5 gegen Apple Music: Spotify, Deezer & Co. im Vergleich

Musikstreaming im Test: Darum gehört Apple Music nicht zu den Gewinnern

Mit seinem Streamingdienst Apple Music will der iPhone-Hersteller verlorenen Boden im Musikgeschäft gutmachen. Doch es gibt noch andere Spotify-Konkurrenten – wir hörten uns Deezer, Tidal, Google Play und Amazon Music an. Welcher Service am Ende in unserem Test die Nase vorn hat, verrät dieser Beitrag. So viel vorweg: Apple Music ist es nicht.

Von   Uhr
6 Minuten Lesezeit

Der Konsum und der Vertrieb von Musik hat in den vergangenen nichts Geringeres als eine Revolution erlebt. Haben Vinyl-Schallplatten und Tonbänder über Jahrzehnte die Weiter- und Wiedergabe von Musik bestimmt, fiel die Regentschaft der Audio-CD bereits weitaus kürzer aus – und selbst der Download von Alben und Einzeltiteln im iTunes Store fühlt heute schon fast wie ein Anachronismus an.

Streaming liegt voll im Trend

Die Gegenwart und Zukunft des Musikgeschäfts gehört ohne Zweifel dem Streaming – ein Trend, der auch in Deutschland längst Fuß gefasst hat: 44 Prozent der deutschen Internetnutzer ab 14 Jahren nutzen laut einer Umfrage im Auftrag des „Digitalverband Bitkom“ Musikstreamingdienste wie Spotify, Deezer und Apple Music. Immerhin rund ein Viertel der Streamer bezahlt für diese Musikangebote im Rahmen eines monatlichen Abonnements.

Besser …

Quobuz richtet sich an Kenner und bietet seinen Katalog von knapp 70.000 Alben in feinster 24-Bit-Auflösung an.

… oder billiger?

Wer nicht bezahlt, kann Spotify auch in einer kostenfreien Version nutzen, muss aber auf die Offline-Funktion verzichten und mit Werbung leben.

Das lohnt sich mittlerweile auch für die Industrie: Das Beratungsunternehmen Pricewaterhouse Cooper etwa schätzt den Gesamtumsatz mit Musikstreaming für alle Anbieter in Deutschland im Jahr 2017 auf 311 Millionen Euro. Bis zum Jahr 2019 sollen die Umsätze gar auf 426 Millionen Euro steigen. Aus dem befürchteten „Totengräber der Musikindustrie“ ist also längst ein Heilsbringer geworden.

Auch Apple mischt in dem lukrativen Markt mit – nicht ohne Erfolg: Mit knapp 21 Prozent Marktanteil konnte sich der iTunes-Erfinder mittlerweile fest auf dem zweiten Platz hinter dem Marktführer Spotify etablieren, der allerdings nahezu uneinholbar bei knapp 43 Prozent liegt.

So haben wir getestet

Für das Abspielen der Musikstreamingdienste nutzten wir zwei hochwertige Kopfhörer: Neben einem warm klingenden Hi-Fi-Gerät für das Wohnzimmer testeten wir unsere vordefinierte Playliste auch mit einem Studiokopfhörer, der für besonders wenig „Schönfärberei“ bekannt ist. Wir wählten die jeweils höchste von den Diensten angebotene Wiedergabequalität, um die Breitband-Internetverbindung voll auszunutzen.

Unterschiede auf den zweiten Blick

Zwar ähneln sich besonders die großen Streaminganbieter auf den ersten Blick in ihrem Angebot. Trotzdem gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede mit Blick auf die Bedienung, die Musikauswahl, die Wiedergabequalität und auch das Zusatzangebot. Edel-Chanteuse Beyoncé etwa veröffentlicht nur bei Tidal, das – nicht ganz zufällig – ihrem Ehemann Jay-Z gehört. Sportfreunde könnten hingegen bei Amazon ihr Mekka finden: Deren Music-Unlimited-Paket beinhaltet – höchst ungewöhnlich – zum Beispiel die Spiele der Fußball-Bundesliga.

Wir hoffen, Ihnen die Auswahl des für Sie passenden Dienstes etwas zu erleichtern.

Darauf sollten Sie achten

Familienabonnement: Mit einem Familienabo sparen Sie auch dann viel Geld, wenn Sie etwa Ihre gesamte WG mit einem Musikabo versorgen möchten – denn in der Regel prüfen die Anbieter nicht, ob es sich bei den Teilnehmern tatsächlich ein Familienmitglied handelt und drücken gern ein Auge zu.

Offline Musik hören: Klar, alle Streaminganbieter bieten eine Funktion zum Musikhören ohne aktive Internetverbindung. Sie unterscheiden sich jedoch in der Anzahl der unterstützten Endgeräte – Apple Music etwa lässt temporäre Download auf bis zu zehn Geräten zu, Spotify erlaubt derer nur drei.

Klangqualität: Legen Sie besonders zu Hause Wert auf eine hohe Wiedergabequalität? Dann kommen Anbieter, die ausschließlich verlustbehaftete Streamingformaten bereitstellen, für Sie kaum infrage. Doch auch beim Musikgenuss in der U-Bahn gibt es Unterschiede – so streamen einige Anbieter nur mit 256 statt 320 kbps.

Endgeräte: Unterwegs streamt man meist mit dem iPhone. Doch was möchten Sie zuhause nutzen? Besitzen Sie Apple TV? Legen Sie Wert auf eine Chromecast-Einbindung? Oder nutzen Sie das Sonos-System? Wählen Sie den Dienst, der Ihr Gerät unterstützt!

Monatliche Kosten

Amazon Music Unlimited: 9,99 Euro
Apple Music: 9,99 Euro
Deezer: 9,99 Euro
Google Play Music: 9,99 Euro
Spotify: 9,99 Euro
Tidal: 9,99 Euro (HiFi Premium: 19,99 Euro)

Musikbibliothek: Der Musikkatalog der meisten Anbieter umfasst mittlerweile im Durchschnitt circa 40 Millionen Titeln. Aber nicht alle Dienste haben auch dieselben Künstler im Programm. Legen Sie Wert auf Ihre Lieblingsbands, sollten Sie vorab mit einem Probeabonnement prüfen, ob diese sich auch in der Bibliothek des favorisierten Streamingdienstes finden.

Kuratierte Playlisten: Betreute oder mit cleveren Algorithmen automatisch generierte Playlisten helfen beim Entdecken neuer Musik auf Basis Ihres bisherigen Musikgeschmacks. Leider agiert nicht jeder Anbieter in diesem Punkt gleich zielsicher.

Test 1: Bibliothek

Tidal
Tidal (Bild: Screenshot)

Die Auswahl ist per se riesig: 40 Millionen Songs führen die Streaminganbieter derzeit durchschnittlich in ihren Musikkatalogen, Tidal wirbt gar mit 46 Millionen Titeln. Versender Amazon irritiert mit einem zweigleisigen Angebot: Während das Prime-Music-Abonnement lediglich zwei Millionen Titel beinhaltet, wirbt das hinzubuchbare Unlimited-Angebot mit 40 Millionen Stücken. Trotz des in weiten Teilen identischen Musikangebots lohnt sich ein genaues Hinsehen, denn nicht alle Künstler unterstützen alle Streaminganbieter. Beyoncé etwa vertreibt digital nur noch bei Tidal. Und darf es etwas mehr als „nur“ Musik sein? Deezer und Spotify tun sich durch einen umfangreichen Katalog an Hörbüchern und -spielen hervor und locken mit einer kuratierten Auswahl an Podcasts, um so weitere Musik-Apps vollständig zu ersetzen.

Wertung zur Bibliothek
Wertung zur Bibliothek (Bild: Screenshot)

Test 2: Neues entdecken

Spotify
Spotify (Bild: Screenshot)

Spotify merkt man die Erfahrung an: Die Auswahl an Playlisten ist riesig und auch der Algorithmus für Neuvorschläge trägt überaus interessante Wiedergabelisten zusammen, die sich aus dem bisherigen Musikkonsum herleiten. Hinzu kommt die oft unterschätzte Radio-Funktion, die Künstler- und Genre-Streams zusammenfasst, und der von allen anderen Diensten vernachlässigte soziale Aspekt: Nutzer der Desktop-App können sich vom aktuellen Musikgeschmack ihrer Freunde inspirieren lassen. Aber auch Google weiß zu punkten: Nach dem Aufkauf von Songza glänzt das Play-Music-Angebot mit zum Beispiel auf der Stimmung, dem Standort und dem Wetter basierenden Playlisten. Auch Deezers „Flow“-Funktion leistet gute Dienste und fungiert wie eine endlose Playliste, die neben bekannten auch immer wieder neue Songs entdecken lässt.

Wertung zur Kategorie "Neues entdecken"
Wertung zur Kategorie "Neues entdecken" (Bild: Screenshot)

Test 3: Kuration

Radiostationen in Apple Music
Radiostationen in Apple Music (Bild: Screenshot)

Algorithmen zur Zusammenstellung von Playlisten aufgrund der Wiedergabe-Historie sind eine feine Sache – die Kuration per Hand durch ein fachkundiges Team schafft jedoch ein ganz anderes Preis-Leistungsverhältnis. Tidal etwa setzt auf bekannte Künstler wie Britney Spears und DJs wie Ferry Corsten, die ihre musikalischen Vorlieben teilen. Apple beschäftigt hingegen ein komplettes Expertenteam, das die verschiedenen Genres befüttert. Und das macht seine Arbeit offensichtlich sehr gut: Verfolgt man eine Playliste über Wochen, findet man viele Lieblingstitel wieder – plus einigen Perlen, die zum Musikstil passen. Für Spotify spricht hingegen die riesige Verbreitung: So gibt es viele Radiosender, Musikzeitschriften und sogar Firmen, die ihre Kunden mit von Mitarbeitern erstellten Wiedergabelisten zu unterhalten.

Wertung zur Kategorie "Kuration"
Wertung zur Kategorie "Kuration" (Bild: Screenshot)

Test 4: Preis-Leistung

Deezer
Deezer (Bild: Screenshot)

9,99 Euro scheint die Schallgrenze für Musikstreamer zu sein – alle von uns getesteten Dienste vertreiben ihr monatliches Standardabonnement zu diesem Preis. Besitzen Sie bereits ein Prime-Konto bei Amazon, kostet ein Upgrade zum unbegrenzten Music-Unlimited-Angebot 7,99 Euro. Viel Geld kann man sparen, wenn der Dienst des Vertrauens ein Familien-Angebot im Portfolio hat, mit dem in der Regel fünf weitere Personen ein Abo zum Preis von 14,99 Euro nutzen dürfen. Auch für den Nachwuchs gibt es oft Rabatte: 4,99 Euro nehmen etwa Spotify und Apple eingeschriebenen Studenten ab. Allerdings sind die Angebote meist auf ein bis zwei Jahre begrenzt. Tidal bietet sich für Musikenthusiasten an, die Wert auf verlustfreie Übertragungen legen. Allerdings müssen diese für die gewünschte CD-Qualität 20 Euro im Monat anlegen.

Wertung zur Kategorie „Preis-Leistung“
Wertung zur Kategorie „Preis-Leistung“ (Bild: Screenshot)

Zwei Gewinner: Spotify und Tidal

Welcher Musikstreamingdienst für Sie der richtige ist, entscheidet auch das „Ökosystem“, in dem Sie sich bewegen. Besitzen Sie ein Apple-TV-Gerät, ist Apple Music fast die logische Konsequenz – wenngleich uns die Benutzeroberfläche auch in ihrer zweiten Inkarnation nicht recht gefallen mag. Besonders auf dem iPhone ist die Bedienung verwirrend und inkonsistent. Google Play Music mag dann eine gute Wahl sein, wenn Sie bereits ein Chromecast-Gerät besitzen. Allerdings weiß das Angebot selbst keine bleibenden Akzente zu setzen. Als Hi-Fi-Purist ist Tidal sicher für Sie die erste Wahl – wenn Sie nicht sowieso auf Spezialanbieter wie Qobuz oder Idagio zurückgreifen.

Spotify
Spotify (Bild: Screenshot)

Suchen Sie aber einfach einen guten Streamingdienst mit einer fast lückenlosen Musikbibliothek, guten Desktop-, Web- und Mobil-Apps sowie einer hohen Hardware-Unterstützung durch Dritthersteller, ist jedoch der Platzhirsch Spotify eine sichere Wahl. Allein das Wort „Spotify“ steht mittlerweile für einen ganzen Markt, ähnlich wie „Tempo“ für Taschentücher. Außerdem macht die Einbeziehung sozialer Aspekte beim Musikhören jede Menge Spaß.

Tidal
Tidal (Bild: Screenshot)

Eine umfangreiche Bibliothek an Playlisten, Alben und Einzeltiteln plus einer sozialen Komponente: Spotify bietet das kompletteste Angebot aller Musikstreamingdienste.

Wertungsübersicht
Wertungsübersicht (Bild: Screenshot)

Diskutiere mit!

Hier kannst du den Artikel "Musikstreaming im Test: Darum gehört Apple Music nicht zu den Gewinnern" kommentieren. Melde dich einfach mit deinem maclife.de-Account an oder fülle die unten stehenden Felder aus.

Apple Music gehört von Grund auf komplett überarbeitet!

Das Interface ist die reinste Katastrophe genau so wie die iTunes Integration...

Wenn man keinen HomePod oder Apple Watch besitzt, ist Spotify eindeutig die ausgereiftere und bessere Wahl!

Was leider wie so oft bei solchen Test vergessen wird: wieviele parallele Streams ein Dienst erlaubt, was bei Streaming-Boxen wie die von Sonos ziemlich relevant ist. Und hier hab ich viele Dienste getestet: meistens wird nur ein Stream erlaubt. Apple Music ist mit Deezer hier die Ausnahme und es funktionieren zumindest 3 parallele Streams.

Schade, Qobuz wurde nicht mit bewertet. :-(

Betreffend Qualität gibt es nichts besseres als Qobuz. Leider gibt es bei Spotify kein HIFI (FLAC/CD Qualität) Abo.

Finde die Oberfläche von Apple Musik ganz ok. Trotzdem zu Spotify gewechselt, da ich Musik auf einem Netzwerkplayer abspielen möchte, ohne die hin und her durch die Wohnung mit AirPlay zu streamen.

Das Thema Auto-Integration wurde hier leider nicht betrachtet. Ich denke, es gibt mehr Autofahrer als Sonos-Nutzer.

Auto-Integration ist der Punkt, bei dem (leider?) nur Apple punkten kann.

Sowohl die Lösungen der PKW-Hersteller als auch Carplay bieten eine gute Integration, d.h. Steuerung, Auswahl, Playlists, Cover Art, Suche etc erfolgt über die Bedienung des Autos. Sogar „Hey Siri“ funktioniert.

Bei den meisten anderen Apps erfolgt die Steuerung aus der App heraus, d.h. während der Fahrt: Handy in die Hand nehmen. Ggf. geht hier noch vor- und zurück über die Autosteuerung, wenn man vor der Fahrt die passende Playlist über die App gewählt hat - letztendlich unbefriedigend.

Leute...

... Deezer HiFi wurde nicht berücksichtig !!!!

Wenn dann doch bitte richtig hinschauen und hören !!!

Suche funktioniert über die Bedienung des Autos? Also das glaube ich nicht. Zumindest bei mir gibt es keine Möglichkeit zu suchen. Hierzu muss immer das Telefon in die Hand genommen werden und dort die Suche bemüht werden.
Kannst du kurz beschreiben, wie du suchst?

Also die BMW-Integration kann das - hängt sicherlich vom Hersteller ab. Ich kann nach Genre, Künstler, Album, Song filtern und dabei auch suchen.

Ist aber keine Suche gegen Apple Music als Ganzes, sondern nur gegen die Titel der Bibliothek (online / offline).

Ok das geht bei mir auch. Allerdings würde ich mir wünschen das eine richtige Suche funktioniert und das bietet aktuell keine App für CarPlay. Siri die dusselige Kuh versteht einen ja leider auch nie. Alles in allem behaupte ich mal bei der Integration im Auto ist noch viel Luft nach oben.

Für mich ist das Interface entscheidend, und hier gewinnt Spotify meiner Meinung nach, weil man übersichlichsten und am wenigsten überfrachtet. Ich habe wirklich nahezu alle Streaming Apps für iPhone getestet, von Tidal über Amazon über Apple Music ... die meisten Apps sind TOTAL überfrachtet und unübersichtlich. Ich will einfach nur eine App wo man ein Lied/Album suchen kann, dieses speichern kann und abrufen kann. Mehr nicht. Eine einfache schlichte Übersicht, ich brauche keine 1000 Optionen. Spotify finde ich da am ehesten dran, wenn natürlich auch sehr vollgepackt mit Shitmus.

Die Kommentare für diesen Artikel sind geschlossen.