Porträt: The Human League

Die wichtigen Stellen

Beat / Was macht für dich eine gute Produktion aus?

Paul Oakey / Mut. Der Mut, sich nicht in Details zu verzetteln. Gewinne Abstand und höre dir eine Produktion vom anderen Ende des Raums an. Es ist so einfach, alles zu perfektionieren, aber danach klingt es doch nur fad. Als wir mit Chris Thomas gearbeitet haben, habe ich ihn ehrfürchtig darauf angesprochen, dass es sehr schwer gewesen sein muss, Pink Floyds wunderschönes und furchtbar komplexes „Dark Side of the Moon“ zu mischen. Doch er entgegnete: „Ganz im Gegenteil. Ich wusste zu jeder Zeit ganz genau, was wichtig war. Und dann bin ich schlicht von einer Stelle zur nächsten gegangen und habe genau dieses Element herausgestellt.“

Beat / Das setzt ihr in gewisser Weise um, indem ihr euch auf die grundlegenden Elemente eines Songs konzentriert.

Paul Oakey / Ich glaube an Einfachheit, auf jeden Fall! Das Gleiche gilt aber auch für unsere Produzenten. Ich strukturiere meine Songs teilweise immer noch zu sehr. Als ich Dean Honer von dem Duo I, Monster, die mit uns an „Credo“ gearbeitet haben, durch Zufall im Park traf, gab ich ihm drei unserer Tracks. Das Erste was er mir sagte war: „Wir sollten sie etwas vereinfachen!“ Das hat mir sofort gefallen.

Beat / Arbeitet ihr deswegen immer noch mit Produzenten zusammen – damit diese den Kern eurer Ideen herausarbeiten?

Paul Oakey / Ja, wahrscheinlich schon. Es ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Als wir mit Martin Rushent an „Dare“ gearbeitet haben, hat er sich um jedes Detail gekümmert. Chris Thomas wiederum saß einfach nur herum, sah in etwa so aus [imitiert einen angestrengt denkenden Philosophen], hat etwas gequält geschaut und dem Engineer gesagt, was er tun soll. Er hat nicht viel gemacht, aber die Platten, an denen er mitwirkt, klingen toll.

Beat / Wer von ihnen hat eure Ideen am klarsten umgesetzt?

Phil Oakey / Ian Stanley gehört bestimmt dazu. Er hat uns wieder zu Synths zurückgeführt und weg von der Vorstellung, dass man heute nur noch mit Samplern arbeiten kann. Er hat seinen CS-80 und E-MU Modulator mitgebracht und uns gesagt: Ihr müsst diese Geräte benutzen! Das ist eure Stärke!

Susan Ann Sulley / Genau wie Martin Rushent haben auch Jam & Lewis etwas in die Band eingebracht, was uns gefehlt hat. „Dare“ war in gewisser Weise zwar ein Jam-&-Lewis-Album, aber sie haben uns trotzdem eine Menge beigebracht. Sie saßen beispielsweise im Studio und überall waren verschiedene Percussion-Elemente aufgestellt. Sobald wir einen Track fertiggestellt hatten, nahmen sie sich selbst in einem Take dabei auf, wie sie hier und dort wie zufällig eines berührten. Keiner dieser Takes durfte wiederholt werden. Es klang großartig – und nachher haben wir uns nur gefragt: Wie haben sie das bloß gemacht?

Beat / Was habt ihr konkret von Jam & Lewis gelernt?

Joanne Catherall / Wie man ein Studio aufbaut. Vorher hatten wir immer in diesen Mega-Studios gearbeitet, die von vorne bis hinten professionell aufgezogen waren. Und Jim & Terrys Studio war einfach nur ein Reihenhaus. Und sie haben ihre Lautsprecher an die Wand gehängt!

Phil Oakey / Genau gesagt, haben sie sie an Ketten aufgehängt. Wenn du dir ein Lehrbuch zur Hand nimmst, ist das Erste, was dort steht: Hänge die Lautsprecher nicht auf, schraube sie an den Boden fest. Und sie haben sie einfach aufgehängt – und dann Grammys gewonnen. Viele Instrumente hatten sie auch nicht. Jimmy spielt im Grunde genommen auf jedem Track einen OB-8 und kannte das Gerät in und auswendig.

Susan Ann Sulley / Auf ihre eigene Art und Weise waren sie fast schon Avantgarde. Nimm beispielsweise die erste Janet-Jackson-Single. Da gab es nur ein kleines Element, das funky war, das war meine Lieblingsstelle. Und jedesmal, wenn ich sagte: „Mir gefällt diese Stelle!“ (lacht), knurrte Jimmy: „Ich hasse sie!“

Beat / Trotzdem war es keine einfache Produktion.

Phil Oakey / Wir sind in eine andere Kultur eingedrungen. In Amerika ist der Produzent König. Jam & Lewis wollten mit uns arbeiten, nachdem sie „Fascination“ gehört hatten, aber sie konnten nicht verstehen, dass wir keine Musiker im traditionellen Sinn waren. Es gibt dort einfach so viele unglaublich gute Instrumentalisten. Die beiden wollten außerdem alles so kommerziell wie möglich machen. Während wir mit ihnen arbeiteten, stritten sie sich gerade mit der SOS Band, weil sie, ohne Absprache, Alexander O’Neill zum Singen auf ihrem Album eingeladen hatten.

Joanne Catherall / Und bei uns haben sie das auch ansatzweise getan. Sie haben uns eine Woche weggeschickt und als wir zurückkamen und es herausfanden, waren wir stinkwütend. Dass war einfach nicht unser Konzept. Wir sind eine Gruppe. Und auch wenn wir nicht unbedingt die besten Sänger und Musiker sind, ist es genau das, was die Leute an uns mögen.

Mehr zu diesen Themen:

Diskutiere mit!

Hier kannst du den Artikel "Porträt: The Human League" kommentieren. Melde dich einfach mit deinem maclife.de-Account an oder fülle die unten stehenden Felder aus.

Die Kommentare für diesen Artikel sind geschlossen.