Die virtuelle 909

d16 Drumazon

Die TR-909 war ursprünglich ein Flop – kein Wunder, denn der Roland-Drumcomputer scheiterte am selbst gesetzten Ziel, ein echtes Drum-Kit ersetzen zu können. Es war die aufkeimende Acid- und Techno-Bewegung, die den synthetischen Charakter der TR-909-Drums liebte und das Gerät rehabilitierte. Ob Drumazon dem legendären Original ebenbürtig ist?

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Die originale TR-909 war hybrid aufgebaut: Neben einem analogen Teil, der Kick, Snare, Toms, Rimshot und Handclap erzeugt, wurden die auf Blech basierenden Hihat- und Becken-Klänge durch 6-Bit-Samples bereitgestellt. Einige Parameter der Sounds waren veränderbar, wodurch verschiedene Varianten eines Instruments erzeugt werden konnten. Neben der Klangerzeugung bot die TR einen Sequenzer, der nach dem Lauflicht-Prinzip arbeitete und bei dem jedem der 16 Steps eine LED zugeordnet war. Dadurch lässt sich schnell erkennen, welche Steps programmiert wurden. Eine Spezialität des Sequenzers war seine Accent-Funktion. Über Accent konnte pro Step eine Betonung programmiert werden – das ist in etwa vergleichbar mit einem zweifachen Velocity-Switch.

Original ...

d16 betreibt in der Werbung zum brandneuen Drumazon Understatement, denn nirgendwo taucht das Kürzel TR-909 auf – wohl aus lizenzrechtlichen Gründen. Fakt ist, dass Drumazon eine virtuelle Nachbildung von Rolands TR-909 ist. Das VST-Plug-in kann nur über das Internet bestellt werden, was aber dank vielfältiger Zahlungsoptionen Problem darstellen sollte.

Während das Original knapp fünf Kilo auf die Waage bringt, ist der Download nur wenige MB „schwer“. Der Kopierschutz ist über eine Schlüsseldatei realisiert, die Installation bereitete uns auf einem MacBook Pro dank einer UB-Version keine Probleme. Leider wird derzeit nur die VST-Schnittstelle unterstützt, eine AudioUnit-Version soll in naher Zukunft folgen.

... oder Fälschung?

Wir haben Drumazon gegen gut dokumentierte Aufnahmen einer TR-909-Sample-Session verglichen. Tatsächlich klingt das neue d16-Instrument so rund und druckvoll wie das Original und verhält sich selbst bei Klangveränderungen am laufendem Sequenzer wie der graue Kasten aus dem Orwell-Jahr 1984. Das Klangpotenzial wurde – für den Puristen vielleicht etwas erschreckend – erweitert. Die Parametersätze für Bass, Snare und Percussion wurden um Tune und Tune Depth ergänzt. Der Rimshot erhielt Tune und Decay, der Clap wurde mit Tune- und Reverb-Parametern aufgewertet. Open- und Closed-Hihat wurden um einen Tuning-Parameter aufgemotzt, und die Becken bekamen zusätzlich ein Decay spendiert.

Die Einstellungen können für jedes einzelne der Instrumente abgespeichert werden. Im Baukastensystem lassen sich dann über den Preset-Browser schnell neue Drum-Kits zusammenklicken. Neben typischen 909-Klängen sind auch Electro-Drums und 808-ähnliche Sounds möglich.

Was wäre eine TR ohne Einzelausgänge? Richtig „fett“ werden die Drums nämlich dann, wenn man sie individuell entzerrt und mit Dynamikprozessoren bearbeitet. Insgesamt stehen elf flexibel belegbare Einzelausgänge zur Wahl, die im Test auch alle unter Cubase SX zur Verfügung standen. Drumazon kann über einen MIDI-Sequenzer angesteuert werden, der Clou ist aber der interne Sequenzer. Durch dessen Geradlinigkeit lassen sich schnell übliche Techno-Klischees aus dem Ärmel schütteln. Viele der Parameter können über MIDI-CCs manipuliert werden. Für eines der nächsten Updates ist übrigens eine MIDI-Out-Funktion angedacht. Damit würden sich auch andere Klangerzeuger mit dem Drumazon-internen Sequenzer ansteuern lassen.

Features

  • Software-Emulation des Roland-TR-909-Drumcomputers
  • im Vergleich zum Original erweiterter Parametersatz
  • elf Einzelausgänge
  • Unterstützung von MIDI-CCs inkl. MIDI-Learn-Funktion
  • interner Step-Sequenzer mit eigenem Taktgeber oder Synchronisation zum Host
  • Unterstüzung für VST, AU in Vorbereitung

Fazit

d16 ist mit Drumazon eine akkurate Nachbildung des Roland-Klassikers gelungen. Schon die bloße Qualität der Emulation bietet Anlass zur Anerkennung. Doch es sind die vielen Details, die Drumazon zum überzeugendsten Vertreter seiner Art erheben.

Wer auf der Suche nach einer möglichst umfangreichen Sammlung ganz verschiedener Drumsounds ist, wird aber auch weiterhin mit einem Sample-Player wie etwa Battery 3 besser bedient sein. Im Falle der TR-909 gilt: Samples können noch so gut sein, aber eine (virtuell-)analoge Klangerzeugung, mit all ihren grundlegenden Möglichkeiten, in das Sound-Geschehen einzugreifen, ist sehr viel schmackhafter, als es eine Klangkonserve je sein könnte ...

Testergebnis
ProduktnameDrumazon
Herstellerd16
Preis129 €
Webseitewww.d16.pl
Pro
  • detailgetreue Nachbildung des TR-909-Drumcomputers
Contra
  • Preis etwas hoch
Bewertung
1,9gut

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