Hifidelio Musikserver von Hermstedt

Apple mag für sein Verhalten ebenso viele gute Gründe anführen wie die sich dem Untergang nah wähnende Musikindustrie, Fakt bleibt, dass im Ergebnis wiederum die eigenen Kunden gegängelt werden und darunter zu leiden haben. Hermstedt würde natürlich lieber heute als morgen dafür sorgen, dass Hifidelio-Nutzer ihre rechtmäßig bei Apple erworbene Musik auch hören können – aber dazu muss Apple sich einen Ruck geben und im Interesse seiner Kunden handeln.

Nachdem Hermstedt selbst mit dieser kundenunfreundlichen Politik zu kämpfen hat, ist es umso unverständlicher, dass der Hifidelio-Hersteller an anderer Stelle exakt dasselbe Verhalten an den Tag legt: an Hifidelio lassen sich nämlich mitnichten beliebige Backup-Festplatten anschließen, sondern nur die eigens von Hermstedt angebotene, und das Dateisystem auf dieser Platte ist von Computern nicht auslesbar. Angeblich geschieht dies aus Rücksicht auf die Musikindustrie, aber dieses Argument vermag nicht wirklich zu überzeugen, da Hifidelio andererseits wie beschrieben sogar die 1:1-Kopie von „kopiergeschützten“ CDs erlaubt.

Was auch immer das Motiv, wieder ist der Kunde der Gegängelte: er wird an einen Hersteller gekettet, muss auf die vergleichsweise teure Spezial-Backup-Festplatte von Hermstedt zurückgreifen, und kann etwa bereits vorhandene Festplatten nicht anschließen. Und was passiert in fernerer Zukunft mit dem eigenen Musikarchiv, wenn Hifidelio einst seinen Geist aufgibt und Hermstedt möglicherweise nicht mehr existiert? Ein proprietäres Datenmedium für ein Backup ist ein Unding. Es wird höchste Zeit, dass die Industrie generell auf offene Formate setzt und aufhört, auf dem Rücken ihrer Kunden Datenverarbeitung an allen Ecken und Enden mit hohem Aufwand zu behindern, statt sie zu erleichtern.

Die Software

Da Hifidelio ein ausgewachsener Linux-Rechner ist, kann das Gerät über Software-Updates (via Internet oder Update-CD) fehlerbereinigt und erheblich in seiner Funktionalität erweitert werden. Im Augenblick merkt man der Software noch ihr junges Alter an. Während das Bedienungskonzept sehr ausgefeilt ist, hakelt es im Detail noch an manchen Stellen; so funktioniert etwa der schnelle Vor- und Rücklauf während des Abspielens nicht. Schwerwiegender ist freilich, dass bei zwei Musiktiteln, die musikalisch fließend ineinander übergehen, ein deutlicher Knack zu hören ist – Konzeptalben oder sinfonische Musik lassen sich so schwer genießen. Der Hersteller weiß aber um diese Probleme und kann sie mittels Software-Update beheben.

Die Hardware

Verglichen mit einem Computer ist das Hifidelio kaum hörbar; ein Lüfter fehlt völlig. Das CD-Laufwerk ist für ein Computer-Laufwerk erfreulich leise; als CD-Spieler wird man das Gerät dennoch nicht missbrauchen wollen. Ein Blick auf die Rückseite des Hifidelio offenbart seine Abstammung von einem Kommunikations-Spezialisten: Anschlüsse satt. So hat das Gerät einen kompletten Ethernet-Router und Hub mit 4 Anschlüssen eingebaut. USB 2 (für optionales Keyboard und Backup-Festplatte), AirPort-Antenne, digitale Audio-Anschlüsse – alles da. Alles? Nein, ausgerechnet ein FireWire-Anschluss, wie er sich im Medienbereich allgemein durchsetzt, fehlt. Alte iPods bleiben so ebenfalls ausgesperrt wie FireWire-Festplatten (wenn denn überhaupt andere als die Hermstedt-eigene Festplatte erlaubt wären). Das ist ein schwer verständliches Manko.

Das größte Problem aber ist die eingebaute Festplatte. Hermstedt verwendet eine 2,5”-Platte, aus Gründen der Geräuschentwicklung und Stromersparnis. Daher ist die Festplatte aber in der Größe auf 80 GB begrenzt; das reicht für gerade einmal 130 CDs, wenn man die Daten unkomprimiert (in AIFF) aufspielt. Mit FLAC (http://flac.sourceforge.net), das Hifidelio ebenfalls anbietet, verlustfrei komprimiert kommt man auf etwa 220 CDs – auch das wird für die meisten CD-Sammlungen zu wenig sein, jedenfalls, wenn noch etwas Luft für die Zukunft bleiben soll. Bei datenreduzierender MP3-Codierung reichen 80 GB natürlich locker, nur wer will für das Hören zu Hause die Qualität seiner Musiksammlung künstlich reduzieren?

Dabei ist die Geräuschentwicklung der verbauten Platte gar nicht einmal so vorteilhaft. Es gibt auch sehr leise 3,5”-Platten, deren Geräusch aber tiefer liegt. Da die verwendete 2,5”-Platte ohne jegliche Schallschutzmaßnahme im Gehäuse montiert ist, dringt ihr vergleichsweise hohes Geräusch doch deutlich vernehmbar nach außen. Laut ist es nicht, aber empfindliche Ohren werden sich in Generalpausen daran stören. Ein weiterer Problempunkt ist, dass die Festplatte von der Unterseite der Platine festgeschraubt ist; ein Wechsel ist daher nur unter völligem Zerlegen des Gerätes möglich; ein Austausch durch den Kunden ist erklärtermaßen nicht vorgesehen.

Für ein Verschleißteil wie eine Festplatte ist das wenig sinnvoll. Der Hersteller argumentiert, das Gerät richte sich schließlich gerade an eine Klientel, die von Computertechnik nichts wissen will, und begründet hiermit auch zusätzlich den Zwang zur proprietären, aber dafür unter Garantie kompatiblen Backup-Festplatte. Doch das eine schlösse das andere nicht aus: ein Sorglos-Angebot von Hermstedt für den Laien, und Optionen für die Fachkundigen.

Fazit

In der augenblicklichen Form hinterlässt Hifidelio einen zwiespältigen Eindruck. Die grundsätzliche Konzeption des Gerätes ist hervorragend, es klingt sehr gut und ist sagenhaft preiswert (dem Hifidelio vergleichbare Geräte wie das Yamaha MCX-1000 (www.yamaha-online.de) kosteten bislang mehr als das Dreifache). Doch die begrenzte Kapazität der 80 GB-Festplatte lässt keinen Raum, um eine durchschnittliche CD-Sammlung tatsächlich verlustfrei archivieren zu können. Das MP3-Format, für Unterwegs-Musik auf dem iPod durchaus sinnvoll, taugt aber nicht für eine hifidele Komponente. Dass Hifidelio die ihm anvertraute Musik „verschließt“ und nur an eine Backup-Festplatte mit proprietärem Datenformat weitergibt, ist für ein Archiv ebenfalls nicht akzeptabel.

Im Gegensatz zu Geräten wie der Squeezebox (www.slimdevices.com), die Musik von einem mit einer speziellen Server-Software ausgerüsteten Computer in anderen Räumen abspielen können, benötigt Hifidelio für diese Funktionalität auf dem Rechner außer iTunes keine zusätzlich installierten Programme, da das Gerät raffinierterweise direkt mit iTunes kommunizieren kann; aber um eine Squeezebox zu ersetzen, ist es aufgrund all seiner zusätzlichen Fähigkeiten zu teuer, und wegen des kontrastschwachen Displays mit kleiner Schrift letztlich auch weniger gut geeignet. Hermstedt sollte sich also den Einsatzzweck seines Allroundtalents noch etwas klarer vor Augen führen und Hifidelio entsprechend anpassen.

Testergebnis
ProduktnameHifidelio
HerstellerHermstedt AG, Mannheim
Preis575 €
Webseitewww.hermstedt.de
Pro
  • äußerst vielfältige Funktionen
Contra
  • Festplatte nicht vom Nutzer auszuwechseln
Bewertung
3,1befriedigend
  • Seite
  • 1
  • 2
  • 3

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