Produktivitätscoach im Gespräch

Carl Pullein im Interview: „Ein To-do-Manager verbessert Ihr Leben!“

Carl Pullein berät als Produktivitätscoach weltweit führende Unternehmer. Mac Life verriet er seine besten Tricks und Tipps für das organisierte Arbeiten. Er selbst stellte irgendwann fest, dass die Software, die er zum Organisieren seines Alltags nutzte, viel zu viele Funktionen bot, die er gar nicht nutzte. Also sattelte er um und ist damit ganz zufrieden. Zunächst muss man seine eigene Ordnung finden, erst dann kann man sich die passende Software dazu aussuchen, verrät er uns im Interview.

Von   Uhr

Carl, du berätst Entscheidungsträger in Unternehmen, produzierst deine eigenen Podcasts, schreibst Bücher und Blogposts und treibst intensiv Sport. Wie packst du all diese Aktivitäten in einen einzigen Tag?

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Gute Frage! Ich habe mir einige Routinen angeeignet, die mir helfen. Am Montag schreibe ich zum Beispiel eineinhalb Stunden Beiträge für meinen Blog. Nachdem ich den ersten Entwurf fertig habe, lasse ich ihn 24 Stunden liegen, um ihn dann nochmals eine halbe Stunde zu redigieren. Freitags nehme ich meine Youtube-Videos auf, was mich inklusive Nachbearbeitung in der Regel rund drei Stunden beschäftigt. Jeden Tag um 14 Uhr nehme ich mir hingegen eine Stunde Zeit für mein Lauf- oder Crossfit-Training. Es kommt also darauf an, einschätzen zu können, wie lange eine Tätigkeit dauert und dementsprechend zu planen. Ich plane immer für die gesamte Woche und vermeide so, ziellos in den Tag hineinzuarbeiten.

Klingt trotzdem nach viel Arbeit. Wann beginnt dein Tag?

Ich stehe um fünf Uhr auf – übrigens eine Stunde vor meinem Hund, der vor sechs nicht aus dem Bett zu bekommen ist. Ich nehme mir dann knapp 45 Minuten Zeit, um Koreanisch zu studieren – ich lebe mit meiner Frau in Südkorea. Dann verbleiben mir rund 15 Minuten für meine morgendliche Meditation: Ich visualisiere den kommenden Tag, frage mich, was ich erreichen möchte und wie der optimale Ablauf aussehen würde. Trotzdem läuft auch mein Tag nicht immer perfekt ab (lacht)!

Du bist ein Organisations-Guru. Gab es eigentlich schon einmal eine Zeit, in der du komplett unorganisiert warst?

Oh ja! Zum Glück liegt das schon lange zurück: Während meiner Schulzeit habe ich eigentlich nicht viel auf die Reihe bekommen. Was schließlich darin endete, dass ich dafür von meinen Lehrern ziemlich runtergemacht wurde. Das muss aber etwas genützt haben: Denn in dieser Zeit fing ich an, Bücher über Zeitmanagement und Projektplanung zu verschlingen.

Gibt es Bücher, die du unseren Lesern für die Selbstorganisation ans Herz legen möchtest?

David Allens „Getting Things Done“ (Deutsch: „Wie ich die Dinge geregelt kriege: Selbstmanagement für den Alltag“, erschienen bei Piper) ist sicherlich die „Bibel“ in diesem Metier. Das Gute daran: Das Buch vermittelt keinen starren Weg, sondern vermittelt eher ein Prinzip, mit dem der Leser seine eigene Organisationsmethode erarbeiten kann – schließlich arbeitet jeder Mensch anders. Eine weitere Empfehlung ist Steven Coveys „7 Habits of Highly Effective People“ (Deutsch: „Die 7 Wege zur Effektivität“, erschienen bei Gabal), ein ebenso fantastisches Buch.

Getting Things Done

Carl, warum sollte heutzutage jeder mit einem Aufgabenplaner arbeiten? Viele Mensch scheinen sich geradezu dagegen zu sträuben.

Dann lass uns erst einmal mit einem Irrtum aufräumen: Ein Aufgabenplaner ist nicht nur ein Arbeitswerkzeug. In erster Linie handelt es sich um ein Werkzeug zur Verbesserung des eigenen Lebens.

Zudem: Die Welt heute ist einfach verrückt. Als ich anfing zu arbeiten, gab es zum Beispiel noch keine E-Mails. Wenn ich also um 16:30 Uhr das Büro verlassen habe, hätte ich nicht einmal mitbekommen, wenn es über Nacht abgebrannt wäre (lacht). Man konnte damals tatsächlich abschalten. Das ist heute anders. Es hilft aber nichts, die digitale Welt zu boykottieren. Viel schlauer ist es, sich selbst Grenzen zu setzen. Und genau dabei hilft ein To-do-Manager.

Der App Store quillt über vor Aufgabenplanern. Wie finde ich da den richtigen für mich?

Entwickle zunächst ein System, wie du dich organisieren willst. Erst dann solltest du nach einer App suchen, die dir die Möglichkeit gibt, dieses System umzusetzen. Dabei kommt es gar nicht einmal auf den Funktionsumfang an – ich selbst habe jahrelang mit Omnifocus gearbeitet, bis ich merkte, dass ich die gebotenen Möglichkeiten gar nicht ausnutze. Ich bin dann bei Todoist gelandet, das einen übersichtlichen Funktionsumfang mit einem minimalistischen Design verbindet.

Was ist dein liebstes Feature von Todoist?

Ich mag generell die vielfältigen Möglichkeiten, die Todoist mir bietet, um neue Aufgaben zu erstellen. Du kannst etwa in den Voreinstellungen der Mac-App eine Tastenkombination festlegen, um ein Schnelleingabefeld ähnlich Spotlight aufzurufen – man muss also nicht einmal das aktuelle Programm verlassen, um neue Einträge hinzuzufügen. Verwendest du Mail Butler mit Apple Mail, kannst du eine E-Mail pfeilschnell in eine Aufgabe wandeln – für Gmail-Nutzer steht dafür eine eigene Erweiterung bereit.

Gibt es weitere Tricks, die du loswerden möchtest?

Eine wenig beachtete Funktion von Todoist sind die Filter. Damit lassen sich etwa gezielt Aufgaben nach ihrer Priorität ordnen und aufrufen. Vorgefertigte oder selbst erstellte Filter lassen sich in der Seitenleiste favorisieren – bei geschickter Nutzung lässt sich so ein optimaler Arbeitsfluss von oben nach unten erstellen. Am Ende des Tages wird man eine Menge erledigt haben.

Übrigens lassen sich etwa die Prioritäten-Filter ganz einfach umbenennen – ich brauche nicht wirklich vier verschiedene Dringlichkeitsstufen. Also habe ich einen Prioritäten-Filter behalten und die anderen nach „Morgens“, „Mittags“ und „Abends“ umbenannt, die ich nacheinander abarbeite. Dieses Prinzip kann jeder an seinen eigenen Workflow anpassen.

Abenteuer Schokolade

In der Redaktion haben wir oft Probleme, das richtige Verhältnis zwischen neuen Projekten und dem geschickten Einsatz von Etiketten in Todoist zu finden. Hast du da einige Tipps?

Ein Projekt sollte immer das Endergebnis bezeichnen, das man erreichen möchte. Bei einem Redesign der Zeitschrift etwa würde das Projekt schlicht und einfach „Neugestaltung“ lauten. Als Tags könnte man dann etwa „Design“, „Typografie“ und „Inhalt“ einsetzen. Die verschiedenen Teams könnten sich so mithilfe der Etiketten gezielt ihre Aufgaben darstellen lassen.

Das ist natürlich grob vereinfacht und das Verhältnis zwischen Projekten, Aufgaben und Etiketten hängt immer vom jeweiligen Ziel ab.

Wie entgeht man der Versuchung, dem Organisationsprozess mehr Zeit zu schenken als der eigentlichen Arbeit? Ich selbst könnte wahrscheinlich den ganzen Tag mit Todoist herumspielen.

Da gibt es einen einfachen Trick: Nutze die verschiedenen Möglichkeiten, Aufgaben, Ideen, Webseiten und so weiter im Eingang von Todoist zu sammeln – etwa mit dem erwähnten Tastaturkürzel, dem Webbrowser-Plug-in oder der Teilen-Funktion des iPhone. Von da aus verteilst du diese Aufgaben zum Beispiel abends in die passenden Projekte. Das kostet dich vielleicht zehn bis 15 Minuten und du vermeidest die dauernde Beschäftigung mit deinem To-do-Manager.

Programme wie Any.do automatisieren diese Abendzusammenfassung sogar – ich selbst neige aber dazu, die Tipps einer Maschine geflissentlich zu überhören (lacht). Ich setze mich lieber nochmals am Sonntagnachmittag hin, um die Aufgaben neu zu verteilen, die in der Woche liegengeblieben sind.

Ist es nicht irgendwie merkwürdig, dass weder Apple noch Google vollwertige Aufgabenplanungen anbieten, obwohl der Markt offensichtlich groß genug ist?

Das hat sehr wahrscheinlich mit den Prioritäten beider Unternehmen und ihrer Nutzer zu tun. Denn sie wissen schließlich, wofür ihre Kunden ihre Smartphones und Computer hauptsächlich nutzen. Nicht ohne Grund hat Apples Notizen-App vor nicht allzu langer Zeit ein ziemlich umfangreiches Update erhalten.

Carl, du bist super-organisiert. Gibt es auch Bereiche in deinem Leben, in denen du dich gehen lässt?

Vielleicht sollte ich das nicht sagen, aber am Freitagabend und am Samstag nehme ich mir nichts vor – ich liege mit meinem Hund auf dem Sofa herum und esse massenhaft Schokolade (lacht). Selbstorganisation spart viel Zeit, kann aber auch schnell langweilig werden. Das Sofa und die Schokolade aber nie. Und der Hund muss nun raus.

Dann wollen wir nicht länger stören. Vielen Dank für das Interview!

Buch-Tipp

In sein Buch „Working With Todoist“ lässt Carl Pullein das Wissen aus über 150 Folgen seines gleichnamigen Video-Podcasts einfließen. Neben den Grundkenntnissen vermittelt er Tricks und Geheimtipps aus seiner täglichen Arbeit mit dem smarten Aufgabenplaner.

Zur Person

Carl Pullein arbeitet als weltweit anerkannter Produktivitäts-Coach. In seinen regelmäßigen Video-Podcasts und Online-Workshops hilft er Menschen, ihre Zeit und Technologie gewinnbringender einzusetzen. Carl arbeitet seit 1997 mit Apple-Geräten und benennt seine Macs nach Personen aus dem James-Bond-Universum – sein derzeitiges MacBook Pro hat er „Quarrel“ getauft.

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