Der französische Innenminister hat am gestrigen Donnerstag angekündigt, sich mit dem deutschen Innenminister zusammensetzen zu wollen. Das Thema soll die Aushebelung von Verschlüsselung bei Kommunikationsdiensten wie WhatsApp und Telegram sein. Dass es sich dabei jedoch allenfalls um wirkungslosen Aktionismus handelt, scheint zumindest dem französischen Innenminister nicht bewusst zu sein.
Denn wie genau diese Anti-Verschlüsselungsmaßnahmen funktionieren sollen, bleibt ein Rätsel. Viele Kommunikationsdienste, darunter auch WhatsApp und Telegram, verwenden eine Verschlüsselung, die mit den derzeit technologischen Mitteln als unknackbar gilt. Auch die Dienste selbst haben keinen Zugriff auf die Inhalte der Kommunikation, können also auch keine Daten auf richterliche Anordnung herausgeben. Zum Einbau einer Hintertür kann die Politik WhatsApp und Co. ebenfalls kaum zwingen. Denn die Unternehmen sitzen nicht in Deutschland oder Frankreich, fallen also auch nicht in deren Zuständigkeitsbereich. Ein komplettes Verbot der Dienste wäre so ziemlich die einzige Möglichkeit, die Verschlüsselung auszuhebeln. Aber in der beinahe vollständig vernetzten Welt, würde auch ein Verbot nicht verhindern, dass die entsprechenden Programme doch irgendwie heruntergeladen und genutzt werden können.
Viele Aktivisten sind auf sicher verschlüsselte Kommunikation angewiesen
Außerdem gibt es noch einige andere Probleme zu bedenken: Nutzer, die tatsächlich Kriminelles im Sinn haben, würden sich wahrscheinlich einfach andere Kommunikationsmöglichkeiten mit vollständiger und sicherer Verschlüsselung suchen, die keine Hintertüren besitzt. Gleichzeitig sind Aktivisten in Ländern mit Diktaturen darauf angewiesen, dass ihre Kommunikation sicher verschlüsselt ist. Bei einer absichtlich eingebauten Hintertür ist es aber immer nur eine Frage der Zeit, bis sie womöglich auch von kriminellen Hackern gefunden und missbraucht wird.
Dieser erneute Ruf nach der Aushebelung von sicherer Verschlüsselung kommt unter anderem daher, dass die Mörder, die vor einigen Wochen einen französischen Priester umbrachten, offenbar den verschlüsselten Dienst von Telegram nutzten. Sicherheitsbehörden konnten somit nicht überwachen, wie sich die Mörder zur Tat absprachen, falls sie das überhaupt via Telegram getan haben. Dabei wird aber unterschlagen, dass einer der Täter mit einer elektronischen Fußfessel eigentlich permanent überwacht wurde. Sicherheitsbehörden wussten somit die ganze Zeit, wo sich der Täter aufhielt. Ebenfalls unterschlagen wird, dass sich die Terroristen, die die Anschläge in Paris im vergangenen Herbst ausführten, über den unverschlüsselten Kanal von Telegram absprachen. Frankreich besitzt ein recht weitreichendes Vorratsdatenspeicherungsgesetz und hätte somit jederzeit über die Pläne der Täter informiert sein können. Ein Verbot oder ein Knacken von sicher verschlüsselten Systemen hätte diese Terroranschläge somit auch nicht verhindert.
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