Any Cable Everywhere

Test: u-he ACE

„Das Konzept von ACE lautet ‚Any Cable Everywhere‘“, lüftet Urs Heckmann das Geheimnis um den Namen des virtuellen Instruments: „Das ist zwar schlechtes Englisch, aber immerhin bedeutet es, dass jedes Modul mit jedem anderen verkabelt werden kann. Du kannst also eine Hüllkurve ruhig durch ein Bandpassfilter schicken, den Bandpass dann mit sich selbst frequenzmodulieren und das Signal schließlich als Quelle für die Crossmodulation zweier VCOs benutzen.“

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Das Klangbesteck

Die Modulauswahl des mono-, duo- und polyphon spielbaren Synthesizers kann als klassisch bezeichnet werden: So wartet ACE mit zwei Oszillatoren mit den Wellenformen Sägezahn und Pulswelle auf, wobei dem ersten noch ein Suboszillator zur Seite steht. Die Oszillatoren lassen sich auch zur Cross- und Ringmodulation überreden. Hinzu kommt ein Rauschgenerator mit einstellbarer Klangfarbe. Mit den Betriebsarten Hoch-, Tief-, Band- sowie Bandsperre können die beiden Filter kräftig in das Frequenzspektrum eingreifen und bei Bedarf auch übersteuert werden.

Das Tiefpassfilter bietet dabei eine wählbare Flankensteilheit von 6 bis 24 dB pro Oktave. Welchen Perfektionismus Urs Heckmann bei der Programmierung des virtuellen Kraftpakets an den Tag gelegt hat, wird insbesondere bei den Filtern deutlich: „Während digitale Filter meist nur einen einfachen Waveshaper im Signalfluss haben, werden bei ACE vier kaskadierte Differenzialverstärker mit insgesamt neun Verzerrerstufen simuliert“, gibt der Entwickler einen Einblick in das Design der Module, „wenn man das mit analogen Bauteilen realisiert, kostet es ungefähr zehn Euro. Digital kostet es aufgrund des massiven Oversamplings immens viel Rechenleistung.“ Der Aufwand hat sich allerdings gelohnt, denn der überaus lebendige Filterklang von ACE verdient das Prädikat „herausragend“, und auch die Selbstoszillation weiß zu überzeugen. Da die beiden Verstärkermodule jeweils einen Panoramaregler besitzen, gelingen mit dem Klangerzeuger auch breite Stereosounds. Das Lautstärkeverhältnis der beiden Oszillatoren sowie die Lautstärken des Suboszillators, des Rauschgenerators und eines frei zuweisbaren Signals lassen sich schließlich in einem Mixer regeln. Auch die Glide-Funktion präsentiert sich ausgefuchster als bei anderen virtuell-analogen Synthesizern, da sich für den zweiten LFO, Oszillator und Filter ein Versatz der Glide-Rate einstellen lässt. In der Praxis gelingen damit sehr lebendige Portamentoeffekte.

Modulationen

Auch die Modulationsabteilung, die sich aus zwei ADSR-Hüllkurven und zwei LFOs mit weitreichendem Frequenzumfang rekrutiert, kann sich sehen lassen. Die LFOs können dabei als zusätzliche Oszillatoren verwendet werden. Des Weiteren sind zwei Multiplizierer, ein Ramp- sowie ein Mapping-Generator an Bord. Letztgenannter ist als durch und durch digitales Modul eigentlich ein Fremdkörper in einem System mit analogem Charakter, allerdings verdankt ACE diesem einige Funktionen, die erheblich zum Reiz modularer Synthesizer beitragen. Vereinfacht ausgedrückt erzeugt der als Modulationsquelle mit eigener Buchse zur Verfügung stehende Mapping Generator variable Werte für jede Note oder Keyboardtaste. Der praktische Nutzen dieser Komponente ist vielfältig: So lässt sie sich als Modulationssequenzer nutzen, indem man den eingezeichneten Verlauf als Wellenform für den zweiten LFO einstellt. Des Weiteren kann man so realisieren, dass jeder Anschlag unterschiedlich klingt oder verschiedene Stimmungen erzielen. Die einzelnen Werte werden dabei mit der Maus eingezeichnet und lassen sich dank Kopier-, Zufalls-, Quantisierungs-, Normalisierungs- und Glättungsfunktionen komfortabel bearbeiten.

Nicht minder interessant sind die kreativen Möglichkeiten, welche die beiden Multiplizierer bieten. Diese verdienen ihren Namen nicht nur, weil sie Aufgaben wie das gleichzeitige Steuern mehrerer Parameter mit einer Modulationsquelle erlauben, sondern weil sie die klanglichen Möglichkeiten von ACE vervielfachen, wie Urs Heckmann erläutert: „Obwohl die Multiple-Module sehr einfach aufgebaut sind, haben sie sehr viele Anwendungsmöglichkeiten, zum Beispiel als Verteiler, Ringmodulator, Mischer und Verstärker.“

Virtuelles Strippenziehen

Von der einsteigerfreundlichen Modulauswahl von ACE konnten wir uns bereits ein Bild machen. Mithilfe virtueller Kabel lassen sich diese auf vielfältige Weise via Drag & Drop verbinden. Dabei stehen 25 Signalquellen und über dreißig Ziele zur Auswahl: „Durch die freie Verkabelung ergeben sich unfassbar vielfältige Möglichkeiten“, erläutert der geistige Vater des Plug-ins, „glücklicherweise ist aber bereits alles ähnlich wie beim klassischen ARP 2600 vorverkabelt, sodass man gleich loslegen kann. Das macht ACE sehr übersichtlich und erleichtert den Einstieg in die Welt der Modularen.“ Dabei hat das virtuelle Modularsystem im Vergleich zu seinen analogen Vorbildern auch handfeste Vorteile: „Die Verkabelung geht viel leichter von der Hand als bei einem echten Modularsystem, da jede Ausgangsbuchse mehrere Kabel aufnehmen kann und Verkabelungen per Reihenschaltung platzsparend durchgeführt werden können.“

Die Grenze stellt dabei nur der Einfallsreichtum des Benutzers dar: „Man holt am meisten aus ACE raus, wenn man sich von der starren Struktur aus VCO, VCF, VCA und ADSR löst“, empfiehlt der Erschaffer des Synthesizers. Und weiter: „ACE lädt zum Experimentieren ein, und das sollte man auch tun. Einfach mal alle vier Oszillatoren miteinander frequenzmodulieren und gucken, was passiert. Oder mal ein selbstoszillierendes Filter als Modulationsquelle für die Resonanz des anderen Filters benutzen. Solche Sachen machen das Leben eines Modularsynths spannend.“ In der Tat erlaubt der Klangerzeuger selbst die wildesten Verkabelungen. Dass man die Farbgebung der Kabel selbst bestimmen kann, ist nicht nur hübsch, sondern auch sehr praktisch, da man so zum Beispiel für Audio- und Steuersignale verschiedene Farben verwenden kann. Eine nützliche Ergänzung wäre eine Möglichkeit, die Kabel auszublenden oder „anzustupsen“, sodass man freie Sicht auf die Regler hat.

Bedienung und Spezialitäten

Die ansprechende Bedienoberfläche von ACE präsentiert sich angenehm aufgeräumt und lässt ein schnelles Arbeiten zu. Dabei sind die verschiedenen Funktionen des Plug-ins auf drei verschiedene Bildschirmseiten angeordnet. Man merkt dem Synthesizer an vielen Ausstattungsmerkmalen, wie der skalierbaren Bedienoberfläche sowie der Undo- und Redo-Funktion, an, dass bei seiner Entwicklung sehr großer Wert auf Bedienkomfort gelegt wurde. Praktisch ist auch das großzügig dimensionierte Oszilloskop, das die Monosumme des Synthesizers vor der Effektbearbeitung visualisiert.

Auf der Tweak-Seite warten darüber hinaus zusätzliche Einstellmöglichkeiten auf den experimentierfreudigen Musiker: Dort kann man unter anderem das Verhalten der beiden Hüllkurven anpassen und die einzelnen Stimmen von Unisonoklängen in einem Bereich von ±24 Halbtönen verstimmen. Richtig gelesen: ACE bietet auch einen Modus für kraftvolle Unisonosounds, der es zulässt, wie bei dem analogen Kraftpaket Oberheim OBXa bis zu acht Stimmen zu schichten. Dabei werden alle Parameter einer Stimme wie die Oszillatoren und Filter multipliziert. Ein wahres Schmankerl für alle, die auf „kaputte“ Sounds stehen, ist zudem die Circuit-Bending-Sektion, in der sich unter anderem ein Übersprechen der verschiedenen Komponenten aktivieren und fein dosieren lässt.

Wie die Synthesefunktionen beschränkt sich die Effektsektion ebenfalls auf wenige Module, die aber umso überzeugender ausfallen. An Bord sind ein Stereochorus mit vier verschiedenen Betriebsarten, darunter auch ein Phaser, ein Pingpong-Delay sowie ein Equalizer zur Anhebung der Bass- und Höhenfrequenzen.

Ausblick

Das Suchtpotenzial von ACE ist ausgesprochen hoch. Wer dem Synthesizer hoffnungslos verfallen ist und sich weitere Ausstattungsmerkmale wünscht, darf auf „härteren Stoff“ hoffen, denn Urs Heckmann plant mit „Berlin Modular“ bereits ein größeres virtuelles Modularsystem: „ACE macht sich als Einstiegsdroge ganz gut. Sobald Berlin Modular fertig ist, kann man unter Anrechnung des vollen Kaufpreises aufsteigen und bekommt dann ein richtig massives System. Die Idee dabei ist – ähnlich wie bei ACE – ein vorkonfiguriertes Modularsystem darzustellen, das man frei verkabeln kann.“ Die kurze Beschreibung des Kreativkopfs klingt bereits äußerst vielversprechend: „Das Berlin-Modular-System wird aus einem etwas größeren ACE und mindestens zwei weiteren Synths bestehen. Einer davon heißt Bazille und ist ein modularer FM-/PD-Synthesizer. Der andere Synthesizer ist als Supersaw-/Flächensynth konzipiert.“

Fazit

In puncto Klangqualität, Druck und Lebendigkeit stellt ACE selbst virtuelle Instrumente, die ein Vielfaches kosten, in den Schatten. Dabei bietet das Modularsystem eine erstaunliche Klangvielfalt: So gelingen nicht nur überzeugende Retrosounds analoger Färbung, sondern auch moderne synthetische Klänge. Die nahezu unbegrenzten Verschaltungsmöglichkeiten machen den an sich recht einfach strukturierten Synthesizer zu einem vielseitigen und äußerst ausdrucksstark spielbaren Klangmonster. Das große und ansprechende Angebot an Presets stellt dabei eine hervorragende Grundlage für eigene Klangkreationen dar. Das einzige Manko des Plug-ins ist, dass mehrere Instanzen in der höchsten Qualitätsstufe selbst aktuelle Rechner in ihre Schranken verweisen. Angesichts der klanglichen Urgewalt des Instruments nimmt man es aber gern in Kauf, die Bounce-Funktion der DAW etwas öfter zu bemühen.

Testergebnis
ProduktnameACE
Herstelleru-he
Preis69 €
Webseiteu-he.de
Pro
  • kraftvoller, analoger Klang in einer hervorragenden Qualität
  • mächtige Synthese- und Modulationsmöglichkeiten
  • enorme Flexibilität durch vielfältige Verschaltungsmöglichkeiten
  • einsteigerfreundliche Modulauswahl
  • einfache Bedienbarkeit
  • günstiger Preis
Contra
  • hohe CPU-Last
Bewertung
1,5sehr gut

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