Der Erfolg von Lego Mindstorms lässt sich leicht erklären. Mit dem programmierbaren Baustein Mindstorms EV3 verwirklicht man den Traum vom eigenen Roboter. Nebenbei steigt man noch in die Programmierung ein. Damit verbunden sind mathematische Fragen wie Werte und Variablen, aber auch Ablaufdiagramme und logische Verknüpfungen.
Mindstorms verwendet das relativ einfache Stecksystem von Lego-Technik, so dass sich Anknüpfungspunkte zu anderen Baukästen und Einzelteilen von Lego ergeben. Dieses Prinzip wird analog übertragen auf die Programmierung. Daher kann man quasi alles bauen. Einige sortieren Murmeln mit dem EV3, andere beschäftigen ihre Katze und die meisten bauen sich einen martialisch aussehenden Kampfroboter, der durch die Wohnung stapfen kann. In der Schul-Version des Lego Mindstorms EV3 programmiert man ein Fahrzeug für verschiedene Aufgaben als Anschauungsobjekt. Lego und Lego-Technik sind für sich genommen bereits vielseitige Plattformen. Mit Mindstorms wird die Plattform programmierbar.
Mindstorms oder Education
Den EV3 Stein von Lego gibt es in zwei unterschiedlichen Kästen. Die eine Version gehört zum EV3-Paket 31313, die andere Variante gehört zum Lego Mindstorms Education 45544. Letztere ist etwas teurer und bietet „out-of-the-box“ lediglich fünf Roboter-Modelle. Mit dem Home-Paket lassen sich zusätzlich zwölf weitere Roboter bauen. Man kann selbstverständlich mit beiden Kästen sowohl „zuhause“ als auch mit Kindern und in der Schule bauen. Aber es gibt ein paar Unterschiede, die es zu kennen lohnt.
Das Mindstorms-Paket 31313 gibt es regulär im Spielzeughandel, im Einzelhandel und auch online. Die Education-Box 45544 gibt es direkt bei Lego im Online-Store und bei ausgewählten Händlern. Die Edu-Version ist teurer, denn sie enthält mehr und höherwertige Sensoren. So gehören beim Edu-EV3 zwei Taster und der Neigungssensor sowie ein Ultraschall-Abstandmesser zum Lieferumfang. Der Home-EV3 kommt lediglich mit einem Taster und anstellte des Ultraschall-Sensors mit einem Infrarot-Sensor sowie einer Infrarot-Fernbedienung, die ihrerseits bei der Edu-Variante fehlt.
Der EV3-Stein von Lego ist hingegen identisch und kann sowohl mit der Edu-App als auch mit der Home-App programmiert und gesteuert werden. Man kann sich sogar die jeweils fehlenden Elemente und Bausteine hinzukaufen. Zusammengefasst eignet sich die Home-Edition eher für Roboter-Freunde, die viele unterschiedliche Modelle bauen wollen. Mit der Edu-Version gelingt der Einstieg in die freie Programmierung etwas leichter, weil die Sensoren mehr Möglichkeiten bieten.
Für den EV3-Stein von Lego gibt es zwei unterschiedliche Apps, weil es eben auch zwei unterschiedliche Kästen gibt. Die eine Version gehört zum EV3-Paket 31313, die andere Variante gehört zum Lego Mindstorms Education 45544.
Wenn man etwas dazu kaufen möchte, dann ist das Akku-Pack mit Netzteil empfehlenswert. Damit kann man den EV3-Stein im laufenden Betrieb aufladen. Ansonsten muss man seinen Roboter zum Teil zerlegen, um an das Batteriefach zu kommen. Kurzum: Das Akku-Pack vereinfacht den Betrieb.
Der Mindstorms EV3 Stein von Lego
Der Legostein EV3 ist seit September 2013 in Deutschland erhältlich. Er ist die dritte Evolutionsstufe nach dem NXT und dem ersten RCX. Vom NXT gab es auch eine 2.0. Computer-gesteuertes Lego gibt mehr oder weniger seit 30 Jahren. Die programmierbaren Legosteine RCX – das steht für „Robotics Invention System“, also Roboter und Erfinden – kamen 1998. 2006 tauchte der NXT – englisch „next“, also der Nächste – auf. Seit 2013 gibt es den EV3 und für den EV3 seit dem November 2015 eine iOS-App, mit der der Lego-Block am iPad programmiert werden kann.
Der Rechner-Stein ist in etwa so groß wie drei übereinander gelegte iPhone-4-Telefone von Apple. Technisch gesehen handelt es sich beim EV3 um einen vollwertigen Linux-Rechner mit SD-Kartenleser, zusätzlichem USB-Port und optionalem WLAN und Bluetooth 2.1. Der 300-MHz-ARM-9-Prozessor verfügt über 64 Megabyte RAM und 16 Megabyte Flash-Speicher. An der Unterseite befinden sich zum Anschluss von Sensoren vier Eingänge, die durchnummeriert sind. Vier Ausgänge für Motoren sind oben. Sie sind mit A, B, C und D beschriftet. Daneben gibt einen USB-B-Host-Anschluss für den Computer, um Updates und Programme einzuspielen. Im Prinzip kann man den EV3 auch mit seinen sechs Tasten und menü-gesteuert programmieren, aber das macht auf dem monochromen LCD mit 178 mal 128 Pixeln ohne Hintergrundbeleuchtung keinen Spaß. Im Tastenfeld befinden sich farbige LED, die man programmieren kann. Und nicht zuletzt liefert ein kleiner Lautsprecher an der rechten Seite bei Bedarf akustische Rückmeldung.
Das Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme – kurz: Fraunhofer IAIS – möchte mit seiner Initiative namens Roberta und insbesondere dem Projekt „Open Roberta“ das Interesse und die Motivation von Schülern für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (Mint) fördern. Bei der Bildungsmesse didacta in Köln stellten Fraunhofer-Experten vom 16. bis 20. Februar 2016 das Roberta-Konzept und die kostenlose Online-Plattform „Open Roberta Lab“ vor. Damit soll gezeigt werden, wie einfach Programmieren sein kann und wie man Kinder und Jugendliche für Technik begeistert. Infos: open-roberta.org
Zur Einrichtung – etwa zur Verbindung mit einem iPad oder zum Koppeln der iOS-App als Fernbedienung – muss man sich am EV3 durch das Menü auf dem nicht immer gut lesbaren Display hangeln. Bei der Programmierung kann man das Display nutzen und eigene Bilder anzeigen oder Messwerte und Meldungen ausgeben.
Mindstorms EV3: Monster mit Motoren
Zum Lego Mindstorms EV3 gehören drei Motoren. Zwei starke Motoren für Antriebe, der kleinere Motor ist nicht ganz so kräftig, dafür lässt er sich präzise steuern. Man kann mit dem Education-EV3 einen Roboter bauen, der wie ein Segway auf einer Achse fährt und selbständig die Balance hält. Das Standard-Anschauungs-Objekt ist ein Fahrzeug mit einer Achse und einem stützenden Kugellager. Da die Räder jeweils einzeln betrieben werden, lassen sich Kurven und enge Wendemanöver fahren.
Für diesen Artikel baute ich das Standard-Fahrzeug und programmierte die Fahrt zu einem Gegenstand, der dann mit einem Ausleger umfasst und verschoben wurde. Mein Programm nutzt den Abstandssensor und spielt zum Programm-Ende eine Melodie ab.
Die Programmierung erfolgt grafisch in der Lego-Software wahlweise auf dem Mac oder am iPad. Am Mac hat man mehr Möglichkeiten und kann mit einem USB-Kabel schnell und zuverlässig einen Anschluss herstellen. Mit Klick auf den Startknopf in der Software wird das Programm auf den Lego-Brick übertragen und ausgeführt.
Die Mac-Version der Software wirkt etwas altbacken und bieder. Das beginnt schon beim Installer als PKG-Package-Datei und führt sich optisch fort. Programm-Fenster sehen ein bisschen aus wie aus der Windows-Welt übernommen. Die Edu-Version ist lizenziert. Man bekommt sie erst nach Registrierung eines Nutzerkontos im Bildungsbereich bei lego.com. Die Home-Edition kann frei geladen werden. Zusätzlich zum fast 700 Megabyte-großen Download gesellen sich noch nachladbare Bauanleitungen, die man mit dem Programm anfordern kann. Man benötigt daher ein bisschen mehr Platz auf dem Mac und gegebenenfalls eine flotte Online-Anbindung.
Workshop: Lego EV3 am Mac programmieren
Programmieren mit Power mit dem Mindstorms EV3
Programmiert wird in so genannten Programmierblöcken. Der Start-Block markiert den Anfang einer Programmierblock-Sequenz. Ein Programm kann mehr als eine Programmierblock-Sequenz enthalten. Alle Programmierblock-Sequenzen mit einem Start-Block werden bei der Ausführung eines Programms automatisch gestartet und gleichzeitig ausgeführt.
Für einen modernen Sachunterricht in der Grundschule gibt es von Lego Education den neuen Unterrichtskasten WeDo 2.0. Dabei handelt es sich um ein Set, das nicht so umfangreich ist wie der EV3-Kasten. Enthalten sind zum Beispiel ein Motor und zwei einfache Sensoren.
Dennoch kann man mit WeDo 2 zum Beispiel ein Fahrzeug bauen und es als Sonde die Umgebung erkunden lassen. Das Set wendet sich ganz klar und eindeutig an den Bildungsmarkt und wird typischerweise in Klassenstärke verkauft. Ein Kasten kostet rund 155 Euro. Pakete für mehrere Schüler, bei denen sich immer zwei einen Bausatz teilen sollen, werden günstiger und enthalten auch separat erhältliche Unterrichtsmaterialien.
Für einen Programmablauf kombiniert man mehrere Blöcke und richtet jeweils die gewünschten Parameter ein. Dazu dienen Eingabefelder und Auswahllisten an den Blöcken. Wenn man seine Lego-Mindstorms-Roboter streng nach Anleitung baut und programmiert, dann stellen sich schnell Erfolgserlebnisse ein. Die Bauanleitungen sind Stein-für-Stein, Element-um-Element perfekt. Da kann man nichts verkehrt machen. Sobald man aber die vorgefertigten Pfade verlässt und mal schaut, was man mit den EV3-Sensoren noch so alles anstellen kann, braucht man Experimentier-Freude. Denn das Programm wird erst auf den EV3 Stein von Lego geladen und dann ausgeführt.
So kann man zum Beispiel die Motoren nicht nur laufen lassen, sondern die Motorumdrehung ihrerseits als Sensor-Variable nutzen. Zum Beispiel: Nach der ersten Umdrehung wird ein anderes Ereignis geschaltet. Zusätzlich lassen sich logische Schleifen bilden oder Bedingungen prüfen. Mindstorms kann sogar rechnen und per Bluetooth Nachrichten an andere EV3-Einheiten schicken. Gerade diese Vielseitigkeit macht den besonderen Reiz von Lego Mindstorms EV3 aus.
Fazit
Lego Mindstorms ist faszinierend, weil man selbst bestimmt, wie komplex es werden soll. Das macht den EV3 in der Education-Version für rund 430 Euro für das Bildungswesen interessant, weil der Lehrer oder die Lehrerin in 48 Übungseinheiten sehr gut dosieren kann, wie kompliziert es werden soll. Die vorbereiteten Roboter-Modelle und Experimente zeigen auf jeden Fall, dass Lego weit mehr ist als Spielzeug und Kinderkram. Es ist eine solide Plattform zum Lernen und zum Bauen. Und der Spaß am Experiment kommt auch nicht zu kurz.
Lego Mindstorms EV3 Programmer
Entwickler: LEGO Systems
Preis: kostenfrei
System: iPad (iOS 8.0)
Web: apple.co/1RBfLET
Lego Mindstorms Robot Commander
Entwickler: LEGO Systems
Preis: kostenfrei
System: Universal (iOS 6.0)
Web: apple.co/1UpLhwN
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Linux trefft Lego ?
Urgs. Korrigiert. Danke für den Hinweis. ;-)
Toller umfangreicher Artikel! Danke auch für die Erwähnung von Open Roberta.
Vielleicht könnte man noch ergänzen, dass man mit dem #OpenRobertaLab der EV3 mit einer an scratch angelehnten grafischen Programmiersprache programmiert werden kann. Und mit Open Roberta Sim hat das Lab gleich eine 2D Roboter -Simulation integriert , mit der man ganz ohne realen Roboter Programmieren lernen kann.
Alle weiteren Infos unter http://wiki.open-roberta.org
Alles natürlich kostenlos (und Open Source) und auch super mit dem iPAD, Mac, PC und Linux-Rechner via Browser nutzbar.
Best
Thorsten