Mac Life trifft Carly-Mitbegründer

Mehr Transparenz schaffen: Carly-Mitbegründer Avid Avini im Interview zur Autodiagnose mit dem iPhone

Carly will Autobesitzern das gute Gefühl zurückbringen, das eigene Gefährt verstehen. Wir haben uns mit dem Mitbegründer Avid Avini über den Nutzwert für Werkstätten, Tüftler und ganz normale Autofahrer unterhalten. Immerhin, verrät Avini, sind Autos schon seit zehn Jahren digital und werden immer digitaler. Die vielfältig vorhandenen Daten nicht zu nutzen, wäre reine Verschwendung.

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Mac Life: Avid, warum sollte ich Interesse an den digitalen Daten haben, die in meinem Auto zirkulieren?

Avid Avini: Autos sind schon seit über zehn Jahren digital und werden zunehmend digitaler. Das heißt: Im Auto steckt viel Wissen, durch das der Autofahrer sich Vorteile verschaffen kann. Sei es, um Geld zu sparen beim Werkstatttermin, um einen Fehlkauf beim Gebrauchtwagenhändler zu vermeiden oder Einstellungen wie die Start-Stopp Automatik des Motors zu individualisieren – für all das ist der Einblick in die digitalen Daten maßgeblich.

Mac Life: Aber sind das nicht alles Daten, die eher mein Automechaniker kennen sollte?

Avid Avini: Es wirkt auf den ersten Blick oft so, als ob nur der Mechaniker die Daten kennt oder kennen sollte. Es ist aber so, dass ein Großteil der digitalen Daten sogar den meisten Mechanikern durch Mangel an geeigneter Software verborgen bleibt. Ein Beispiel dafür ist der Gebrauchtwagenkauf: Es gibt kaum Mechaniker, die innerhalb von wenigen Minuten manipulierte Autos aufdecken oder das Fahrprofil des Vorbesitzers ermitteln können. Zudem helfen die Daten dem Autofahrer selbst, bevor dieser überhaupt den Gang zur Werkstatt auf sich nimmt. Transparenz für den Autofahrer kommt dadurch, dass er schon vor dem Werkstatttermin über die Probleme in seinem Auto Bescheid wissen sollte oder sich durch das Löschen des Fehlerspeichers eventuell sogar den Stress des Werkstattbesuchs sparen kann – sofern keine permanenten Fehler im Auto gespeichert sind.

Mac Life: Nochmals anders gefragt: Wer ist die Zielgruppe für Carly – eher Tüftler und Bastler oder jeder normale Autofahrer?

Avid Avini: Die Spannweite unserer Funktionen bedient sowohl Tüftler als auch jeden interessierten Autofahrer. Je nachdem, mit welcher Situation unsere Kunden konfrontiert sind – ob Gebrauchtwagenkauf, ein nicht identifizierbares Problem mit dem Auto, das Bedürfnis nach Individualisierung oder das eigenständige Wechseln der Fahrzeugbatterie –, es gibt eine Funktion bei Carly, die es sowohl dem Profi als auch dem Amateur gleichermaßen möglich macht, die Situation einfach und schnell zu lösen.

Wissensschatz durch Kundenmitwirkung

Mac Life: Wie kommt Carly eigentlich an derart sensible Daten heran? Immerhin sind doch sicher nicht alle Automobilhersteller gleichsam daran interessiert, die Softwareschnittstellen ihrer Fahrzeugsysteme zum „Anzapfen“ offenzulegen.

Avid Avini: Die OBD-Buchse im Auto, die es seit mehr als 20 Jahren gibt, ist eine offene Schnittstelle. Sämtliche Werkstatt-PC-Software von freien wie Vertragswerkstätten kommuniziert mithilfe dieser Schnittstelle mit dem Auto.

Die Schwierigkeit ist eher, in die Tiefe des Autos vorzudringen, so wie wir es bei jeder unserer Lösungen machen. Das ist letztlich konstante Fleiß- und Testarbeit. Wir haben uns über die Jahre von Baujahr zu Baujahr, Modell zu Modell und Marke zu Marke gearbeitet. Dabei sind bis heute die unzähligen Tipps und das gewaltige Wissen unserer Kunden von immenser Bedeutung. Die App-Lösungen von Carly sind nur durch die jahrelange Zusammenarbeit mit unseren interessiertesten Kunden so wertvoll geworden.

Mac Life: Gibt es auch Hersteller, die euch ablehnend gegenüberstehen – zum Beispiel, um ihre Vertragswerkstätten und -händler zu schützen?

Wir machen ja die Automarken, die durch Carly unterstützt werden, teilweise sogar noch attraktiver für die Autokäufer. Es gibt im Internet und in unseren E-Mail-Postfächern mehrfach Nachrichten darüber, dass ein Autokauf abhängig davon ist, welche Funktionen mit Carly möglich sind. Denn je mehr digitale Daten und Funktionen ein Hersteller in seine Autos einbaut, umso mehr Nutzen können wir mit unseren Lösungen vermitteln und umso attraktiver sind diese Autos dann für den Kunden.

Mac Life: Anders herum: Unterstützen euch Hersteller auch tatkräftig?

Avid Avini: Wir stehen seit Jahren in direkter, sehr erfolgreicher Zusammenarbeit mit dem Weltmarktführer für Dach- und Cabriodach-Systeme und Standheizungen. Für deren Fernsteuerung der Standheizungen haben wir die offizielle App geschrieben.

Solche Zulieferer haben natürlich ein enormes Interesse am Kontakt zum Endkunden. Eine Verbindung zum Autofahrer selbst wird sinnvoll und erfolgreich, wenn die App-Lösungen durch die Verwendung digitaler Daten und Funktionen wirklichen Mehrwert schaffen.

Mac Life: Wie entwickelt und testet ihr Carly eigentlich? Ihr könnt ja schlecht alle unterstützten Fahrzeugtypen auf dem Parkplatz vorm Büro herumstehen haben.

Avid Avini: Vor allem hilft uns seit Jahren ein äußerst engagierter Kundenstamm mit seinen Autos und seinem Wissen. Zudem haben wir ein hochkomplexes Simulationssystem, mit dem wir sämtliche Fahrzeuge unserer Kunden bei uns direkt nachahmen können. Für dauerhafte und kurzfristige Tests vor Ort haben wir natürlich auch eine kleine „Auto-Flotte“ verschiedener Marken.

Apps im Dienste des Autofahrers

Mac Life: Welche Daten liest Carly konkret aus?

Avid Avini: Unsere App-Lösungen lesen nur die Daten aus, die für den Kunden interessant sind und einen Mehrwert schaffen. Beim Gebrauchtwagencheck sind das zum Beispiel Daten über Kilometerstände, Kraftstoffverbrauch, Wegstrecken und Geschwindigkeit. Bei der Diagnose lesen wir den Fehlerspeicher aus sämtlichen Steuergeräten des Fahrzeugs aus und zeigen in den wichtigen Fällen sogar Zusatzinformationen darüber, wann und wie oft der Fehler aufgetreten ist. Bei den Service-Daten zeigen wir die Historie der Einträge an und bei den Freischaltungen beziehungsweise Kodierungen bekommen unsere Nutzer eine sortierte Liste sämtlicher Individualisierungsmöglichkeiten vorgeführt.

Mac Life: Sicher fallen auch Daten an, mit denen ich als Nicht-Experte zunächst einmal nichts anfangen kann. Warum sind sie trotzdem wichtig?

Avid Avini: Wir lesen nur die Daten aus, die für unsere Nutzer wichtig sind. In der Elektronik moderner Fahrzeuge werden immer mehr Daten gespeichert, von denen ein Großteil nicht relevant für unsere Kunden ist. Erst wenn sich genügend Carly-Nutzer melden und die Nachfrage für konkrete Funktionen und Daten steigt, bauen wir eine neue Funktion dafür. Wir haben schon immer auf Basis der Wünsche unserer Kundschaft Apps entwickelt.

Mac Life: Carly unterstützt derzeit BMW, Mini, Mercedes, Porsche und die verschiedenen Marken der VAG-Gruppe. Kann ich auch etwas mit Carly anfangen, wenn ich zum Beispiel nur einen Toyota fahre?

Avid Avini: Wir sehen eine gewisse Nachfrage von Autofahrern anderer Marken und werden in Zukunft darauf reagieren. In der Zwischenzeit arbeiten wir mit Hochdruck daran, unsere bisherigen App-Lösungen noch stärker und nützlicher zu machen.

Mac Life: Ab welchem ungefähren Jahrgang eines Autos kann ich per Carly auf die Daten zugreifen?

Das ist abhängig von der Automarke. Bei BMW unterstützen wir alle Modelle ab circa 1996 bis heute, bei Mercedes beginnen wir beim Baujahr 2004 und bei der VAG-Gruppe werden wir in Kürze alle Modelle ab 2000 auslesen können.

Mac Life: Wie personalisiert sind die Daten, die Carly ausliest? Können die Daten in den falschen Händen auch Schaden anrichten?

Avid Avini: Unser Hauptfokus liegt darin, nutzbringende Funktionen für Autofahrer zu schaffen und die digitale Verbindung zum Auto möglich zu machen. Wir haben kein Interesse an persönlichen Daten wie Name, E-Mail-Adresse oder Geburtsdatum und fragen diese daher auch niemals zwingend ab. Die App benötigt daher auch kein Internet, der Kunde hat die komplette Fülle der Daten in seiner Hand.

Für Entwicklungszwecke sammeln wir aber vereinzelt nicht-personalisierte Daten, die dazu dienen, unsere Funktionen kontinuierlich zu verbessern.

Mac Life: Letzte Frage: Welches Auto fährst du privat – und warum?

Avid Avini: Dadurch, dass die Nachfrage in den vergangenen Jahren enorm gestiegen ist, sind wir – sogar manchmal im Schlaf – immer dabei, unsere App-Lösungen zu stärken. Das hat zur Folge, dass fast jede Autofahrt zur Testfahrt wird und ich daher zwischen den Marken BMW, Mercedes und VAG rotiere. Außerdem sind wir alle Fans dieser Marken und entwickeln daher mit größter Begeisterung all diese Funktionen und Lösungen auch für uns selbst.

Zur Person

Avid Avini ist Mitbegründer des Unternehmens „Carly Connected Car“ und ist in den Bereichen Entwicklung, Support und Vermarktung tätig. Die Münchener gehören zu den weltweit führenden Entwicklern von Softwarelösungen für Automobile.

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