Twitter-Alternativen kamen und gingen im Laufe der Jahre. Nur wenige konnten sich behaupten. Der deutsche Kurznachrichtendienst Jodel ist so ein Kandidat. Seit dem Oktober 2014 verfolgt Jodel ein ganz eigenes Kurznachrichtenprinzip. Der Student Alessio Borgmeyer gründete nicht nur ein eigenes Netzwerk, sondern sorgte wie einst Mark Zuckerberg mit seiner Idee besonders an Hochschulen für Aufsehen. Jodel richtet sich nämlich gezielt an Studierende. Das Besondere: Es gibt keine Registrierung, keine Profile und auch keine offensichtliche Selbstdarstellung wie in anderen sozialen Netzwerken. Stattdessen bleibt alles anonym und lokal. Und in der App: Jodel konzentriert sich nämlich ausschließlich auf die iPhone- und Android-Programme. Eine Browseransicht gibt es nicht.
- Studenten, da sie den Großteil des Netzwerks ausmachen
- Touristen, die lokale Tipps suchen
- Komiker, da die besten Witze die meisten Likes bekommen
- Singles auf der Suche nach Blind-Dates
Jodeln statt Zwitschern
Das 2014 online gegangene Netzwerk speist sich bisher ausschließlich aus Risikokapital großer Geldgeber. Dadurch ist es sowohl kostenlos als auch werbefrei. Bisher zumindest. Der Vergleich zu Twitter ist naheliegend. Beide Netzwerke konzentrieren sich im Kern auf den Austausch von Textnachrichten. Bei Jodel geschieht dies allerdings anonym. Es gibt – wie erwähnt – keine Benutzerprofile oder Follower. Dadurch steht die Nachricht selbst im Vordergrund. In der Regel handelt es sich dabei um Texte. Sie können aber auch Bilder posten und diese optional mit Text versehen.
Die zweite Besonderheit ist die Fokussierung auf lokale Botschaften. Beim Öffnen der App überprüft Jodel Ihren Standort und zeigt Ihnen lediglich Botschaften aus einem Umkreis von zehn Kilometern an. In der Stadt gibt es somit automatisch ein größeres Netzwerk als auf dem Land. Sie können aber auch einen Heimatort auswählen. Dadurch erhalten Sie immer Nachrichten von diesem Ort, ganz egal wo auf der Welt Sie sich gerade befinden.
Die Benutzerführung der App ist sehr simpel. Am unteren Bildschirmrand finden Sie die Hauptnavigation. Mit dieser wählen Sie zwischen den öffentlichen Jodel-Beiträgen, Ihren persönlichen Benachrichtigungen und Ihren Profilfunktionen. Die Jodel-Nachrichten können Sie wiederum nach den neuesten, am häufigsten kommentierten und beliebtesten Beiträgen filtern. In Ihrem Profil finden Sie eine Übersicht Ihrer eigenen Beiträge, Ihren Antworten auf andere Jodel, die von Ihnen bewertete Beiträge und Ihre gespeicherten Jodel.
Die Interaktion mit Jodel-Nachrichten fällt ähnlich spartanisch wie das Netzwerk selbst aus. Zu jeder Jodel-Botschaft können Sie einen Plus- oder Minuspunkt vergeben – ebenfalls anonym. Populäre Texte erhalten dadurch eine größere Sichtbarkeit, unbeliebte Nachrichten verschwinden ganz. Mit dem Erhalt dieser Punkte sammeln Sie Karmapunkte – je höher dieser Wert, desto besser. Einen konkreten Nutzen hat dieser Punktezähler aber nicht; Spaß macht er trotzdem. Sie können aber mehr als nur simple Punkte als Reaktion auf andere Jodel vergeben: Die Antwortfunktion unterstützt Texte und Fotos.
Jodel besitzt aber nicht nur skurrile, sondern auch praktische Funktionen. So können Sie Ihre eigenen Beiträge mit Hashtags versehen, mit deren Hilfe Sie mehrere Nachrichten gruppieren und zwischen ihnen navigieren. Besonders spannende, interessante und witzige Jodel-Beiträge pinnen Sie an, um sie für später zu speichern. Mithilfe von Push-Nachrichten informiert Sie die App über neue Antworten dieser angepinnten Beiträge oder Antworten zu Ihren eigenen Jodel-Meldungen.
Das Besondere an Jodel ist die Ausrichtung auf anonyme, aber lokale Einträge. Anders als bei Twitter haben Sie kein eigenes Profil oder gar eine Gefolgschaft. Stattdessen sammelt die App Text- und Bildeinträge aus der Umgebung. Das anonyme Posten und die Nähe machen den Reiz des Netzwerks aus. Wer könnte das wohl geschrieben haben? Mein Nachbar? Meine Mitbewohnerin? Meinen die etwa den Supermarkt vor meiner Haustür? Diese und weitere Fragen stellen Sie automatisch beim Lesen. Feedback zu Ihren eigenen Jodeln erhalten Sie ebenfalls anonym über sogenannte Karmapunkte.
Das Besondere an Jodel
Die Jodel-Community setzt sich aus (vermeintlich) jungen Menschen zusammen. Dabei merkt man der App ihre Entstehungsgeschichte und Zielgruppe ganz besonders an: Uni-Themen herrschen oftmals vor, Fragen zu Beziehungsproblemen und Blind-Dates tauchen wiederholt auf. Damit ist Jodel besonders für Studierende eine gute Gelegenheit, um das Uni-Leben aufzupeppen und erste Schritte auf dem neuen Campus zu wagen.
Durch die Fokussierung auf einen lokalen Umkreis und die Schnelllebigkeit der Statusmeldungen ergeben sich ganz eigene Dynamiken. Und Memes, also virale Internetphänomene – in Berlin zum Beispiel zu Partylocations für Touristen. Wer regelmäßig in die App schaut, bekommt somit ein Gespür für die eigene Umgebung. Durch die anonyme Nutzung ergeben sich interessantere Beiträge als in anderen Netzwerken. Niemand muss sich um seinen Status, sein Ansehen oder die Beliebtheit im Netzwerk kümmern. Das kann aber auch zu Übermut verleiten: In der Vergangenheit gab es bereits Fälle, bei denen der App-Anbieter mit den Behörden zur Strafverfolgung kooperierte und Nutzerdaten, etwa IP-Adressen, weitergeben musste. Bei Androhung von Straftaten wie Amokläufen hört der Spaß nämlich auf.
Ebenfalls ein klarer Vorteil zu anderen Netzwerken ist das (bisherige) werbefreie Angebot der App. Während Twitter, Instagram und besonders Facebook mittlerweile immer stärker auf die Einblendungen von Werbeanzeigen setzen, gibt es dergleichen bei Jodel nicht. Hier geben die Nutzerinnen und Nutzer den Ton an – bisher, denn auf Dauer kann dieses Modell nicht funktionieren. Nach mehreren Investitionen durch Risikokapital muss auch Jodel irgendwann einmal eigenes Geld umsetzen und verdienen.
Der nächste große Schritt dorthin wird vermutlich die Expansion in die USA sein. Ob die deutsche Campus-App im hart umkämpften Silicon Valley aber auf Interesse stoßen wird, steht derzeit noch in den Sternen. Bis dahin bleibt sie ihrem Kernkonzept allerdings treu: der – mehr oder weniger anonymen – Zusammenführung von launigen Beiträgen aus der Umgebung. Das kann für Studierende zum Uni-Alltag gehören, für die meisten bleibt es eine unterhaltsame und kurzweilige Twitter-Alternative.
Diskutiere mit!
Hier kannst du den Artikel "Statt Twitter und Facebook: Jodel, der Campus-Flurfunk" kommentieren. Melde dich einfach mit deinem maclife.de-Account an oder fülle die unten stehenden Felder aus.
Es gibt sehr wohl eine Browser Ansicht für Jodel!