Was steckt hinter HQ Trivia?

HQ Trivia: Live-App statt Fernseh-Show

Die Quiz-App HQ Trivia erobert die USA im Sturm. Statt rundenbasierter Quizduelle geht es live zur Sache. Inklusive Moderator und Geldpreisen. Das Ergebnis: Ein kulturelles Phänomen, das sozialen Netzwerken und dem Fernsehen Konkurrenz macht. Wir haben uns den „Kult“ einmal näher angesehen, und verraten Ihnen, was es damit auf sich hat.

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Der Erfolg der Quiz-App HQ Trivia ist noch ganz jung. Zum Jahresende 2017 schlug die App besonders große Wellen in den USA. Alles begann mit den beiden Vine-Gründern Rus Yusupov und Colin Kroll. Nachdem sie ihre Kurzvideoplattform an Twitter verkauften, verließen beide 2015 das Unternehmen. Auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Diese fanden sie bei Intermedia Labs. Gemeinsam mit dem App-Entwicklungsstudio versuchten sie ein ähnliches Phänomen wie Vine in die Welt zu bringen. Das ist ihnen beim dritten Projekt mit HQ Trivia dann auch mehr als gelungen.

Die App ist eine Mischung aus Live-Fernsehen und iPhone-Spiel. Der große Reiz an den rund 15 Minuten andauernden Spielchen ist nämlich, dass Sie diese nur zu festen Uhrzeiten spielen können. Das liegt am Moderator Scott Rogowsky, der die Spiele live moderiert. Mittlerweile setzt die App auf weitere Moderatorinnen und Moderatoren. Doch der größte Publikumsliebling und das Aushängeschild der App bleibt Rogowsky.

Die App sendet live aus New York City. Ein- bis zweimal am Tag zu festen Uhrzeiten. Wer in Deutschland mitspielen möchte, kann dies nur abends oder nachts tun. Die Spielrunden sind um 21 Uhr an Wochentagen sowie um 3 Uhr an allen Tagen in Deutschland möglich. Ausschließlich zu diesen Uhrzeiten. Der Erfolg stellte sich schnell ein. Im August 2017 ging die App zum ersten Mal online. Am ersten Weihnachtsfeiertag 2017 spielten bereits mehr als 700.000 Anwender gleichzeitig. Anfang Januar waren es bereits über eine Million. Dank der im Januar erschienen Android-App ist weiteres Wachstum vorprogrammiert.

App als Quiz-Show

Das Spiel selbst erinnert an viele andere Quiz-Apps im App Store. Sie bekommen in 12 Runden jeweils eine Frage gestellt. Innerhalb von zehn Sekunden müssen Sie aus den drei vorgeschlagenen Antworten die richtige auswählen. Wer richtig liegt, kommt eine Runde weiter. Wer falsch liegt, fliegt direkt raus und darf nur noch zuschauen. Der besondere Reiz ist aber das Drumherum: Sie und Ihre Kontrahenten spielen alle gleichzeitig. Also live. Genau wie die Moderatoren, die das Spiel live moderieren. Besonders Rogowsky überzeugt dabei mit ganz eigenem Charme. Er spricht einzelne Nutzer direkt mit ihrem Nutzernamen an. Er scherzt sich durch die Runden und tagesaktuelle Geschehnisse. Und schweißt damit die Community zusammen.

Anders als bei anderen Quiz-Apps gibt es bei HQ Trivia tatsächlich etwas zu gewinnen. Nämlich Preisgelder. Die fallen pro Spiel eher geringer aus. Die Gewinnspanne liegt zwischen einigen wenigen tausend US-Dollar pro Spiel. Oftmals gewinnen dutzende Spieler gleichzeitig und teilen sich so den Geldpreis. Den möglichen Gewinn erhalten Sie per Paypal-Überweisung. Die Gründer träumen von Preisgeldern bis zu einer Million US-Dollar. Spätestens dann wäre HQ Trivia eine echte Konkurrenz zu TV-Sendungen wie „Wer wird Millionär“.

Die App im Test

Ohne App geht bei HQ Trivia gar nichts. Die kostenlose Anwendung finden Sie im App Store. Bisher gibt es aber noch keine deutsche Anpassung. Die Benutzung, die Fragen und natürlich auch die Moderationen erfolgen also alle in englischer Sprache. Wer mitspielen möchte, braucht einen eigenen Account. Diesen erstellen Sie auf Ihrem Gerät. Bei der Registrierung müssen Sie Ihre Telefonnummer eintragen. Anschließend erhalten Sie einen Login-Code per SMS. Je nach Mobilfunk-Tarif kann für diesen Schritt also eine Gebühr für Sie anfallen. Mit dem Verifizierungscode melden Sie sich anschließend in der App an. Danach können Sie Ihr Nutzerprofil anlegen. Wer keine Lust auf den Registrierungsprozess hat, kann die App auch als Zuschauer benutzen. Dann können Sie aber keine Fragen beantworten oder Geldpreise gewinnen. Mit Push-Nachrichten erhalten Sie vor jedem Live-Spiel einen Hinweis kurz vor dem Spielstart. Leider kommt es aber wiederholt zu technischen Problemen. Das Live-Video friert ein und verhindert so die Interaktion. Das kann Sie wertvolle Ratezeit kosten. Und zum Rausschmiss aus der Spielrunde führen. Im Test kam es auch öfter zu Problemen vor dem Spielstart. Das gesamte Spiel musste dann bereits vor dem Start abgebrochen und verschoben werden. In den technischen Problemen zeigt sich der rasante Erfolg der App. Die technische Infrastruktur hat mit den hunderttausenden Spielern gleichzeitig zu kämpfen.

HQ-Moderator Scott Rogowsky ist mit dem Erfolg der App zum Shooting-Star geworden.
HQ-Moderator Scott Rogowsky ist mit dem Erfolg der App zum Shooting-Star geworden. (Bild: Screenshot)

Das kulturelle Phänomen

Unabhängig von technischen Problemen hat die App schnell einen Kultstatus erreicht. Das zeigt sich besonders um den Starkult rund um HQ-Stamm-Moderator Rogowsky. Er nennt seine Spieler „HQuties“ und bezeichnet besonders schwere Fragen als „Savage“. Diese Wortschöpfungen sind mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Sobald andere Moderatoren Quizrunden übernehmen, vereint sich der Chat mit „Free Scott“-Forderungen. Der Grund ist simpel: Rogowsky bringt einen ganz eigenen, passenden Charme in seine Moderationen. Er ist sich für keinen Witz zu schade, bringt die richtige Energie ins Spiel und belebt damit jede Quizrunde. Darüber hinaus bietet HQ Trivia eine ganz eigene soziale Dynamik. Wer spielt, spielt in der Regel mit seinem kompletten Umfeld: Arbeitskollegen im Büro, Mitbewohner zu Hause oder Mitschüler in der großen Pause. HQ Trivia setzt damit auf den gleichen sozialen Effekt wie TV-Quizshows zur Prime Time. Gemeinsam rät es sich immer am besten. Das wiederum verhalf der App zum schnellen Erfolg. Wer einmal miträt, will schnell als eigener Teilnehmer dabei sein. Das Preisgeld setzt dieser Dynamik noch einen drauf. Anders als bei anderen Quiz-Apps geht es nämlich nicht (nur) um Prestige, sondern auch um echtes Geld. Die Preistöpfe sind zwar relativ klein und durch die vielen Gewinner pro Spiel im Resultat noch kleiner als gedacht. Die Tatsache, dass es aber um ein Preisgeld geht, verleiht der App eine weitere Würze. Die vierte Besonderheit macht den Live-Charakter aus. Nach rund zehn Jahren Smartphones und Apps hat sich eine gewisse Sättigung breit gemacht. Neue Apps haben es schwerer als früher, auf Akzeptanz zu stoßen oder gar ein kulturelles Phänomen zu werden. HQ Trivias Ansatz, nur ein- bis zweimal am Tag zu festen Uhrzeiten zu funktionieren, versprüht einen ganz eigenen Reiz. Während andere Apps zur ständigen Nutzung auffordern und mit Push-Nachrichten um die Gunst der Nutzer kämpfen, nimmt sich die App stark zurück. Die Anwendung erinnert lediglich kurz vor einer neuen Live-Spielrunde mit einer Push-Nachricht an sich selbst. Also maximal zweimal täglich. Der Gedanke, jedes Spiel mit hunderttausenden Menschen gleichzeitig und weltweit zu spielen, ist ebenfalls neu und aufregend.

All diese Faktoren verhalfen HQ Trivia zu einem schnellen und steilen Erfolg. Dieser äußert sich auch im steigenden Interesse von etablierten TV-Moderatoren. Geoff Keighley, der Gründer der „Game Awards“, der wichtigsten Preisverleihung für Videospiele, hat Anfang Dezember eine HQ-Trivia-Show übernommen. Late-Night-Moderator Jimmy Kimmel gastierte im Januar für eigene Show. Das Interesse anderer Medienpartner wächst also mit der größer werdenden Nutzerzahl von HQ Trivia.

Der Aufstieg verlief aber nicht völlig problemlos. Mit dem ersten Medieninteresse rund um HQ Trivia und Moderator Rogowsky kamen die ersten Skandälchen. Nach einem harmlosen Interview von „The Daily Beast“ mit Rogowsky bedrohte HQ-Trivia-Mitbegründer Rus Yusupov die Publikation und den Moderator mit Rausschmiss. Die HQ-Fans solidarisierten sich mit Rogowsky und das PR-Desaster war perfekt.

Fazit

HQ Trivia hat einen steilen Aufstieg hinter sich. Die Quiz-App überzeugt durch ihren Live-Charakter und schrägen Charme dank eigensinniger Moderatoren. Darüber hinaus zeigt die Live-App eine mögliche Zukunft des Fernsehens auf. In der heutigen Zeit, in der Dank Netflix und iTunes alle anderen Medien auf Abruf verfügbar sind, versammelt die Quiz-App hunderttausende Menschen gleichzeitig um ihre Smartphones. Wenn in Zukunft technische Probleme ausgemerzt werden und die Preisgelder weiter ansteigen, müssen sich Günther Jauch und „Wer wird Millionär“ warm anziehen. Oder einfach auf das iPhone umziehen.

Ebenfalls live

Die Idee eines Live-Quiz-Show-Spiels ist nicht neu. Bereits 2009 versuchte Microsoft ähnliches auf der Xbox 360 umzusetzen. Mit dem Spiel „1 gegen 100“ spielten Xbox-Spieler live über das Internet gegeneinander. Als Preise konnten sie Xbox-Guthaben oder Spiele gewinnen. Microsoft ging dabei eine Partnerschaft mit dem TV-Produzenten Endemol ein. Im Sommer startete eine Beta-Phase auch in Deutschland. Microsoft finanzierte das Spiel über Werbeeinblendungen. Zwei Staffeln gab es im Laufe des Jahres. Ein Jahr später kündigte Microsoft aber bereits das Ende der Live-Show an. Beobachter vermuten, dass die Show nicht genug Geld einspielte.

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