In beiden Feldern betätigt sich Skype, ein Unternehmen der gleichen Menschen, die schon die Tauschbörse KaZaa auf die Welt brachten.
Skype wartet mit dem zunächst ungewöhnlich erscheinenden Geschäftsmodell auf, seine gleichnamige Audiokonferenz- und Chatsoftware zu verschenken und jedem Nutzer eines gängigen Rechners damit zu kostenlosen Gesprächen von Computer zu Computer zu verhelfen. Reiner Altruismus? „Free Internet Telephony that just works“ ist der Slogan – ob das tatsächlich so stimmt, ist einer der Aspekte, die wir hier näher beleuchten wollen.
Die Technik
Von den technischen Voraussetzungen her betrachtet eignet sich das Internet zur Übertragung von Daten. Digitalisierte Sprache stellt zwar auch Daten dar, im Vergleich mit sonstiger Datenübertragung kommen bei der Sprachübertragung aber weitere Anforderungen hinzu. Die Sprachdaten müssen nicht nur vollständig, sondern auch in engem zeitlichen Rahmen übertragen werden. Was interessiert den Gesprächspartner denn in diesem Moment, was gestern oder vor einer Minute gesagt wurde. Treten im für Daten konzipierten Internet Kapazitätsengpässe auf, so werden einzelne Datenpakete zuerst verzögert und im schlimmsten Fall sogar einfach weggeworfen. Daher kommt es bei Internet-Telefonie gelegentlich zu Aussetzern. Es gibt zwar Techniken, die Sprachdaten im Internet zu priorisieren – diese stehen dem Endbenutzer aber nicht zu Verfügung, sondern werden nur von Providern genutzt, die Sprachdienste direkt anbieten. Internet-Telefonie ist daher manchmal von Qualitätsproblemen geplagt. Weitere Schwierigkeiten liegen in der zunehmenden Verbreitung von Zugangsroutern und dem damit verbundenen Einsatz von NAT. Eine erfolgreiche Software für Internettelefonie muss daher schon mit einigen Tricks aufwarten, um die Ansprüche der Nutzer befriedigen zu können.
Ein großer Erfolg
Skype erfreut sich seit seiner Einführung im Jahre 2003 einer rasch wachsenden Fangemeinde. Das Programm wurde nach Angaben auf der Webseite www.skype.com mehr als 111 Millionen Mal heruntergeladen. Aufs Konto des Verfassers dieses Beitrages gehen davon sicher mehr als zehn Mal, denn in der Anfangszeit der Mac-Version gab es Updates nahezu im Wochenrhythmus. Neben neuen Features, wie der zuerst auf dem Mac nicht verfügbaren Text-Chat-Funktion, wurden die Abstürze weniger und die Sprachqualität besser. In der aktuellen Version 1.0.0.24 ist Skype recht stabil.
Eine große Gemeinschaft
Je nach Tageszeit sind am Skype-Netzwerk zwischen zwei und drei Millionen Benutzer angemeldet. Möchte man jedem anderen den Anruf erlauben, so kann man die Einstellungen zur Privatsphäre entsprechen anpassen und sich über Anrufe von Menschen aus aller Welt freuen. Will man hingegen nicht von jedem im Netzwerk gesehen werden, ist das auch konfigurierbar. Skype wirbt mit der Aussage, es enthielte keine Spionageprogramme, keine Werbung und keine bösartigen Programmteile. Weiterhin soll die Telefonie zwischen Nutzern am Computer immer kostenlos sein. Sehr erfreulich. Hoffen wir, dass es tatsächlich so bleibt und Skype sich wie geplant auf andere Weise dauerhaft finanzieren kann.
Licht ...
Skype zeichnet sich durch eine Reihe von Vorteilen aus, die es gegenüber anderen Sprachlösungen für das Internet abheben. Einer der wichtigsten ist, dass es die Internet-Telefonie in akzeptabler Qualität auch über Modemleitungen ermöglicht. Zwar gibt es andere Softwarepakete, die dies versprechen, allen voran iChat AV. Die Klangqualität von Skype über Breitbandanschlüsse erleben die Nutzer meist als hervorragend, über Modem ist sie immer noch besser als die von iChat AV.
Sehr interessant ist die Feststellung, dass Skype von Computern aus funktioniert, deren Internetanbindung wegen der eingesetzten Firewalls keine anderen Chat- oder Telefonielösungen erlaubt und dazu keine speziellen Konfigurationsschritte erfordert. Vielleicht ist es aber nur noch nicht bis zu den Administratoren vorgedrungen, welche Ports und welche Art von Datenpaketen denn zu sperren wären, um Skype zu verhindern.
Skype nutzt zur Überwindung der verschiedenen Hürden bei der Kommunikation über Firewalls und NAT (Network Address Translation) unterschiedliche Techniken, die von den Skype-Erfindern bereits im Peer-to-Peer-Umfeld – mit KaZaa eben – entwickelt und auf breiter Basis getestet wurden. So werden Gespräche, die nicht direkt von einem Teilnehmer zum anderen übertragen werden können, weil beide über NAT angebunden sind, kurzerhand über Rechner von Skype-Teilnehmern umgeleitet, die direkt mit dem Internet verbunden sind und ausreichend freie Bandbreite zur Verfügung haben. Die Beobachtung des Datenflusses bei einem Gespräch zwischen dem Autor und seinem Chefredakteur offenbarte, dass das Gespräch über einen Schlafraum (dorm13) der Universität von Taipeh in Taiwan geleitet wurde. Der Autor hofft, dass die von Skype versprochene Verschlüsselung auch tatsächlich so gut ist, wie behauptet – ansonsten wäre es sicher nicht so angenehm, davon ausgehen zu müssen, dass manche Skype-Gespräche durch die Rechner anderer Skype-Nutzer transportiert werden. Im Gegensatz zu manch anderer VoIP-Software ist zum Nutzen von Skype keinerlei Konfigurationsarbeit zu leisten. Skype sticht damit wohltuend hervor.
... und Schatten
Zur Vermeidung von Echos und zur Verbesserung der Sprachqualität ist die Verwendung eines Headsets anzuraten. Ist kein Headset verfügbar, so sollte man zumindest Kopfhörer benutzen. Die sonst auf der Gegenseite hörbaren Echos stören das Gespräch sehr. Hin- und wieder kommt es vor, dass Skype keinen Mucks mehr von sich gibt. Weder klingelt es bei Anrufen noch kommt ein Ton während der aufgebauten Verbindung heraus. Es hilft dann, wie auch bei anderen Problemen, Skype zu beenden und neu zu starten. Dies ist oft auch der schnellste Weg, das Skype-Netzwerk von der eigenen Anwesenheit zu überzeugen. Manchmal wird man anderen Benutzern einfach nicht angezeigt. Gut, wenn man dann auch zusätzlich noch in iChat angemeldet ist und der Gesprächspartner so nachfragen kann, was mit Skype los ist.
Gelegentlich kommt es zum Auseinanderdriften der beiden Gesprächsrichtungen. Die Zeitverzögerung wächst manchmal in den Minutenbereich an, obwohl der Effekt seit der neuesten Version deutlich weniger auftritt. Auch andere Defekte in der Sprachübertragung sind mit der aktuellen Version viel seltener geworden. Ein Update lohnt sich also.
Raus ...
SkypeOut ermöglicht, beliebige normale Telefonanschlüsse (erinnern Sie sich noch, die mit einer Nummer?) vom Computer aus anzurufen. Die Firma Skype betreibt dazu Vermittlungstechnik, um das vom Internet aus initiierte Gespräch in die herkömmlichen Telefonnetze weiterzuleiten. Daher ist SkypeOut nicht kostenlos. Für die anfallenden Kosten nach Tabelle (siehe www.skype.com/products/skypeout/rates/all_rates.html) kauft man vorher bei Skype ein Guthaben, welches dann abtelefoniert werden kann. Der Mindestbetrag ist 10 Euro, Erstattungen gibt es keine, sollte sich herausstellen, dass SkypeOut nicht nutzbar ist. Wenn SkypeOut funktioniert, bietet es einen schnellen Verbindungsaufbau, gute Sprachqualität und geringe Verzögerungen. Leider funktioniert SkypeOut nicht immer und überall. Sowohl aus einigen Ländern heraus als auch zu bestimmten Anschlussbereichen lassen sich manchmal keine oder auch nie Verbindungen aufbauen. Die Ursachen dafür sind unterschiedlich und können in der Überlastung der von Skype zur Netzkopplung betriebenen Technik, in den Firewall-Einstellungen des genutzten Internetproviders oder auch an Gesetzen und Bestimmungen des Landes liegen, in dem man sich gerade befindet. In vielen Teilen der Welt ist der Telekommunikationsmarkt noch nicht frei, sondern liegt in der Hand staatlicher Unternehmen, denen die Konkurrenz durch Skype und andere VoIP-Betreiber ein Dorn im Auge ist. Der Wunsch des weltreisenden Anwenders nach preiswerten Telefongesprächen von überall findet so leider oft ein jähes Ende. Skype bietet keine Tabelle mit Ländern, aus denen SkypeOut nicht funktionieren darf, und zudem kann man ohne Guthaben nicht prüfen, ob es funktionieren würde. Die Investition der 10 Euro sollte man sich daher gut überlegen. Unschön ist in diesem Zusammenhang, dass die sonst sehr nutzerfreundliche Software in diesen Fällen nur kryptische Fehlernummern meldet, deren Bedeutung erst umständlich aus den FAQ herausgesucht werden muss. Die FAQ enthält dann aber auch nicht eine vollständige Erklärung, sondern nennt als Ursache mögliche Probleme mit dem Benutzerkonto und verweist an den Customer Support, der auf die Anfragen aber nicht antwortet. Schlecht.
... und rein
Der Dienst SkypeIn ist derzeit in der Erprobungsphase und stellt das Gegenstück zu SkypeOut dar. Skype vermietet dem zahlenden Nutzer dabei eine Telefonnummer, auswählbar aus einer Reihe von nationalen Festnetzen. Ist man gerade in Skype eingeloggt, können Anrufe auf dieser Nummer am Computer entgegengenommen werden, ansonsten kümmert sich ein Anrufbeantworter um den Anrufer.
Chat
Auch ein Textchat wird von Skype geboten. Der Chat hat im Vergleich zu iChat den Nachteil, dass er keine Gedankenwölkchen anzeigt, wenn das Gegenüber begonnen hat, zu tippen. Man sitzt daher bei längeren Antworten da und weiss nicht, ob das Gegenüber sich gerade abmüht oder einfach (noch) nicht antwortet. Das Chatten mit iChat ist daher viel angenehmer.
Interessant ist dabei aber die offline-Fähigkeit. Nachrichten werden auch noch nach Tagen zugestellt, wenn der Skype-Teilnehmer online geht. Dateiübertragungen sind auch möglich – wenn die Datei aber aus technischen Gründen über einen anderen Skype-Teilnehmer reflektiert werden muss, darf man sich über extrem geringe Datentransferraten, im Bereich weniger Kilobytes pro Sekunde, nicht wundern.
Fazit
Skype hat den Bedarf nach einer einfach zu benutzenden und zuverlässig funktionierenden plattformübergreifenden Telefonielösung erkannt und mit der gleichnamigen Software auch gleich bedient. Abgesehen von kleineren Qualitätsproblemen während der Nutzung von langsamen oder stark belasteten Internetanbindungen ist die Software hervorragend: einfach einzurichten, einfach zu bedienen, gut ausgestattet und recht zuverlässig. Die Palette der Möglichkeiten, mit der Stimme zu kommunizieren wird durch Skype nennenswert erweitert.
Axel Habermann
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