Was für Millionen an Computerspielern längst selbstverständlich ist, wird von Büroanwendern oft noch verschmäht – ein Programm per Webbrowser zu verwenden. Anfangs erfordert es einige Umgewöhnung: Word-Dokumente oder Keynote-Präsentationen im Browserfenster zu bearbeiten, wirkt ungewohnt und erste Versionen von Web-Office-Programmen vergraulten durch lahme Reaktionen und Ausfälle viele Nutzer. Heute sind aber nicht nur Server und Internetverbindungen leistungsfähiger, moderne Browser eignen sich ebenfalls besser für Webanwendungen.
Der Umstieg auf ein Cloud-Office oder zumindest gelegentliche Nutzung bietet einige interessante Vorteile. Vor allem bei Dokumenten, die man in einer Arbeitsgruppe bearbeitet und aktualisiert, ist ein Web-Office Gold wert. Das gilt für Privatleute wie Firmen: Eignet sich ein Web-Tabellendokument doch gleichermaßen für die Teilnehmerliste eines Tennisclubs wie für das Sammeln von Vertriebs-Daten oder Arbeitspläne. Nicht zuletzt ist man nicht mehr an seinen Arbeitsrechner gebunden und kann plattformunabhängig und von mehreren Geräten aus auf seine Dokumente zugreifen. Unternehmen und Schulen schätzen zudem die einfache Administration. Nach einer Anmeldung sind die drei Programmpakete kostenlos nutzbar, die Google-Version ist außerdem als kostenpflichtige Firmen-Version verfügbar – die vor allem in den USA sehr erfolgreich ist.
Das Konzept der drei Office-Lösungen ist unterschiedlich. Während die Office-Pakete von Apple und Microsoft im Prinzip Web-Versionen der bewährten Desktop-Versionen sind, handelt es sich bei der Google-Variante um eine komplett eigenständige Lösung – es gibt keine Desktop-Version.
Die Online-Pakete haben noch mehr zu bieten als Online-Versionen von Word und Konsorten. Google und Microsoft bieten in ihren Lösungen noch einige weitere interessante Programme. Unbedingt ansehen sollte man sich bei Office Online das moderne Präsentationsprogramm Sway, das sich für schnelle Layouts, Newsletter und interaktive Präsentationen hervorragend eignet – unter Umständen besser als Power Point oder Word. Bei Google sollte man nicht die gute Integration in andere Google-Dienste wie Hangout, Youtube und Picasa übersehen. Eine interessante neue Ergänzung ist übrigens das Notizen-Tool Keep, das es jetzt in einer iOS-Version gibt.
Dank moderner Webtechnologien nutzt man die Anwendungen fast wie Desktop-Programme. Man verwendet Menüleisten, blendet über ein Kontextmenü weitere Funktionen ein und kann Fotos mittels Ziehen & Ablegen einfügen. Längere Zeitverzögerungen zwischen Eingabe und Ausführung treten nur bei langsamer Internetanbindung auf – bei VDSL oder einem schnellen Firmennetz gibt es kaum noch Unterschiede zwischen der Bedienung einer Desktop-App oder einer Web-App. Mit den Mobilbrowsern von iPad und iPhone sind die Lösungen leider nur begrenzt kompatibel, nicht einmal iCloud macht da eine Ausnahme. Für alle drei Pakete gibt es aber eigene iOS-Apps.
Microsoft Online
Typisches Problem eines Mac-Anwenders: Eine E-Mail enthält eine Excel- oder Power-Point-Datei und man muss sie öffnen und bearbeiten. Die Online-Pakete bieten hier eine kostenlose Alternative zu platzfressenden und teuren Office-Paketen.
Allein schon, um sich eine teure Microsoft Office-Version sparen, empfiehlt sich ein näherer Blick auf die Online-Version namens Office Online. Das Paket steht nach einer Anmeldung bei Microsofts Webdienst One Drive zur Verfügung und bietet Online-Versionen von Word, Excel, PowerPoint, Outlook, One Note und dem neuen Präsentationstool Sway. Die Bedienung und Oberfläche ähneln stark der neuen Mac-Version Office 2016, das Design empfinden wir allerdings als etwas trist. Die farblose Oberfläche ist funktional und komfortabel, aber nüchtern und zweckmäßig. Größte Stärke des Microsoft-Pakets ist die gute Unterstützung von Office-Dateien. Jede der drei Office-Lösungen kann Microsoft Office-Dateien öffnen, aber nur Office Online unterstützt sie nativ.
Erhält man eine Word-Datei, kann man die Datei problemlos mit Word Online öffnen, bearbeiten und wieder als DOCX-Datei speichern. Das sollte nicht unterschätzt werden: Google Docs und iWork müssen ein Office-Dokument zuerst in ihr eigenes Dateiformat konvertieren, wodurch Formatierungen und Spezialfunktionen verloren gehen können. So verrutschen dann unter Umständen die Fußnoten in einer Abschlussarbeit und ein in Word erstelltes Formular sieht nach der Bearbeitung in Pages völlig anders aus. An der Bedienung gibt es wenig auszusetzen, trotzdem macht das Paket den Eindruck einer Notlösung. Auf viele Funktionen der Desktop-Versionen muss man verzichten, die Online-Version soll vermutlich nicht die Verkäufe der Vollversion schädigen. So unterstützt die Online-Versionen kein Verfolgen von Änderungen und Makros, Excel Online kann keine Pivot Tables ergänzen und Datenschnitte einfügen. Bei Power Point Online muss man neben anderen Einschränkungen auf das Ergänzen von Diagrammen und Hintergrundbildern verzichten, Word fehlen etwa das Ergänzen von Formen und Textfelder, Grammatikprüfung und die Nutzung von Textarten und SmartArt. Bei Excel muss man außerdem auf eine Größenbegrenzung der Workbooks achten, eine 5,9 MB große Excel-Datei mit Messdaten kann unser Online-Tabellenprogramm nicht öffnen. Allein durch die gute Format-Unterstützung ist aber ein Account bei One Drive sehr empfehlenswert – schon als „Office-Datei-Viewer“. iOS-Apps sind verfügbar, die kostenlosen Versionen bieten aber nur einen beschränkten Funktionsumfang.
Google Docs
Den schlichtesten Eindruck macht die Office-Lösung von Google, sie bietet die drei Anwendungen Docs, Tabellen und Präsentationen. Die Bedienung ist einfach und problemlos, ein wenig erinnern die drei Programme an Open Office. Ein Schwachpunkt ist Präsentationen, das wenig Funktionen bietet. Bei der Textverarbeitung vermissen wir unter anderem einen Thesaurus, ungewöhnlich finden wir das prominent platzierte Formel-Werkzeug. Für alltägliche Büroarbeiten reicht der Funktionsumfang aber völlig aus. Gut gefällt uns bei der Tabellen-App die neue Diagramm-Funktion, die wie bei Excel 2016 automatisch Diagramme erstellt und vorschlägt.
Eine Stärke dieser Lösung ist die gute Formatunterstützung, die wichtigsten Office-Dateien konvertiert und öffnet Google Docs problemlos. An seine Grenzen stößt Google allerdings bei einer unserer Testdateien, einer 5,9 MB großen Tabellendatei mit komplexen Diagrammen. Ein weiterer Problemfall sind Daten mit Makros. Aber an Dateien mit Skripten scheitert schließlich sogar der Konkurrent von Microsoft. Beim Export bietet das Tool eine Vielzahl an Formaten und liefert gute Ergebnisse.
Leider scheint aktuell der Schwerpunkt der Entwicklung auf der Android-Version von Google Docs zu liegen, die iOS-Versionen behandelt Google etwas stiefmütterlich und gönnt ihnen weniger Funktionen. So fehlt beispielsweise die Diktierfunktion der Android-Version. Eine interessante Besonderheit sind die sogenannten Add-ons. Über einen Markplatz kann man seine Google-Docs-Version um Funktionen wie Chart-Tool oder Musik-Notation ergänzen. Die meisten dieser Tools sind jedoch englischsprachig. Einen guten Eindruck macht Google Docs im Bereich Performance. Der Speicherdienst Google Drive ist beim Upload und Download von Dateien schneller als iCloud und Live und das Öffnen von Dokumenten und Ändern von Formatierungen ist angenehm schnell. Bei Microsoft dauert das Öffnen eines einseitigen Dokumentes drei Sekunden, Pages benötigt lahme sieben Sekunden, während das Google-Dokument nach anderthalb Sekunden verwendbar ist.
Was man bei Google Docs wissen sollte: „Löscht“ man eine Datei in Google Docs, landet sie im Google-Drive-Papierkorb. Freigegebene Dateien sind aber bis zur endgültigen Löschung verfügbar. Was leider bei den Online-Versionen von Microsoft und Apple fehlt, ist das Verfolgen von Änderungen. Dieses für Korrekturen wichtige Feature bietet nur das Google-Paket.
Google Docs ist kostenlos nutzbar, für Unternehmen gibt es mit Google Apps for Work eine Version für Unternehmen. Ab 40 Euro pro Jahr erhält der Unternehmenskunde unter anderem mehr Speicher, geschäftliche E-Mail-Adressen, sowie Sicherheits- und Administrator-Funktionen.
iWork for iCloud
Erfolgreich hat Apple seine Apps auf allen Plattformen vereinheitlicht: Sowohl auf dem iPad, dem Mac oder im Browser ist die Oberfläche sehr ähnlich. Manche Anwender waren von den aktuellen Versionen von Keynote, Pages und Numbers enttäuscht, fehlen doch manche Funktionen der Vorversion. Dafür ist jetzt der Funktionsumfang auf Mac, iPhone und Web fast identisch, was den problemlosen Dateiaustausch und Wechsel zwischen den Mac-Plattformen ermöglicht. Die Oberfläche wirkt etwas verspielt, am Funktionsumfang gibt es wenig auszusetzen. So ist die Online-Version von Numbers die einzige der drei Lösungen, die unsere 5,9 MB große Excel-Testdatei öffnen kann. Optisch gefällt uns die einfache Bedienung, so schreckt Apple als einziger Anbieter nicht vor großen, aber gut lesbaren Menüs mit großer Schrift zurück. Nicht zuletzt ist iCloud interessant für iPhone-Besitzer mit Windows-Rechner, gibt es doch keine Windows-Versionen der iWork-Apps. Einsteiger finden sich in der Oberfläche schnell zurecht, gute Vorlagen helfen beim Einstieg.
Verbessern sollte Apple aber unbedingt die Performance. Vor allem das Öffnen eines Dokuments dauert einfach zu lange. Das ist nach unserer Erfahrung oft eine Frage der Tagesform und lag während unseres Tests vielleicht daran, dass Apple zeitgleich El Capitan veröffentlichte. Während unseres Tests öffnete iCloud unser Dokument ärgerlicherweise mal sehr schnell, dann müssen wir längere Zeit warten. Google und Microsoft lieferten da zuverlässigere Performance.
Unschön finden wir außerdem, dass Apple den kleinsten Speicherplatz von 5 GB bietet, den sich die Office-Programme mit allen anderen Geräten des Nutzers teilen müssen. Interessant ist das Web-iWord aber nicht zuletzt für Windows-Anwender mit iPhone oder iPad. Keynote, Pages und Numbers sind schließlich auf neuen iOS-Geräten vorinstalliert und die Webversion ist ein guter Ersatz für eine Windows-Version der iWork-Suite.
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