Seine Geburt verdankt Carrara der legendären Softwarefabrik MetaCreations. Genetisch betrachtet sind Ray Dream Studio und Infini-D dessen leibliche Eltern. Ziel der Zeugung im Prozessorkern war es, in der Retorte Carrara alle Vorteile der Programmeltern zu vereinen. MetaCreations ging in die Annalen der Computergeschichte ein, Eovia übernahm das digitale Erbe. Ende 2005 erschien Carrara in seiner fünften Auflage.
Kosmetische Korrekturen
Lassen Sie uns beim Blick auf Carrara 5 Pro mit Äußerlichkeiten beginnen. Das neue Carrara präsentiert sich im Mausgrau mit einer Note Blau darin. Die farbliche Verwandtschaft zum hauseigenen 3D-Modeller Hexagon ist offenkundig und zementiert familiäre Bande. Carrara-typisch sind jene seitlichen Schubkästen, die sich ebenfalls dem neuen Einheitslook unterordnen mussten. Die einst helle Hintergrundfarbe der Fenster gehört damit der Vergangenheit an. Im ungünstigen Fall hat sie ohnehin nur die Augen des Anwenders wie ein Magnet auf sich gezogen und von der eigentlichen 3D-Szene abgelenkt. Vom Modellieren bis zum Rendern der Szene bleibt man dem bewährten Konzept verschiedener Arbeitsräume treu. So gelingt es den Machern alle Optionen und Befehle so zu verstauen, dass der Anwender nicht den Überblick verliert.
Eovia hat dem Carrara-Browser einen neuen Stammplatz zugewiesen. Er ist in jenem unteren Fenster platziert, wo nach dem Programmstart bisher noch ein freies Plätzchen war. Zwischen der Zeitleiste, die sich wie gewohnt mit dem Erstellen einer Szene einblendet, und dem hinzugekommenen Browser können Sie über seitliche Reiter wechseln. Der Umbau beschränkte sich aber nicht nur auf kosmetische Korrekturen. Das Basissortiment, bestehend aus Objekten, Szenen, Materialien und Effekten hat Eovia mit Unterstützung von DAZ Productions kräftig erweitert. Außerdem unterstützt die Pro-Version den nativen Import von Poser-Charakteren. Anhand der Fülle und Vielfalt der Zugaben könnte man meinen, dass die Franzosen auf jene Kreative Jagd machen, die mit dem Entwurfs- und Gestaltungsspielraum à la Vue Esprit oder Bryce nicht wirklich zufriedenen sind. Ungeachtet des spekulativen Gedanken ist der Anspruch an die Arbeit und Ergebnisse in Carrara weitaus höher anzusetzen.
Lichtmagier
Im fünften Carrara drehen sich viele Neuerungen um das Thema Lichteffekte. Zur Simulation der globalen Beleuchtung (Global Illumination – GI) greift man auf die Ambient Occlusion-Technik (AO) zurück. Dabei fließen die wechselseitigen Lichtreflexionen unmittelbar benachbarter Objekte in die Berechnung mit ein. Dementsprechend spielt die Oberflächencharakteristik der Objekte eine wichtige Rolle. Im Ergebnis erhalten Sie ein sehr realistisches, von weichen Abschattungen gezeichnetes Schattenspiel. In der Carrara-Pro-Version können Sie das globale Beleuchtungskonzept als Irradiance Map speichern und jederzeit wieder aufrufen. Um Spiegelungen besonders an transparenten Materialien wie Wasser oder Glas so realistisch wie möglich erscheinen zu lassen, können Sie sich nun des Fresnel-Effekts bedienen.
Er beschreibt die Abhängigkeit des Reflektionsverhaltens einer Oberfläche vom Betrachtungswinkel. Schauen Sie senkrecht auf eine entsprechende Fläche, erscheint das Material transparent und der reflektierte Anteil des Lichts ist verschwindend gering. Wird der Betrachtungswinkel hingegen immer flacher, nimmt die Transparenz ab und das Licht immer stärker reflektiert. Mit dem Anisotropic Lighting verbessert Carrara den Farbschimmer fein strukturierter Oberflächen. Praktische Beispiele für dessen Anwendung sind gebürstete Metalloberflächen oder die Datenseite einer CD. Hinter dem Subsurface Scattering verbirgt sich die Streulicht-Simulation durchscheinender Materialien wie Haut, Kunststoffe oder Milch. Eine weitere Neuerung ist Translucency, mit der Sie nun die Lichtdurchlässigkeit von Materialien steuern können.
Vervielfältiger
Wer sich für die teurere Pro-Version entscheidet, der darf sich am Graph Editor erfreuen. Er erlaubt den direkten Zugriff auf die Bewegungspfade in einer Animation. Der verbesserte Partikelgenerator steht hingegen allen Anwendern von Carrara 5 zur Verfügung. Einzug halten volumetrische Wolken, die analog den Lichteffekten für mehr Realismus in Bildern und Animationen sorgen sollen. Um ein Objekt mehrfach zu wiederholen, stehen zwei Replikatoren zur Auswahl. Mit dem Standardwerkzeug vervielfältigen Sie Objekte entlang einer Linie oder in Winkelschritten auf einem Kreis. Dagegen kommt der Surface-Replicator dann zum Einsatz, wenn Sie Objekte wie z. B. Pflanzen entlang eines Oberflächenprofils anordnen wollen. Mit wenigen Mausklicks lassen sich so Terrains bewalden oder in blühende Wiesen verwandeln.
Um den Anspruch der Professionalität zu manifestieren, spendierte Eovia der 4er-Pro-Version außerdem den aktuellen Amapi Designer. Zwischen alter und neuer Carrara-Version präsentierte man ein neues Mitglied der Programmfamilie, das bereits angesprochene Hexagon. Der Vertex-Modeller überzeugt durch seine Leistungsfähigkeit und die einfache Bedienung (Mac Life 09/2005, Seite 62). Basierend auf Hexagon wurde die Leistungsfähigkeit der bisherigen Carrara-Modeller (Metaball, Spline, Vertex) erweitert und durch neue Funktionen ergänzt. Überarbeitete 3D-Manipulatoren vereinfachen zudem den Umgang mit den platzierten Objekten. Das Glätten von Subdivision-Surfaces unterzog man einem Geschwindigkeitstuning. Derart gestärkt wird es nach Aussagen des Herstellers kein Bundle mit dem 3D-Modeller Amapi Designer mehr geben.
Ressourcen
Laut Eovia benötigen Sie für Carrara 5 und seinem Pro-Ableger mindestens einen G3-266-MHz-Prozessor, empfohlene 256 MB RAM und 300 MB Speicherplatz auf der Festplatte. Dazu kommt Mac OS X ab Version 10.1. Die gestellten Systemanforderungen sind zwar gering, man sollte sich aber der Konsequenz bewusst sein, dass je nach Szene und Rechenaufwand die eine oder andere Tasse Kaffee als Pausenfüller herhalten muss. Haben Sie eine Mighty Mouse an Ihrem Mac angeschlossen, können Sie mit dem Scroll Ball den Kamerazoom steuern.
Carrara 5 liegt derzeit in einer englischen und französischen Lokalisierung vor. Ob es je eine deutschsprachige Lokalisierung geben wird, ist zum Zeitpunkt unseres Tests noch nicht abschließend geklärt. Man diskutiere die Variante, teilte uns Eovia auf Anfrage mit.
Angesprochen auf die Intel Macs und einer angepassten Programmversion gab es eine ähnliche Reaktion. Die Optimierung sei geplant und entsprechende Updates würde es dann geben. Ein konkretes Zeitfenster konnte man uns nicht nennen. Mit einigen Abstrichen in der Performance soll Carrara 5 de facto bereits heute auf einem Intel-Mac laufen. Die fünfte Ausgabe von Carrara ist wie ihr Vorgänger in zwei Versionen erschienen. Die ca. 550 Euro teure Pro-Version enthält neben zusätzlichen Funktionen auch erweiterte Exportfunktionen, z. B. nach After Effects. Updates von einer früheren Carrara-Version gibt es bereits ab 99 Euro.
Fazit
Carrara war und ist ein mächtiges 3D-Programm zum fairen Preis. Vom 3D-Modeller bis zur Animation ist alles in dieser Applikation vereint. Die Programmentwickler haben sich auch in der neuesten Version bemüht, die Bedienung intuitiv und effizient zu gestalten. Es ist ihnen auch weitestgehend gelungen. Bei der Fülle der Befehle und Optionen bleibt der gelegentliche Griff zum Handbuch trotzdem nicht aus. Die Notwendigkeit zur Einarbeitung schmälert nicht den durchweg positiven Gesamteindruck. Mit den Programmneuerungen hat Carrara auf der Evolutionsleiter einen Schritt in die richtige Richtung getan.
Produktname | Carrara 5 |
---|---|
Hersteller | Eovia |
Preis | 250 Euro, Pro-Version 550 Euro |
Webseite | www.eovia.com |
Pro |
|
Contra |
|
Systemvoraussetzungen | Mac OS X 10.3.9, Univeral Binary, 512 MB RAM, 300MB freier Festplattenplatz |
1,9gut |
Diskutiere mit!
Hier kannst du den Artikel "Eovia Carrara 5" kommentieren. Melde dich einfach mit deinem maclife.de-Account an oder fülle die unten stehenden Felder aus.
Die Kommentare für diesen Artikel sind geschlossen.