Wie weit würden Sie im Zuge der Digitalisierung gehen? In Schweden haben sich fast 2 000 Menschen einen Chip implantieren lassen. Was bei Haustieren seit Jahren üblich ist, wirkt beim Menschen doch noch leicht befremdlich. Doch der kleine Chip unter der Haut macht seine Träger zu Cyborgs, also zu Menschen, in deren Körper technische Geräte zur Unterstützung integriert worden sind. Mit so einem Chip, der mittels RFID (Radio Frequency Identification) kommuniziert, lassen sich Schlüssel, Tür-Pin-Codes, Keycards und auch Fahrkarten ersetzen.
Upgrade ins digitale Zeitalter
Was wie ein Science-Fiction-Film anmutet, ist für rund 2 000 Bahnkunden bereits Realität. Während in Deutschland E-Tickets erst langsam den Fahrschein aus Papier ablösen, ist die schwedische Bahngesellschaft SJ schon weiter. Seit Anfang des Jahres können ausgewählte Bahnpendler die Möglichkeit nutzen, sich einen Chip implantieren zu lassen, der als Fahrkarte fungiert. Dabei setzen die Schweden schon lange auf papierlose Tickets, doch jetzt müssen die Teilnehmer des Pilotprojekts keine Angst mehr haben, dass der Akku ihres Smartphones gerade dann den Geist aufgibt, wenn die Fahrkartenkontrolleurin vor ihnen steht. Sie haben ihr Ticket immer dabei. Auch eine schwedische Technologiefirma hat bereits damit angefangen, seinen Mitarbeitern Chips unter die Haut zu pflanzen. So werden Türen geöffnet, die Arbeitszeit kontrolliert und Snacks aus dem Automaten geholt. Noch ist dieses Upgrade in das digitale Zeitalter allerdings nicht mehr als ein Pilotprojekt.
Science City
Das schwedische Silicon Valley liegt in der Nähe von Stockholm. Die „Kista Science City“ ist mit über 10 000 Firmen das größte IKT-Cluster in Europa und das drittgrößte der Welt. Neben einheimischen Größen wie Spotify, Ericsson, King (Candy Crush), Mojang (Minecraft) und Klarna haben auch Huawei, Fujitsu und Samsung Zentralen in Schweden. Bei der Anzahl der Start-up-Unternehmen liegt Schweden fast gleichauf mit dem Silicon Valley in Kalifornien. Das liegt auch an der perfekten Infrastruktur für die jungen Tech-Unternehmen. Schließlich liegt Schweden bei der Internetnutzung und der Verbindungsgeschwindigkeit in Europa und auch weltweit weit vorne. So liegt Schweden 2017 laut DESI (Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft im Auftrag der Europäischen Kommission) auf Platz drei der 28 Länder der EU, Deutschland kommt nur auf Platz 11. Der Anteil der Schweden, die das Internet nutzen, lag laut des Index 2016 bei ganzen 91 Prozent. Schweden steht damit europaweit an der Spitze, deutlich über dem EU-Durchschnitt von 79 Prozent. Auch im weltweiten Vergleich ist Schweden seit Jahren bestens aufgestellt: Laut dem Networked Readiness Index von 2016 erreicht Schweden den dritten Platz hinter Singapur und Finnland bei der Nutzung der Möglichkeiten, die Informations- und Kommunikationstechnologien bieten. Besonders der flächendeckende Glasfaserausbau ist ein Anliegen der schwedischen Regierung. In Stockholm wurde bereits jetzt eine Abdeckung von 99 Prozent der Haushalte mit Glasfaseranschluss erreicht, wobei nicht jeder Haushalt auch Gebrauch davon macht. Auch das LTE-Netz ist in Stockholm sehr gut ausgebaut.
Stockholm: die intelligente Stadt von heute
Stockholm ist eine der am schnellsten wachsenden Städte in Europa, schon 2020 wird wohl die Einwohnerzahl auf eine Million anwachsen. Die schwedische Hauptstadt setzt schon seit über zehn Jahren auf Strategien, Strukturen und Projekte, die die städtische Infrastruktur durch smarte Systeme und Technologien erweitern. Die Entwicklung und Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnlogien (IKT) ist eines der Merkmale, die eine Smart City auszeichnet. Bereits 2007 wurde die „Vision 2030“ vorgestellt, in der die langfristigen Ziele und Bestrebungen der Stadt über eine nachhaltige Stadtentwicklung festgehalten wurden. Inzwischen gibt es seit 2015 die „Vision 2040“, die ein Stockholm für jedermann zum Ziel hat. Die vier Hauptambitionen der Vision sind eine Stadt, die für alle seine Einwohner die gleichen Möglichkeiten bietet und weder nach Geschlecht noch Alter diskriminiert. Bis 2040 soll Stockholm außerdem eine ökologisch smarte Stadt werden. Laufen, Fahrrad fahren und der öffentliche Nahverkehr sollen im Mittelpunkt der Stadtentwicklung stehen. Die Entwicklung eines smarten, klimafreundlichen Transportsystems hat Priorität, auch damit die Luftqualität wieder steigt. Auch in finanzieller Hinsicht will sich die Stadt Stockholm bis 2040 nachhaltig und zukunftsfähig aufstellen.
Die zunehmende Digitalisierung bietet aber auch die Chance, die Bürger einer Stadt wieder vermehrt zu integrieren und zu beteiligen. Der Abbau von Hürden in der Kommunikation mit der Stadtverwaltung trägt in Stockholm Früchte. Bereits seit September 2013 existiert der E-Service „Make a suggestion“, auf deutsch „Schlage etwas vor“. Der Dienst ist sowohl über die Internetseite der Stadt Stockholm erreichbar, als auch über eine eigens entwickelte mobile Anwendung. So kann der Bürger die Stadtverwaltung einfach und bequem auf überquellende Mülleimer, heruntergefallene Äste, Graffiti oder eine defekte Straßenlaterne hinweisen. Mit der App lassen sich zudem Fotos zu der Anfrage hinzufügen und eine GPS-Position bei Bedarf gleich mitschicken. 2014 wurden 56 000 Anfragen bearbeitet, 2015 erhöhte sich die Anzahl auf 86 000 und 2016 gaben die Stockholmer der Stadtverwaltung über 100 000 Anregungen.
Apple in Schweden
Bei einem stabilen Marktanteil von knapp über 50 Prozent am Smartphone-Markt in Schweden verwundert es nicht, dass Apple seit 2012 bereits drei Apple Stores in Schweden eröffnet hat. In der Hauptstadt Stockholm sucht man allerdings noch vergebens nach einem Apple Store. Dort wird laut Medienberichten noch an einem neuen Store gefeilt. Das Prestige-Objekt soll angeblich, ähnlich wie das Flaggschiff in New York auf der 5th Avenue, ein architektonischer Augenschmaus werden. Auch beim mobilen Bezahlen können die Schweden bald auf Apple Pay als Bezahlmethode zurückgreifen. Sehr passend, ist Schweden doch bereits seit Jahren auf dem Weg zu einer bargeldlosen Gesellschaft.
Das bargeldlose Schweden
Die großen schwedischen Banken Nordea, Dankse Bank, Handelsbanken, Länsförsäkringar Bank, Swedbank, Sparbankerna und SEB haben sich zusammengetan und bieten mit „Swish“ seit 2012 eine eigene App zum mobilen Bezahlen an. Und das mit Erfolg! So ermöglicht die App, jegliche Zahlungen in wenigen Sekunden mit dem Handy zu tätigen, dafür braucht man lediglich die Mobilnummer des Empfängers. Der gewünschte Betrag wird dann in Echtzeit auf das verbundene Konto ge-„swished“. Aber auch andere bargeldlose Bezahlmethode erfreuen sich größter Beliebtheit. Von den Brötchen beim Bäcker, dem schönen Vintagefund auf dem Flohmarkt bis hin zur Kollekte lässt sich in Schweden alles ohne Bargeld bezahlen. „Swish“ ist mit fast fünf Millionen Nutzern die beliebteste Methode zum mobilen Bezahlen.
- Ländername: Königreich Schweden/Konungariket Sverige
- Staatsform: Parlamentarische Demokratie mit monarchischem Oberhaupt
- Staatsoberhaupt: König Carl XVI. Gustaf
- Fläche: 449 696 Quadratkilometer
- Einwohner: 10 005 673 Millionen
- Hauptstadt: Stockholm (Einwohnerzahl: circa 935 619 Einwohner), Großraum: 2 269 060 Einwohner
- Landessprachen: Schwedisch; Minderheitensprachen: Finnisch, Meänkieli, Samisch, Romani, Jiddisch
- Währung: Schwedische Krone: 1 SEK = 0,104 Euro
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Das sollte sich die neugewählte Regierung mal ansehen!