Beat / Warum spielen dann die Sechziger und Siebziger bei euch so eine wichtige Rolle?
Stereo MCs / Die heutige Musik wurde nicht auf einer weißen Leinwand gemalt. Man könnte sich Rap, Grime, House oder auch Dubstep doch gar nicht ohne Funk, Dub, Disco, Rock, Jazz oder Boogie aus den späten Sechzigern und Siebzigern vorstellen. Sie sind das Fundament. Wenn du dir dessen nicht bewusst bist, bekommst du nur gebrauchten Staub aus aktuellen Songs. Bei uns ist es so, dass ganz egal wie weit wir uns entwickeln, es da einen Fingerabdruck dieser Einflüsse zu geben scheint, der von Soul, Funk und Reggae bis hin zu frühem Punk reicht. Manchmal höre ich mir den Radiosender rinse.fm an, der topaktuelle Underground Club-Musik spielt. Und immer wieder legen sie zwischendurch einen alten Tune auf, weil diese Musik immer noch frisch und echt klingt – und weil sie einen bedeutenden Beitrag zu der Entwicklung der heutigen Musikergeneration geleistet hat.
Beat / Wie stehst du zu der Vorstellung, dass es im Produktionsbereich noch wirklichen Fortschritt geben kann?
Stereo MCs / Wenn ich mir einige der heutigen Tracks aus dem Dubstep- und Bassline-Bereich anhöre, dann bin ich manchmal von der Breite und Tiefe der Produktion überwältigt. Die Ausdehnung des Sounds von den Tiefen bis hin zu den Höhen ist so weit und die Mitten sind so satt … Obwohl ich die Arrangements von Rose Royce liebe, muss ich zugeben, dass Produzenten wie Skream oder Redlight dem Ganzen unglaubliche Farbe und Dimension hinzugefügt haben. Solange man Seele in die Musik steckt, sind die Möglichkeiten unendlich. George Martin und die Beatles haben zu ihrer Zeit bemerkenswerte Dinge erreicht. Und das Gleiche gilt für King Tubby und Lee Scratch Perry. Sie alle haben Einschränkungen überwunden und Regeln gebrochen.
Beat / Ist es heute schwieriger als zu Zeiten der Beatles, einen wirklich eigenen Sound zu formen?
Stereo MCs / Eigentlich hat sich das nicht geändert. In den frühen Tagen von Rap haben verschiedene Produzenten den gleichen Break verwendet, aber du konntest an dem Gefühl der Tracks erkennen, welcher von Marley Marl oder Eric Sermin oder Boogie Down Productions gemacht worden war. Jeder hatte dieselben Ausgangsmaterialien. Vergleiche einen Gitarristen wie Jimmy Hendrix mit Marc Bolan, den Schlagzeuger Mickey Dolenz von den Monkeys mit Buddy Miles – sie alle haben mit denselben Instrumenten ganz unterschiedliche Dinge getan und uns dennoch durch ihren eigenen Stil ganz andere Gefühle gegeben. Die Aufgabe besteht heute darin, mit all diesen unendlichen Möglichkeiten unsere Identität herauszuarbeiten. Vielleicht ist weniger ja wirklich mehr?
Diskografie
1989 | 33-45-78
1990 | Supernatural
1992 | Connected
2000 | DJ-Kicks: Stereo MCs
2001 | Deep Down and Dirty
2005 | Paradise
2008 | Live at the BBC
2008 | Double Bubble
2011 | Emperor’s Nightingale
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