Film: West Coast Theory

Studiogeheimnisse

Beat / Wie habt ihr die Produzenten dazu bewegt, ihre Studiogeheimnisse zu verraten?

Felix / Zunächst einmal ist Maxime, der die Interviews in erster Linie geführt hat, ein sehr schlauer Bursche (lacht). Im Ernst: Unsere Ansprechpartner wussten, dass wir extra über den Atlantik geflogen waren, um uns tiefgehend mit ihrer Musik auseinanderzusetzen. Das hat eine Stimmung gegenseitigen Respekts geschaffen. Wir haben uns auch nicht dazu verführen lassen, uns ihrer Gangster-Attitüde zu nähern, sondern haben uns auf die Musik beschränkt. Also war vielleicht bereits durch unsere Fragen klar, dass es uns um ihren Beruf ging. Die meisten dieser Interviews dauerten zwei Stunden, und es waren immer wieder einige Glanzlichter dabei. Diese Leute sind, was ihre Talente angeht, sehr selbstbewusst. Und je talentierter sie sind, umso mehr haben sie auch zu geben.

Beat / Hattet ihr den Eindruck, dass die kalifornische Szene sich von der neuen digitalen Musikwelt bedroht fühlt?

Felix / Wir hatten eher das Gefühl, dass ein Gefühl der Enttäuschung darüber herrscht, dass das Publikum gelegentlich nicht die Liebe erkennt, die diese Künstler in ihre Musik stecken. Dass es den Unterschied zu einem kommerziellen Song nicht sieht, der von einem Zyniker ohne Know-how, aber unter Verwendung teurer Werkzeuge produziert wird. Aber alle, mit denen wir gesprochen haben, gehen davon aus, dass diese Entwicklungen sich im Laufe der Zeit verlaufen werden.

Beat / Der Film scheint zu suggerieren, dass viel mehr hinter einem Track steht als nur ein Beat …

Felix / Der Beat ist ganz sicher nur ein Schritt von vielen bei der Produktion eines Songs. Und auch ein Westcoast-Track besteht nicht ausschließlich aus tollen Sessionmusikern. Zwar gibt es so etwas wie eine Formel – auch wenn das nicht für alle, sondern nur für die meisten der dort ansässigen Produzenten gilt –, aber gleichzeitig existieren noch eine Reihe anderer Faktoren: Das Songwriting, der Hook und die Instrumentalbeiträge, die um das gelegt werden, was bereits im Beat enthalten ist. Und all das hängt ganz individuell vom Künstler und den Produzenten ab. Was wir zeigen, ist, dass Dre, Quik und andere einem ganz eigenen Konzept folgen, das da lautet: „Ich mache Musik. Aber wenn ich eine Basslinie in meinem Kopf habe, dann brauche ich einen echten Musiker, der sie auf einem echten Instrument spielt. Sie wird dann besser und musikalischer sein, als wenn ich sie auf einem Synthesizer nachbaue.“

Beat / Habt ihr das Gefühl, dass ihr durch den Film dem Geheimnis von Hip-Hop näher gekommen seid?

Felix / Es gibt ein amerikanisches Sprichwort: „Man braucht eine ganze Stadt, um ein Kind zu erziehen“. Genauso gilt, dass man eine gesamte Stadt braucht, um einen Song zu schreiben. Es sind dabei immer eine Menge talentierter Leute beteiligt. Und sie sollten idealerweise offen sein für eine Menge verschiedener Genres, von Prog-Rock bis hin zur Oper, von Funk bis Electro.

Die Begegnung zwischen dem Publikum und einem Song ist wie eine Liebesgeschichte: Je wertvoller die beiden Liebenden sind, um so schöner wird die Geschichte sein. Aber sie muss ein Geheimnis bleiben, denn ansonsten werden sich vor deinem Balkon eine Menge falscher Liebhaber tummeln. Sie muss genauso riskant sein, wie jemandem zu sagen, dass du ihn liebst.

von Tobias Fischer

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