Ganze acht Iterationen des klassischen Mac Pro, dem silbernen Gerät, das von Apples Computern noch am ehesten an einen herkömmlichen Desktop-PC erinnerte, gab es. Wegen seines Edelstahl-Gehäuses mit den vielen Löchern an der Vorderseite von Fans liebevoll „Käsereibe” getauft, fristete der Mac Pro zuletzt ein tristes Dasein. Das letzte Update für die Käsereibe gab es im Juni 2012. Das letzte Update, zu dem Apple nicht durch EU-Bestimmungen oder das Aussterben einer Prozessor-Linie gezwungen wurde, lag damals bereits mehrere Jahre zurück. Gerade als sich der Zorn, die Ungeduld und das Unverständnis der Apple-Pro-User massiv aufgestaut hatten, ließ Phil Schiller auf der Bühne die Bombe platzen: Ein komplett neuer Mac Pro in elegantem schwarzen, zylindrischen Gehäuse, mit einem dreieckigen Kern auf dessen Seiten drei Platinen sitzen. Mit dem markigen Spruch „Can’t innovate anymore, my ass!“, der sich am ehesten mit „Wir bringen keine Innovationen mehr? Am Arsch!” übersetzen lässt.
Seitdem nichts Neues
Tatsächlich brach so etwas wie Euphorie um diesen neuen Mac Pro aus. Natürlich ist die Zielgruppe wesentlich kleiner als die der iPhone-Käufer. Und so gab es dann keine Bilder von vor Apple Stores kampierenden Pro-Usern, die auf ihren Mac Pro warteten. Zumal die Warterei vergebens gewesen wäre, da die meisten Apple Stores zum offiziellen Verkaufsstart nicht einmal ein Anschauungsobjekt bekamen.
In den folgenden drei Jahren passierte in Sachen Mac Pro allerdings – nichts. Drei Jahre ohne Update, drei Jahre ohne belastbaren Kommentar von Apple. Drei Jahre mögen für viele Privatanwender nicht lange scheinen. Es gibt genug Menschen, die immer noch mit dem weißen Plastik-MacBook, das im bestmöglichen Fall erst sieben Jahre auf dem Buckel hat, zufrieden genug sind. Im Pro-Bereich sieht das ein wenig anders aus. Hier ist Zeit oftmals Geld. In einer Firma mit 20 Mac Pro, die alle pro Tag 10 Minuten länger zum Rendern von Filmen benötigen als die drei Jahre jüngere PC-Konkurrenz, sorgt dies bei 24 Werktagen im Monat für eine Wartezeit von 52.800 Minuten oder 880 Stunden, was 37 Tagen entspricht. Ärgerlich.
So etwas wie ein Lebenszeichen
Einen neuen Mac Pro gibt es auch nach dem ersten Quartal 2017 noch nicht. Man kann sich sogar sicher sein, dass es im ganzen Jahr 2017 kein neues Gerät geben wird. Apple hat sich nämlich mit einigen US-Journalisten getroffen, um genau das zu verkünden.
Man habe sich, so Craig Federighi, in eine „thermale Ecke” manövriert: „I think we designed ourselves into a bit of a thermal corner if you will.“ Die Architektur des Mac Pro erlaube es einfach nicht, größere oder schnellere Grafik-Chips mit deutlich mehr Abwärme zu verbauen. Ein Problem, das man bislang nicht lösen konnte. Ein Problem, das man auch nicht länger schönreden kann. Völlig Apple-untypisch gab es sogar etwas, das nach einer Entschuldigung klingt: Man habe einen Mac anbieten wollen, der über die Jahre mit Updates und Upgrades versorgt werden kann und die Kunden hätten genau das erwartet, so Phil Schiller. Das habe man nicht liefern können und „es tut uns Leid, dass wir [diese] Kunden enttäuscht haben” („And for that, we’e sorry to disappoint customers who wanted that […]“).
Neuer Mac Pro: Silberstreif am Horizont
Gleichzeitig verkündete Apple, dass das Warten in absehbarer Zeit ein Ende haben würde. Man säße bereits daran, einen Nachfolger zu entwickeln, mit dem man Pro-Kunden eine Erweiterbarkeit und mehr „Upgradebarkeit” (Schiller: „more upgradability”) zusichern könne. Allzu früh freuen darf man sich allerdings nicht. Dieser neue Mac Pro werde nicht mehr in diesem Jahr ausgeliefert. Man möchte hoffen, dass „nicht mehr in diesem Jahr” gleichbedeutend ist mit „kommt im nächsten Jahr”. Mit Blick auf die vergangenen dreieinhalb Jahre sollte man aber vielleicht nicht darauf wetten.
In der Zwischenzeit verschiebt Apple das Mac-Pro-Angebot ein wenig. Zu unveränderten Preisen bietet Apple den bekannten Mac Pro nun mit leicht verbesserter Hardware an. Für 3.399 Euro bekommt man ab jetzt einen Mac mit 6-Core-CPU und und einer Dual-FirePro-D500-Grafikkarte statt einer Quad-Core-CPU und D300-Dual-GPU. Das teurere Standardmodell zu 4.599 Euro wurde von einer 6- auf eine 8-Core-CPU und von einer Dual-D500- auf eine Dual-D700-GPU aufgewertet. Ein passables Friedensangebot an all jene, die dieser Tage einen neuen Mac Pro kaufen müssen. Aber auch nicht mehr. Ergänzt wird dieses Mini-Update aber mit der Ankündigung von „großartigen” neuen iMacs, die noch in diesem Jahr kommen sollen und viele Pro-Kunden zufriedenstellen sollen.
Neue Töne: Apples Demut
Das ganze Thema ist nicht einfach für Apple. Man versetze sich nur kurz in Apples Lage: Man stellt einen komplett neuen Mac Pro vor, der für ordentlich Aufsehen sorgt. Industrieweit. Aus mehreren Gründen liefert man dann keine Updates und kommt sogar irgendwann zu dem Schluss, dass diese Maschine nicht „aktualisierbar” ist, also, dass das grundlegende Konzept des Mac Pro schlicht nicht funktioniert. Das auch, weil Apple sich verspekuliert hat. In Cupertino hat man auf Computer-Designs mit mehreren kleineren GPUs gesetzt. Nach der Veröffentlichung des Mac Pro hat sich aber praktisch die gesamte Industrie in die andere Richtung entwickelt und setzt auf einzelne, stärkere Grafikkarten. Und so veraltet der Mac Pro zusehends. Es gibt kein Thunderbolt 3, es gibt kein USB-C und auch keine schnelleren CPUs oder GPUs. Die einzige logische Entscheidung ist dann irgendwann ein komplett neues Produkt zu entwickeln, was wiederum Zeit in Anspruch nimmt.
In dieser Zeit werden die Pro-Nutzer immer ungeduldiger, müssen davon ausgehen, dass Apple nur noch auf das iPhone setzt und drohen abzuwandern. Solche, die auf dem Mac primär mit Adobe-Programmen arbeiten, können das sogar relativ schmerzfrei tun.
Was macht man also? Der bisherige Apple-Weg ist, alles Mögliche auszusitzen und Produkte anzukündigen, wen sie fertig sind. Dieses Mal hat Apple allerdings einen anderen Weg gewählt. Man hat in den saueren Apfel gebissen und mit einer jahrzehntelangen Tradition gebrochen und erstmals seit Ewigkeiten Produkte deutlich im Voraus angekündigt. Vermutlich sogar mehr als 12 Monate im Voraus.
Das ist keine Kleinigkeit für Apple. Schließlich gehört genau dieser Aspekt zur Kultur der Firma und ist Teil des Medienhype-Erfolgskonzepts. Man äußert sich erst dann, wenn man es selbst will und lässt sich nicht von Kunden und schon gar nicht von den Medien treiben.
Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers
Dieser zarte Anflug von Demut auf Seiten der wertvollsten Firma der Welt wird aber natürlich nicht zur Gewohnheit werden. Bei den anstehenden Veranstaltungen wird man kein Wort über den Mac Pro verlieren. Und auch wenn das neue Gerät dereinst vorgestellt wird, wird man das aktuelle Debakel höchstens in einem Nebensatz erwähnen. Und natürlich werden wieder alle klatschen, wenn sie den neuen Mac Pro sehen. Man neigt zum Verzeihen, wenn sich jemand reumütig zeigt. Aber allzu oft sollte sich Apple derartige Fehler dennoch nicht erlauben…
Was kommt als Nächstes
Selbst wenn es einem als Apple-Fan in der Seele wehtut: Vielleicht ist es im Pro-Segment Zeit für ein wirklich langweiliges Produkt. Es muss vielleicht nicht ein rechteckiger Kasten im Computerbeige der 1990er-Jahre sein. Aber der neue Mac Pro sollte alle Vorzüge dieser Computer-Ära vereinen: Relativ leicht zu tauschende Komponenten und für viele unterschiedliche Anwendungsszenarien konfigurierbar. Letzteres dann auch mit internen Bauelementen. Denn Apples Idee, zusätzliche Funktionen über kabelgebundene externe Geräte nachzurüsten, wie es beim aktuellen Mac Pro der Fall ist, hat sich als Holzweg erwiesen.
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Das schwarze Mülleimerchen erhält dann einen Platz gleich zwischen dem transparent-silbernen Toaster (Cube) und dem 20th-Anniversary-Mac im Technik-Museum. Radikale Design-Neuerungen aus Cupertino müssen nicht immer zum Erfolg führen, wie es z.B. beim iMac der Fall war.
Vielleicht jetzt noch einen kaufen? Der bekommt bestimmt mal Sammlerwert, my ass ...
Fast so ein großer Fail wie das aktuelle MB(P) ...
Das MBP ist absolute Sahne (für ordentlich Cash, welch Überraschung). Jedoch gibt es eben eine gewisse Erwartung an Apple auch absolute High-End Computer für eine sicher sehr kleine Käuferschaft im Repertoire zu haben. Wie es scheint wird Apple nun diese kleine Käuferschaft (wenn vielleicht auch nur aus Imagegründen) nicht aufgeben. Ich brauche absolut keine 64GB 16Kerne Maschinen, aber schaden wird es Apple sicher nicht.
"Das MBP ist absolute Sahne (für ordentlich Cash, welch Überraschung)"
...naja wenn du meinst, mann kann sich auch alles schönreden! Das VORGÄNGERMODELL war erste Sahne und das für (WELCHE ÜBERRASCHUNG) sogar deutlich weniger Geld!
Aber du hast Recht: das Neue wär wirklich ganz gut hätte es da nur nicht das "PRO" im Namen!
Genau das ist das Thema! Das neue MBP ist tatsächlich gigantisch. Das Pro im Namen verbinden manche mit der Erwartung einer kompakten (auch mal mobilen) Workstation die 80% der Zeit auf dem Schreibtisch steht. Apple hätte es vielleicht UltimaMobil nennen sollen. Für mich ist es fantastisch, da ich es eben zu 85% unterwegs nutze. Dafür brauche ich ein Notebook. Im Büro wartet eine andere Höllenmaschine.
Die „Käsereibe“ besaß nie ein Edelstahl-Gehäuse! Wie kommt ihr nur auf solchen Unsinn?
Verstehe nicht, dass jeder über den MacPro schimpft. Ein Schnäppchen ist er nicht, aber der Rechner und sein Konzept sind wirklich klasse. Ich nutze ihn seit drei Jahren für Video- und Bildbearbeitung und bin hochzufrieden - alles top. Schade ist lediglich, dass Apple bisher noch kein Update gebracht hat. Aufgrund der modularen Struktur sollte das aber eigentlich kein grosser Entwicklungsaufwand sein.
Wahrscheinlich sind die High-End-Kunden bereits auf einer anderen Plattform oder bei einem anderen Hersteller gelandet. Für Apple schwierig, diese Kunden zurückzuholen. Es gibt zu Apple gute Alternativen.
Was an diesem Artikel ist eigentlich nicht von John Gruber abgeschrieben?
Der alte Macpro war genau dass, was man als pro User braucht, ich habe es nie verstanden wieso man diese Tonne gebaut hat. Design sollte nicht über Funktionalität gehen. Ein pro Mac benötigt nunmal pcie für Videoschnitt Karten, Grafikkarten und natürlich Platz für Festplatten, eine Workstation eben.
MacPro und PowerMac G4 Cube sind Rechner für denkende Nutzer!
Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber nach der Nutzung eines PowerMac (Performa) 5500, einem eMac und einem MacbookPro aus 2010 kann ich sehr gut verstehen, warum Apple soviel daran setzte, einen lautlosen Rechner zu entwickeln.
Der G4 Cube war bei uns mehr als 7 Jahre produktiv im Einsatz, weil es einfach unverzichtbar war, einen lautlosen Rechner neben sich zu haben, um sich zu konzentrieren.
Ich weiß, dass die Meinungen darüber, was ein "professioneller" Einsatz sei, weit auseinander gehen. Und ich möchte nicht in der Haut derjenigen stecken, die an der Apple Plattform hängen und zugleich DTP oder gar Videoschnitt betreiben.
Aber "professioneller" Einsatz ist weitaus mehr als das!
Derjenige, welcher Gutachten schreibt, sich in juristischen Themen einarbeitet oder Konstruktion betreibt, wir meines Erachtens mit einem MacPro, so, wie er ist, absolut glücklich!
Ich verstehe die ganze Nummer nicht mehr.
Der aktuelle Mac Pro hätte doch spielend gepflegt werden können:
Da passen doch locker 2 Nvidea Karten rein (damals 2 x GTX980 heute 2x 1080 XP)
Die CPU mit 10 Kernen reicht für alles. [6950X]
Standard Speicher - bis max. 128 GB reicht total.
2x M.2 Drive Slots
Die ganze Misere liegt doch schlicht weg am CEO Wechsel.
Cook verzichtete offiziell in Desktop und Pro Hardware zu investieren.
Es gab eine grosse Welle von Apple Kündigungen.
Nach dem das Pro Segment fast tot ist wird hier ein Rettungsversuch gestartet.
Zu spät für Profis - die warten nicht.
Hackintosh oder Windows Workstation ist die aktuelle Lösung.
Sierra läuft mit Clover EFI prima auf einem X99 Board, 10 Core, M.2 Drive, Raid 12T, 64 GB RAM, 1-3 x GTX 1060-1080 ti xp etc.
Der Profi hilft sich selbst und bringt Davinci oder Cinema zum fiegen - zum halben Preis.