Großangelegte medizinische Studien sind teuer und natürlich ist es auch nicht leicht, die erforderliche Zahl an Betroffenen zu finden, die sich über einen längeren Zeitraum wiederholt befragen lassen sollen. Deshalb hat Apple mit dem ResearchKit einen Baukasten entwickelt, mit dem die Forschungseinrichtungen nicht nur Apps für Studien entwickeln können, sondern das gesamte Management der Studie durchführen können.
Nun haben Forscher der Duke University, Johns Hopkins und der Oregon Health & Science University neue Studien begonnen, die die Themenbereiche Autismus, Epilepsie und Melanome betreffen.
Die Interessenten können die Apps aus iTunes kostenlos herunterladen und auf ihren eigenen Geräten installieren. Nach dem Start werden sie über die Bedingungen aufgeklärt und können, wenn sie diesen Zustimmen, auf dem Gerät unterschreiben und ihre Teilnahme zusichern - die dennoch natürlich freiwillig ist und jederzeit abgebrochen werden kann.
Die Forscher können über die App standardisierte Fragen stellen, die die Studienteilnehmer dann beantworten können. Auch Aufgaben lassen sich lösen und Fotos aufnehmen, doch das hängt natürlich von der Art der Studie ab. Sogar die Sensoren des iPhones lassen sich für die Studienzwecke nutzen: Anfgefangen von den Bewegungssensoren bis zum Lichtsensor, den Kameras oder gar dem Mikro gibt es zahlreiche Interaktionsmöglichkeiten, die von den Forschern eingesetzt werden können. So können auch Einblicke zur Gangart, motorischen Beeinträchtigungen, der Fitness und der Sprachleistung und dem Gedächtnis eines Teilnehmers gewonnen werden.
Mit den Apps wird aber noch ein weiteres Problem gelöst: Die Studien lassen sich, wenn die Apps übersetzt sind, weltweit durchführen und die Nutzerzahlen beliebig skalieren. Während Forscher früher oft monatelang oder jahrelang ihre kleinen und damit nicht unbedingt aussagekräftigen Studienteilnehmer suchen mussten, kann über Apples große und bekannte Plattform dieser Prozess wesentlich beschleunigt werden.
"In nur sechs Monaten, in denen ResearchKit-Apps von Asthma über Diabetes bis hin zur Parkinson-Krankheit alles erforschen, bieten sie bereits Einblicke für Forscher auf der ganzen Welt. Bis jetzt haben sich mehr als 100.000 Teilnehmer dazu entschlossen mit ihren Daten dazu beizutragen, die Wissenschaft und medizinische Forschung voranzutreiben," so Jeff Williams, Senior Vice President of Operations von Apple.
Falls die Nutzer zustimmen, können über ResearchKit auch Daten aus der Health App genutzt werden. Sie werden anonymisiert und können Informationen zu Gewicht, Blutdruck, Blutzuckerspiegel und ähnlichem umfassen.
Zu Autismus startet die Duke University die Studie "Autism & Beyond" für Eltern, die sich über Autismus und anderen Entwicklungsstörungen ihrer Sprösslinge Gedanken machen. Dabei wird eine Kamera des iOS-Geräts genutzt, um Anzeichen für Entwicklungsstörungen bereits in viel früheren Jahren zu erkennen. Die App versucht, die Emotionen eines Kindes bei der Betrachtung von Videos zu interpretieren. So könnte künftig ein Screening für Autismus und Angstgefühle automatisiert werden, hoffen die Forscher. Aus medizinischer Sicht stellt sich allerdings mangels Heilmöglichkeiten der Sinn einer Früherkennung.
Die John Hopkins Uni will mit der EpiWatch App eine Epilepsie-Studie durchführen, bei der auch die Apple Watch zum Einsatz kommt. Geprüft wird, ob die Sensoren der Apple Watch zur Erkennung und Messung von Krampfanfällen gentuzt werden kann. Dabei werden Daten des Beschleunigungssensors und der Herzfrequenzsensors erfasst und auf eine einzigartige Signatur hin geprüft. Eventuell soll es so möglich werden, mit hoher Sicherheit einen bevorstehenden Krampfanfall vorherzusagen und eine Warnung an einen Helfer zu schicken. Auch die Einhaltung der Medikation soll über die App vom Patienten nachverfolgt werden können. Fraglich bleibt, ob die Studienautoren genügend Probanden mit der Erkrankung finden, die über eine Apple Watch verfügen.
Die Untersuchung der Oregon Health & Science University will herausfinden, ob vom Anwender per iPhone aufgenommene Fotos seiner Haut erlauben, Veränderungen von Muttermalen automatisch zu erkennen. Im Rahmen der Forschung sollen Mediziner allerdings erst einmal Bilder von zehntausenden Teilnehmern auswerten, um entsprechende Algorithmen zu entwickeln. Hier stellen sich gleich mehrere Fragen: Wie soll sichergestellt werden, dass immer der gleiche Leberfleck oder gar mehrere Leberflecken aufgenommen werden? Schließlich ist der Nutzer auf sich gestellt und kann ggf. nicht mehr wissen, welche Hautpigmentierung er zuletzt aufgenommen hat. Außerdem bestimmen Aufnahmewinkel, Umgebungslicht und nicht zuletzt auch der Aufnahmeabstand wesentlich das Bild, das übermittelt wird.
Apple will mit ResearchKit auch die Forschung zu Diabetes, Parkinson, Asthma, Brustkrebs und andere Krankheiten unterstützen.
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Ich habe lange mit Autisten gearbeitet und denke das gerade durch eine Früherkennung die Förderung viel früher beginnen könnte. Es ist zwar keine Heilung, aber da es ja diverse Abstufungen gibt ist es sicher sinnvoll so früh wie möglich Autismus zu erkennen und eben dann schon im Baby und Kindesalter mit einer abgestimmten Förderung begonnen werden kann.