Geschichtsstunde

Die iPhone-Geschichte: Die Historie des Apple-Smartphones

Vom iPhone classic bis hin zum iPhone 6s hat sich eine Menge getan. Apples Geheimnis: Computer, Musikabspielgeräte und Mobiltelefone hat das Unternehmen zwar nicht erfunden, aber Apple versteht es, die Dinge benutzbar zu machen und zum richtigen Zeitpunkt einen Markt von unten, hinten oder aus seiner Mitte heraus aufzurollen. So auch beim iPhone.

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Zum fünften Mal in Folge stellt Apple im Herbst ein neues iPhone vor. Stets handelt es sich dabei um das bislang beste iPhone-Modell aller Zeiten. In den drei Disziplinen Design, Technik und Software setzt das iPhone eigene Maßstäbe. So ist es auch in diesem Jahr mit den iPhone–6s-Modellen im bewährten Design des Vorjahres mit neuem Innenleben und einem auf die Möglichkeiten von Kamera und Touch-Display abgestimmten Betriebssystem: dem neuen iOS mit Versionsnummer 9. Die neuen Modelle sind ein willkommener Anlass, einmal zurückzuschauen auf das erste iPhone. Wir blicken auf die Geburtsstunde des „modernen“ Smartphones mit einem Touch-Display und einer virtuellen Tastatur.

Who wants a Stylus?
Steve Jobs, 2007

Am 9. Januar 2007 ging alles los. An diesem Tag hielt Steve Jobs die wahrscheinlich wichtigste Keynote seines Lebens. Dabei hielt Jobs viele Ansprachen. Schwarzer Rolli, Jeans und Turnschuhe waren seine Uniform. Doch die Inhalte waren stets spannend und packend präsentiert. Als er wiederholt ansetzte, einen iPod mit Touch-Control, ein Mobiltelefon und ein Internet-Gerät vorstellen zu wollen, begriff bald jeder im großen Saal von Moscone West, dass es nicht drei Geräte, sondern ein revolutionäres Produkt sein wird, das der Apple-Gründer anschließend aus der Hosentasche hervorzog, während – nicht ohne Ironie – als Präsentationsfolie noch ein weißer iPod mit einer Telefon-Wählscheibe zu sehen war: das iPhone. Apple sollte das Telefon neu erfinden.

Nobody wants a Stylus.
Steve Jobs, 2007

Für Steve Jobs stehen Computer-Maus am Mac, das Click-Wheel des iPod und das patentierte Multi-Touchpanel des iPhone in einer logischen Entwicklungslinie. Die Bausteine des iPhone sind Teile von Mac OS X, der Sync über iTunes und das Design mit einem großen Bildschirm und zentralem Home-Button. 3,5-Zoll mit 160 ppi klingen aus heutiger Sicht nach nichts Besonderem, aber 2007 handelte es sich um das Display mit der größten Pixeldichte, das Apple jemals eingesetzt hat. Beschleunigungs-, Annäherungs- und Umgebungslicht-Sensoren schalten Bildschirminhalte und erkennen, wenn man das Telefon ans Ohr hält. Bei der Präsentation galt ein Telefonat nämlich noch als Killer-App. Das iPhone konnte Telefonkonferenzen mit mehreren Teilnehmern verwalten. IMAP-E-Mail, Safari und Google-Maps sollten ebenfalls ihren Beitrag zum Erfolg leisten.

Für das erste komplette Jahr im Markt gab Steve Jobs die Zielvorgabe von einem Prozent Marktanteil bei allen Mobiltelefonen aus. 2008 wollte Apple 10 Millionen iPhone-Geräte verkaufen. Jobs nimmt diese Herausforderung zuversichtlich an und streicht mit sofortiger Wirkung das Wort „Computer“ aus dem Firmennamen. Aus „Apple Computer“ wird „Apple“. Denn neben iPhone, Apple TV und iPod steht der Mac nicht mehr im Mittelpunkt.

Der Erfolg sollte Apple und Steve Jobs Recht geben. 2008 verkauft Apple mehr als 13,6 Millionen iPhones. Inzwischen setzt Apple selbst in „schwachen“ Quartalen wie dem 2. Kalender-Quartal 2015 mit 47,5 Millionen verkauften iPhones im Schnitt pro Monat mehr Geräte ab als seinerzeit im gesamten Jahr. Vom iPhone 6 wurden während des ersten Verkaufswochenendes Ende September 2014 weltweit mehr als zehn Millionen Geräte veräußert. Es hätten noch mehr sein können, muss Tim Cook in der Bilanzkonferenz einräumen.

Die jüngsten Quartalszahlen von April, Mai und Juni 2015 sprechen eine deutliche Sprache. Apple ist das iPhone. 63 Prozent der Einnahmen des Konzerns stammen vom Smartphone. iTunes, Mac und iPad tragen mit jeweils 10, 12 und 9 Prozent zum Konzernergebnis bei. Rund fünf Prozent entfallen auf Zubehör. Darin enthalten sind Beats-Kopfhörer, Apple TV und Apple Watch. Im diesem Quartal verkaufte Apple mehr iPhones als 2010 insgesamt. Im laufenden Jahr 2015 gingen bereits mehr iPhones über den Tresen als 2011. Marktbeobachter schätzen, dass Apple nach 192 Millionen iPhones im Vorjahr im laufenden Jahr 2015 mehr als 250 Millionen iPhone-Geräte verkaufen wird. 

Die iPhone-Sparte ist größer als Microsoft

Die Erfolgsgeschichte des iPhone ist auch eine Geschichte der Partnerschaften. An erster Stelle sind dies die Telefongesellschaften, die sich mit „Visual Voice Mail“ und weiteren Services auf die Ansprüche von Apple eingelassen haben. Vorneweg ist hier der US-Mobilfunkkonzern Cingular zu nennen, dessen Chef Stan Sigman während der iPhone-Präsentation auftrat und zugleich die Übernahme von AT&T Wireless durch Cingular verkündete.

Im Rahmen der fünfjährigen exklusiven Partnerschaft zwischen AT&T und Apple soll Apple von der Telefongesellschaft eine Umsatzbeteiligung von 10 US-Dollar pro iPhone-Kunden und Monat erhalten haben. Das wurde auf der Bühne natürlich nicht verkündet.

In Deutschland ist die Telekom AG der iPhone-Partner der ersten Stunde. Mit dem iPhone hielten die Tarifmodelle Complete M, L und XL Einzug. Zu Preisen von 49, 69 und 79 Euro pro Monat hielt man 2007 das iPhone mit Datenflatrates und W-LAN-Hotspot-Zugang in der Hand. Eine weitere Besonderheit waren Minuten-Pakete, Wochenend-Flatrates und SMS-Pakete. Ein Datenkontingent von 100 Megabyte folgte mit dem Tarif Complete S für 29 Euro.

Üblich war zudem die Vermarktung des iPhone mit SIM-Lock. Das ist die Bindung des Gerätes an das Netz eines bestimmten Mobilfunkanbieters. 2007 wurde das iPhone ohne SIM-Lock für 999 Euro verkauft.

Beim iPhone 4 war es in Deutschland schwer möglich, ein SIM-Lock-freies Gerät zu erstehen. Nicht wenige wählen den Weg über Geräte aus England oder Italien. Bis zum iPhone 5 reichte die Apple-Telekom-Partnerschaft, die darin gipfelte, dass lediglich das LTE-Netz der Telekom unterstützt wurde. Erst mit den Modellen 5s und 5c bekam Vodafone die Möglichkeit, „schnelles“ mobiles Internet über LTE mit dem iPhone zu vermarkten.

Apple befreite das Mobiltelefon vom Provider-Branding und behielt stets die Kontrolle über Updates – und sogar Betreibereinstellungen für die Mobilfunknetze werden von Apple kontrolliert und autorisiert.

I’m going to destroy Android, because it’s a stolen product. I’m willing to go thermonuclear war on this.
Steve Jobs, 2010

An zweiter Stelle stehen Content-Partner wie zum Beispiel Google mit der Karten-App für das iPhone. Nicht zu unterschätzen ist zudem die Pionier-Arbeit von Yahoo. Das Internetunternehmen betreibt in den USA den beliebtesten Web-Mail-Zugang. Daher war es wichtig, dass IMAP-E-Mail und die Komfort-Funktion Push-E-Mail auf dem iPhone angeboten wurden. Außerdem liefert Yahoo Börsenkurse und Wetter-Daten. Inzwischen übernahm „The Weather Channel“ die Wettervorhersage, aber der Börsenticker wird immer noch von Yahoo geliefert.

Mit dem Industriepartner Google sollte es gar zum offenen Bruch kommen, als Steve Jobs den Atom-Krieg gegen Android und Google erklärte. Bis zum Äußersten würde er gehen und vor dem Einsatz von thermo-nuklearen Waffen nicht zurückschrecken, denn Android sei ein „gestohlenes“ Produkt. Google-Chef Eric Schmidt jedenfalls, der bei der iPhone-Präsentation noch davon schwärmte, dass Apple und Google zu einem Unternehmen „mergen“ sollten, hätten vereinigt und vereint am iPhone und an Google Maps auf dem iPhone gearbeitet, wurde 2006 Mitglied des Board of Directors bei Apple und verließ dieses Gremium 2009.

Steve Jobs fühlte sich hintergangen, dabei war Android zunächst gar nicht für Telefone gedacht. Ursprünglich war Android zur Steuerung von Digitalkameras vorgesehen. Im Sommer 2005 kaufte Google das im Herbst 2003 von Andy Rubin gegründete Unternehmen Android, von dem nur wenig mehr bekannt war, als dass es Software für Mobiltelefone entwickelte und vorrangig standortbezogene Dienste behandelte. Am 5. November 2007 gab Google bekannt, gemeinsam mit 33 anderen Mitgliedern der Open Handset Alliance ein Mobiltelefon-Betriebssystem namens Android zu entwickeln. Seit dem 21. Oktober 2008 ist Android offiziell verfügbar.

Die erboste und sture Reaktion von Steve Jobs auf Android wird dadurch konterkariert, dass Jobs persönlich den Diebstahl zur Kunstform erhob. In einem Interview im Jahr 1994 zum zehnten Jubiläum des Macintosh gibt er zu, dass gute Künstler kopierten. Die große Kunst sei jedoch der Diebstahl.

Good artists copy. Great artists steal. We’ve always been shameless about stealing great ideas.
Steve Jobs, 1994

Zeit ist ein weiterer wichtiger Faktor. Auf den Tag der iPhone-Präsentation hatte Steve Jobs die zurückliegenden zweieinhalb Jahren hingearbeitet. Bei der ersten Präsentation ist an mehreren Stellen die Rede von Jahren – mehreren Jahren. Mit dem iPhone sei Apple der Konkurrenz um fünf Jahre voraus, schwärmt Steve Jobs zu Beginn. Fünf Jahre zuvor befand sich der iPod im ersten kompletten Jahr. Und wahrscheinlich gab es 2002 bereits bei Apple in der Führungsetage strategische Ideenfindungen in Richtung Telefon.

Im April 2003 unterhielt sich Walter Mossberg mit Steve Jobs bei der vom Wall Street Journal veranstalteten Konferenz „D: All Things Digital“. Die beiden sprechen die Felder künftiger Produkte an. Und wahrscheinlich ist diese 45-minütige Unterhaltung eine Lehrstunde im Bereich der Innovation. Man muss nur genau zuhören. In den frühen 2000er-Jahren vermarktete Apple den Mac als „Digital Hub“. Denn eine Digitalkamera braucht einen PC, um die Bilder zu bearbeiten. Der iPod braucht den Mac mit iTunes, um seine Musik zu verwalten. So hält Steve Jobs den Bildschirm des iPod für ungeeignet für einen Musik-Store, selbst wenn man auf diesem Zugang zum Internet hätte. Das ginge nur auf dem großen Bildschirm.

Im Mobilfunkmarkt sieht Jobs keinen Segen wegen der Provider. Aber er spricht auch davon, dass ein Mobiltelefon zum nutzbringenden Assistenten werden kann, wenn man einige Daten vom Computer synchronisieren könnte – so wie Palm mit dem Dock oder Apple mit dem iPod an iTunes. Und man würde sich mit Nokia und anderen im Gespräch befinden, wie Apple beim Sync von Informationen helfen könnte. Konkret geht es um den Abgleich von Terminen und Telefonbüchern.

Im gleichen Gespräch spricht Steve Jobs jeglichen Tablets die Erfolgsaussichten ab – nicht einmal als Lesegerät für Web-Seiten, wie von Moderator Mossberg vorgeschlagen, sehe Jobs eine Verwendung.

We look at the tablet and we think it’s gonna fail.
Steve Jobs, 2003

Denn bei innovativen Produkten geht es wie bei allen anderen Projekten darum, Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Und auch dafür braucht man Zeit und Verhandlungsgeschick. Im September 2005 brachten Motorola und Apple gemeinsam das Mobiltelefon Motorola ROKR – gesprochen: Rocker – als erstes Telefon mit iTunes mobile auf den Markt. Musik-Freunde können bis zu 100 ihrer Lieblingssongs bequem von ihrer iTunes Jukebox auf dem Computer auf das Mobiltelefon übertragen. Das Handy lässt sich über einfache Menüs und Navigation leicht bedienen. Motorola ROKR war in den USA exklusiv über Cingular erhältlich. Zwei Jahre vor der iPhone-Keynote intensivierten Apple und Cingular die Zusammenarbeit. Das Gerät Motorola ROKR war ein Flop, aber es öffnete die Tür zum Mobilfunkprovider, der bei der Vermarktung des iPhone eine wichtige Rolle spielen sollte.

Das erste iPhone war die Summe aus iPod, Telefon und Internet. Im Rückblick dürfte Apple einiges richtig gemacht haben. Ich denke, dass Apple die Rolle und die Bedeutung der Digitalkamera im iPhone lange Zeit falsch eingeschätzt oder unterschätzt hat. Dies Einstellung ändert sich erst mit dem iPhone 4. Doch das wäre eine eigene Geschichte. Das iPhone ist jedenfalls weder Mode noch Spielzeug, wie einige Kritiker meinten und meinen. Vielmehr gibt das iPhone einigen Millionen Menschen einen leistungsstarken Computer in die Hand. Nicht wenigen ist das iPhone der einzige Internet-Zugang inklusive E-Mail-Konto und Online-Chat.

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