Apple im Cockpit

Mit dem iPad Air … in the Air

Das iPad ist mittlerweile fester Bestandteil vieler Cockpits – auch in der professionellen Fliegerei. Wir unterhielten uns mit Frank Blanken, der als Pilot bei der Fluggesellschaft Condor arbeitet.

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5 Minuten Lesezeit

Herr Blanken, seit wann verwenden Sie bei der Condor das iPad im Cockpit? Und womit haben Sie vorher gearbeitet?

Flugkarten, Flugpläne und technische Dokumentationen existierten komplett auf Papier – und damit meine ich viel Papier! Die Flugkarten füllten bei internationalen Flügen etwa vier oder fünf Ordner. Denn sie enthielten nicht nur die Informationen der Flughäfen, die wir anflogen, sondern auch über diejenigen, die auf dem Weg lagen. Diese sogenannten Flightkits mussten stets auf dem neuesten Stand sein – und wurden daher regelmäßig ausgetauscht.


In der Fliegerei kommt es auf jedes Kilo an. Das iPad spart uns also nicht wenig Gewicht, denn es ersetzt eine Menge Papier. —   Frank Blanken

Hinzu kam das ACARS-System (Aircraft Communications Addressing and Reporting System, Red.) inklusive eines Druckers, das eine schriftliche Kommunikation zwischen dem Boden und dem Cockpit ermöglichte. Damit erledigten wir etwa die Gewichtsbeladungsplanung.

Nicht zu vergessen ist, dass es in der Fliegerei auf jedes Kilo ankommt. Das iPad spart uns also nicht wenig Gewicht, denn es ersetzt eine Menge Papier.

Frank Blanken …

(Bild: privat)

… arbeitet als Pilot bei der Condor Flugdienst GmbH und bedient Langstreckenflüge mit Flugzeugen der Airbus-A330-Klasse. Der langjährige Apple-Nutzer setzt im Cockpit ein iPad Air ein. Zudem gehört er dem Berufsverband Cockpit e.V. an.

Wie ging es von da aus weiter?

Anfang der 2000er-Jahre hielten die ersten Notebooks Einzug, auf denen zumindest die Flugbetriebsdokumentationen enthalten waren – diese Betriebsanleitungen für das Flugzeug füllten nämlich weitere Ordner. Damit realisierte Condor auch den Zugang zum eigenen Intranet und damit zu den individuellen Postfächern – vorher mussten wir etwa Benachrichtigungen zur Änderung von Flugplänen noch in Papierform abholen.

Und wann folgten die ersten Tablets?

Das muss so am Anfang der 2010er-Jahre gewesen sein. Zunächst waren das Geräte von HP – deren Touchfunktion war, offen gesagt, unterirdisch. Später folgte eine Testphase mit dem Microsoft Surface – das war schon weitaus besser. Dann kam Corona – und alles stand erst einmal still.

Das iPad führten wir im Sommer 2022 infolge eines Umstiegs auf neue Maschinen ein; wir nutzen seitdem das iPad Air. iPads sind mittlerweile der Standard in der Fliegerei – besonders bei den US-Fluglinien.


iPads sind mittlerweile der Standard in der Fliegerei. —   Frank Blanken

Wie war die erste Aufnahme?

Unterschiedlich gut – je nachdem, wie viel Erfahrung die Kolleginnen und Kollegen mit Computern und speziell dem Apple-Ökosystem hatten. Mittlerweile gibt es ein Handbuch für die genutzten Apps und das iPad – und das umfasst 500 Seiten.

Aber war der Umstieg auf das iPad speziell nach den Erfahrungen mit den HP-Tablets nicht eine Offenbarung?

Nicht für alle. Denn die HP- und Microsoft-Geräte waren vorkonfiguriert. Die iPads waren mehr oder weniger im Originalzustand – die Kolleginnen und Kollegen mussten sie am Anfang also selbst einrichten und die Software installieren. Das mag sich für erfahrene Apple-Nutzende nach einem Kinderspiel anhören – bei uns fühlten sich jedoch viele etwas alleingelassen. Ich selbst hatte das Glück, schon vorher mit iPads gearbeitet zu haben – ich kam also bestens zurecht.

Seitdem ist unser Cockpit mittlerweile komplett papierfrei – alle Dokumente befinden sich auf dem iPad.


Unser Cockpit ist komplett papierfrei – alle Dokumente befinden sich auf dem iPad. —   Frank Blanken

Können Sie theoretisch jede App installieren?

Ganz so ist es nicht; es gibt aus Gründen der Sicherheit natürlich Beschränkungen. Unsere iPads enthalten daher keinen App Store – somit stehen auch nicht alle Apps zur Verfügung.

Apropos Sicherheit: Dürfen Sie das iPad auch privat nutzen oder müssen Sie es nach jedem Flug abgeben?
Nein, wir dürfen die Geräte mit nach Hause nehmen. Ich benötige also kein privates iPad mehr. Wie zuvor erwähnt, ist das App-Angebot eingeschränkt – aber enthält auch durchaus Freizeitangebote wie Amazon Prime.

Wie befestigen Sie das iPad im Cockpit?

Neben dem Pilotensitz gibt es einen Halter, der sich mit der Hartschalen-Hülle des iPad verbindet. Es sitzt also sicher.

Lido Mpilot ist eine umfassende Navigationslösung für Piloten, die von Lufthansa Systems entwickelt wurde. Sie kommt weltweit zum Einsatz – so auch bei der Condor.
Lido Mpilot ist eine umfassende Navigationslösung für Piloten, die von Lufthansa Systems entwickelt wurde. Sie kommt weltweit zum Einsatz – so auch bei der Condor. (Bild:  Lufthansa Systems)
Die Anwendung ist speziell für iOS-Geräte optimiert und bietet eine Vielzahl von Funktionen, die den Flugbetrieb sicherer und effizienter gestalten.
Die Anwendung ist speziell für iOS-Geräte optimiert und bietet eine Vielzahl von Funktionen, die den Flugbetrieb sicherer und effizienter gestalten. (Bild: Lufthansa Systems)

Und welche Apps kommen während des Flugs zum Einsatz?

Wir verfügen über eine Reihe spezialisierter Anwendungen. Eine davon ist Flightfolder. Sie enthält als unser Dreh- und Angelpunkt quasi alle flugrelevanten Informationen, die wir im Alltag benötigen – also etwa Flugpläne und Wetterinformationen, sie führt uns durch das Briefing und erledigt das Dokumentenmanagement. In einer weiteren App, Mpilot, finden wir unser gesamtes Kartenmaterial. Mit der EWAS-App (Enhanced Weather Awareness Service, Red.) rufen wir hingegen die Wetterbedingungen in Echtzeit ab – und nutzen dafür die Satellitenverbindung der Maschine.

Die Flightfolder-App gewährt uns direkten Zugriff auf die anderen von uns benötigten Programme – wir müssen die Apps also nicht ständig schließen und von Neuem auf sie zugreifen.

Von der Flug- und Startvorbereitung über das Abrufen von Informationen beim Fliegen von A nach B bis zur abschließenden Dokumentation – nahezu alles läuft komplett auf dem iPad.

Mittlerweile bietet die Condor auf ihren Flügen auch den Internetzugang an …

Genau, unsere Passagiere können mit ihren privaten Geräten aufs Internet zugreifen – das liefert ebenfalls der Satellit. Im Cockpit dürfen wir hingegen nur auf die Dienste zugreifen, die wir beruflich benötigen – wir können also während des Flugs nicht etwa Netflix schauen.

Haben Sie eigentlich ein Reservegerät oder doch noch ein paar Papierkarten dabei, falls Ihr iPad einmal ausfallen sollte?

Nein, das war zu Zeiten der HP-Geräte noch der Fall. Das iPad gilt mittlerweile jedoch als so zuverlässig, dass ein Back-up-Gerät nicht mehr vonnöten ist. Aber auch wenn unsere Geräte einmal ausfallen sollten – ich kann Ihnen versichern, dass wir deshalb nicht vom Himmel fallen.

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interessant, danke

Danke dir! Alles Gute für 2025!

Bitte mehr Artikel in dieser Art und Qualität! Top, vielen Dank.

Lieber Peter, vielen Dank! Ich nehme deine aufmunternden Worte als Motivation ins neue Jahr!

Sehr schöner Artikel!
Ist mal interessant zu lesen was so im Flugzeug genutzt wird und wie man nach einigen Tests dich bei Apple landet.
Frohes neues Jahr!

Wünsche ich dir auch! Danke für das Lob!

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