Percussion-Synthesizer mit akustischem Tonabnehmer

Test: Korg Wavedrum

Es gab sie schon einmal, die Wavedrum, vor ungefähr anderthalb Jahrzehnten: Damals nur bedingt erfolgreich, wurde die Produktion recht bald wieder eingestellt. In der Folgezeit entwickelte sich das Korg-Instrument allerdings zu einem der begehrtesten Raritäten auf dem Musikmarkt. Da lag es quasi auf der Hand, sie zu überarbeiten und wieder in Serie zu schicken. Trägt die Wavedrum nun zu Recht den Titel „Musikinstrument der nächsten Generation“?

Von   Uhr

Anschlüsse und Optik

Die Wavedrum ist ein analoges Schlaginstrument mit digitaler Klangerzeugung, das auf ein nuanciertes Spiel wie ein echtes akustisches Instrument reagiert. Im Gegensatz zu akustischen Percussioninstrumenten, die ihren Sound auf natürliche Art und Weise erzeugen, braucht die Wavedrum erst einmal Strom und eine Kabelverbindung zu den Lautsprechern. Die Wavedrum verfügt auf der Rückseite des Bedienfelds über zwei unsymmetrische Klinkenausgänge, eine Kopfhörerbuchse im Miniklinkenformat sowie einen ebensolchen Aux-Eingang. Hier lässt sich zum Beispiel eine zweite Wavedrum oder ein beliebiger Audioplayer anschließen, dessen Signal durchgeschliffen wird.

Schalltet man nun den silbrigen Teller an, vergeht ein kleiner Augenblick, bis sich alle LEDs im Display geordnet haben. Das Bedienfeld am Kopf der Wavedrum hat zwei Regler, links einen für die Lautstärke, rechts einen Value-Regler für Einstellungen. Dazwischen sind drei Bank-Wahltaster und vier durchnummerierte Taster platziert, auf die sich die bevorzugten Programme legen lassen. Daneben liegt noch ein Write-Taster, der zum Bearbeiten der Soundprogramme benötigt wird. Dreht man nun an dem Value-Regler, lassen sich die einzelnen Programme anwählen. Leider dauert es immer einen Moment zu lange, bis das nächste Programm geladen ist, als dass man während des Spielens „mal eben“ übergangslos den Sound wechseln könnte. Nur die zwölf „Lieblingsprogramme“, die den jeweils vier Speicherplätzen der Bänke A, B und C zugewiesen werden, stehen zum sofortigen Abruf ohne Umschaltpause bereit. Wünschenswert wäre es zudem, wenn man die Programme mittels eines Fußschalters wechseln könnte! Ein weiteres Manko ist, dass das Display nur die Programmnummern mit maximal drei Zeichen anzeigt, nicht aber die Namen der ausgewählten Klänge. Man sollte also über ein gutes Gedächtnis verfügen, um gerade beim Livespielen nicht im falschen Setup zu landen.

Spielpraxis

Was die Tonerzeugung selbst betrifft, so verhält sich die Wavedrum wie jedes andere Schlaginstrument: Ohne physikalischen Input kommt kein Ton zustande. Das Schlagfeld der Wavedrum basiert dabei nicht auf einem System digitaler Trigger, sondern besitzt ein echtes Schlagzeugfell. Dies macht das Anschlagverhalten authentisch und ermöglicht ein dynamisches Spiel wie auf jedem natürlichen Schlaginstrument. Dabei erzeugt der Rand des Instruments andere Klänge als das Schlagfell selbst. Hinzu kommen noch zwei Kerbenreihen links und rechts, einmal kleiner und dichter zusammenstehend, die andere größer und mit weiterem Abstand. Damit lassen sich wunderbare Tremoloeffekte erzeugen, wenn man zum Beispiel einen Drumstick über die Kerben zieht. Der Klang reagiert auch auf das Herunterdrücken des Schlagfells während des Spiels. Etwas Vorsicht ist bezüglich Feedbackschleifen geboten, da die Sensoren die Vibrationen des Fells und des Außenrings auswerten und unter Umständen sogar auf starke Lautsprechersignale reagieren.

Das Ansprechverhalten ist herausragend. Die Wavedrum entwickelt eine extreme Dynamikbreite, die nur vergleichbar mit der von natürlichen Instrumenten ist. Sie reagiert unmittelbar auf jede Fellberührung, ob dies nun ein leichtes Tappen mit der Fingerkuppe oder ein exzessives Spiel mit Trommelstöcken ist. Selbst zarteste Besenstriche werden umgesetzt. Es ist eine wahre Spielfreude, die Musiker beim Trommeln überkommt – insbesondere durch die Tatsache bedingt, dass alle Sensoren, also Fell-, Rand- und Drucksensoren, kalibriert und auf die individuelle Spielweise angepasst werden können. Auch das Fell lässt sich stimmen und kann bei Bedarf ausgetauscht werden.

Klangsynthese

Weiter gefördert wird der Spielgenuss durch die Vielseitigkeit der angebotenen hundert Werkspresets. Die Klangvielfalt reicht von traditionellen Drum- und Percussionsounds wie Cajons und Congas über Sitar und Balafon bis hin zu völlig neuen und einzigartigen Klängen. Weitere hundert Loops laden dazu ein, einfach mal mitzuspielen. Die Geschwindigkeit der Loops ist allerdings festgelegt und lässt sich nicht verändern. Generiert wird der Sound mit einer DSP-Soundengine, die aufgrund 36 softwarebasierter Einzel- und Doppelslot-Algorithmen, darunter analoge, additive und nichtlineare Synthese, wie auch Modeling-Verfahren, die Klangfarbe bestimmt. Gleichzeitig wird ein PCM-Klangerzeuger angesteuert, der zweihundert Instrumentsamples mit einer Auflösung von 24 Bit und einer Samplefrequenz von 48 kHz bereithält.

Doch damit noch nicht genug: Alle Klangprogramme können nach eigenen Wünschen bearbeitet und abgespeichert werden. Die vorhandenen Sounds lassen sich radikal verändern oder von Grund auf neu programmieren. Es können nicht nur Algorithmus und PCM-Instrumente ausgetauscht werden, auch Tonhöhe, Decayzeit und die Auswirkung der Schlagstärke auf Pegel und Klangfarbe sind veränderbar. So kann eine zufällige Tonhöhenverschiebung bei jedem Schlag erfolgen, auch das Spiel melodischer Phrasen entsprechend einer eingestellten Tonleiter ist möglich. Auch lassen sich Reverb und Delay hinzufügen. Zur Speicherung der Eigenkreationen stehen nochmals einhundert Speicherplätze zur Verfügung. Die Programmierung bedarf allerdings etwas Geduld. Aufgrund des kleinen Displays, das nicht angibt, welchen Parameter man aktuell bearbeitet, geht dies auch nur in Verbindung mit der Bedienungsanleitung. Eine wie auch immer geartete Schnittstelle zum Rechner sowie eine bedienerfreundliche Editorsoftware wäre hier sicher wünschenswert.

PC-Anbindung?

Damit kommen wir zum Punkt der PC-Anbindung. An dieser Stelle sollte man nun genau hinhören: Die Wavedrum ist ein Musikinstrument. Punkt. Auch wenn im Untertitel „Dynamic Percussion Synthesizer“ steht, ist sie nicht für Tastenspieler und Produzenten elektronischer Musik konzipiert, sondern richtet sich in erster Linie und vor allem an Drummer und Percussionisten. Um das volle Potenzial dieses Instruments auszuschöpfen, bedarf es der Aneignung gewisser Spieltechniken.

Der eine oder andere mag nun bedauern, dass die Wavedrum nicht auf MIDI-Noten hört und sich nicht als Controllerpad eignet. Das hat vor allem technische Gründe: Verschiedene Tonabnehmer nehmen direkt vom Schlagfell und vom Rahmen das Signal ab. Druck- und Positionssensoren und piezoelektronische Abnehmer unter dem Schlagfell ermöglichen es dabei, jeden noch so kleinen Impuls, wie Fingerbewegungen oder Kratzgeräusche, wahrzunehmen. Die Wavedrum kann mit traditionellen Handtechniken, wie Slapshots und Mutes, oder aber auch mit Drumsticks, Besen und jeglicher Art von Schlagwerk gespielt werden. Die Sensoren sind in der Lage, die nuancierte Schlagtechnik eines Spielers mit einer Auflösung von nahezu 17 Millionen Schritten darzustellen. Und hier käme nun der MIDI-Standard mit seinen gerade einmal 128 Rasterschritten daher, der zudem nur An und Aus und ein wenig Velocity kennt. Welcher Schlag sollte denn nun in einen MIDI-Event umgewandelt werden, welche Akzente fallen einfach unter den Tisch? Das Ergebnis wäre voraussichtlich vergleichbar mit einem Gate-Drumbeat, bei dem der Threshold zu hoch eingestellt ist.

Fazit

Die Wavedrum ist angetreten, erneut Musikgeschichte zu schreiben. Sie ist ein eigenständiges Percussioninstrument mit einer ganz außergewöhnlichen Ausdrucksstärke. Auch wenn es sich in erster Linie an „richtige“ Drummer und Percussionisten richtet, ist es aufgrund der sich anbietenden Vielfalt an möglichen Spieltechniken und Klanggestaltungsmöglichkeiten ebenso interessant für DJs und andere Musik-Performance-Künstler. Sie inspiriert geradezu zum Entwickeln neuer Klänge und individueller Ausdrucksmöglichkeiten. Der Preis ist daher angemessen. Die Wavedrum ist zweifelsfrei eine wertvolle Schatzkiste an frischen Sounds und bietet sich an, neue Wege und Maßstäbe im Trommelspiel zu beschreiten.

Testergebnis
ProduktnameWavedrum
HerstellerKorg
Preis594 €
Webseitekorg.de
Pro
  • Originalität und Soundvielfalt
  • Inspiriert zum kreativen Spiel
  • vielfältige Einsatzmöglichkeiten
  • echtes Schlagzeugfell und Anschlagsdynamik
  • sehr portabel
Contra
  • kleines Display
  • langsames Umschalten der Klangprogramme
Bewertung
1,5sehr gut

Mehr zu diesen Themen:

Diskutiere mit!

Hier kannst du den Artikel "Test: Korg Wavedrum " kommentieren. Melde dich einfach mit deinem maclife.de-Account an oder fülle die unten stehenden Felder aus.

Die Kommentare für diesen Artikel sind geschlossen.