Streaminganbieter im Vergleich

Apple Music gegen Spotify und den Rest der Welt

Wer streamt Musik am besten? Es muss nicht immer Music oder Spotify sein. Auch Deezer und der Klassiker Napster haben ihre Vorzüge. Unser Autor, ein Streaming- und vor allem Spotify-Fan der ersten Stunde, hat drei Monate lang Apple Music ausprobiert. Kann der Newcomer den alten König vom Thron stoßen? Und was ist eigentlich mit der Konkurrenz wie Deezer oder Napster?

Von   Uhr

Als Streaming-Dienste in Deutschland auf den Markt kamen, war ich schnell dabei. Ich fing schon 2006 mit Napster an. Freunde und Kollegen wunderten sich damals noch, was das sollte: eine Monatsgebühr für Musik, die man nicht besitzt, und wenn man kündigt, ist alles wieder weg. Mir wurde aber schon in der kostenlosen Testphase klar: Ich stehe mit Napster für eine erschwingliche Monatsgebühr im größten Plattenladen der Welt. Reinhören in neue Alben oder Künstler? Endlich das Gesamtwerk von jemandem hören? Jederzeit möglich. Alte und neue Musik, so ziemlich alles, was ich suchte, war da, sauber mit Titeln und Albumcover versehen und vor allem legal nutzbar.

Spotify

(Bild: Spotify)
Spotify startete 2008 als schwedisches Start-up-Unternehmen. Bahnbrechend neu und ein Faktor für den Erfolg war seit dem Start die Möglichkeit, gratis Musik zu streamen. Spotify hat aktuell 75 Millionen Nutzer, von denen 15 Millionen für das Premium-Abo bezahlen.

Streaming war also mein Ding. Napster begann damals mit rund 7 Millionen Titeln. Das war schon viel, aber ich fand von Anfang an, dass in puncto Features mehr gehen müsste. Was, zeigte ein paar Jahre später Spotify , der neue Star am Streaming-Himmel. Spotify setzte sehr auf Social Media, Magazine wie der Rolling Stone konnten Apps an den Dienst anbinden, und man erfuhr, was sich Facebook-Freunde anhören. Obwohl mich die Social-Komponente ehrlich gesagt nie vom Hocker gerissen hat – mich interessiert nur wenig, was meine Freunde gerade hören –, war Spotify auf allen meinen Geräten mit gut gemachten Apps vertreten und wirkte viel moderner, während sich Napster gefühlt zu lange auf dem Anfangsmonopol ausruhte.

Streaming und Musik unter einem Hut

Apple Music bringt täglich treffsichere Empfehlungen passend zum Musikgeschmack aus dem riesigen Angebot nach vorn.
Apple Music bringt täglich treffsichere Empfehlungen passend zum Musikgeschmack aus dem riesigen Angebot nach vorn. (Bild: Apple)

Als vor drei Monaten Apple Music an den Start ging, war ich mit Spotify immer noch ganz glücklich und hatte eigentlich nicht das Gefühl, einen neuen Streaming-Dienst zu brauchen. Drei Monate zum Ausprobieren sind jedoch ein Angebot, bei dem man kaum Nein sagen kann, also startete auch ich in das Probeabo. Skeptisch dachte ich anfangs über das Konzept, den Streaming-Dienst direkt in iTunes, beziehungsweise die Musik-App auf iOS-Geräten zu packen. Zuvor waren für mich Streaming und die iTunes-Bibliothek immer zwei paar Stiefel. Genau damit gab es anfangs auch Probleme. Vor allem in Verbindung mit iTunes Match verschwand bei manchen Early Adoptern der ein oder andere Song zugunsten von Downloads aus Apple Music. Das war ärgerlich und schreckte viele vom Einstieg ins Probeabo ab. Inzwischen scheint Apple die Probleme in den Griff bekommen zu haben, jedenfalls ist die Kritik vom Anfang verstummt.

Tiefer im System

Bei Spotify läuft (fast) alles über Playlisten. Gleichzeitig ist es eine praktische „History“ der eigenen Lieblingsmusik.
Bei Spotify läuft (fast) alles über Playlisten. Gleichzeitig ist es eine praktische „History“ der eigenen Lieblingsmusik. (Bild: Spotify)

Zu meiner Überraschung habe ich mich stark daran gewöhnt, Streaming-Musik und eigene in einer einzigen App zu haben. Die nahtlose Vermischung finde ich eigentlich praktisch. Die Musik-App ist ohne lange Startzeit immer da und tief im System des iPhones verankert. Zum Beispiel klappt die Musiksteuerung über den Sperrbildschirm hervorragend. Die Spotify-App hingegen muss man oft erst starten, bis sie unterwegs oft meckert, dass man sich im Offline-Modus befindet. Nach wie vor finde ich das Anlegen von Playlisten in Spotify umständlich. Man kann zwar auch direkt Alben speichern, doch die Playlisten zeigen, wann ich welches Album gespeichert und für offline geladen habe.

Apple Music

(Bild: Apple)
Apple Music ist erst Ende Juni diesen Jahres gestartet. Apples Streaming-Dienst ging aus dem übernommenen Streaming-Dienst Beats Music des Kopfhörerherstellers Beats hervor. Kürzlich nannte Tim Cook persönlich aktuelle Nutzerzahlen: Apple hat demnach 6,5 Millionen zahlende Kunden. Weitere 8,5 Millionen Apple-Music-Nutzer seien noch in der dreimonatigen Gratis-Probezeit.

Apple Music macht hier vieles einfacher, weil sich die Musik fast nahtlos in die Bedienung von iTunes und der Musik-App auf dem iPhone einreiht. Die Oberfläche von Apple Music ist naturgemäß viel stärker im iOS-Look gehalten als Spotify, das plattformübergreifend einheitlich in seinem Neongrün und Schwarz auftritt. Das jüngere Apple Music wirkt insgesamt noch ein Stück moderner. Albumcover kommen auch auf dem iPhone großflächig wunderschön zur Geltung. Die App hüllt je nach Farbstimmung den Rest, also auch die Titelliste, in eine passende Farbe.

Geschmacksichere Empfehlungen

Spotify Connect verbindet den Dienst mit Lautsprechern. Unter 
http://spotifygear.com gibt es eine Liste kompatibler Geräte.
Spotify Connect verbindet den Dienst mit Lautsprechern. Unter http://spotifygear.com gibt es eine Liste kompatibler Geräte. (Bild: Spotify)

Die über lange Jahre auf Spotify mühsam gepflegten Playlisten sind ein klarer Punkt, der viele von einem Wechsel abhalten dürfte. Noch gibt es keine Möglichkeit, sie in Apple Music oder einen anderen Dienst zu importieren. Wer wie ich schon länger bei Spotify zu Hause ist, gibt beim Wechsel ein Stück seiner persönlichen Sammlung wieder auf.

Auf der anderen Seite macht das Entdecken neuer und alter Musik bei Apple Music deutlich mehr Spaß. Die Redaktion und Künstler bei Apple Music überraschen täglich mit tollen Tipps zum Reinhören. Und die App holt auch für Menschen wie mich, die zum Großteil auf alten Kram wie Classic Rock stehen, immer wieder neue Ideen und Reinhörtipps aufs Parkett. Bei Spotify hab ich den Entdecken-Aspekt oft links liegen gelassen, bei Apple Musik ist die „Für Dich“-Abteilung täglicher Anlaufpunkt. Ich staune, wie treffsicher mir zu meinem Musikgeschmack passende Mixes und Alben feilgeboten werden. Das liegt sicher auch daran, dass iTunes meine Musiksammlung und mich gut kennt, zudem ist der Konfigurator für den Musikgeschmack sehr gelungen.

Klares Unentschieden bei Vielfalt

In Sachen Auswahl nehmen sich die Konkurrenten wenig. Generell gilt: Streaming-Dienste haben vieles, aber nicht alles. Wer ausgefallene Alben sucht, findet die eine oder andere Lücke im Angebot. Im Großen und Ganzen wird sowohl bei Spotify als auch Apple Music Mainstream angeboten. Beide werben damit, rund 30 Millionen Songs im Programm zu haben. Bei Apple soll sich das Angebot weitgehend mit dem im iTunes Store decken. Hier und da gibt es mal etwas Exklusives, was bei dem einen fehlt und dem anderen vorhanden ist. Beim neuen Album von Jean Michel Jarre „Electronica“ findet sich beispielsweise der Bonus-Track der Deluxe-Edition „Continous Mix“ bei Spotify, bei Apple Music muss dafür das Album bei iTunes gekauft werden.

Die Datenrate hat große Auswirkungen auf die Klangqualität beim Streaming. Hier hat Spotify im Premium-Abo mit 320 kbp/s leicht die Nase vorn. Dazu muss man jedoch in den Voreinstellungen die Streaming-Qualität auf „Extrem“ einstellen, sonst streamt Spotify mit 96 Kbit/s wie im Kostenlos-Abo. Apple Music streamt mit 256 Kbit/s, also der Qualität, die man aus dem iTunes-Store gewohnt ist. Unterm Strich ist die Qualität damit kein wichtiger Unterscheidungsfaktor für den einen oder anderen Kontrahenten.

Multiplattform-Unterstützung

Ein großer Unterschied zwischen dem langjährigen König Spotify und Apple Music ist die Unterstützung von Betriebssystemen. Spotify will von Anfang an auf möglichst vielen Geräten und Betriebssystemen zu Hause sein und ist heute auf Android, iOS, Windows Phone, Windows, OS X und PlayStation mit gut gemachten Apps verfügbar. Ein weiteres Plus ist „Spotify Connect“, eine Art Airplay, das viele Lautsprecher wie etwa Bose Sound Touch oder Multimediaplayer wie Amazon Fire TV unterstützen. Eine Liste der kompatiblen Geräte findet sich unter http://spotifygear.com. Apple Music startet naturgemäß auf iOS und will die Kompatibilität zu Android und Windows nachliefern. Als Trumpf aus dem eigenen Haus hat man Apple TV im Ärmel. Also ist hier die wichtige Frage, welche Geräte man im Haus hat und ob der bevorzugte Dienst auch auf allen läuft.

Social-Anbindung: Facebook versus Connect

Während Spotify bei der Social-Media-Anbindung voll auf Facebook setzt, hat Apple mit Connect sein eigenes Netzwerk innerhalb des Dienstes am Start. Hier sollen die Künstler direkt mit ihren Fans kommunizieren.
Während Spotify bei der Social-Media-Anbindung voll auf Facebook setzt, hat Apple mit Connect sein eigenes Netzwerk innerhalb des Dienstes am Start. Hier sollen die Künstler direkt mit ihren Fans kommunizieren. (Bild: Apple)
Während die enge Facebook-Integration von Anfang an eine der Erkennungsmerkmale und Stärken von Spotify war und ist, setzt Apple hier auf das eigene Social Network Connect, das nur in Apple Music läuft. Auf Connect haben Künstler eine Profilseite, und ihre Fans können ihnen folgen. Das Konzept erinnert an das gescheiterte Netzwerk „Ping“ in iTunes, zeigt sich in Apple Music aber erfreulich lebendig: Neue Alben werden unter den Nutzern diskutiert, und es herrscht reger, rein musikbezogener Austausch.

Dann noch die Preisfrage

Apple Music zeigt sich am Anfang großzügig und schenkt Neukunden drei kostenlose Monate mit vollem Funktionsumfang wie zum Beispiel Downloads zum Offline-Hören. Im Gegensatz zu Spotify gibt es jedoch kein dauerndes Gratisangebot (ohne Downloads und mit beschränkter Qualität). Preislich liegen die Kontrahenten sonst fast gleichauf: 9,99 Euro pro Monat kostet das Streaming-Abo im Monat. Das anfangs noch exklusive Familienangebot von Apple Music hat Spotify inzwischen auch, jedoch teurer. Für 14,99 Euro können bei Apple bis zu sechs Familienmitglieder ein Abo gleichzeitig nutzen. Spotify-Nutzer kosten fünf Zusatz-User das Doppelte, also 29,95 Euro. Spotify-User genießen hingegen bei manchen Providern wie der Telekom Vorteile: Hier wird der Datenverbrauch fürs mobile Streaming nicht berechnet.

Alternativen

01 Napster

(Bild: Napster)
Der Urvater der Streaming-Dienste ist auch heute noch am Start, hat aber deutlich Boden an die Konkurrenz Spotify verloren und meldete Anfang dieses Jahres 2,5 Millionen zahlende Nutzer. Ein Gratisangebot sucht man hier vergebens. Napster ist stark in Sachen Multiplattformfähigkeit. Streaming klappt nicht nur über die App, sondern auch im Webbrowser oder auf Multiroom-Systemen wie Sonos. Napster hat 34 Millionen Songs im Programm, ist inzwischen auch stark in Sachen redaktioneller Empfehlungen und bietet neben Musik eine Menge Hörbücher und Hörspiele. Bei O2 kann man die Napster Music Flatrate vergünstigt als Zusatzoption zum Mobilfunkvertrag für 7,99 Euro im Monat dazubuchen. Ansonsten kann man die Flatrate kann man 30 Tage lang kostenlos ausprobieren, danach werden 9,99 Euro monatlich fällig.

Web: http://de.napster.com Preis: 9,95 Euro im Monat

02 Deezer

(Bild: Deezer)
Deezer ist in Deutschland seit 2011 am Start. Dahinter steht das französische Unternehmen Blogmusik SAS. Anfangs konnte man sich nur über einen Facebook-Account registrieren, dieser Zwang ist seit 2012 weggefallen. Deezer hat aktuell über 26 Millionen Nutzer und einen Katalog von über 35 Millionen Titeln. Das Erkennungsmerkmal von Deezer war am Anfang das „Smart Radio“, das auf Basis eines Musiktitels passende aus dem Katalog auswählt und zu einem Radiosender verbindet – das funktioniert auch im werbeunterbrochenen Gratis-Abo. Mit einem Herz „liked“ man den Titel und bringt dem Radio nach und nach den eigenen Geschmack bei. Inzwischen können auch Titel auf Abruf abgespielt werden – im Premium-Abo ohne Werbeunterbrechung. Deezer hat neben Musik auch Hörbücher und Hörspiele im Programm. Für Neukunden gibt es ein 15-Tage-Premium-Probeabo.

Web: Deezer Preis: kostenlos, Premium 9,99 Euro/Monat

Fazit: Kleinigkeiten geben den Ausschlag

Beide Dienste haben ihre kleinen Vorzüge. Insgesamt liefern sich Apple Music und Spotify in vielen Punkten ein Kopf-an-Kopf-Rennen ohne eindeutigen Gewinner. Apple punktet in Musik entdecken und in Sachen Familien-Abo, Spotify zum Beispiel bei der Multiplattform-Unterstützung. Am Ende ist es eine Geschmacksfrage, wie und ob man den Dienst mit einer großen Familie, nur auf Apple-Geräten oder übergreifend nutzen möchte.
Apple Music überzeugt mit treffsicheren Musikempfehlungen, Spotify punktet mit der breiteren Multigeräteunterstützung.

Qual der Wahl

Selbst nach der großzügigen Testphase von Apple Music bin ich mir immer noch nicht hundertprozentig sicher, was mir besser gefällt: Apple Music hat mich mit der nahtlosen Integration des Streamings in meine Musiksammlung wider Erwartungen überzeugt. Zudem gefallen mir die Empfehlungen, die mich immer wieder auf Ideen bringen, etwas Neues zu entdecken oder alte Musik wieder hervorzuholen. Spotify möchte ich wegen der Multigeräte-Unterstützung und meiner jahrelang gepflegten Playlisten ungern aufgeben. Vielleicht versuche ich einen Kompromiss: Erst einmal bei Apple Music bleiben und Spotify auf den Gratis-Account herunterstufen. Jedenfalls muss man es Apple hoch anrechnen, dass es der neue Dienst geschafft hat, einen überzeugten Spotify-Fan wie mich überhaupt ins Grübeln zu bringen. Stefan von Gagern

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Bei den Alternativen wurde auf Amazon Prime Music vergessen... komplett kostenlos, wenn man ohnehin den Versandservice und Amazon Prime Video nutzt.

kostenlos - nun ja - stimmt nicht so ganz, auch bei Prime Music ist ein kleiner Obolus fällig und das Angebot der "kostenlosen" Songs ist auf 1 Mio. begrenzt (derzeit ) und eine Familien Option gibt es auch nicht, wie beispielsweise bei Spotify, Google Music und Apple Music. Lt. Ankündigung von Amazon ist das auch erst mal nicht in Planung.

Ihr solltet vielleicht noch hinzufügen, dass AppleMusic erheblich mehr Akku verbraucht. In den Batterie-Einstellungen verbrauchte AppleMusik bei gleicher Nutzungsdauer ungefähr das Dreifache wie Spotify... möglicherweise wurde das aber bereits behoben!

Apple ist für mich keine Option, wie übrigens auch beim Handy. Spotify ist eindeutig besser.

Spotify ist gerade bei elektronischer Musik gegenüber Apple Music um Längen besser. Ich werde nicht wechseln

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