Wenn man den Umfragen Glauben schenken darf, dann wohnen die glücklichsten Europäer in Dänemark. Ob das an der fortgeschrittenen Digitalisierung liegt, wurde allerdings nicht erhoben. Bereits seit 2001 verfolgt das kleine Königreich im Norden Europas eine konsequente, digitale Strategie. Mit Erfolg: Dänemark zählt zu einem der digitalisiertesten Länder Europas und auch beim Breitbandausbau steht das skandinavische Land auf einem der ersten Plätze. Bis 2018 soll es einen flächendeckenden Internetzugang mit 50 Mbit/s geben. Das gefällt auch Apple. So lässt das kalifornische Unternehmen zur Zeit eines seiner zwei europäischen Rechenzentren in Mitteljütland errichten. Geplant ist, dass das Zentrum in Viborg 2017 den Betrieb aufnimmt.
Dänemark: Die digitale Gesellschaft
Besonders im öffentlichen Sektor ist Dänemark ein digitaler Vorreiter. Bereits Ende der 1990er-Jahren stellte die dänische Regierung Pläne für eine Digitalisierung des Gesundheitssektors vor. 2003 folgte die Realisation. Heute ist die E-Health-Online-Plattform Realität. Die digitale Patientenakte macht es möglich, dass Ärzte, Krankenhäuser, Pflege-Einrichtungen und natürlich Patienten im Internet auf der Seite Sundhed.dk, dänisch für Gesundheit, zum Beispiel Einsicht in Befunde, Abrechnungen, auf die medizinische Vorgeschichte und auf Behandlungspläne haben.
Auch Rezepte für Medikamente werden digital erfasst und machen das alte Papier-Rezept überflüssig.
Nicht nur die Bürger müssen die angestrebte Digitalisierung meistern, auch die dänische Verwaltung stellt um auf elektronische Aktenführung und Cloud Computing. Immer mehr Ministerien wagen den Umstieg auf eine papierlose Verwaltung.
Ländername: Königreich Dänemark (Kongeriget Danmark)
Fläche: 43.098 km2
Einwohner: 5,6 Millionen
Hauptstadt: Kopenhagen (København)
(559.000 Einwohner)
Amtssprache: Dänisch
EU-Beitritt: 1973
Währung: 1 Dänische Krone (dkr) = 100 Øre
Der papierlose Alltag hat natürlich auch Auswirkungen auf die analoge Post. Dadurch, dass fast jeder Bürger inzwischen die „E-Box“, den elektronischen Posteingang, für den Briefverkehr zwischen Behörden und Bürgern nutzt, erhofft sich die dänische Regierung mehr Effizienz und besonders eine Kostensenkung. Ganz freiwillig ist die Nutzung für Einwohner über 15 Jahren jedoch nicht, in vier Wellen wurden rund 89 verschiedene Dienstleistungen wie zum Beispiel der Rentenantrag verpflichtend digitalisiert. Seit 2015 nutzen nun über 80 Prozent der Dänen den digitalen Briefkasten.
Dafür hat der dänische Staat aber auch kräftig in die öffentliche Digitalisierung investiert. 2011 wurde sogar eine eigene Agentur ins Leben gerufen, die sich mit der Digitalisierung Dänemarks befasst.
Bargeldloses Dänemark
Auch vor dem Bargeld machen die Digitalisierungs-Ansätze des dänischen Staates keinen Halt. Bargeld ist teuer – besonders für kleinere Geschäfte. Geld für Sicherheitsvorkehrungen und für die Beschaffung von Kleingeld wird nun gespart.
Seit diesem Jahr müssen Einzelhändler, Restaurants und Tankstellen kein Bargeld mehr annehmen. Für Dänen ist das mit der „Dankort“, der dänischen Lastschriftkarte, kein Problem. Sie zahlen sowieso am liebsten mit Karte und auch beim sonntäglichen Brötchenkauf kramt kaum einer noch nach Kronen im Portemonnaie.
Groß im Kommen ist zudem das Zahlen per Smartphone. Mit der von der „Danske Bank“ entwickelten App „Mobile Pay“ ist es den Nutzern möglich, auch kleine Geldbeträge schnell von Smartphone zu Smartphone zu schicken. Ob das Sammeln für ein Geburtstagsgeschenk unter Freunden oder das Bezahlen auf dem Flohmarkt, rund ein Drittel der Dänen nutzt die Anwendung. Das dänische Finanzministerium lässt sogar dieses Jahr keine Geldscheine mehr drucken, die Nachfrage dafür fehle einfach. Bargeld wird in Dänemark wohl bald nur noch von Touristen genutzt.
Dänische Pendler nutzen begeistert die digitalen Fahrkarten. Ob es nur für eine Fahrt ist oder gleich eine Jahreskarte gekauft werden soll, praktisch ist die Möglichkeit, das Bahnticket mit dem eigenen Konto zu verknüpfen und so nie ohne Fahrschein dazustehen. Vorgezeigt wird das Ticket, wenn denn mal ein Schaffner kontrolliert, auf dem Smartphone.
Personenkennziffer
Gesetzlich vorgeschrieben für jeden Einwohner ist die individuelle Personenkennzahl. Bereits seit 1968 wird diese Nummer, die selbst beim Ausleihen eines Buchs in der Bibliothek benötigt wird, ausgegeben. Sie besteht aus einer zehnstelligen Nummer. Die ersten sechs Ziffern setzten sich aus dem Geburtsdatum zusammen. Die restlichen vier Zahlen sind eine unverwechselbare Sequenz, wobei die letzte Zahl das Geschlecht des Inhabers verrät. Gerade Zahlen bekommen Frauen zugewiesen, ungerade Männer.
Die Personenkennzahl ist für eine ganze Reihe von Dienstleistungen in Dänemark wichtig. Neben dem Zugang zu Bibliotheken ist auch für den Telefon- und Stromanschluss und die Lohnzahlung die CPR-Nummer („Det Centrale Personregister“, das Zentrale Personenregister) unabdingbar.
Die Inhaber eines dänischen Kontos kommen in den Vorzug, dass am Jahresende der Kontostand automatisch dem dänischen Finanzamt gemeldet wird. So verschickt auch die Steuerbehörde SKAT dann die fertige Steuererklärung zur Überprüfung an die Bürger. Früher, ganz altmodisch per Post, heute als E-Mail in den elektronischen Posteingang.
Am liebsten Nutzen die Dänen zur Identifikation ihre „Sundhedskort“, die kleine, gelbe Gesundheitskarte, da auch auf ihr die nötigen Daten gespeichert sind.
Open Library
Auch Dänen ziehen zunehmend die digitalen Medien den analogen vor und so ist angesichts hoher Personalkosten der Schritt zur digitalen Bibliothek in Dänemark recht klein gewesen. Das virtuelle Leihsystem ist in den öffentlichen Bibliotheken auf dem Vormarsch. Seit 2004 bieten immer mehr Büchereien erweiterte Öffnungszeiten an. Das Konzept der „Open Library“ macht es möglich. Der Besuch der Bibliothek kann so bequem und flexibel in den Tagesablauf eingebaut werden. Kunden können die Büchereien mit ihrer „Sundhedskort“ aufschließen und per Selbstbedienung Medien ausleihen. In Dänemark ist die Transformation der Bibliothek zu einem öffentlich nutzbaren Raum gelungen. Zeitung lesen, Recherche am Computer oder auch ein Lesekreis, alles ist möglich in den Bibliotheken der Zukunft. Natürlich basiert das Konzept, das auch in Deutschland immer mehr Anklang findet, auf Vertrauen.
Das Klassenzimmer der Zukunft
Das Ørestad-Gymnasium in Kopenhagen kommt ganz ohne Klassenräume und Tafeln aus. Auch analoge Schulbücher haben die Schüler hier seit Jahren nicht mehr gesehen. Alle Lerninhalte und Materialien werden von den Lehrern digital zur Verfügung gestellt. Der Unterricht findet digital mit Laptops und Tablets statt. Hier gilt jedoch: „Bring your own Device“, Schüler bringen Tablets und Notebooks selber mit in die Schule. Noch ist natürlich nicht jede Schule in Dänemark so digitalisiert wie das Gymnasium in der dänischen Hauptstadt.
Digitaler Wandel
Dennoch befindet sich der digitale Wandel der Gesellschaft im Einklang mit der dänischen Gemütlichkeit. Die Art, das Leben zu genießen, steht ganz weit oben auf der Prioritätsliste der Dänen. Kein Wunder, so ist doch das Konzept von „hygge“ und „hyggelig“ schwer für andere Nationen zu verstehen. Die Gemütlichkeit mit Familie und Freunden steht im Vordergrund und dafür ist es doch unheimlich bequem, die lästigen Dinge im Leben wie Behördengänge vom heimischen Sofa aus zu tätigen.
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Täuscht mich mein Eindruck oder soll hier eine "schöne neue Welt" glorifiziert werden? Die Überwachungsmöglichkeiten sind hier fast unbegrenzt, die Gängelungsmöglichkeiten ebenso ("tut mir leid, bei Ihren Gesundheitsdaten darf ich Ihnen weder Alkohol noch Schokolade verkaufen"). Und was, bitte, geht das Finanzamt mein Kontostand an, der überhaupt nichts mit Steuern zu tun hat? Eine etwas plumpe Werbung für den Überwachungsstaat.
Ja, da täuscht Sie offenbar der Eindruck. Was Sie beschrieben, ist nicht dänische Realität, sondern die Gedankenwelt eines Deutschen in der Tradition von Gestapo und Stasi. Anders als die Deutschen zerreden die Dänen nicht alles mit Verschwörungstheorien sondern machen das Rationale. Die Dänen jammern auch nicht über hohe Steuern, sondern sagen, wenn ich gute Leistungen vom Staat erwarte, kostet das Geld. Denen ist ein gutes Gemeinwesen wichtiger las dauerndes deutsche Gejammere. Es ist ja faszinierend, das die Dänen begeistert sind von dem elektronischen Gesundheitswesen, das von über 70% der Bürger genutzt wird, und die Deutschen mit ihrem jämmerlichen Verschwörungstheorien nicht mal ein Rezept auf der Gesundheitskarte schaffen, aber Mrd € dafür in den Teich setzen. Etwas plumpe Werbung für die Rückständigkeit, mit der Deutschland kaputt gemacht werden soll?
Im Gesundheitswesen wäre auch in Deutschland wünschenswert, wenn sich Ärzte, Pflegekräfte, Apotheker, Patienten usw. koordinieren könnten. Gerade bei der schlechten Demografie mit Vergreisung und mehr medizinischem Aufwand, wäre es gut, wenn an Patienten z.B. nicht mehrere Ärzte inkompatible Medikamente verschreiben würden. Aber die Gesundheit steht bei den Jammerdeutscehn nicht iom Vordergrund. Sie wollen nur ihren lustvollen Rausch der Verschwörungstheorein. Zum Schaden der Mitmenschen. Vor zwei Jahren hatte schon brandeins mehr aus Dänemark berichtet:
https://www.brandeins.de/archiv/2014/beobachten/der-vorratsdatenspeicher/
In Dänemark wird ein vorläufiger Steuerbescheid, vorausgefüllt anhand von allem vom Staat gespeicherten personenbezogenen Daten erstellt. Dies dient dem Bürokratie-Abbau und der Effizienz. Die dänische Steuerbehörde SKAT arbeitet hierfür eng mit den Banken zusammen. Die strukturellen und juristischen Unterschiede zwischen Deutschland und Dänemark sind jedoch hoch. Besonders was die unterschiedlichen Gesetzesverankerungen hinsichtlich Datenschutz und Datensicherheit angeht. Aber auch in Deutschland plant die Bundesregierung, laut Koalitionsvertrag, eine elektronische, vorausgefüllte Steuererklärung für die Einkommenssteuer-Erklärung. ELSTER ist bisher ja noch optional zur Papierform. Auch in Deutschland soll es vorausgefüllte Felder auf der Steuererklärung geben mit Daten von Arbeitgebern, Versicherungen und Banken. Der Blick nach Dänemark zeigt ein schon ausgereiftes System auf, welches durchaus als Vorbild für Deutschland dienen kann. Bisher sind die Auswirkungen einer möglichen Digitalisierung der Gesellschaft in Deutschland natürlich noch nicht absehbar.