Bei Sennheisers neuem Flaggschiff-Kopfhörer muss man zu allererst über den sprichwörtlichen Elefanten im Raum sprechen: Den Preis. Für das Unternehmen aus der Wedemark ist es ein Prestige-Projekt, den besten Kopfhörer der Welt abzuliefern. Geld spielt dabei keine Rolle. Und so muss der willige Käufer für den Sennheiser Orpheus HE1060 dann auch tatsächlich sagenhafte 50.000 Euro auf den Tisch legen. Wie bei allen Luxus-Produkten gilt auch hier: Wer sich über den Preis Gedanken machen muss, der gehört eigentlich schon nicht mehr zur Zielgruppe. Potenzieller Orpheus-Käufer ist, wer 50.000 Euro mit der gleichen Selbstverständlichkeit ausgibt, wie Otto-Normal-Verbraucher monatlich 5 Euro an das lokale Tierheim oder sonstige Organisationen spendet.
Die Historie
Wer Mitarbeiter von Sennheiser nach der Geschichte hinter dem Orpheus fragt, der hört die Geschichte, dass man schon immer den besten Kopfhörer in den eigenen Reihen wähnte, sich dann aber während einer IFA von AKG überrundet sah und das natürlich nicht auf sich sitzen lassen konnte. Das Resultat der folgenden Bemühungen war die erste Orpheus-Generation, die Sennheiser ab 1991 in limitierter Stückzahl von 300 Exemplaren zum Preis von 30.000 Mark verkaufte (inflationsbereinigt entspricht das rund 25.000 Euro von Ende 2015). Der Orpheus war schon damals nicht nur ein Kopfhörer, sondern ein Set, bestehend aus einem elektrostatischen Kopfhörer und einem Röhrenverstärker. Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des ersten Orpheus gibt es nun eine zweite Generation.
Der erste Orpheus von 1991 wurde konstruiert, um den inoffiziellen Titel des besten Kopfhörers der Welt zurück nach Deutschland, genauer: in die Sennheiser-Zentrale in der niedersächsischen Wedemark zu holen. Sennheisers Ingenieure haben damals, vor rund 25 Jahren, ganze Arbeit geleistet und ein Sound-Monster geschaffen, dessen Qualität in der Musik-Reproduktion im Wesentlichen bis heute unangetastet blieb. Der Orpheus war allerdings kein reines Marketing-Projekt. Während der Entwicklung hat man vieles gelernt, das noch Jahre später Eingang in andere Kopfhörer-Serien fand.
Wie perfekt ist perfekt?
Der Klang des Orpheus lässt sich am besten mit dem Wort „beeindruckend“ beschreiben. Wenn man derzeit einen Kopfhörer mittlerer Preisklasse besitzt und dann zum ersten Mal Musik mit dem Orpheus hört, dann ist es, als ob man aus einem VW Golf der 1980er-Jahre in einen Tesla Model S umsteigt. Für einen Musikfreund ist der neue Orpheus eine wahre Offenbahrung. Für den Autor von Hardware-Tests hingegen ist er fast etwas enttäuschend, da es nichts auszusetzen gibt. Zu überlegen sind elektrostatische Kopfhörer in jeglicher den Klang betreffenden Hinsicht. Wenn man es denn technisch richtig anstellt.
So gibt es durchaus auch elektrostatische Kopfhörer, die beispielsweise nicht einmal an die Klangqualität des (nicht elektrostatischen) Sennheiser HD800 herankommen. Und obwohl der HD800 vielen als Referenz-Kopfhörer gilt, stellt der Orpheus ihn mit Leichtigkeit in den Schatten. Musik klingt noch präziser, noch ausgeglichener, noch luftiger und wird auf einer noch deutlich breiteren Bühne präsentiert. Wenn man partout ein Manko am Orpheus finden möchte: Er eignet sich ausschließlich für die Verwendung an einem festen Standort.
Im Rahmen der Vorführung des neuen Sennheiser Orpheus konnten wir auch einen Blick hinter die Kulissen und in die Sennheiser‘schen Werkshallen werfen. Es ist wenig überraschend, aber dennoch beeindruckend zu sehen, welcher Aufwand dort getrieben wird, um immer neue, bessere Produkte zu entwerfen und dann in großer Stückzahl zu fertigen. Bei Sennheiser arbeitet man ein ganzes Stück weit so, wie man es sich von Apple vorstellt. Wen es als Technik- und Musik-Fan einmal in die Nähe von Hannover verschlägt, der sollte unbedingt auch bei Sennheiser vorbeischauen und sich ein Stück deutscher Technik-Geschichte anschauen.
Fazit
Ist der neue Orpheus der beste Kopfhörer der Welt? Vermutlich schon. Zumindest haben wir noch keinen besser klingenden ausprobieren können. Sennheiser hat für die Neuauflage keine Kosten und Mühen gescheut – und das, obwohl man mit dem 25 Jahre alten Modell immer noch die Speerspitze in Sachen Klangqualität bildete und so quasi nur gegen sich selbst angetreten ist. Wenn du also Musik liebst und 50.000 Euro übrig hast …
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Auf der High End Messe konnte ich entsprechende Röhrenverstärker Probe hören. Entweder war es doch zu turbulent zum ernsthaften hören oder sie sagen mir nicht zu. Im Gegensatz zur guten alten Schallplatte, welche hochmoderne Digitaltechnik immer noch eindeutig abgehängt hat. Natürlich auf dem passenden Equipment.