Das iPad Pro mit seinen M1- und M2-Chips ist so leistungsstark, dass ich es als Lösung auf der Suche nach einem Problem betrachte. Selbst die Modelle mit A-Klasse-Chips kommen in der Praxis kaum ins Schwitzen. Warum all diese Hardware-Power mit bis zu 2 TB Speicherplatz und sogar einer Thunderbolt-Schnittstelle, wenn kaum eine App diese Leistung und Möglichkeiten vollständig nutzt?
Mit der Veröffentlichung der iPad-Versionen von Final Cut Pro und Logic Pro ist Apple dieses Thema endlich angegangen. Die Apps sind keine einfache Portierung von Mac auf iPad, sie sind bewusst mit speziellen Funktionen für das iPad erweitert.
Final Cut Pro und Logic Pro für das iPad bieten neu konzipierte Oberflächen, die für Multi-Touch optimiert sind. Dies gibt mir sofort das Gefühl von unmittelbarer und intuitiver Nutzung. Der Apple Pencil ist ebenfalls integriert, in Logic Pro lassen sich Automationskurven direkt einzeichnen oder in Final Cut Pro über Videos zeichnen. Tastaturen werden ebenfalls unterstützt, um die von Mac gewohnten und besonders bei Profis geschätzten Tastenkürzel zu verwenden.
Wir hatten die Möglichkeit, beide Apps vorab auszuprobieren. Sie sind jetzt im App Store zum Download verfügbar. In Sachen Final Cut Pro habe ich vorerst nur eine kurze Probefahrt auf einem 12,9-Zoll-iPad-Pro mit M2-Chip gewagt – ein ausführlicher Test von einem Videoprofi folgt Anfang Juni. Einen umfassenderen Bericht zu Logic Pro für iPad findet sich indes schon heute auf maclife.de.
Final Cut Pro für iPad: Trotz Abo mit fairem Preis
Sowohl Final Cut als auch Logic können einen ganzen Monat lang kostenlos getestet werden. Danach muss ein Abonnement abgeschlossen werden. Für jede der beiden Apps werden jeweils 4,99 Euro im Monat oder 49,99 Euro im Jahr fällig.
Die Tatsache, dass die Pro-Apps für das iPad im Abo-Format vorgestellt wurden, könnte darauf hindeuten, dass Apple in Zukunft ähnlich bei den Mac-Versionen seiner Profi-Tools verfahren könnte. Aktuell sind diese zu einem erstaunlich günstigen Preis von einmalig 350 Euro (Final Cut Pro) respektive 230 Euro (Logic Pro) im App Store erhältlich.
Früher finanzierte sich die Weiterentwicklung von Anwendungssoftware über Updates auf neue Programmversionen. Branchengrößen wie Adobe und Microsoft stellten aber bereits vor Jahren auf ein Abo-Modell um. Ob sich am Preismodell für die Desktop-Apps etwas ändern wird? Ein Blick in den Mac App Store zeigt: zumindest nicht heute.
Final Cut Pro für iPad: Die ersten Eindrücke
Mit Final Cut Pro auf dem iPad kann ich nun überall Videos in der Logik von Apples Videoschnittlösung bearbeiten und dabei neue Bedienwege nutzen. In Produktionsumgebungen für Videoproduktionen auf einem Tablet habe ich bereits reingeschaut. Luma Fusion und Davinci Resolve (Studio) sind Wegbereiter, doch beide Apps bleiben in ihren Bedienkonzepten in der Desktop-Welt verwurzelt. Apple dagegen setzt mit Final Cut Pro für das iPad auf ein Touch-Interface mit intuitiven Werkzeugen. Ein spezielles Touch-Jog-Wheel macht den Videoschnitt enorm einfacher, die Schwebefunktion des Apple Pencils ermöglicht ein schnelles Überfliegen von Material und die bereits bekannte Magnetic Timeline entfaltet auf dem iPad ihre Superkräfte – präzises Arbeiten ist hier auch ohne Maus möglich. Als jemand, der gerne mit kreativen Features spielt, bin ich zudem angetan von der Möglichkeit, direkt auf Videos zeichnen und malen zu können, wobei jeder Pinselstrich animiert ist – wäre ich diesbezüglich nur ein wenig begabter!
Die Multicam-Videoschnittfunktion der iPad-Version ist eine echte Erleichterung, wenn du mit mehreren Kameras aufnimmst und die Clips bearbeiten und synchronisieren möchte. Ich habe das mit zwei Aufnahmequellen getestet und es funktioniert tatsächlich, wie von Apple versprochen. Apropos Kamera: Im Pro-Kamera-Modus wird das iPad selbst zur Aufnahmequelle und bietet erweiterte Kontrollmöglichkeiten wie Weißabgleich – Aufnahmen in ProRes verstehen sich da gewissermaßen von selbst.
Apples Fast-Cut-Funktionen, die auf maschinellem Lernen basieren, sind ein echter Helfer bei potenziell zeitaufwendigen Aufgaben. Dazu gehören die Hintergrundentfernung, der automatische Zuschnitt auf Social-Media-Formate und die Isolation von Stimmen. Bei meinem ersten Test funktionierte die Hintergrundentfernung eher mäßig, aber der Zuschnitt und die Stimmenisolation sind definitiv ein Plus.
Ich schätze auch die Bibliothek an Grafiken, Effekten und Sounds sowie die Möglichkeit, Titel schnell auf dem iPad zu erstellen. Der HDR-fähige Bildschirm des 12,9-Zoll-iPad-Pro ermöglicht präzise Farbkorrekturen und auch das Color Grading über LUTs ist möglich.
Profis werden Gefallen an Tastenbefehlen finden – eine ganze Handvoll an Final-Cut-Kürzeln funktionieren auch hier. Egal, ob mit Magic Keyboard, Smart Folio Keyboard oder einer Dritthersteller-Tastatur: Tastenkürzel beschleunigen meine Arbeitsabläufe.
Final Cut Pro auf dem iPad richtet sich sowohl an ambitionierte Amateure als auch an Videoprofis. Nach einem ersten Ausprobieren ist klar: Das innovative Bedienkonzept ermöglicht mobilen Videoschnitt jenseits eines MacBook. Ebenso klar ist aber auch: Die iPad-Version ist kein vollwertiger Ersatz für leistungsstarke Macs. Komplexere Projekte sind immer noch eine Sache für den Desktop.
Die Tatsache, dass die App als Abo angeboten wird, stört angesichts des fairen Preises nicht: Für Profis sind 50 Euro im Jahr gewissermaßen geschenkt und alle anderen können die App bei Bedarf für nur 5 Euro im Monat mieten – professioneller lassen sich etwas Urlaubsvideos auf dem iPad kaum schneiden. Und das zu einem Preis, der niedriger ist als der eines Latte macchiatos in einer bekannten amerikanischen Kaffee-Kette …
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ich finde es von Apple ziemlich unverschämt die App im?Appstore alls gratis anzubieten da du sie ohne abo nicht nutzen kannst
Naja, das gilt für gefühlt die Hälfte aller Apps: Alles, was mit einem Abo kommt, steht „kostenfrei“ im App Store, lässt sich aber eben nur mit einem Abonnement nutzen. Apple gewährt zumindest einen ganzen Monat als Testzeitraum, was ich ziemlich fair finde.
LG
Stefan