KI ist die Zukunft

Project Titan: Die tragische Geschichte vom Apple-Auto

Von Visionen und Rückschlägen beim „Projekt Titan“: Die ganze Geschichte hinter Apples Auto-Träumen ist eine Geschichte voller Wendungen. Der Schlüssel zum Verständnis? Unsere vollständige Chronik des iCar-Projekts.

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10 Minuten Lesezeit

Vor beinahe zehn Jahren soll die Geschichte des Apple-Autos begonnen haben. Genau beziffern kann man das von außen nicht, denn Apple hat sich nie zu den Entwicklungen geäußert. Einzig Apple-Chef Tim Cook hatte einst vorsichtig verlauten lassen, dass das autonome Fahren ein „unglaublich spannendes“ Feld und die Königsdisziplin bei der künstlichen Intelligenz sei. Nun soll die Entwicklung aber ergebnislos zu Ende sein, die Mitarbeitenden werden in andere Projekte integriert. Was ist passiert?

Ehrgeizige Ziele

„Project Titan“ lautete wohl der Codename des Projekts innerhalb von Apple. Es sollte ein futuristisches Auto werden, das ähnlich wie seinerzeit das iPhone die Branche auf den Kopf stellt, das Automobil neu erfindet. Die Hauptfunktion des Wagens soll das autonome Fahren gewesen sein; das Apple-Auto hätte sich also von Start bis Ziel durch den Verkehr manövriert, ohne dass ein Mensch das Lenkrad berühren müsste. Zeitweise gab es gar Gerüchte, dass das „iCar“ überhaupt kein Lenkrad besitzen würde.

In den vergangenen zehn Jahren gab es einige Personalwechsel rund um das Auto. Ursprünglich war Steve Zadesky für die Entwicklung zuständig, doch er verließ Apple bereits 2016, und nach 16 Jahren im Unternehmen, aus „privaten Gründen“. Gleichwohl schien Apple insgesamt an das Projekt zu glauben und konnte einige Branchengrößen abwerben, unter anderem von Tesla, BlackBerry und Ford. Doch die Entwicklung scheint bereits relativ zeitig auf gewisse Hürden gestoßen zu sein. Selbst in der vermeintlichen Hochzeit der Entwicklung, um 2017 herum, gab es immer wieder Berichte, dass Apple das Projekt aufgeben wolle.

Aus dem Auto wird ein Add-On

Vielleicht, um das Projekt nicht komplett einstampfen zu müssen, gab es mindestens eine Neuausrichtung. Sie fand im Herbst 2017 statt. Während „Project Titan“ vormals ein komplettes Fahrzeug beschrieb, soll das neue Ziel ein Nachrüstkit gewesen sein. Das Ganze hätte ähnlich funktioniert, wäre jedoch für schon existierende, und vor allem bereits auf den Straßen befindliche, Autos geeignet gewesen. Doch auch in diesem Stadium war die Entwicklung von wechselhaften Signalen geprägt. Es wurden Mitarbeitende entlassen, andere gingen freiwillig, um ein Start-up zu gründen, Top-Ingenieure von Tesla abgeworben, Patente eingereicht, Geschäftsgeheimnisse verraten. Doch so richtig vorangehen wollte es in Cupertino und auf den Straßen für Testfahrten nicht. Diese haben zwar definitiv stattgefunden, doch in der Erklärung von Apple waren das allenfalls Erkundungsfahrten, um Apple Maps zu verbessern. Eine clevere Erklärung, denn für autonomes Fahren sind akkurate Kartendaten definitiv von Vorteil.

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Das Ende von „Project Titan“

Gestern nun ist die Bombe geplatzt. Nachdem im Rahmen von Gerüchten schon oft darüber berichtet wurde, dass Apple sein „iCar“ aufgibt – nur, um dann doch wieder Anlauf zu nehmen –, schreibt Bloomberg, dass Apple endgültig den Stecker gezogen hat.

Das soll 2.000 Mitarbeitende betreffen. Allerdings werden sie nicht auf die Straße gesetzt. Stattdessen soll Apple sie themenverwandt einsetzen wollen, nämlich bei der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI).

Hat sich der Auto-Markt so stark verändert?

Natürlich liegt die Frage auf der Hand, was tatsächlich die Ursache für das Scheitern des Apple-Autos war. Bekannt ist freilich nur, was während der aktiven Projektzeit durchgesickert ist, doch auch anhand dessen lässt sich bereits ein gewisses Bild zeichnen.

Der vielleicht wichtigste Grund ist, dass Apple zu langsam war. Als das Apple-Auto im Jahr 2014 zu einem Projekt in Cupertino wurde, war das, was Apple vorhatte, noch Zukunftsmusik. Der Verbrennungsmotor schien noch Zukunft zu haben, Elektroautos waren selten, teuer, von geringer Reichweite geplagt und im Alltag weniger praktisch, da die Infrastruktur zum Aufladen bislang nicht ausgereift war. Das sind perfekte Voraussetzungen, um etwas Neues auszuprobieren. „Think different“. Das Auto neu zu erfinden, wie einst das iPhone das Telefon neu erfand. Aber andererseits schien das Projekt von Problemen geplagt und über weite Strecken ohne klares – oder zu vielen, zu ambitionierten – Ziel(en) verlaufen zu sein. Das zeigt die große Fluktuation bei wichtigen Personen. Aber Apple war auch zu langsam, denn mit der Zeit konnten Tesla und viele weitere Hersteller ihre Elektroautos auf den Markt bringen. Sie hatten teilweise schon so ausgeklügelte Assistenzsysteme, dass der normale Autofahrer sie mit „autonomen Fahren“ verwechseln könnte. Entwickler berichten nun davon, dass es Apple nicht gelungen sei, in all der Zeit passende Algorithmen zu entwickeln, die das wirkliche autonome Fahren realisieren.

Ein weiterer Grund ist, dass Apple mit einem Auto unbekanntes Terrain betreten wollte. Apple ist ein Hersteller von Unterhaltungselektronik. Das unterscheidet sich maßgeblich von einer Maschine wie einem Auto. Hier hätte Apple zunächst Erfahrungen sammeln und Lieferketten aufbauen müssen. Etwas, das andere Hersteller in den Jahren und Jahrzehnten zuvor bereits erledigt haben und damit einen massiven Vorsprung aufzuweisen haben. Wie die New York Times berichtet, hätte ein Apple-Auto mindestens 100.000 Dollar gekostet und dabei trotzdem fast keinen Gewinn abgeworfen. Das hätte die Zielgruppe stark eingeschränkt, denn sogar ein Tesla kostet nur etwa die Hälfte – und hat im Gegensatz zu einem Fahrzeug aus Cupertino schon einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Branche.

Schließlich soll nicht unerwähnt bleiben, was für eine Mammutaufgabe Apple im Pflichtenheft stehen hatte. Selbst Schwergewichte wie Bosch, einer der wichtigsten Zulieferer in der Automobilindustrie, hat die Reißleine gezogen und 1.200 Stellen bei der Entwicklung des autonomen Fahrens gestrichen. Man sehe die Idee an sich zwar weiterhin als große Wachstumschance an, doch habe man einerseits den Aufwand falsch eingeschätzt und andererseits entwickelte sich der Markt doch anders als gedacht – nämlich langsamer. Das Ziel bestehe jetzt darin, klügere Assistenzsysteme schrittweise aus den vorhandenen zu entwickeln, anstatt parallel das echte autonome Fahren zu schmieden.

Was denken Aktionäre über die Einstellung von „Project Titan“?

Hier ist die Antwort bislang ziemlich eindeutig und positiv für Apple. Denn gemessen am Aktienkurs hat sich beinahe gar nichts getan. Bloomberg berichtet zwar, dass die Aktionäre gewissermaßen erleichtert seien und man das an einem Plus von etwa einem Prozent am Wert der Apple-Aktie ablesen könne. Doch das ist allenfalls „technisch“ korrekt. Nachdem die Meldung die Runde gemacht hatte, stieg die Aktie tatsächlich um etwa ein Prozent. Aber das ist eine Änderung, die ohnehin im Rahmen des normalen Tagesgeschäfts zu beobachten wäre. Viel mehr könnte man in diese minimale Schwankung hineininterpretieren, dass es für die Aktionäre keinen Unterschied macht, ob Apple nun weiter an „Project Titan“ tüftelt oder das Vorhaben aufgibt. Das scheint zumindest dahin gehend logisch zu sein, dass die entwickelten Technologien nicht „verloren“ sind, da sind anderweitig Verwendung finden werden, und dass Apple dennoch sehr profitabel ist und jede Menge Umsatz einfährt. Das zeigt sich beim Blick auf die Quartalszahlen sowie bei den enormen Bargeldreserven, die Apple besitzt.

Wie sieht die Konkurrenz Apples Ausstieg?

Interessanterweise sind chinesische Unternehmen diejenigen, die sich gewissermaßen geschockt zeigen. Wie die South China Morning Post berichtet, sind es Firmen aus der Technologiebranche wie Xiaomi, Li Auto und Xpeng, die fest damit gerechnet hatten, dass Apple einer ihrer Hauptkonkurrenten wird.

Beispielsweise schrieb Xiaomis Gründer und Vorstandsvorsitzender Lei Jun bei Weibo, dass er „sehr geschockt“ über die Meldung sei. Er könne gut nachvollziehen, wie schwer es ist, ein Auto herzustellen, allerdings habe sein Unternehmen die Entscheidung gefällt, an eigenen Elektroautos festzuhalten – daran gebe auch nichts zu rütteln. Ähnlich reagierte He Xiaopeng, Vorstandsvorsitzender bei Xpeng.

Li Xiang, der Chef von Li Auto aus Peking, kann Apples Entscheidung indes etwas Gutes abgewinnen. Er empfindet den Fokus auf KI zu legen als „absolut richtig“ und fügt noch hinzu, dass diese Technologien in sämtlichen Geräten, Diensten, Programmen und Transaktionen gebraucht werden – und dass Apple hier eine Führungsrolle für sich beanspruchen sollte.

Was der Schritt über Apple zeigt

Apple zeigt mit diesem Schritt, dass das Unternehmen bereit ist, Projekte einzustellen, die keinen Erfolg versprechen. Dabei schreckt CEO Tim Cook offenbar auch nicht vor dem Gedanken zurück, Milliarden von Dollar in den Sand gesetzt zu haben. Ein derartig ambitioniertes Projekt wie ein revolutionäres Auto, das über eine Dekade entwickelt wurde, würde man nicht „einfach so“ fallen lassen. Das gilt besonders dann, wenn man Aktionären Rechenschaft schuldig ist, denn diese wollen garantiert wissen, wohin das ganze Geld geflossen ist. Zumindest ist das ein Damoklesschwert, das über einem solchen Schachzug schwebt.

Aber diese Frage dürfte einfach zu beantworten sein: Das meiste von dem, was in den zehn Jahren entwickelt wurde, kann an anderer Stelle weiterverwendet werden. So ist es Tim Cooks ausdrückliches Ziel, eine Vorherrschaft in der Welt der KI zu erreichen.

Davon abgesehen loben Aktionäre und Beobachter Tim Cook schon seit Jahren in den höchsten Tönen für seinen Führungsstil und wie er Apple zu dem Großkonzern machte, der er jetzt ist. Insofern dürfte das tatsächliche Risiko für den Ruf Cooks überschaubar gewesen sein. Dass sich der Aktienkurs nach Bekanntwerden der Einstellung des „iCar“ kaum bewegt hat, spricht ebenfalls dafür.

Man kann dem Apple unter Tim Cook also mit diesem Schritt attestieren, dass die Führungspersonen eine Vorstellung davon haben, wann es besser ist, ein Projekt zu beenden und Lehren aus gescheiterten Projekten zu ziehen. Und man kann sich vorstellen, wie sehr Apple stattdessen an Augmented, Virtual und Mixed Reality glaubt. Denn im Gegensatz zu einem Apple-Auto ist die Apple Vision Pro tatsächlich zu einem Produkt geworden.

Ist der Traum vom autonomen Fahren vorbei?

Es ist ziemlich sicher, dass Apple mit der Beendigung von „Project Titan“ einen Schlussstrich ziehen will. Für das Unternehmen aus Cupertino dürfte das Thema Auto und autonomes Fahren also ausgeträumt sein. Das bedeutet aber nicht, dass sich andere Technologie-Unternehmen daran ein Beispiel nehmen. Zumindest drei bekannte Namen springen ins Auge, wenn es um das Thema selbstfahrende Autos geht.

Von Google etwa ist schon seit Jahren bekannt, dass das Unternehmen an auf dem Gebiet tätig ist. Waymo lautet der Name des Tochterunternehmens von Alphabet, das als eines der Pioniere für autonome Fahrzeuge gilt. Die Idee dazu existiert schon seit mindestens 2005, im Dezember hat das US-Patentamt Google das erste Patent für die Technik von selbstfahrenden Autos gewährt. Seither sollen mit der Technologie ausgestattete Fahrzeuge Millionen von Kilometern zurückgelegt haben.

Auch Amazon möchte auf dem Markt mitmischen. Mit Zoox existiert seit 2014 ein Tochterunternehmen, das seither daran arbeitet, Fahrzeuge sicher und ohne menschlichen Fahrer über öffentliche Straßen zu befördern. Amazon hat dabei gleich zwei Asse im Ärmel: Zum einen hat das Unternehmen als Versandhändler gewiss Verwendung im Eigenbedarf für autonome Fahrzeuge. Zum Anderen steht mit Amazon Web Services (AWS) eine der weltweit größten Cloud-Infrastrukturen im Hintergrund zur Verfügung. Während man über Vor- und Nachteile cloudbasierte künstlicher Intelligenzen für selbstfahrende Autos sicherlich diskutieren kann, ist es generell von Vorteil, zumindest die Möglichkeit für leistungsfähige Computer bei sich zu wissen. Im vergangenen Jahr wurden sogar erste Erfolge bekannt: Zoox teilte mit, dass erste Testfahrten auf öffentlichen Straßen in Kalifornien begannen – und zwar mit einem Roboter-Taxi, das von Grund auf dafür konzipiert wurde. Es realisiert, was für Apples Auto zeitweise spekuliert wurde, denn es kommt weder mit Pedalen noch mit einem Lenkrad.

Nicht zu vergessen ist dann Tesla. Dabei dürfte es sich wahrlich um einen Pionier bei modernen Elektroautos handeln. Der Hersteller um Elon Musk ist zudem ein bekanntes Aushängeschild, wenn es um Assistenzsysteme geht, die einem autonomen Fahren schon sehr nahekommen. Mit „Full Self Driving“ (FSD) entwickelt das Unternehmen zudem ein System, das den Traum wahr werden lassen soll.

Bedeutung für Apple: Innovationen andernorts

Die meisten der rund 2.000 Mitarbeitenden am iCar sollen künftig die KI von Apple voranbringen. Hier schrieb sich Apple auf die Fahnen, zum Vorreiter der Technik aufsteigen zu wollen. Erste Ergebnisse der Bestrebungen werden bereits in diesem Jahr erwartet: Die auf der Entwicklerkonferenz WWDC gezeigten neuen Betriebssysteme iOS 18 und macOS 15 sollen schon KI-Unterstützung bekommen. Wie genau das aussehen wird, bleibt abzuwarten. Die ehemaligen Titan-Entwickler werden den Bereich für künstliche Intelligenz nicht neu aufbauen müssen, sondern sollen ihn unterstützen.

Weiterhin hat Apple unter Tim Cook schon früh in den Bereich der Augmented Reality (AR) investiert. Ausläufer davon sind etwa im LiDAR-Sensor von iPhone und iPad Pro sowie der Apple Vision Pro zu finden. Dass es die Apple Vision Pro auf den Markt geschafft hat, im Gegensatz zu einem Apple-Auto, zeigt, dass das Unternehmen an ihre Zukunft glaubt. Schaust du dir Apples Produkte an, dann steht auch schnell fest, dass bestimmte Kern-Technologien nicht lange auf eine Produktklasse beschränkt bleiben. Hier könnte die Zukunft also noch spannend werden.

Des Weiteren ist Apple, nicht zuletzt mit der Apple Watch, erfolgreich, wenn es um Gesundheitstechnologien geht. Die Smartwatch wurde über die Jahre immer weiter zu einem Health-Device verfeinert und kann inzwischen sogar bestimmte Herzkrankheiten feststellen. Im Bereich der Wearables sehen Beobachter deshalb ebenfalls ein enormes Potenzial für Wachstum.

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Lesen Sie den Bericht über die vollständigen Chronik des Projekts Titan (eines Projekts, das nie wirklich bestätigt wurde und über dessen Chronik wir daher ohnehin nur spekulieren können) ohne eine Chronik des Projekts ;-)

Die Signalwirkung von Apple an den Markt von autonomen Fahrzeugen ist klar und eindeutig:

Viel Spaß beim weiteren Verbrennen von Geld und Menschen. Das autonome Auto wird nicht kommen! Macht mal ihr weiter ihr lieben China-Startups! Wir werden den Markt nicht für euch bereiten!

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