Wenn man ihm dabei zuhört, wie er sich in für Außenstehende scheinbar belanglose Details vertieft, wird schnell klar, wie sehr Pieper das Fusion am Herzen liegt. Und wenn er sich, direkt, nachdem er den Hörer aufgelegt hat, in die Geschichte des Ladens zurückbeamt, spürt man immer noch die Begeisterung, die ihn ergriff, als er sich gegen einen Sicherheit spendenden Studienabschluss entschied, gegen einen 08-/15-Job, gegen die – wie er es ausdrückt – „Mainstream-Scheiße“ und ein geregeltes Leben: „Das Schlimmste ist doch wohl, mit vierzig da zu sitzen und nur an alte Zeiten zu denken“, sagt Pieper. Den Vorwurf muss er sich ganz gewiss nicht machen: Im zwölften Jahr des Bestehens ist das Fusion heute einer der langlebigsten Elektronikclubs Deutschlands, und auch wenn ihm von den Medien ein wenig die Aufmerksamkeit versagt wird, ist Kennern der Technoszene vollkommen klar, was sie an der Location haben: Bei einem Event im vergangenen Jahr reisten sogar Gäste aus Österreich an, und in der Szenezeitschrift „Raveline“ wurde das Fusion in direkter Konkurrenz mit den legendären Gegenstücken aus Köln, Berlin und Frankfurt zum fünftbesten Club des Landes gewählt. Und so fällt Piepers Einschätzung dementsprechend sehr optimistisch aus: „Wenn ich heute in die Zukunft blicke, dann denke ich eher: Früher war alles viel beschissener!“
Natürlich läuft auch heute nicht immer alles rund. Es gibt da sogar ein ziemlich fundamentales Problem: Münster. Dort nämlich hat Pieper sein Geisteskind eröffnet und sich damit zu einem ewigen Nischendasein verdammt. Denn obwohl die westfälische Metropole eine beispielsweise in Bezug auf Jazz ruhmreiche musikalische Vergangenheit aufweisen kann, hat elektronische Musik hier nie eine sonderlich große Rolle gespielt. Noch heute befindet sich die 280.000-Einwohner-Stadt in einer Art kreativem Dornröschenschlaf, suhlt sich in Chill-Out-Nostalgie und frönt vor allem der studentischen Vorliebe für Rock: „Für den gemeinen BWL- oder Jurastudenten ist das Fusion …“, – Pieper überlegt kurz und schüttelt sich dann demonstrativ –, „leicht unheimlich.“
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