Sicher ist nur eines: Der Weihnachtsabend samt Heiliger Nacht steht für die Geburt Jesu. Allerdings ist deren Datum weder im Neuen Testament noch an anderer Stelle verzeichnet. Also behalf man sich kurzerhand mit einer Schätzung: Den Tag, an dem die Sonne während ihrer scheinbaren jährlichen Reise den Äquator der Erde überschreitet - und das geschieht am 25. März - hielt man für bedeutsam genug, um die Empfängnis des Gottessohnes im Leib Marias anzunehmen. Daraus errechnete der römische Geschichtsschreiber Sextus Iulius Africanus in der ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts mithilfe seiner Rechenschieber bei einer neunmonatigen Schwangerschaft als Tag der Geburt den 25. Dezember - so ward nicht nur das Jesuskind, sondern auch dieses fortan bedeutsame Datum geboren.
Marketing-Maßnahme
Und es passte perfekt: Denn an den Tagen um dieses Datum herum feierte man in Rom schon lange ein Fest zu Ehren des römischen Gottes Saturn - die Saturnalien. Dabei gab es Geschenke, Sklaven wurden wie Gleichgestellte behandelt und Wein floss in Strömen. Das kurze Zeit später als römische Staatsreligion eingeführte Christentum fügte sich so in die bisherigen Traditionen ein, was die Anpassung erleichterte.
Und die Bekehrung der Andersgläubigen: Auch die Feier der Unbesiegbaren Sonne ("sol invictus"), der im römischen Reich viele Ende Dezember frönten, wurde einfach umfunktioniert zum Fest des Gottessohnes. Selbst die Heiden jenseits der Grenzen des Reiches waren bedient: Ihre mit Tanz und Musik gefeierte Wintersonnenwende fiel ebenfalls nahezu perfekt auf diesen Termin, so dass die Missionierung leicht fiel. Also erhob Kaiser Theodosius Ende des vierten Jarhunderts den willkürlich gewählten 25ten Dezember zum Feiertag.
Abweichler?
Eine Marketingaktion also, die bis heute viele Jahrhunderte überdauert hat und selbst Apple zur Ehre gereichen würde. Allerdings scheint ihre Kraft heute geschwächt: Denn im Gegensatz zur römischen und amerikanischen Geschichtsschreibung scheinen wir hierzulande mit dem Geburtstag Jesu nicht ganz einverstanden zu sein - wen auch immer man in seiner Bekanntschaft nach dem "richtigen" Termin fragt, die Antwort fällt fast immer auf den 24ten des letzten Jahres-Monats.
Das liegt aber nicht daran, dass im deutschsprachigen Raum die Richtigkeit der Schätzung Iulius Africanus' kollektiv bezweifelt wird. Vielmehr sind die Vigilien der Grund: Eine Nachtwache vor christlichen Festen, die traditionell am Vorabend abgehalten wird. Da müssen dann auch Geschenke, Lebkuchen und Glühwein her: Als Stärkung, um bis zur Ankunft des Kindes durchzuhalten ...
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