Apple hat das iPad schon früh als E-Book-Reader positioniert. Steve Jobs hat bei der Präsentation des ersten iPad den Lesekomfort des Geräts betont – damals noch ohne Retina-Display, dafür aber bereits mit Apps wie iBooks und dem iBooks Store. Zum Start der ersten iPad-Generation sprangen Anbieter digitaler Comics schnell auf Apples Tablet-Plattform auf. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie Sie mit dem iPad Comics verwalten, kaufen und lesen können: Per Datenaustausch mit Ihrem Mac, per Einzelkauf in verschiedenen Comic-Apps oder mit einer Flatrate von Verlagen wie Marvel und DC.
Eigene Comics auf dem iPad
Wer bereits eine große Sammlung digitaler Comics besitzt, möchte diese natürlich auch auf dem iPad nutzen. Das geht am einfachsten mit Apples iBooks-App. Dieses Programm ist auf jedem iPad vorinstalliert. Ihre Comics sollten dabei im PDF-Format vorliegen. Mit Cloud-Diensten wie Dropbox oder iCloud können Sie diese Dateien drahtlos auf Ihr Tablet bringen. Die iBooks-App liefert allerdings eine recht simple Ansicht des Comics. Ein automatischer Zoom in die einzelnen Comic-Panels ist leider nicht möglich. Mit Amazons Kindle-App können Sie Ihre PDF-Comics zwar auch nutzen. Diese Nutzung fällt aber noch eingeschränkter und umständlicher als Apple Lösung aus.
Deshalb gibt es spezielle Comic-Reader-Apps im App Store. Die kostenlose App Comic Flow ist auf die Bedürfnisse von Comic-Fans angepasst. Mit dieser App öffnen Sie Dateien im Comic-Book-Reader-Format. Die Übersicht sortiert Ihre Bibliothek nach Serien, Titeln oder Datum. Leider bietet auch diese App keinen automatischen Zoom auf Panels oder Sprechblasen an. Dafür setzt sie automatisch Lesezeichen, wenn Sie mitten im Comic zurück in die Übersicht wechseln.
Die beste App für die Verwaltung und das Lesen von digitalen Comic-Dateien ist aber der YACReader. Der Name steht für „Yet Another Comic Reader“, also „Noch ein weiterer Comic Reader“. Mit der dazugehörigen Mac-Anwendung namens YACReader Library verwalten Sie Ihre Comics zunächst auf dem Mac. Die kostenlose Mac-App sammelt und ordnet Ihre Dateien im Comic-Book-Reader-Format. Hier importieren Sie neue Ausgaben, erstellen Ordner und markieren Favoriten. Ein Doppelklick auf das jeweilige Heft öffnet den YACReader. Hier navigieren Sie mithilfe der Pfeiltasten durch Ihren digitalen Comic. Mit einem Rechtsklick auf Ihren Comic öffnen Sie weitere Funktionen wie zum Beispiel den Doppelseitenmodus oder setzen Lesezeichen. Mit der kostenpflichtigen iPad-App holen Sie Ihre Comic-Bibliothek auch auf das Tablet. Am besten hinterlegen Sie vorher Ihre Bibliothek bei einem Onlinespeicher wie Dropbox oder iCloud. Anschließend können Sie mit der iPad-App auf dieses Cloud-Verzeichnis zugreifen. Somit holen Sie alle Ihre Comics drahtlos auf Ihr iPad.
YACReader bietet darüber hinaus einige sehr nützliche Funktionen für den Lesekomfort. Sie können zum Beispiel in einem automatischen Zoom-Modus lesen. Dieser erkennt zwar nicht jedes einzelne Panel. Stattdessen zoomt die App automatisch an die Comicseite heran und navigiert durch jedes Seitendrittel beziehungsweise jede Seitenhälfte. Das ist zwar immer noch nicht sonderlich elegant und nützlich wie bei den Apps der einzelnen Comic-Verlage, aber es ist nah dran.
Die iPad-App kostet 2,29 Euro im App Store. Wer seine Comics nicht auf dem iPad kaufen, aber lesen möchte, greift zu YACReader und der kostenlosen Mac-Anwendung.
Comics kaufen
Für viele Comic Fans sind diese Wege aber viel zu umständlich. Wer keine Lust auf Datenaustausch und -management hat, kann stattdessen direkt auf dem iPad Comics kaufen und lesen. Der erste und einfachste Weg ist dabei Apples eigene Lösung. In Apples iBooks Store finden Sie neben E-Books auch digitale Comics. Die großen Verlage wie DC und Marvel sind auch hier vertreten. Die Preispolitik ist simpel: Sie kaufen und bezahlen für jede einzelne Comic-Ausgabe. In der Regel sind das 2,49 Euro pro Heft. Gesammelte Bände oder sogenannte Graphic Novels kosten meist zwischen 9,99 Euro und 15,99 Euro. Der iBooks Store bietet eine eigene Kategorie namens „Comics und Graphic Novels“. Neben Superhelden finden Sie hier beliebte Serien wie „Asterix“ oder „Lustiges Taschenbuch“.
Leider ist der Lesekomfort bei Apples iBooks-Format nicht für Comics angepasst. Die App behandelt sie daher wie jedes andere E-Book, was im Falle von Comics und ihren Besonderheiten leider zu Schwierigkeiten führt. Bei jedem Umblättern animiert die App beispielsweise einen aufwändigen Effekt. Dieser sieht zwar beeindruckend aus, stört aber den Lesefluss. Doppelseiten, die ein ganzes Panel umspannen, erkennt die App ebenfalls nicht als zusammenhängend. Deshalb navigiert sie zuerst durch eine Seitenhälfte, dann durch die andere. Einzelne Panel-Ansichten wie in den Apps anderer Comic-Anbieter gibt es ebenfalls nicht. Damit erfüllt Apples iBooks-App lediglich rudimentäre Anforderungen an einen Comic-Reader.
Anders bei Amazon. Mit der Kindle-App können Sie zwar keine Comics einkaufen. Als Comic-Reader eignet sich die Anwendung aber besser. Durch den Aufkauf der Comic-App Comixology durch den Online-Riesen finden sich mittlerweile viele nützliche Funktionen auch in der Kindle-App. Sie können daher mit der „Guided View“-Funktion Panel für Panel durch den Comic springen. Diese Funktion zoomt für Sie in die einzelnen Panel hinein und heraus, sodass die App Sie gezielt durch das Heft führt. Leider ist der Kindle Store in Sachen Comics und Graphic Novels nicht so umfangreich bestückt wie zum Beispiel der iBooks Store. Mangas und Disney-Comics überwiegen das Angebot. Superhelden aus dem Hause Marvel und DC gibt es als deutsche Ausgaben kaum, im Englischen lediglich als Sammlungen. Einzelhefte suchen Sie vergeblich im Amazon Store.
Dafür gibt es eigenständige Apps der großen Verlagshäuser wie DC und Marvel. Fans von anderen Serien wie „The Walking Dead“, „Star Wars“ oder „Star Trek“ finden mit der Comixology-App Comics und Graphic Novels nach ihrem Geschmack. Die App-Navigation und meisten Comics sind allerdings in englischer Sprache gehalten. Comixology bietet zwar auch deutsche Übersetzungen an, diese finden Sie aber am besten mithilfe des Webbrowsers. Im Netz gekaufte Comics können Sie danach auch auf Ihr iPad oder iPhone herunterladen und lesen.
Verbessertes Lesevergnügen
Comixology besitzt das Patent auf eine besonders praktische Funktion für das Lesen digitaler Comics: „Guided View“. Damit zoomt die App automatisch in Comic-Panels hinein und wieder heraus, springt von Panel zu Panel und von Sprechblase zu Sprechblase. Die App simuliert damit den natürlichen Weg des Auges beim Lesen von Comics. Auf diese Weise funktioniert sogar das Lesen auf dem kleinen iPhone-Display.
Comixology ist auch der Entwickler hinter den Verlags-Apps von Marvel und DC. Deshalb besitzen diese Apps ebenfalls diese Funktion. Amazon hat die digitale Comic-Plattform Comixology aufgekauft. Mittlerweile bietet deshalb auch die Kindle-App eine Guided-View-Funktion an. Andere Comic-Apps oder Dateiformate haben durch das Patent einen klaren Wettbewerbsnachteil bei der Darstellung von Comics.
Übrigens: Egal ob Sie die eigenen Apps von Marvel oder DC nutzen, „unter der Haube“ verwenden auch diese Mobilprogramme die Technologie von Comixology. Der Lesekomfort ist somit auch bei diesen Verlags-Apps besonders hoch.
Comics ausleihen
Wer keine Lust auf den Kauf und Besitz von Comics hat, schlägt bei den verschieden Flatrates zu. Der größte Haken bei diesen Abomodellen: Mit dem Ende der Subskription endet auch die Nutzung der Comics – ähnlich wie bei Streamingdiensten wie zum Beispiel Netflix oder Spotify. Dafür ist das Preis-Leistungs-Verhältnis unschlagbar.
Das größte und beste Angebot liefert dabei Marvel Comics. Mit dem „Unlimited“-Aboservice erhalten Sie Zugang zu über 20.000 Einzelausgaben hauptsächlich aus dem umfangreichen Archiv des klassischen Superhelden-Hauses. Neuerscheinungen finden Sie dort allerdings nicht, erst frühestens sechs Monate nach der Ersterscheinung halten diese Einzug in das Flatrate-Angebot. Bei Marvel Unlimited zahlen Sie rund 10 Euro monatlich oder knapp 70 Euro jährlich. Damit erhalten Sie sofort Zugang zum vollständigen Angebot. Einen Offline-Modus gibt es ebenfalls. Der erlaubt aber nur den Download von zwölf Einzelausgaben gleichzeitig. Das kann sich bei umfangreichen Serien oder einer längeren Urlaubsreise schnell als etwas knapp bemessen herausstellen. Die Apps und das Gesamtangebot sind ausschließlich in englischer Sprache verfügbar.
Die Navigation durch die App ist simpel. Nach dem Log-in erhalten Sie Zugriff auf die Comicbibliothek von Marvel. Im „Home“-Bereich erhalten Sie einen Überblick zu Serien, die Sie gerade lesen. Hier zeigt die App auch alle Neuerscheinungen der aktuellen Woche sowie die beliebtesten Comics der Woche an. Leider schafft es die App nur schwerlich, sinnvolle Vorschläge zu machen. Wer neu in die Welt von Marvel eintaucht, wird durch die große Auswahl zunächst überfordert. Das ändert auch die „Discover“-Rubrik nicht. Hier gibt es eine redaktionelle Zusammenstellung zu populären Charakteren, Events oder Autoren. In der Rubrik „Browse“ tauchen Sie noch tiefer in das Archiv. Hier finden Sie Übersichten zu den von Marvel publizierten Comicreihen, eine Auflistung aller Charaktere sowie eine Übersicht der Autoren und Event-Reihen.
Die Navigation durch die einzelnen Comicausgaben erinnert an dedizierten Apps von Marvel oder Comixology. Im Porträtmodus zeigt Ihnen das iPad jeweils eine Comicseite an. Mit einem Wisch wechseln Sie zur nächsten. Durch ein doppeltes Berühren des Displays wechseln Sie in den Guided-View-Modus. Hier navigiert die App Panel für Panel in einem Zoom-Modus. Nach dem Durchlesen schlägt die App weitere Ausgaben vor. Dies können chronologische Fortführungen der jeweiligen Serie oder Vorschläge zu Ausgaben anderer Serien sein, die zum selben Event gehören. Leider kann der Lesefluss durch Einzelausgaben oder über mehrere hinweg durch unnötige Ladezeiten gestört werden: Die Server für „Marvel Unlimited“ hakten zumindest im Testlauf gelegentlich und störten so den Lesespaß.
Wer nicht nur an Superhelden interessiert ist, wird bei Comixology Unlimited fündig. Die App bietet ebenfalls eine Flatrate an, allerdings nicht für das komplette Kaufangebot. Stattdessen gibt es rund 10.000 Einzelausgaben zu Serien wie „The Walking Dead“ oder „Star Trek“. Einige ausgewählte Marvel-Serien finden Sie dort ebenfalls. Die Kosten fallen mit rund 6 Euro auch nur halb so groß aus wie beim Konkurrenten Marvel. Dafür ist das Angebot aber auch kleiner.
Comicfans aus dem Hause DC blicken bisher neidisch auf das „Unlimited“-Angebot von Marvel. Das Zuhause solch ikonischer Helden wie Superman, Batman und Wonder Woman bietet bis heute keine Flatrate an. Dies wird sich sicherlich im Laufe der Zeit sicher noch ändern. In der Zwischenzeit bleibt nur das digitale Kaufangebot.
Fazit
Wer bereits eine große Sammlung digitaler Comics besitzt, kann diese auch auf dem iPad lesen. Es gibt zwar einige kostenlose Apps, aber nicht alle können mit speziellen Comic-Dateien umgehen. Das beste Gesamtpaket liefert dabei der YACReader ab. Für 2,29 Euro erhalten Comic-Fans einen gelungene Comic Reader für ihr iPad.
Wer Comics auf dem iPad stattdessen auch kaufen will, greift am besten zu den jeweiligen Apps der Verlagshäuser. Diese sind durch die eigenen Guided-View-Möglichkeiten am besten auf das Comic-Medium angepasst. Die App von Comixology ebenfalls und überzeugt durch das breite Angebot. Apples iBook Store kann zwar bei den Preisen überzeugen, der Lesefluss ist aber schlechter.
Insgesamt zeigt sich im Bereich der Comic-Flatrates Marvel Unlimited als eindeutiger Favorit. Das Angebot und somit das Preis-Leistungs-Verhältnis ist ungeschlagen. Hoffentlich holt der große Konkurrent DC in den nächsten Monaten auf und bietet ebenfalls solch einen Zugang zum umfangreichen Archiv an.
Diskutiere mit!
Hier kannst du den Artikel "Comics auf dem iPad: Besser als echtes Papier?" kommentieren. Melde dich einfach mit deinem maclife.de-Account an oder fülle die unten stehenden Felder aus.
Die Kommentare für diesen Artikel sind geschlossen.