Die Folgen des Terroranschlags im September 2001 wirkten sich 2002 auf die ganze Welt aus. Eine Wirtschaftskrise ließ die in den Jahren zuvor entstandene „Dot-Com-Blase“ zerbersten. Selbst solide aufgestellte Unternehmen gerieten ins Wanken, denn überall wurde gespart. In der Werbebranche und allen damit verbundenen Geschäftsbereichen machte sich dies besonders bemerkbar. So auch bei Apple, deren Rechner vor allem in kreativen Bereichen zum Einsatz kamen. Deshalb musste Mitte 2002 auch Apple den Gürtel enger schnallen.
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Rote Zahlen
Denn das Unternehmen vermeldete zum zweiten Mal nach Quartal 01/2001 rote Zahlen. Am 19. Juni 2002 gab Apple dazu eine Gewinnwarnung bekannt. Das dritte Quartal des Geschäftsjahres 2002 verlief nicht so erfolgreich wie ursprünglich erwartet. Der Umsatz würde bis zu 200 Millionen US-Dollar unter den Erwartungen liegen, hieß es. Als Grund dafür nannte Apple die schwache Konjunktur vor allem in Europa und Japan und rückläufigen Investitionswillen in Computer-Ausrüstung. Doch Steve Jobs freute sich auf die nächste Zeit: „Wir haben diverse neue Produkte in der Entwicklung“, verriet er. Gerade diese Produkte aber waren es, die Käufer noch mehr vor neuen Investitionen zurückschrecken ließen. Der neue iMac schwächelte Gerüchten zufolge im Absatz, viele warteten auf ein 17"-TFTModell. So konnten im dritten Quartal gerade einmal 808.000 Macs verkauft und ein Umsatz von nur 1,43 Milliarden US-Dollar (prognostiziert: 1,6 Milliarden US-Dollar) erwirtschaftet werden. Am 17. Oktober 2002 gab Apple für das vierte Geschäftsquartal einen Nettoverlust von 45 Millionen US-Dollar bekannt und rutschte damit endgültig in die roten Zahlen.
„Switcher“-Kampagne
Neue Käuferschichten mussten deshalb erschlossen werden. Insbesondere die 95 Prozent der Computer-Besitzer, die (noch) Windows auf ihren Rechnern installiert hatten, waren für Apple interessant. „Es gibt bedeutend mehr Leute, die Windows-Rechner nutzen, als Leute ohne Rechner. Unsere Zielgruppe ist somit klar definiert“, gab Jobs bekannt. Im Juni 2002 entstand die „Real People“-Werbekampagne, die mit über 50 Millionen US-Dollar die größte seit „Think Different“ war. Apple ließ dabei Windows-Anwender zu Wort kommen, die dem Betriebssystem den Rücken gekehrt hatten. „Der Umgang mit meinem PC war wie das Feststecken in einer schlechten Beziehung“, meinte etwa einer der Protagonisten. Am berühmtesten aber wurde wohl „Episode 1“ mit der Studentin Ellen Feiss. Sie erzählte im Werbespot, dass der PC ihres Vaters einfach ihre Studienarbeit „verschluckt“ habe, und zeigte dabei „Elemente von Buster Keyton“, wie die New York Times meinte. Doch Ellen Feiss Zustand sorgte für die wildesten Spekulationen, die von Feiss selbst aufgeklärt wurden: „Meine Augen waren rot, weil ich unter einer Allergie litt und Medikamente dagegen eingenommen hatte. Aber niemand will mir das glauben.“ Ellen Feiss und weitere 49 Switcher sollten die Windows- Anwender davon überzeugen, dass der Mac das beste Arbeitsgerät sei.
(Un)gesunde Beziehung zu Microsoft
Studien untermauerten in dieser Zeit diese These und gossen Öl ins Feuer der Anti-Microsoft-Kampagne. So stellte die US-Unternehmensberatung Gartner fest, dass Macs vor allem in puncto Kaufpreis, Support und Lebensdauer auf Dauer günstiger seien als Windows-PCs. Die ITSicherheitsspezialisten von „mi2g“ belegten zudem, dass Macs bei der IT-Sicherheit „führend seien.“ Bei einem Marktanteil von drei Prozent wären sie in der Vergangenheit nur zu 0,05 Prozent von Attacken betroffen gewesen, während Windows zu 54 Prozent Attacken abwehren musste. Zusätzlich stichelte Apple-Manager Frank Casanova im September 2002 gegen den neu erschienenen Windows Media Player 9, der „ganz klar [Apples] Führung“ folge. „Wir wünschten, dass Microsoft wie Real Networks uns auch folgen würde beim Aufnehmen und Unterstützen von Industrie-Standards.“ Apple nutzte nämlich nicht nur das von der ISO normierte Audio- und Videoformat MPEG-4, sondern öffnete den Entwicklern auch die in Mac OS X 10.2 „Leopard“ integrierte Netzwerktechnik „Rendezvous“. Mit ihr konnten Peripherie-Geräte automatisch ins Netzwerk integriert werden. Im Juli 2002 schließlich revanchierte sich der Chef der Microsoft-Mac-Abteilung, Kevin Browne, mit einer Aussage, die hohe Wellen schlug. Demnach würde sich das Office-Paket für Mac OS X sehr schlecht verkaufen und deshalb würde man die künftige Unterstützung Apples derzeit „überdenken“. Nur fünf Tage später ruderten der Marketing-Direktor Tim McDonough und der „Group Program Manager“ Microsofts, Michael Conolly, zurück und betonten, dass die Beziehung zu Apple „ziemlich stark und gesund“ sei und die Entwicklerteams im engen Kontakt stehen würden. Die nächste Version von Office und Internet Explorer befänden sich sogar schon in Arbeit. Dennoch versuchte sich auch Microsoft im Guerilla-Marketing und veröffentlichte im Internet den angeblichen Brief einer Autorin, die nach acht Jahren vom Mac auf Windows XP gewechselt haben soll und ihrem Unmut Luft machte. Die Authentizität des Dokuments wurde jedoch stark angezweifelt, so dass Microsoft nur wenige Tage später den Brief zurückzog und die Aktion als „Fehler“ bezeichnete.
Neue Produkte im Überfluss
Apple musste dennoch um neue Kunden kämpfen, denn auch die Gerüchteküche um einen neuen 17"-iMac, „Leopard“, neue PowerMacs und einen iPod mit 20 GB im Vorfeld der im Juli stattfindenden Macworld Expo New York ließen Käufer zurückhaltend werden. Ein Trend, dem Apple eigentlich mit „spontan“ veröffentlichten Produkten entgegentreten wollte. Trotzdem schickte Steve Jobs zur Keynote in New York am 17. Juli 2002 ein wahres Produktfeuerwerk ins Apple-Universum: Neben der Bekanntgabe des Auslieferungstermins von Mac OS X 10.2 „Leopard“ mit Journaling File System und Rendezvous-Netzwerktechnik im August wurde iTunes 3.0 mit intelligenten Wiedergabelisten ebenso wie der die bislang kostenlosen „iTools“ ablösende .Mac-Service für 99 US-Dollar pro Jahr vorgestellt. Auch den iPod mit 20 GB im neuen Design gab es wie einen 17"-Breitbild-iMac mit SuperDrive zu sehen, der laut Steve Jobs „der größte Wunsch aller iMac-Kunden gewesen“ sei. Zusätzlich stellte der Apple-Chef das Kalenderprogramm iCal und iSync vor: „Jetzt verwalten wir auch das Handy mit dem Digital Hub“, verkündete er stolz. Später im Jahr folgten der eMac für alle, ein leistungsstarker PowerMac, das PowerBook mit 1-GHZ-Prozessor und neue, günstigere iBooks. Zudem verkaufte ab Ende Oktober auch Dell die diversen iPod-Modelle.
Apple spart an Messen
Doch diese Erfolge konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass vor den Messebeteiligungen Apples die Verkaufszahlen regelmäßig einbrachen. Nachdem Steve Jobs die Apple Expo Paris im September 2002 mit wenig Neuheiten eröffnet hatte, verkündete Apple am 18. Oktober 2002, dass man nicht mehr an den Mac-Messen in Boston (ehemals New York) teilnehmen wolle und neue Produkte unabhängig von Messen vorstellen werde. Die Macworld in San Francisco, so ließ Apple verlautbaren, sei von dieser Entscheidung aber nicht betroffen. Prompt zeigte sich der Veranstalter IDG World Expo verärgert und überlegte, ob man Apple für die Veranstaltung in San Francisco überhaupt akzeptieren wolle. Doch diese Drohgebärde wurde nie realisiert, profitierten doch beide Firmen von Apples Messe-Beteiligung. Dennoch sagte Apple neben Adobe, Macromedia und Microsoft auch die Teilnahme an der für Frühjahr geplanten Macworld Tokyo ab. Dadurch wurde die Messe für den Veranstalter IDG World Expo „nicht mehr wirtschaftlich“ und musste gänzlich abgesagt werden. Für Apple aber erwies sich der Messerückzug als (wirtschaftlicher) Erfolg, wenn auch San Francisco bis 2009 das Jahres-Highlight für alle Apple-Fans blieb. Wie es mit Apple im Jahr 2003 weiterging, erfahren Sie in der kommenden Mac Life.
Quellen:
www.heise.de/newsticker/archiv/2002
www.apple.com/pr/library/2002
www.apple-history.com
www.mac-history.de/werbung/2008-05-23/switch-kampagne-von-appleellen- feiss-2002
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