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Bei den für Ad Noiseam genannten Zahlen ergibt sich für jeden Stream eine Tantiemenauszahlung von 0,00075 Cent – ein erbärmlicher Wert, findet Chevreux. Dabei geht es ihm nicht nur darum, dass die hinter der Musik stehenden Bands für ihr Produkt bezahlt werden sollten, vielmehr bietet Spotify seinen Mitgliedern eine offensichtlich gefragte Dienstleistung und sammelt dabei auch noch wertvolle Kundendaten, ohne die Content-Lieferanten dafür entsprechend zu würdigen. Warum hat er sich dennoch entschlossen, dieses Spiel mitzuspielen? „Neben Sex, Drogen und Rock ‚n‘ Roll beruht die Musikbranche vornehmlich auf deinem guten Ruf. Du musst gesehen und gehört werden, um Leute kennenzulernen, Konzerte zu bekommen und eine Handvoll Platten an den Mann zu bringen. Wie gesagt: Vielleicht sollte ich lieber den Strom sparen und meinen Katalog nicht auf diese Seiten hochladen. Aber wenn du nicht vergessen werden willst, musst du mittanzen. Jeder in der Musikindustrie schiebt derzeit Panik, und im Grunde genommen hat niemand eine Ahnung, wie es weitergehen soll. Also springen alle auf so viele verschiedenen Züge wie möglich auf. Vielleicht ist es sicherer, einfach gar nichts zu tun. Aber das wirst du erst wissen, wenn sich die Dinge beruhigen.“
Hinter Chevreux' Argumentation steht immer noch die Vorstellung, dass Spotify mit Werbeeinnahmen kräftig Kohle scheffelt. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist jedoch durchaus nicht sicher. Hinter vorgehaltener Hand wird bereits gemunkelt, der Dienst werde spätestens innerhalb eines Jahres schließen müssen, falls es nicht gelingen sollte, mehr Anhänger zu kostenpflichtigen Premium-Mitgliedschaften zu überreden. Dem praktisch denkenden Ek, vom Typ her der genaue Gegenpol zu Apples Steve Jobs, sind Visionen offenbar zuwider, doch ohne sie wird sein Geisteskind wohl kaum Bestand haben. Für viele ist und bleibt es ein Rätsel, wie es ein derart nüchtern argumentierender Mensch geschafft hat, die ansonsten so vorsichtigen Majors hinter sich zu scharen.
Die Antwort mag bei weitem prosaischer ausfallen, als viele Spotify-Fans vermuten. In der kritischen Einführungsphase seiner Idee hat Daniel Ek den großen Plattenfirmen zu Schnäppchenpreisen Anteile an seiner Firma angeboten: Sony BMG Music, Universal Music, Warner Music, EMI und Merlin kauften für schlappe 8800 Euro gemeinsam 18 Prozent der Spotify-Aktien. Neun Monate später waren diese satte 2 Milliarden Euro wert. Hinter dem Einkauf steht jedoch weit mehr als ein kurzfristiger monetärer Gewinn, stattdessen sehen die Industrieriesen Streaming-Dienste als Bestandteile eines diversifizierten Portfolios, mit dem sie sich in den von Nicolas Chevreux beschriebenen harten Zeiten über Wasser halten wollen. Es ist ein wenig wie im Blackjack: Am Ende gewinnt die Bank doch immer.
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