Meist ist nicht alles verloren

Datenrettung am Mac: Was du tun solltest, wenn die Festplatte streikt

Datenrettung am Mac. Hast du wichtige Daten aus Versehen gelöscht? Gibt die Festplatte im Mac keinen Mucks mehr von sich, oder ist die Speicherkarte der Kamera hin? Noch ist nicht alles verloren. Am wichtigsten ist es, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich die nächsten Schritte gut zu überlegen. Unser Ratgeber hilft dabei.

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9 Minuten Lesezeit

Es kann jeden treffen. Ein Speichermedium gibt plötzlich den Geist auf, und man kommt nicht mehr an die darauf gespeicherten Daten heran. Festplatten unterliegen als mechanische Geräte nicht nur einem gewissen Verschleiß, sondern sind auch – gerade in Notebooks – relativ anfällig gegenüber mechanischer Einwirkung, wie Erschütterungen und Stürzen. Aber auch rein elektronische Medien wie SSDs oder Speicherkarten sind nicht vor Defekten sicher. Es ist zwar im Alltag eher unwahrscheinlich, aber wenn es dumm läuft, kann eine statische Entladung oder ein starkes elektromagnetisches Feld Fehlfunktionen auslösen oder das Gerät sogar komplett lahmlegen. Da sich heutzutage oft das halbe Leben in digitaler Form auf dem Mac befindet, kommt bei der Vorstellung eines Totalausfalls schnell Panik auf. Die erste Regel lautet daher unbedingt, Ruhe zu bewahren.

Datenrettung am Mac: Erstmal die Situation analysieren

Du stehst nun vor der schwierigen Entscheidung, selbst einen Reparaturversuch zu starten oder sich Hilfe zu suchen. Der erste Impuls ist meist: Ein Versuch kostet ja nichts. Doch dem solltest du widerstehen. Bevor du wild herumprobierst, überlege drei Dinge: Wie wichtig sind die Daten für dich, welche kannst du aus anderen Quellen wiederbeschaffen, und wie groß sind vermutlich die Chancen einer Reparatur?

Bei der Bedeutung der Daten gibt es einerseits die ideellen Werte, wie zum Beispiel Fotos, die dich an wichtige Personen oder Momente erinnern. Auf der anderen Seite stehen die materiellen Werte, wie wichtige Geschäftsunterlagen oder halb fertiggestellte Aufträge. Wenn du es dir nicht leisten kannst, auf die Daten zu verzichten, weil womöglich die berufliche Existenz davon abhängt, dann solltest du alle Reparaturversuche einstellen und professionelle Hilfe suchen. Das kostet zwar Geld, erhöht die Erfolgsaussichten aber ganz enorm. Jeder von deinen unternommene Fehlversuch kann die Situation verschlimmern und Daten zerstören. Selbst das Einschalten eines defekten Geräts kann durch Schäden in Mechanik oder Steuerelektronik bereits schaden.

Andere Quellen für Daten

Besser als jeder Reparaturversuch ist die Wiederherstellung der Daten aus „sauberen“ Quellen. Da ist als Erstes das regelmäßige Time-Machine-Backup, das im Normalfall nicht älter als eine Stunde ist. Hast du länger kein Backup gemacht, oder ist das Speichermedium nicht Teil davon, überlege dir andere Quellen. Befinden sich die benötigten Daten vielleicht noch auf anderen Geräten oder auf einem Cloud-Dienst? Werden Kontakte, Termine und andere persönliche Daten über iCloud synchronisiert, lassen sie sich von dort zurückholen. Neue Fotos liegen vielleicht noch im Fotostream, ältere in der iCloud Fotomediathek oder auf einem anderen Dienst wie Flickr. Geht es nur um bestimmte Bilder, befinden sie sich eventuell auch einfach noch auf der Speicherkarte im Fotoapparat. Bei den heute üblicherweise benutzten IMAP-Konten liegen die Mails noch auf dem Server, wenn sie nicht explizit in lokale Postfächer bewegt wurden.

Reparatur vs. Datenrettung

Eigentlich sind Reparatur und Datenrettung zwei Paar Schuhe. Unser Schwerpunkt liegt hier auf der Wiederherstellung von Daten. Alle Reparaturversuche sollten sich diesem Zweck unterordnen. Das heißt, das Ziel einer Reparatur ist hier nicht, das Gerät wieder in den ursprünglichen Zustand zu bringen, sondern dafür zu sorgen, dass man die Daten davon retten kann. Ob man eine Festplatte oder Speicherkarte hinterher weiterverwendet oder durch eine neue ersetzt, ist zunächst zweitrangig.

Beim Umgang mit Cloud-Diensten und anderen Servern, sollte man es vermeiden, Synchronisierungsversuche von einem defekten Gerät zu starten. Dabei besteht die Gefahr, fehlerhafte Daten auf den Server zu übertragen. Besser ist es, die lokalen Daten zu löschen und sie anschließend komplett vom Server zu ziehen. Das setzt natürlich voraus, dass die Festplatte im Gerät grundsätzlich funktioniert.

Datenrettung am Mac: Art des Schadens untersuchen

Wie erfolgversprechend ein Reparaturversuch ist, hängt von der Art des Schadens ab. Bei einem schweren Hardware-Defekt wie nach einem Brand, durchgeschmorten Chips oder einem schweren Wasserschaden ist die Situation klar. Hier muss ein Profi ran. Handelt es sich dagegen nur um ein paar Spritzer Wasser, kann man versuchen, das Gerät sofort auszuschalten, vom Strom zu trennen und dann trocknen zu lassen. Dabei hilft es, alle Deckel und Klappen zu öffnen, damit die Feuchtigkeit entweichen kann. Tropfen sollten vorsichtig mit Haushaltspapier abgetupft werden. Den Versuch, die Trocknung per Heißluft mit dem Fön zu beschleunigen, sollte man sich allerdings verkneifen. Besondere Vorsicht ist bei einem Unfall mit Saft geboten. Die Leiterbahnen und Isolierungen auf Platinen sind oft so fein, dass die Säure im Saft sie angreifen kann. Saft muss daher so schnell wie möglich restlos entfernt werden.

Bei extrem wichtigen Daten stoppe sofort alle Rettungsversuche und suche dir professionelle Hilfe.

Neben Schäden an der Hardware gibt es auch logische Schäden, die auf die Datenebene begrenzt sind. Hierunter fallen Datenverluste durch Fehlfunktionen von Programmen oder durch Bedienungsfehler. Die meisten Daten verschwinden immer noch durch versehentliches Löschen. Da die Hardware grundsätzlich noch funktioniert, hat man bei diesen Fehlern die Chance, selbst etwas zu retten. Natürlich gilt auch hier die anfangs gemachte Überlegung zur Wichtigkeit der Daten. Unternimm nur selbst Rettungsversuche, wenn du notfalls auf die Daten verzichten kannst.

Strategie zur Datenrettung am Mac

Die goldene Regel bei allen Rettungsversuchen ist, Schreibzugriffe zu vermeiden. Warum, wird schnell klar, wenn man sich überlegt, wie OS X Daten auf einem Volume speichert. Es gibt, etwas vereinfacht gesagt, das Inhaltsverzeichnis, in dem steht, was wo auf der Festplatte gespeichert ist, und dazu die Datenblöcke in denen die Dateien dann tatsächlich liegen. Löscht man eine Datei, wird nur der Eintrag aus dem Inhaltsverzeichnis entfernt. Die Datenblöcke werden lediglich als verfügbar markiert, aber nicht gelöscht. Die Rettungsversuche mit irgendwelchen Hilfsprogrammen basieren darauf, die verwaisten Datenblöcke zu finden und wieder zu einer Datei zusammenzupuzzeln. Die Wahrscheinlichkeit, dass das klappt, nimmt rapide ab, wenn das System Daten auf das Speichermedium schreibt, weil dann eventuell benötigte Blöcke wieder belegt werden und die alten Daten darin verloren sind. Deshalb darf nicht mehr mit der Platte weitergearbeitet werden. Das schließt das Booten des Macs davon ein, denn die virtuelle Speicherverwaltung von OS X schreibt Daten auf das Startvolume.

Das mitgelieferte Festplattendienstprogramm ist praktisch für kleinere Reparturen, hat aber mit Datenrettung nichts am Hut.
Das mitgelieferte Festplattendienstprogramm ist praktisch für kleinere Reparturen, hat aber mit Datenrettung nichts am Hut.

Wenn du einen Rettungsversuch unternehmen möchtest, starte den Rechner also als Erstes von einem anderen Volume, zum Beispiel einer externen USB-Platte oder der Rettungspartition. Im Idealfall sollte man nur an einer Kopie der Festplatte arbeiten, damit man im Zweifel mehrere Versuche hat. Das ist mit Bordmitteln aber nicht immer möglich. Bewährt hat sich das kostenlose Tool Photorec von Christophe Grenier, das auch als startfähiges Linux-Image erhältlich ist. Es arbeitet kommandozeilenbasiert, sodass die Bedienung etwas ungewohnt ist. Es sind aber gute Anleitungen verfügbar.

Datenrettung am Mac mit Bordmitteln

Die einfachste Möglichkeit zur Reparatur ist die Nutzung des Festplattendienstprogramms. Es verfügt allerdings nur über sehr begrenzte Möglichkeiten. Der Einsatz kommt infrage, wenn eine Festplatte leichte Fehler aufweist. Typische Zeichen sind Verzögerungen beim Systemstart oder beim Öffnen von Apps, Probleme beim Mounten eines Volumes oder Fehler bei der Anzeige von Dateien und Ordnern. Das Ziel des Festplattendienstprogramms ist es, die Struktur des Volumes wieder zu reparieren. Ist diese wieder intakt, sieht es keinen weiteren Handlungsbedarf. Es handelt sich also nicht um ein Datenrettungstool im eigentlichen Sinn. Versehentlich gelöschte Dateien kann es nicht finden.

Speicherkarten aus Kameras

Sowohl PhotoRec als auch Data Rescue können gut mit defekten Speicherkarten umgehen. Ein Vorteil ist hier, dass gelöschte oder verschwundene Bilder oft sogar in einem Stück auf der Karte liegen und sich somit gut retten lassen. Auch hier gilt: Auf keinen Fall neue Fotos speichern, um die vermissten Bilder nicht zu überschreiben.

Datenrettung am Mac: Diese Tools bieten mehr Power

Ein deutlich leistungsfähigeres Tool ist DiskWarrior von Alsoft (135 Euro). Es bringt umfangreichere Reparaturfunktionen mit und kann zum Beispiel auch ein Inhaltsverzeichnis rekonstruieren. Dabei erzeugt es zunächst ein neues Verzeichnis, ohne das alte zu ersetzen. So lässt sich quasi der Erfolg der Reparatur vorab testen. Das neue Verzeichnis lässt sich anschließend auf die Platte übertragen oder verwerfen. Die Stärke der App liegt in der Reparatur und Optimierung, es bietet aber auch einfache Rettungsfunktionen.

Ein weiterer Klassiker der Mac-Tools ist TechTool Pro von Micromat. Es bietet ähnlich umfangreiche Reparaturfunktionen wie DiskWarrior, hinkt bei der Optimierung der Volumestrukturen aber etwas hinterher. Dafür besitzt es sehr viele Funktionen zum Testen aller möglichen Hardware-Komponenten des Macs. Das Wiederherstellen gelöschter Dateien wird ebenfalls unterstützt. TechTool Pro 8 kostet 90 Euro.

Ein echtes Datenrettungstool ist dagegen Data Rescue von ProSoft. Hier liegt der Schwerpunkt klar auf der Suche von gelöschten oder beschädigten Dateien. Dabei kann das Programm zum Teil auch Volumes untersuchen, die sich nicht mehr im Finder mounten lassen. Dass ProSoft es ernst meint, merkt man auch an Details. So weigert sich das Tool zum Beispiel, wiederherstellte Dateien auf dem untersuchten Volume zu sichern. Eigentlich naheliegend, um die Rettungschancen zu erhalten, aber eben nicht selbstverständlich. Zum Ausprobieren gibt es eine kostenlose Version. Die führt den vollen Test durch, stellt aber nur 2 GB Daten wieder her. So sieht man aber zumindest, ob eine bestimmte Datei überhaupt gefunden wird und wie die Rettungschancen sind. Die Preise sind dann nach Zahl der Laufwerke und Datenmengen gestaffelt. Data Rescue 4 Standard erlaubt für 99 Dollar, beliebig viele Daten von fünf Laufwerken zu retten. Wer sich wirklich selbst an die Datenrettung machen will, findet hier in Data Rescue das Tool der Wahl.

Anschluss ändern

Wird die Festplatte eines Macs nicht erkannt, hilft es manchmal, sie in ein externes USB-Gehäuse einzubauen. Ist das nicht möglich, versuche, beim Starten die Taste „T“ für den Target-Mode zu drücken, auch Festplatten-Modus genannt. Dann kannst du den Mac als externes Firewire-Laufwerk an einen anderen Rechner anschließen und dort untersuchen. Bei externen Laufwerken kann auch die USB-Bridge defekt sein. Das kommt gar nicht so selten vor. Wenn du noch eine zweite Platte oder ein Leergehäuse hast, probiere, ob das Laufwerk darin erkannt wird.

Workshop: Rettung mit Data Rescue

Datenretter auswählen

Wer sich dann doch nicht traut oder aus gutem Grund auf professionelle Hilfe vertrauen will, schaut sich am besten im Internet nach Datenrettungsunternehmen um. Es lohnt sich, Preise und Angebotsaktionen zu vergleichen. Seriöse Anbieter machen Ihnen ein Angebot für die Rettung und können vernünftige Angaben zu den Erfolgsaussichten machen. Die großen Dienstleister haben Hotlines und eigene Labors und Techniker vor Ort. Wir haben nichts gegen den kleinen PC-Höker an der Ecke, aber der muss das Gerät in ernsten Fällen auch oft an einen Profi weiterleiten. Es lohnt sich auch stets, Erfahrungsberichte im Internet zu suchen. Auf knappe Angebote in den lokalen Kleinanzeigen würden wir bei wertvollen Daten nicht vertrauen.

Nützliche Utilities

(Bild: Hersteller)
01 Data Rescue 4

Wer ein leistungsfähiges und einfach zu nutzendes Datenrettungs-Tool sucht, ist bei Data Rescue genau richtig. Es erlaubt intensive Volume-Scans, die Suche nach gelöschten Dateien und kann das zu untersuchende Medium klonen. Mit der kostenlosen Version lässt sich die App prima testen.
Preis: 99 Euro (Standardversion) Info: www.prosofteng.com

(Bild: Hersteller)
02 PhotoRec 7

Das kostenlose Photorec ist ein bewährter Helfer, der durch die Arbeit in der Kommandozeile aber etwas Komfort vermissen lässt. Das gleicht das Tool durch viele nützliche Funktionen und viel Support im Web aber locker wieder aus. Wer sich etwas Zeit zur Einarbeitung nimmt, wird nicht enttäuscht.
Preis: kostenlos Info: www.cgsecurity.org

(Bild: Hersteller)
03 DiskWarrior 5

Wenn der Schwerpunkt weniger auf Datenrettung liegt, du aber dafür sehr gute Reparatur- und Optimierungsfunktionen erwartest, solltest du einen genaueren Blick auf DiskWarrior werfen. Bemerkenswert ist die Funktion zum Aufbau eines virtuellen Volume-Verzeichnisses.
Preis: 135 Euro Info: www.alsoft.com

(Bild: Hersteller)
04 TechTool Pro 8

Ein echter Veteran der Test- und Festplatten-Utilities ist TechTool Pro. Seine Stärke liegt vor allem im Test der verschiedenen Hardware-Komponenten eines Macs, aber es bringt auch nützliche Reparaturfunktionen für Festplatten und zur Wiederherstellung gelöschter Dateien mit.
Preis: 90 Euro Info: www.micromat.com

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Sehr schön geschriebener Artikel. Er befasst sich grundsätzlich mit allen wichtigen Themen beim Umgang mit verlorenen Daten, wobei mir hier eine Sache deutlich zu kurz beschrieben wurde: Die Anfertigung eines Klons bei einem logischen Defekt, denn man sollte wirklich nur damit Daten versuchen zu retten. Wie ein Klon angefertigt werden kann, findet man beispielsweise hier ganz gut beschrieben: http://www.datenrettung-richtig.de/defekte-festplatte-auslesen

Ansonsten sehr umfangreich geschrieben, vielen Dank dafür. :-)

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