Kompakte Workstation

Test: Kurzweil PC3LE

Der kleine Bruder des PC3 will nicht nur Spielzeug sein, sondern auch unter den Großen mitspielen. Doch kann er im Vergleich zum harten Wettbewerb bestehen?Schon der erste Satz in dem bald 300 Seiten starken Handbuch zum Kurzweil PC3LE gibt klar die Richtung vor: Spaß soll er machen, der kleine Bruder des PC3. Auf der Bühne, im Studio und zuhause.

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Stellt man beide Kurzweil-Synthesizer nebeneinander, fällt zuerst die überarbeitete Optik des PC3LE ins Auge. Die Bedieneroberfläche wirkt nun übersichtlich und aufgeräumt. Einzelne Tasterblöcke sind klar voneinander abgesetzt und die Bedienelemente sind großzügig angeordnet. Das beleuchtete Datenrad zur Werteeingabe setzt sich deutlich ab und ist auch bei wenig bis keiner Außenbeleuchtung gut zu bedienen. Abgesehen von dieser kosmetischen Optimierung gibt es aber noch viele weitere Unterschiede.

Kategorisch abgelegt

Rechts außen befindet sich ein aus 24 Tastern bestehender Block, der dazu dient, den Spaßfaktor zu erhöhen: Jeder dieser Taster steht für eine Instrumentenkategorie und enthält alle zu einer Gruppe gehörenden Sounds. Hier findet man beispielsweise Pianos, E-Piano, Leads, Pads, Bässe oder Percussions. Insgesamt zwanzig verschiedene Kategorien hat Kurzweil vorgesehen, ergänzt um einen weiteren Taster, der alle Sounds gruppiert, sowie ein letzter zur freien Zuweisung. Das erleichtert ungemein das Auffinden bestimmter Klänge, denn immerhin bietet der PC3LE serienmäßig schon weit über 1000 Presets! Praktischerweise kann man auch noch sein Lieblingsklangprogramm per Knopfdruck so einstellen, dass es bei einem Kategoriewechsel immer an erster Stelle erscheint.

Klanglich abgehangen

In Sachen Klangvorrat und Soundqualität verfügt der PC3LE über alle Klänge, die auch der große Bruder PC3 besitzt. Die Klangerzeugung basiert auch hier auf der bewährten V.A.S.T.-Synthese, doch dazu gleich mehr. Ergänzt wird die Oszillatorsektion durch den KB3-Orgelsimulator sowie KVA-Oszillatoren zur Emulation klassischer analoger Synthesesounds. Exklusiv für den PC3LE wurden 200 weitere Klänge programmiert, sodass dieser in Bezug auf die Soundauswahl seinen großen Bruder sogar übertrifft. Besonders hochwertig sind die Pianoklänge. Ergänzend dazu würden wir uns jedoch den einen oder anderen etwas frischer klingenden Sound wünschen. Aber das ist bekanntlich Geschmackssache, und da sich alle Sounds bearbeiten und mit einem Knopfdruck jederzeit neu speichern lassen, sind der eigenen Kreativität keine Grenzen gesetzt.

V.A.S.T.

Mit V.A.S.T., das Akronym steht für „Variable Architecture Synthesis Technology“, das erstmals in Kurzweils K2000 eingesetzt wurde, verschwimmen die Grenzen klassischer Klangarchitektur. Bei dieser Syntheseart ist der Weg vom ROM-Sample, der Baustoff, auf dem beim PC3LE alle komplexen Klänge basieren, zum Stereoausgang nicht fest vorgegeben, sondern kann durch das Auswählen verschiedener Routing-Algorithmen vom Anwender verändert werden. So wird es möglich, verschiedene DSP-Bausteine in den Signalweg zu laden und den Klang nach Herzenslust zu formen. Die interne Verdrahtung lässt sich dank „Dynamic V.A.S.T.“ vom Anwender frei bestimmen. Als Klangbasis bedient sich Kurzweil aus der über Jahrzehnte stetig gewachsenen Bibliothek werkseigener Samples und deckt damit nicht nur Orchestrales sondern auch klassische Synthklänge und typische General-MIDI-Sounds ab. Noch mehr Komplexität versprechen bis zu 32 Klangebenen, die geschichtet und frei verknüpft werden können.

Überlegene Kontrolle

Gerade beim Live-Einsatz kommt dem Anwender die Klangregelung des PC3LE sehr entgegen. Fünf Drehpotis erlauben den direkten Zugriff auf wichtige Effektparameter. Jeder Regler kann jeweils drei voneinander unabhängige Parameter beeinflussen, die sich sehr unkompliziert zuweisen lassen: Einmal die Edit-Taste drücken, schon befindet man sich in einem Übersichtsmenü, von dem aus alle weiteren Einstellungsoptionen abzweigen. Einen Pluspunkt verdient die klare Menüführung, die erfreulich einfach gehalten und im Wesentlichen selbsterklärend ist. Natürlich bleiben bei einem so komplexen Synthesizer Doppelbelegungen nicht aus. So gibt es auch beim PC3LE natürlich einige Funktionen, die erst zutage treten, wenn Tasten kombiniert gedrückt werden.

Neben Effektparametern können auch Effekte oder Layer mittels der fünf erwähnten Drehregler an und ausgeschaltet oder durch MIDI-Controller gesteuert werden. In der Effektsektion stehen hochwertige interne Algorithmen wie Echo, Kompressor, Equalizer, Flanger, Phaser, Chorus und Distortion sowie über 500 Effektketten zur Verfügung, die man jedem Klangprogramm zuordnen kann.

Eine weitere Neuerung, die angenehm ins Auge fällt: Musste man beim PC3 noch die Infotaste drücken, um die Controllerbelegung zu sehen, reicht es jetzt, einen Controller zu bewegen. Schon erscheint die MIDI-Zuordnung oder der entsprechende Parametername inklusive des sich ändernden Werts im Display.

Ergänzend befindet sich über den Drehreglern eine Reihe mit fünf Tastern, die dank Shift-Belegung zwei weitere Funktionen auslösen können. Auf diese Weise lassen sich Effekte stumm oder Klangebenen, sogenannte Layer, zuschalten. Ebenso ist es möglich, und im hektischen Live-Einsatz besonders hilfreich, die zuletzt eingestellte Kombination mittels Shift aufzurufen, sodass sich insgesamt zwölf Funktionen steuern lassen.

Volles Programm

Der PC3LE bietet mehr als ein gewöhnlicher Synthesizer, denn unter dem Display warten acht beleuchtete, anschlagdynamische Drumpads auf ihren Einsatz. Für jedes Klangprogramm kann ein eigenes Drumset ausgewählt und den Triggerpads zugeordnet werden. Zur Auswahl stehen die schon vom PC3 her bekannten 24 Drumprogramme sowie einhundert weitere, extra für den LE entwickelte Drumsounds. Die Klangvariationen reichen von analog-akustisch bis technoid-elektronisch. Den Pads lassen sich jedoch nicht nur Drumsounds, sondern letztlich jedes Klangprogramm zuordnen. Sie eignen sich zudem vorzüglich zum Triggern fertiger Phrasen aus dem internen Sequenzer, zum Starten ganzer Songs oder einzelnen Tracks oder zum Aktivieren von Akkorden und Arpeggien.

Mehr per Knopfdruck

Der PC3LE bietet noch mehr zum Drehen und Drücken, was seine Livetauglichkeit und den versprochenen Spaßfaktor deutlich unterstreicht: Wie schon vom PC3 bekannt gibt es den Setup-Modus, den Song-Modus und den Quick-Access-Modus. Letzterer ermöglicht es, eigene Soundbänke von maximal zehn Presets oder benutzerdefinierte Soundbänke anzulegen, die mit einem einzigen Knopfdruck aufgerufen werden können. Dadurch hat man beispielsweise alle Klangprogramme für einen Song oder den Liveauftritt sofort zur Auswahl hat. Darunter liegt der „Arp Settings“-Taster: Einmal gedrückt lassen sich die unterschiedlichsten Arpeggien einstellen. Die Modulationsräder eröffnen zudem die Möglichkeit, den Arpeggiator während des Spielens an- oder auch auszuschalten.

Mit einem weiteren Taster namens „Arp Latch“ lässt sich ein vordefiniertes Spielverhalten des Arpeggiators beim Anschlag der Tasten auslösen. Zur Auswahl stehen verschiedene Kombinationen von Notenreihenfolge und Länge. Ein Druck auf „Split/ Layer“ öffnet das Keyboardmenü, in dem sich die Tastatur in maximal 16 unterschiedliche Zonen einteilen oder mit Klangschichtungen belegen lässt. Besonders für den Liveeinsatz darf auch ein Tap-Tempo-Taster nicht fehlen, der sich einerseits auf die Abspielgeschwindigkeit der Sequenzen auswirkt. Andererseits auch die Geschwindigkeit der eingestellten Arpeggien steuert.

Erwähnung verdient zu guter Letzt auch der integrierte Sequenzer. Zur Verfügung stehen 16 Spuren mit unzähligen Bearbeitungsmöglichkeiten wie Noteneditierung, Swingfunktion, Quantisierung und Input-Filter. Der Sequenzer bietet alle Funktionen, um vollständige Songs zu programmieren oder Sequenzen für Liveperformances vorzubereiten und diese beispielsweise mithilfe der Pads abzurufen.

Fazit:

Der „Kleine“ legt sich mächtig ins Zeug, um einerseits mit seinem großen Bruder, andererseits auch mit den deutlich größeren Workstations von Roland, Korg und Yamaha mitzuhalten. Und in der Tat braucht er sich vor der Konkurrenz nicht zu verstecken. Kurzweils Neuer kommt mit einigen praktischen Features daher, die aus den gewonnenen Erfahrungen mit dem PC3 abgeleitet wurden und den LE in vielen Bereichen spürbar ausgereifter wirken lassen.

Der Kurzweil PC3LE empfiehlt sich insbesondere für ambitionierte Einsteiger und Liveperformer. Gerade durch die Integration eines eigenständigen Sequenzers eignet er sich für alle, denen bei Liveauftritten ein Computer auf der Bühne zu unsicher scheint. Die Oberfläche ist funktional gehalten und bietet direkten Zugriff auf alle Parameter, die Livemusiker besonders schätzen: Einerseits den schnellen Zugriff auf eine große Klangbibliothek von hoher Qualität, andererseits der unkomplizierte Zugriff auf unterschiedliche Controller zum Verändern diverser Parameter in Echtzeit. Auch die halbgewichtete Tastatur fühlt sich gut an und unterstützt eine dynamische Spielweise. Die konfigurierbaren Pads, Drehregler und Schalter bieten in Kombination mit den Modulationsrädern und Fußtastern alle Möglichkeiten für eine abwechslungsreiche und ausdrucksstarke Performance. Ein weiteres Plus des PC3LE ist, dass keine lange Einarbeitungszeit notwendig ist. Eine Vielzahl an Presets lädt zum sofortigen Spielen ein. Die klare Struktur des Synthesizers fördert die Spielfreude und macht – wie anfangs versprochen – richtig Spaß!

Testergebnis
ProduktnamePC3LE
HerstellerKurzweil
Vertrieb: sound-service.eu
Preis1546 €
Webseitekurzweilmusicsystems.com
Pro
  • übersichtliche und ansprechende Bedieneroberfläche
  • einfache Menüführung
  • verbesserte Navigation durch Soundkategorien
  • umfangreiche Performancemöglichkeiten, die das kreative Arbeiten unterstützen
Contra
  • sehr brave Presetsounds
  • eingeschränkte Editierbarkeit der Klänge und Effekte
Bewertung
1,9gut

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