Apple präsentierte auf seinem Bildungsevent in Chicago heute Vieles, das „vielleicht“ mehr Lust auf Bildung macht, allen voran ein neues, günstiges iPad mit Support für den Apple Pencil. Doch es sind vor allem die kleinen Details, die besonders viel Revolutionspotenzial versprechen.
Zurück zu den Wurzeln?
In den vergangenen Tagen las ich viele Hinweise darauf, dass Apple zurück zu seinen Wurzeln ginge, wenn es nun wieder ein Bildungsevent mache. Richtig ist, dass Apple schon früh die Bedeutung des Bildungsmarktes erkannte. Tim Cook betonte auf dem Event in Chicago die Bedeutung von Bildung für das Unternehmen.
Es ist richtig und wichtig, dass Unternehmen sich für Bildung und das Bildungssystem einsetzen. Nun ist Apple aber natürlich auch Nutznießer. Wenn man die rosa Brille für einen Moment abzieht, dann stellt man fest, dass der Bildungsmarkt ebenso ein Instrument der Unternehmen ist, Menschen besonders früh an die eigenen Produkte zu „gewöhnen“. Das kann man kritisch sehen. Aber vorwerfen tue ich es dem Unternehmen natürlich nicht. Denn letztlich möchte es Geld verdienen und Schulbuchverlage beispielsweise putzen genauso Klinken, um dann möglichst durch alle Jahrgänge hinweg an Schulen genutzt zu werden.
Dreht sich alles ums Programmieren?
Tim Cook hob hervor, dass Apple mit 40 Organisationen weltweit zusammenarbeitet, die die sogenannten MINT-Fächer bei der Lehre betonen. MINT steht für Mathematik, Naturwissenschaft, Informatik und Technik. Manche Leute verstehen MINT als Kampfbegriff im Bildungssystem. Gerade die Geisteswissenschaften sehen oft ihre Fälle davonschwimmen.
Tatsächlich ist das Abstrahieren von Problemen, das der Mathematik und Informatik besonders zugrunde liegt, ein hilfreiches Instrument. Aber ohne kulturellen Background und ohne Sozialisation wäre das alles nichts wert. Deshalb gibt es an der Harvard-Universität einen beliebten Einführungskurs zur Informatik (CS50), bei dem bald zwei Drittel der Teilnehmer fachfremd sind.
Bildung macht Spaß, mit dem iPad besonders
Apple selbst zeigt mit Apps wie Playgrounds am iPad, dass auch Programmieren Spaß machen kann. Deshalb bekommt die App von Apple nun ein neues Modul zur Programmierung von Augmented Reality spendiert. Bildung ist aber nicht nur Programmierenlernen.
Doch Apple zeigte heute, dass Kreativität genauso wichtig ist. Darauf weist das neue kommende Lehrangebot „Everyone can Create“ (für Musik und Kunst) hin, das das bestehende Programm „Everyone can Code“ ergänzt. Das Unternehmen fügt darüber hinaus seinen iWork-Apps (Pages, Numbers und Keynote) die Unterstützung des Apple Pencils hinzu. So können jetzt Schüler auf einem iPad, das mit dem A10 Fusion SoC viel Leistung bietet, ihre Notizen mit Zeichnungen aufwerten, ihre Tabellen markieren, und anderes mehr.
Die Revolution heißt ClassKit: Bildung wird standardisiert
Möglicherweise hat Apple heute aber auch ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert, mit dem keiner gerechnet hat. Lehrer (und Schüler) bekommen mit der Schoolwork-App (dt. Name noch nicht bekannt) neues Futter. Sie können darüber in Zukunft Hausaufgaben verteilen und den Fortschritt der Schüler überprüfen. Schoolwork wird allerdings erst im Sommer zur World Wide Developers Conference fertig sein.
Das Besondere an dieser App? Sie erlaubt die Integration von Drittanbieter-Inhalten. Die werden dann standardisiert. Anbieter können Ihre Inhalte mit Hilfe der ClassKit-Schnittstelle für die App bereitstellen. ClassKit ist neu und wird ab iOS 11.4 genutzt, wie Apple seinen Entwicklern mitteilte. Über Schoolwork sollen Lehrer aber nicht nur Aufgaben standardisieren können, sondern auch für einzelne Schüler individualisieren.
Konkurrenz schläft nicht
Sie und ich, wir ärgern uns vermutlich gleichermaßen, wenn viele Gerüchte vorab nach außen dringen. So wie Mac Life aber mit der Veröffentlichung ausgewählter Beiträge damit trotzdem die Neugier vieler Leute befriedigt, dienen die Informationen von Analysten und anderen Beobachtern auch Apples Konkurrenz als hilfreicher Indikator. Denn nicht alles davon ist Humbug, sondern viel zu viel sehr nah an der Realität.
Es ist nämlich kein Zufall, dass nur einen Tag vor Apples Bildungsevent in Chicago der Konkurrent Google zusammen mit Acer ein passendes Tablet mit Chrome OS vorgestellt hat. Chrome OS wird erstmals auf einem Tablet genutzt und ist sonst auf günstigen Laptops zu finden. Diese günstigen Laptops haben Apple in US-Bildungseinrichtungen den Rang abgelaufen. Das Unternehmen bietet kein vergleichbares Produkt an. Auch jetzt noch nicht. Doch Apples Greg Joswiak konterte deshalb auf dem Event mit einem Seitenhieb. Bildungsapps auf dem iPad, sagte er, würden weitaus mehr leisten als browser-basierte Apps. Er bezieht sich damit indirekt auf Chrome OS.
Warten auf das günstige MacBook
Heute gab es noch kein günstiges MacBook für Schüler oder Studenten zu sehen. Dafür aber einen Ausblick auf die Klassenraum-App für macOS. Die sollen Lehrer nutzen können, um Schulklassen zu verwalten und deren iPads. Die finale Version der Klassenraum-App für macOS soll zur WWDC 2018 im Sommer fertig sein. Sehen wir dann womöglich auch ein günstigeres MacBook?
Bildung ist mehr und leider nicht für alle da
Unabhängig von Apple gibt es nicht nur auf dem iPad heutzutage ein unfassbar großes, frei zugängliches Angebot an Bildung. Die Situation hat sich dramatisch verändert. Sie können Sprachen lernen, Kochen, Handwerken, Naturwissenschaften, BWL und viele Dinge mehr. Doch schätzen wir uns glücklich, dass wir zu der privilegierten Gruppe gehören.
Denn obwohl die Bildungsangebote vermeintlich frei zugänglich sind, bedeutet dies nicht, dass alle Menschen daran teilhaben können. Es gibt noch heute Länder, in denen der Zugriff auf manche Angebote aus eigenem Interesse verboten wird, oder weil Sanktionen fremder Länder es verbieten. Es gibt aber vor allem nach wie vor viel zu viele Personen, die an der Bildung nicht teilhaben können, weil sie keinen Zugang zum Internet oder technischen Geräten haben. Da nützt auch das tollste iPad nichts. Und: Diese Aufgabe ist vor allem so wichtig. Denn sie ist die Basis für ein friedvolles Miteinander.
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"Bildung ist mehr und leider nicht für alle da" - So besteht die Schulpflicht in Indien seit 2007. Nicht vorher. Und nicht 10 Jahre lang. Wessen Schuld ist das? Und ebenso wird es heute auch noch andere Länder geben, von denen man ähnliches berichten kann.
Und wenn wir im eigenen Lande bleiben: Werden hier nicht auch Heerscharen von Schülern ausgesperrt, nur weil sie nicht der Mittelklasse entstammen? Deutschland hat ein sehr benachteiligendes System, verschärft durch private Schulen und durch die 16 Bundesländer. Nicht jedes Abi ist in Bayern anerkannt - auch heute noch nicht!
ABER diese Dinge haben nichts mit dem heutigen Event zu tun. Natürlich kennen alle den Marktwert der Bildung. Natürlich wird darum gekämpft. Aber sichtlich Mühe, etwas richtig positiv zu ändern bzw. wenigstens Impulse zu setzen - das macht Apple. MS z.B. mit seinen Monsterapps Office und One Note fällt da nicht viel ein. Ich meine: Wer kennt den gesamten Umfang an Möglichkeiten von WORD? Und wer nutzt diesen Umfang überhaupt ausgiebig? Es geht um Schüler. Es geht um Kinder, die kreativ sein wollen und sollen. Die die Welt verstehen sollen und ihre Stärken finden sollen.
Es ist eben nicht beileibe das iPad. Es ist das ganze Drumherum. Nur hier gibt es sehr gute kostenlose eBooks von Apple Education, die Unterrichtsideen so komprimiert darstellen, dass sie ohne großen Aufwand für den Lehrer nutzbar sind. Schaut euch die eBooks zu Swift Playgrounds an. Perfekt für die Unterrichtsvorbereitung. Für lau zu haben. Und so kann man zahlreiche weitere Beispiele anführen. Man bekommt nicht ein iPad. Man bekommt ein ganz fettes Paket. Und diese Paket kann als Grundlage genutzt werden, um wirklich mobil zu unterrichten - auf andere Art als bisher. Und das ist für mich schon eine Revolution. Sie wird aber sehr sehr viel Zeit brauchen, denn alle müssen sich umstellen, Erfahrungen sammeln, Fehler machen und immer wieder optimieren und optimieren usw. Der Unterricht wird sich nachhaltig verändern - und das iPad (bzw. Tablet) spielt dabei eine ganz große Rolle.
Wer das nicht akzeptieren kann wird dennoch im Laufe der Jahre zur Kenntnis nehmen müssen, dass dieser Prozess nicht aufzuhalten ist.
P.S.: Jedes Jahr kommt immer wieder etwas im März für die Bildung dazu. Im Jubiläumsjahr 2018 war es etwas mehr. Nutzt es! Es ist für unsere Kinder und unsere Zukunft.
Da werden unsere Leherer aber glücklich sein. Können in die USA reisen und Segen, was möglich wäre. In 15 Jahren haben wir dann auch ein iPad an den Schulen. Eines pro Klasse und aus dem Jahr 2018. Gut, erstmal die Toiletten reparieren. Dann sehen wir weiter! ;)
Das ist leider sehr unterschiedlich in Deutschland. Es gibt Schulen, die sind wirklich heruntergekommen und wenig vorzeigbar, aber andere, die auch Schulklassen mit iPads ausstatten (2017 waren es einige hundert, vgl. http://www.tablet-in-der-schule.de/2013-05-30/tablet-schulen-in-deutschland). Ich würde vermuten, dass es auch etwas mit den Verantwortlichen vor Ort zu tun hat. Denn es gibt Mittel und Wege an Gelder zu kommen, aber dazu müsste man erstmal wissen wie und dann müsste man auch erstmal wissen, welche Technologien es gibt. Nur kann man auch ohne Technik gut ausgebildet werden.
Sicherlich geht es auch ohne iPad. Vielleicht auch besser so. Erinnere mich an meine Lehrer, die ohne echtes Wissen uns damals an drei (!!!) Commodore Rechner am Gymnasium Programmierung beibringen wollten. Meine Cousine lebte damals in den USA, da gab es an einer High School bereits 2 Computerräume voll mit Apple Macs. Vielleicht kein Zufall, dass Google, Facebook und Co. amerikanische Firmen sind.
Das ist mit Sicherheit so.