Hollywood hat bereits das ganze Spektrum an intelligenten Assistenzfunktionen ausgelotet, vom spröden, aber zuverlässigen Computer der Enterprise über den selbst zur Lüge fähigen H.A.L. 9000 aus „2001: Odyssee im Weltraum“ bis hin zur lernfähigen Bombe Nr. 20 aus „Dark Star“. Diese Filme entstanden zu einer Zeit, als Computer bestenfalls ELIZA ausführen konnten, ein frühes Computerprogramm, das natürliche Sprache analysierte und mit dem eine Unterhaltung möglich war, wenn auch nur über die Tastatur. ELIZAs Entwickler Joseph Weizenbaum war überrascht, wie schnell Nutzer eine Beziehung zu dem Programm aufbauten.
Eine Frage der Datenbank
ELIZA ist nach heutigen Maßstäben primitiv – ein Programm, welches Antworten in Gegenfragen umformulierte und im Zweifelsfall aus einer Reihe von Allgemeinsätzen einen auswählte, um die Unterhaltung fortzuführen. Dennoch sind Gemeinsamkeiten zwischen ELIZA und Siri erkennbar: Mit beiden kann in natürlicher Sprache kommuniziert werden, und sie greifen auf eine Datenbank zurück. Tatsächlich haben die Siri-Entwickler sogar mehrere ELIZA-Referenzen in Siri eingebaut. Was frühen Chat-Programmen wie ELIZA allerdings fehlt, ist das Wissen des Internets und die Fähigkeit zu lernen. Siri greift auf die Daten verschiedener Apple-Partner zu und hat Zugriff auf einige iOS-Anwendungen. Suchanfragen wirken so wie ein Teil einer Unterhaltung, zumindest wenn Siri die Frage versteht und ein passender Datenlieferant zur Verfügung steht.
Bestimmte Aufgaben, wie die Einrichtung eines Termins, lassen sich dann innerhalb von Siri erledigen. Moderne Sprachassistenten sind auch lernfähig. Da sie tief in das Betriebssystem integriert sind, haben sie Zugriff auf alles, was der Smartphone- Besitzer mit seinem Gerät macht. Im Idealfall kann die Assistenzfunktion aus den Gewohnheiten des Nutzers lernen und Fragen beantworten, noch bevor sie gestellt werden, beispielsweise über die Verkehrssituation auf dem Weg zur Arbeit. Wie dies in Zukunft aussehen kann, zeigt Spike Jonzes Film „Her“: Das individuelle Betriebssystem wird durch optimale Datenauswertung zu einer digitalen Freundin, mit der sogar Small Talk möglich ist. So weit sind Siri, Cortana und Google Now noch nicht: Sie lassen allenfalls Rückfragen zu.
Charakter
Eine Sprachassistenzfunktion soll die Suche nach Informationen verbessern und die Bedienung des Geräts erleichtern. Ihr eine Art Persönlichkeit zu geben ist zweitrangig. Dennoch ist gerade Siri wegen ihrer mal schnippischen, mal witzigen Antworten auf merkwürdige Fragen berühmt geworden. Etliche Artikel und Videos beschäftigen sich nur damit, was Siri auf Fragen wie „Willst du mich heiraten?“ antwortet. In der Siri-Hilfe gibt Apple Beispiele für Fragen an Siri, spannender ist aber die Suche nach dem, was Siri sonst noch beantworten kann. Letztlich verstärkt jede Antwort, die keine einfache Websuche ist, den Eindruck, Siri würde den Anwender tatsächlich verstehen.
Siri, die Humorvolle
Siri tauchte ursprünglich als App im App Store auf und sollte später auch auf BlackBerry und Android portiert werden. Apple kaufte Firma und Software jedoch 2010 und integrierte die Sprachassistenzfunktion in iOS 5. Die Spracherkennung liefert Nuance, die Daten verschiedene Apple-Partner, darunter Bing, Yahoo!, Yelp und Wolfram Alpha.
Obwohl zu der Zeit noch in der Betaphase, wurde Siri zur Veröffentlichung des iPhone 4s stark beworben. In den Siri-Einstellungen kann zwischen einer weiblichen und männlichen Stimme gewählt werden. Wie ihre Kollegen von Google und Microsoft ist Siri lernfähig, allerdings will sie anders als Cortana vom Benutzer nichts wissen. Wer Siri aktiviert, wird immer von einem leeren Bildschirm begrüßt, während die Konkurrenz versucht, vorherzusagen, nach was wahrscheinlich gesucht wird. Wenn Siri doch als Persönlichkeit wahrgenommen wird, ist dies den vorprogrammierten Antworten zu verdanken.
So kennt Siri den Sinn des Lebens („Schokolade“) und sieht sich als Teil der Familie. Schon bevor Siri von Apple übernommen wurde, waren die witzigen Antworten Teil des Programms. Siri kann Nummern anrufen, Apps starten, Kalendereinträge erstellen oder Filme vorschlagen. Leider sind bestimmte Funktionen der englischen Sprache vorbehalten: In den USA lassen sich über Siri Tische in Restaurants reservieren, Einheiten überprüfen oder der Flugstatus abfragen. Das liegt zum Teil daran, dass einige von Apples Partnern ihre Dienste nicht auf Deutsch anbieten. Wer Siri auf Deutsch fragt, wie viel zwei plus zwei ergibt, bekommt als Antwort eine Websuche, auf Englisch liefert Siri das Ergebnis von Apple-Partner Wolfram Alpha. In der deutschsprachigen Version von Siri stecken auch noch Fehler: Siri zeigte zwar das richtige Ergebnis der WM-Partie Deutschland – Algerien an, behauptete aber, Deutschland habe knapp verloren. Hier könnten natürlich Drittentwickler Abhilfe schaffen, aber Apple sieht bisher nicht vor, Siri zu erweitern.
iPhones mit Jailbreak können hingegen auf Erweiterungen wie GoogolPlex oder AssistantExtensions zurückgreifen, mit denen sich Siri zur Gerätesteuerung verwenden oder als Chat-Partner nutzen lässt. Siri ist also noch ausbaufähig, gerade wenn es nicht auf Englisch verwendet wird. Bisher bietet Apple Siri auch nur für iOS an, während Google Now zumindest eingeschränkt auch unter OS X verwendet werden kann. Die Sprachassistenzfunktion könnte aber eine wichtige Rolle bei der iWatch und einem neuen Apple TV spielen.
Cortana
Halo heißt Microsofts erfolgreiche Ego-Shooter- Serie, und die künstliche Intelligenz Cortana gehört zu den Hauptfiguren des Spiels. Aus Redmond hat sie nun einen neuen Auftrag bekommen: Sie soll zunächst für Windows Phone und später auch Windows 8 und Xbox die Sprachassistentin geben. Dort ist sie zwar weniger arrogant als in Halo, aber ein paar schlagfertige Antworten hat sie dennoch parat. Cortana befindet sich ebenso wie Windows Phone 8.1 noch in der Betaphase und kann nur verwendet werden, wenn die Systemsprache auf Englisch gestellt wird.
Sie ist damit im Vergleich zu Google Now und Siri die jüngste Assistenzfunktion, kann es aber durchaus mit beiden aufnehmen. Auch mit Cortana kann im Web gesucht, können Termine gesetzt, Sportergebnisse angezeigt und Einstellungen des Geräts verändert werden. Noch liegt Siri aber vorn, besonders bei den sozialen Netzwerken, denn mit Cortana lässt sich weder ein Tweet absetzen noch der Facebook-Status aktualisieren.
Auch bei den Folgefragen liegt Siri vorn: Während beide eine Karte von San Francisco anzeigen, versteht Siri eher Nachfragen, die sich auf das Ergebnis beziehen („Ist es dort heiß?“). Häufiger als bei Siri müssen Fragen umformuliert werden, um auch bei Cortana etwas anderes als Suchergebnisse aus dem Web zu bekommen. Auch bei den Antworten auf weniger ernst gemeinte Fragen zeigt sich der Altersunterschied. Humor zeigt aber auch Cortana bei Themen wie Halo, dem Office-Assistenten Clippy oder Siri. Um Cortana zu personalisieren, können der Sprachassistenz die eigenen Interessen mitgeteilt werden. Die App passt dann Nachrichten, Wettervorhersagen, Sportergebnisse und Bing-Suchergebnisse an.
Cortana kann auch automatisch nach relevanten Daten in E-Mails suchen. Im Gegensatz zu Google Now kann der Anwender jederzeit sehen, welche Informationen Cortana zur Personalisierung verwendet. Im Notizbuch können Daten entfernt oder hinzugefügt werden, auch die Funktion zur automatischen Durchsuchung von E-Mails lässt sich dort abschalten. Als Datenlieferant dient vor allem Microsofts Suchmaschine Bing. Deren Ergebnisse werden selbst dann präsentiert, wenn Cortana eine direkte Antwort auf eine Frage hat. Bei der Präsentation und Qualität der Suchergebnisse liegt Cortana hinter den beiden Konkurrenten zurück. Eines hat Cortana aber Siri voraus: eine Schnittstelle für Entwickler. Mit den passenden Erweiterungen kann über Cortana der heimische PC gesteuert, oder das Licht im Zimmer gedimmt werden.
Google Now
Google Now ist Bestandteil von Android, der Google- App für iOS und dem Chrome-Browser. Der Dienst funktioniert natürlich am besten, wenn man sich hauptsächlich in Google-Diensten bewegt, denn dann kann Now auf Termine hinweisen, unabhängig vom Gerät über das aktuelle Wetter informieren oder Suchanfragen als Datenquellen nutzen.
Der Google- Dienst untersucht auch E-Mails nach brauchbaren Informationen, etwa der Tracking-Nummer einer Flugverbindung. Now lernt im Laufe der Zeit dazu, um dem Nutzer schon vorab Informationen auf Karten präsentieren zu können. Diese Informationen werden ortsabhängig angezeigt, eine Karte mit den aktuellen Filmen erscheint zum Beispiel erst, wenn man sich in der Nähe eines Kinos befindet.
Dem Dienst manuell die eigenen Interessen mitzuteilen, wie es mit Cortana möglich ist, geht bei Google Now nicht. Der Knowledge Graph ist Googles Wissensdatenbank, die sich aus Quellen wie der Wikipedia oder Googles Freebase-Projekt speist und zur Anreicherung der Suchergebnisse verwendet wird. Wer heute etwas via Google sucht, bekommt für viele Anfragen die Antwort direkt mitgeliefert, ganz gleich ob es sich um das Wetter oder aktuelle Fußballergebnisse handelt. Diese Datenbank nutzt natürlich auch Now, während sich Apples Siri ganz auf externe Datenlieferanten verlassen muss.
Dass Google überall Daten sammelt, mag für Datenschützer problematisch sein, ein Produkt wie Now profitiert aber davon. Wenn es darum geht, noch vor einer Frage vorherzusagen, was den Nutzer interessieren könnte, liegt Google vor Microsofts Cortana – natürlich immer unter der Voraussetzung, dass Now Zugriff auf den Standort, E-Mails und andere persönliche Daten hat. In diesem Punkt kommt Google der Assistentin Samantha aus dem Film „Her“ am nächsten. Was Now allerdings fehlt, ist Persönlichkeit. Die humorvollen Antworten, die Siri und Cortana liefern, sorgen dafür, dass sich der persönliche Assistent auch wirklich persönlich anfühlt. Google Now wirkt hingegen wie eine logische Weiterentwicklung der Google-Suche.
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Siri ist zu alt und Google Now ne Lesbe. Bleibt nur noch Cortana...
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