Die Rechts-Kolumne

Von Rechts wegen: Fallstricke im Influencer-Marketing

 „Content is King“, so sagt man immer noch. Es könnte allerdings sein, dass in Wirklichkeit die Werbung King ist und der Content nur noch dazu dient, sie gut zu verstecken. Es gibt dabei aber rechtliche Fallstricke zu beachten, wie Fachanwalt Stephan Dirks in seiner Mac-Life-Kolumne „Von Rechts wegen“ festhält.

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Da, wo sich „Werbung“ und „Content“ kaum noch trennen lassen, befindet sich das Biotop der Influencer. Das so genannte medienrechtliche „Trennungsgebot“ musste bis vor ein paar Jahren nur Zeitungsverlegern und Rundfunkintendanten etwas sagen. Zu deren tagtäglichem Geschäft gehörte es immer schon, für die Finanzierung ihrer Angebote zu sorgen und dabei die durch den „Content“, der damals noch „Inhalt“ oder „Programm“ hieß, erzeugte Öffentlichkeit möglichst geschickt an Firmen zu vermarkten. Damals war die „Werbe“-Welt noch schön einfach: Im Fernsehen gab es Werbespots, in der Zeitung Anzeigen und manchmal auch „Anzeigensonderveröffentlichungen“, in denen sich zum Beispiel alle Immobilienmakler der Stadt einmal ausführlich vorstellen durften. Das war’s. „Trennungsgebot“ hieß dabei, dass Redaktionen und Anzeigenabteilung strikt voneinander getrennt waren. Die Kaufleute für die Werbeaquise saßen nicht neben den Redakteuren im selben Büro, und die Journalisten kümmerten sich bei ihrer Recherche nicht darum, ob der Baukonzern, der in einen Skandal verwickelt war, zufällig auch ein guter Werbekunde war. Im Blatt sahen „Anzeigen“ entweder aus wie „Anzeigen“, oder es hatte eben „Anzeige“ drüber zu stehen. Im TV und im Radio gab es Werbejingles, die die Werbung vom Programm „trennten“.

Mit dem Web war auf einmal alles anders. Schon Firmen-Homepages waren und sind nichts anderes als riesige Werbeaufritte, woran sich aber keiner stört. Und „Redaktionen“ gelten spätestens seit dem Aufkommen von Blogs und von Social-Media-Plattformen in ihrer Rolle als Nachrichtenquelle als Schnee von gestern. Heute werden Nachrichten und Trends im Web selbst erzeugt und erledigt – allen voran von den so genannten Influencern, die dadurch für werbetreibende Unternehmen von immer größerem Wert wurden. Die suchten nämlich immer schon nach Möglichkeiten, ihre Werbung nicht nach Werbung aussehen zu lassen – und das funktioniert am besten in einer Umgebung, die nicht nach „Verlag“ oder „Rundfunkanstalt“ aussieht, bei den Kids an- und ohne größere juristische Bedarftheit auskommt: Auf den Youtube-Kanälen von Sami Slimani, Dagi Bee & Co. Und eigentlich könnte die Geschichte des Influencer-Marketings hier enden: Unternehmen und Influencer kooperieren glücklich und zufrieden bis an ihr Ende …

Seit einiger Zeit hat sich der Wind allerdings gedreht, denn zwei Arten von Spielverderbern sind auf den Plan getreten. Die Landesmedienanstalten, aufgeschreckt von dem einen oder anderen Skandälchen um „gekaufte“ Youtube-Stars, sehen auf einmal genau hin und verschicken ganz altmodisch warnende Briefe per Post an Youtube-Stars. Die andere Art von Ärger droht aus Richtung der Konkurrenz (Youtuber-Jargon: „Neider“), die auf die Einhaltung der Regeln pocht.

Es zeigt sich: Das Trennungsgebot ist gar nicht „von gestern“, es ist sehr lebendig – unter anderem im Rundfunkstaatsvertrag und dem Telemediengesetz steht unverändert, dass Werbung als Werbung erkennbar sein muss. Und Werbung fängt eben nicht nur theoretisch genau da an, wo für eine bestimmte Veröffentlichung ein geldwerter Vorteil gewährt wird (etwa ein Gadget, neue Turnschuhe oder ein Kurztrip nach Dubai). Eine Kennzeichnung eines solchen bezahlten Inhalts muss so erfolgen, dass sie für den Durchschnittsuser auch sichtbar verständlich ist.

Es tröpfeln nun auch die ersten Gerichtsentscheidungen herein: Einen kommerziellen Instagram-Post mit einer „Tagcloud“ zu versehen, in der irgendwo auch der Begriff „#ad“ fällt, reicht – man höre und staune – nicht aus (OLG Celle, Urt. v. 08.06. 17; 13 U 53/16), dasselbe gilt für #sponsoredbyirgendwas (Kammergericht, Beschl. v. 11.10. 17; 5 W 221/17). Beides ist Schleichwerbung, und den Vorwurf von Schleichwerbung räumt auch der Influencer am Ende nur sicher dadurch aus, dass man groß und deutlich „Werbung“ an die „Werbung“ schreibt. Möglich, dass dieses Tröpfeln demnächst noch zu einem größeren reinigenden Gewitter wird, an dessen Ende der Traum vom schnellen Geld mit getarnter Influencer-Werbung ausgeträumt ist. Wie sich das auf die Daseinsberechtigung der Influencer in der Online-Werbung auswirkt, wird man sehen.

Zur Person

Stephan Dirks ist Fachanwalt für Urheberrecht und Medienrecht in der Kanzlei Dirks mit Sitz in Hamburg und Kiel.
Im Web finden Sie ihn unter www.dirks.legal.

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