Noch Anfang des Monats hatten sich 220 Musiker und Liedtexter in einem offenen Brief an Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso über die neuesten Pläne der Brüsseler Wettbewerbshüter entrüstet: "Wir glauben, dies wird einen bleibenden Schaden bedeuten für alle Europäer, kulturell, sozial und ökonomisch." Es solle, so die Interessengemeinschaft der nationalen Verwertungsgesellschaften, das bisherige System beibehalten werden; dies erlaubt pro Mitgliedsstaat einer Gesellschaft - wie hierzulande der GEMA - Abgaben für Künstler von jenen einzutreiben, die Musik auf Veranstaltungen, in Unternehmen oder Läden abspielen - oder eben im Internet anbieten.
Dem schob die EG-Kommission nun jedoch einen Riegel vor: Die Begrenzung auf eine Verwertungsgesellschaft pro Staat führe zu einer Abschottung der einzelnen Mitgliedsstaaten und stehe damit der Verwirklichung eines gemeinsamen europäischen Binnenmarktes entgegen. Insgesamt 24 Institutionen verstießen gegen Europäisches Kartellrecht, heißt es in Brüssel. Zwar sieht die Kommission von der Auferlegung von Strafzahlungen ab, zwingt die Gesellschaften aber in einen gegenseitigen Wettbewerb. So können Künstler in Zukunft nicht mehr nur mit der Verwertungsgesellschaft in ihrem Heimatstaat Verträge schließen.
Das neue System erlaubt Anbietern wie Apple, eine europaweite Vertriebslizenz von einer einzigen Verwertungsgesellschaft zu erhalten. Ein Schritt, der allerdings auch der Konkurrenz helfen könnte: War bislang der iTunes Store eines der wenigen in nahezu allen Europäischen Ländern verfügbaren Online-Musikgeschäfte, können in Zukunft Amazon, Nokia und andere mit sehr viel einfacheren Mitteln Vergleichsangebote auf die Beine stellen. Was durchaus keine schlechte Nachricht sein muss - denn eine hochwertige Konkurrenz könnte auch Apple zu günstigeren Preisen und qualitativ hochwertigeren Angeboten zwingen.
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