Mit den aktuellen iPhone-XS/XR-Modellen hat Apple die Fähigkeiten zur Nutzung von zwei SIMs eingeführt, sodass Sie unter zwei Telefonnummern erreichbar sein können. Das Feature spricht zwar vor allem iPhone-Nutzer an, die für private und geschäftliche Anrufe mit einem Gerät auskommen wollen, doch es lässt sich auch im Urlaub prima nutzen: So können Sie im Ausland weiterhin unter Ihrer normalen Nummer erreichbar sein und gleichzeitig Roamingkosten vermeiden.
Wann lohnt eine lokale SIM?
Dank EU-Regulierung sind hohe Roamingkosten zumindest innerhalb der EU kein Thema mehr. Die zu Hause gebuchten Daten- und Gesprächspakete lassen sich im Normalfall grenzüberschreitend nutzen. Um im Urlaub zu telefonieren, per Nachricht oder E-Mail erreichbar zu sein, mit Safari zu surfen oder mit Karten zu navigieren, reicht das in der Regel problemlos aus. Sprich: Wer sich wie zu Hause verhält, kommt auch im EU-Ausland klar.
Es gibt jedoch Fälle, in denen sich die SIM-Karte eines lokalen Providers des besuchten Landes trotzdem lohnt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie sich über längere Zeit im Ausland aufhalten oder einen uneingeschränkten Internetzugang haben möchten. Dabei geht es meist um das Datenvolumen. Zu Hause steht dem iPhone in der Regel ein DSL-Anschluss zur Seite und übernimmt einen Teil der Datenübertragung, doch unterwegs muss es allein etwa Streamingdienste und die iCloud-Synchronisierung stemmen oder als Hotspot für diverse Geräte dienen.
Hinzu kommt das verstärkte Fotoaufkommen im Urlaub, dessen iCloud-Upload das benötigte Datenvolumen ebenfalls hochtreibt – da geht den üblichen Datentarifen schnell die Puste aus. Weil aber gerade die Datenpakete bei deutschen Providern im EU-Vergleich eher teuer sind, ist die SIM-Karte eines lokalen Anbieters oft günstiger als ein Upgrade des vorhandenen Vertrags. Dies gilt übrigens auch für die Besitzer von Ferienhäusern im EU-Ausland. Sie sind öfter und länger vor Ort, was ein weiteres Argument für eine lokale SIM ist. Ein Festnetzanschluss wäre für sie vielleicht technisch möglich, lohnt sich aber wegen der üblichen monatlichen Gebühr nicht für wenige Wochen im Jahr.
Ob ein eigenes Haus, Campingplatz oder Miete: Wer seinen Urlaub immer am selben Ort verbringt, wird dort über die Jahre wohl auch neue Kontakte aufbauen. In diesem Fall ist auch die Telefonfunktion einer lokalen SIM-Karte ganz praktisch, da Sie darüber günstiger von Einheimischen angerufen werden können. Außerdem entfällt für Letztere die Hemmschwelle der Auslandsvorwahl Ihrer normalen deutschen Nummer. Für das Telefonieren nach Deutschland sollten Sie selbst aber wieder die deutsche Karte benutzen.
Vorsicht: Nicht-EU-Ausland!
Außerhalb der EU können Sprach- und Datenverbindungen weiterhin sehr teuer werden, sodass die genannten Argumente für eine zweite lokale SIM-Karte um so mehr gelten. Bei Fernreisen ist dies den meisten Leuten intuitiv klar, manchmal liegt die Roaming-Falle aber näher als man denkt. Das Paradebeispiel ist die Schweiz, die nicht nur ein direkter Nachbar ist, sondern eventuell auch bedenkenlos auf der Reise in ein anderes EU-Land durchquert wird. Es kommt auf den Provider und den gebuchten Tarif an, ob deutsche Gesprächs- und Datenpakete auch für die Schweiz gelten und sich zum Beispiel bei der Durchreise das Internet für Nachrichten und die Navigation mit der Karten-App sorglos nutzen lassen.
Drei Sonderfälle, diesmal positiver Natur, sind die Länder Liechtenstein, Island und Norwegen, die nicht zur EU, aber zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gehören. In ihnen gilt ebenfalls die EU-Verordnung zum Roaming.
Großbritannien gehört beim Schreiben dieser Zeilen noch zur EU. Ob, wann und zu welchen Bedingungen es nun tatsächlich austritt, darüber wollen wir hier nicht spekulieren. Wer nach dem Brexit über den Kanal reist, sollte sich auf jeden Fall bei seinem Provider nach den geltenden Roamingregeln erkundigen.
Die Kraft der zwei SIMs
Die jüngsten iPhone-Modelle besitzen eine Dual-SIM-Funktion, die es Ihnen unter anderem erlaubt, eine lokale SIM-Karte zusätzlich zum deutschen Vertrag zu nutzen. Dafür verfügen iPhone XR, XS und XS Max neben dem Steckplatz für eine konventionelle SIM-Karte auch über eine sogenannte eSIM, die sich praktisch gleichwertig nutzen lässt.
Die eSIM – oder besser gesagt die für sie benötigten Daten – bekommen Sie von Ihrem Mobilfunk-Provider. Das „e“ der eSIM steht nämlich für „embedded“. Die Karte ist also schon im iPhone integriert. Vom Provider erhalten Sie lediglich einen Aktivierungscode, damit sich die eSIM in dessen Netz einbuchen kann. Das iPhone kann sogar mehrere eSIM-Konfigurationen speichern, wobei es aber immer nur eine davon aktiv verwenden kann.
Damit Sie sich im Ausland nicht auch noch damit herumplagen müssen, einen Provider zu finden, der eine iPhone-kompatible eSIM anbietet, empfiehlt es sich, bereits vorab zu Hause den vorhandenen Vertrag umzustellen. Der Wechsel von einer SIM zur eSIM ist bei vielen Smartphone-üblichen Tarifen möglich, oft sogar kostenlos. Es kommt aber im Einzelfall auf den jeweiligen Anbieter und Tarif an. Bei den „Großen Drei“ – O2, Telekom und Vodafone – klappt es eher als beim Reseller – und bei Laufzeitverträgen eher als bei Prepaid. Fragen Sie Ihren Provider!
eSIM in Betrieb nehmen
Die eSIM ersetzt die normale SIM. Letztere lässt sich nach der Umstellung also nicht parallel nutzen und sollte aus dem Gerät entfernt werden. Schmeißen Sie sie aber trotzdem nicht weg, um bei Bedarf wieder zurück zu können! Die Reaktivierung der Karte ist häufig schnell und kostenfrei möglich, während das Zusenden einer Ersatzkarte fast immer etwas kostet.
Zur Aktivierung der eSIM erhalten Sie vom Provider einen Code, den Sie am iPhone eingeben oder scannen. Wie das genau funktioniert, zeigen wir in unserem Workshop. Anschließend verhält sich das iPhone wie mit der normalen SIM-Karte. Deren Slot ist nach der Umstellung frei, sodass Sie ihn mit einer neuen Karte bestücken können – etwa im Ausland mit einer Prepaid-Karte. Die nehmen Sie dann wie gewohnt durch die Eingabe der mitgelieferten PIN in Betrieb. Zur Erinnerung: Aktuelle iPhones nutzen Karten in Nano-SIM-Größe. Denken Sie daran, dass das iPhone nicht an einen Provider gebunden sein darf („Netlock“), wenn Sie SIMs von verschiedenen Anbietern verwenden möchten.
Telefonieren mit zwei SIMs
Sind beide Karten im jeweiligen Netz eingebucht, wartet das iPhone auf beiden Nummern auf Anrufe („Dual Standby“). Telefonieren Sie mit einer Karte, landen Anrufe für die andere auf deren Anrufbeantworter. Es kann also immer nur eine Verbindung zur Zeit bestehen. Umgekehrt können Sie bei eigenen Anrufen vorher manuell wählen, welche Karte Sie benutzen wollen. Ganz praktisch ist dabei, dass sich iOS merkt, welche Karte Sie in Verbindung mit einem Kontakt zuletzt benutzt haben: Diese ist beim nächsten Anruf vorausgewählt.
Für die Datenverbindung wählen Sie einmalig aus, welche SIM-Karte das iPhone verwenden soll, zum Beispiel die lokale SIM im Urlaub. Anschließend erfolgen alle Internetzugriffe über den zugehörigen Provider. Dabei gibt es eine Ausnahme: Da das iPhone immer nur eine Karte aktiv nutzen kann, müssen Sie sich entscheiden, was geschehen soll, wenn Sie mit der SIM telefonieren, die nicht für die mobilen Daten zuständig ist. iOS kann dann optional die Datenverbindung für die Dauer des Gesprächs umschalten. So bleibt die Internetverbindung bestehen, wird aber nicht mehr im eigentlich gewünschten Tarif abgerechnet.
In der Standardeinstellung ist der automatische Wechsel der mobilen Daten deaktiviert, wodurch die Verbindung zum Internet vorübergehend ausfällt. Ist in den Einstellungen für das mobile Netz das Datenroaming eingeschaltet, ist der automatische Wechsel allerdings nicht mehr möglich. Das soll den Nutzer vermutlich vor bösen Überraschungen bei der Abrechnung schützen, indem das iPhone im Ausland immer nur den ausgewählten Provider für Datenverbindungen nutzt.
Und die Apple Watch?
Die Apple Watch 3 und 4 gibt es mit eigenem Mobilfunk-Chip. Dadurch können Sie mit ihr auch ohne iPhone telefonieren oder auf das Internet zugreifen. Die eSIM der Apple Watch kann die Aktivierungsdaten mehrerer Provider speichern und so perfekt mit einem Dual-SIM-iPhone zusammenarbeiten. Wer jedoch hofft, die Apple Watch im Ausland als eigenständiges Zweitgerät – etwa in Verbindung mit einem günstigen älteren iPhone – für Anrufe nutzen zu können, den müssen wir leider enttäuschen. Da es im Gegensatz zum iPhone bisher keine Version der Uhr gibt, die weltweit in allen wichtigen Frequenzbändern funktioniert, hat Apple das Roaming für die Uhr gleich ganz abgeschaltet. Außerhalb des Provider-eigenen Mobilfunknetzes kann die Uhr nur per WLAN oder das gekoppelte iPhone eine Verbindung nach außen herstellen.
Da Apple die Uhr mit watchOS 6 im Herbst mit dem eigenen App Store und reinen Watch-Apps eigenständiger macht, wäre eine Roaming-fähige Hardware konsequent.
Flexibler durch Multi-SIM
Statt die vorhandene SIM-Karte auf eSIM umzustellen, können Sie auch eine zweite SIM zum gleichen Vertrag buchen. Die beiden nutzen dann eine gmeinsame Nummer und teilen sich das gebuchte Datenvolumen. Eine solche Multi-SIM erhalten Sie üblicherweise nur zu Laufzeitverträgen, wobei Kosten und Laufzeit der Option vom Provider und Vertrag abhängen. Wir haben für den Workshop einem Telekom-Vertrag verwendet, in dem sich die zweite SIM als eSIM ohne einmalige Aktivierungskosten monatsweise für je fünf Euro buchen lässt. Braucht man sie nicht mehr, bestellt man sie einfach wieder ab.
Als Multi-SIM lässt sich eine eSIM besonders flexibel nutzen: Sie können den Aktivierungscode über das Jahr in der Apple Watch verwenden und ihn für den Urlaub in das iPhone übertragen, um darin dann Platz für eine ausländische SIM-Karte zu schaffen. Oder Sie betreiben das iPhone dauerhaft mit der eSIM und können mit der normalen Karte ein zweites Gerät innerhalb des gleichen Vertrags nutzen – zum Beispiel ein iPad, ein zweites Smartphone oder einen mobilen Router.
Die eSIM des iPhone lässt sich mithilfe der Einstellungen löschen. Danach kommt es auf den Provider an: Bei Telekom und Vodafone lässt sich der Aktivierungscode mehrfach nutzen, bei O2 müssen Sie einen neuen Code anfordern.
Nutzen Sie die eSIM des iPhone im Alltag, können Sie bei Bedarf eine zweite SIM für mehr mobiles Datenvolumen im Ausland oder eine zweite Nummer einsetzen.
Die Roamingregeln der EU sollen die freie Bewegung ihrer Bürger fördern, inklusive der gewohnten Nutzung der mobilen Geräte. Das RLAH-Prinzip („Roam Like At Home“) soll eine einfache „angemessene Nutzung“ ohne Sorgen um zusätzliche Kosten ermöglichen, wenn der Provider den Einsatz im EU-Ausland zulässt. In Ausnahmefällen sind trotzdem noch Aufpreise möglich. Das gilt, wenn Sie sich in einem Beobachtungszeitraum von vier Monaten überwiegend im Ausland aufhalten oder das Telefon überwiegend dort nutzen. Ist dies der Fall, kann der Provider wieder Roamingaufschläge erheben. Außerdem kann der Anbieter den Umfang großer Datenpakete einschränken, wobei er Sie vorher über das im Ausland nutzbare Volumen und die Aufschläge bei Überschreitung informieren muss. So will die EU den Missbrauch der Regelung durch eine dauerhafte Nutzung eines Vertrags in einem anderen Land unterbinden. Wer einfach nur einige Wochen Urlaub macht oder hin und wieder in ein anderes Land reist, muss sich keine Sorgen machen.
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