen, dafür ist vieles einfacher, bequemer und praktischer geworden. Nach wie vor wird vom Anfänger viel Stehvermögen erwartet, um sich in die Geheimnisse von RagTime einzuarbeiten. Doch wie schon bisher der Fall, wird er anschließend durch ein tolles Programm belohnt, das vor allem bei der Gestaltung des Layouts dem großen Konkurrenten Microsoft Office überlegen ist.

Testergebnis
ProduktnameRagTime 6
HerstellerRagTime GmbH
Preis729 Euro (Upgrade: 299 Euro)
Webseitewww.ragtime.de
Pro
  • Foyer
Contra
  • kleinere Darstellungsfehler
SystemvoraussetzungenMac OS X 10.3.5, Intel ab 10.4.2
Bewertung
1,9gut

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