Es ist eine Krux. In einer vernetzten Welt sprechen wir immer weniger mit dem Gegenüber, dafür aber die Geräte immer mehr untereinander. Es gibt dabei zwei separate Facetten, die sich zu betrachten lohnen. Die eine handelt von einer Industrie, der wir vertrauen, und die gedankenlos Ideen umsetzt, ohne die Konsequenzen im Blick zu haben. An dieser Stelle, bin ich ziemlich sicher, kann Apples System der differentiellen Privatsphäre helfen, die Ideen so zu realisieren, dass sie nicht mit dem Datenschutz und vor allem der Privatsphäre konfligieren. Doch daneben gibt es noch die Facette der Globalisierung, die dem Konsumenten die Möglichkeit genommen hat, eine gesunde Skepsis an den Tag zu legen. Im Ergebnis werden wir an dieser Stelle zu Opfern von krimineller Energie und womöglich autoritären Systemen auf der ganzen Welt.
Alles kommuniziert, nur wir stellen es nicht in Frage
Da gibt es Kinder-Puppen, die unser Zuhause aushorchen, und wir stehen applaudierend daneben. Wir vertrauen zum Teil auf Überwachungskameras, die wir beim Discounter erworben haben und die aber ein Live-Video aus unserer Wohnung ungeschützt im Internet übertragen. Nicht nur machen wir es Einbrechern so besonders einfach, wir verzichten vor allem auf ein besonderes Gut: unsere Privatsphäre. Aber es sind nicht nur Billiganbieter. Es ist eine Industrie, die Ideen hat und aber nicht richtig durchdenkt. Da sind Smart TVs von Samsung, deren Mikros uns ungefragt aushorchen, Laptops von Lenovo, die Daten übertragen und ja, dann gibt es da noch die schöne neue Welt des Internet der Dinge. Selbst Sexspielzeug verfügt über Mikrofone und steht im Verdacht, Audioaufnahmen intimster Momente auf die Cloud-Server des Herstellers übertragen zu haben. Gerade dieses Beispiel zeigt ein grundlegendes Problem: Der Lauschangriff fand über die verbundenen Android-Smartphones statt. Die Nutzer haben offenbar selbst zugestimmt, da die App die Berechtigung erfragte, ob es das Mikrofon nutzen dürfte. Die Entwickler sprechen von einem Bug, ein Update soll die Übertragungen abgestellt haben.
Apples „differentielle Privatsphäre“ als sinnvolle Ergänzung?
An dieser Stelle kommt Apples System der „differentiellen Privatsphäre“ zur Sprache. Warum? Es bietet die Möglichkeit für Firmen, benötigte Daten zu erhalten, aber ohne Rückschlüsse auf den Nutzer ziehen zu können. Das letzte Beispiel des Vibrators, der einen intimen Moment über das verbundene Android-Smartphone an den Hersteller schickt, taugt freilich nicht dazu. Dass dieses Spielzeug überhaupt Zugriff auf das Mikrofon erhalten hat, soll mit der Sprachsteuerung zusammenhängen.
Die „differentielle Privatsphäre“ hingegen taugt sehr gut, um passive Daten auszuwerten, wie den Blutdruck, die zurückgelegten Schritte am Tag, aber auch die Auswertung von Fallbeispielen – wie viel häufiger beispielsweise Nutzer auf eine gewisse Stelle in einem Programm tippen als auf eine andere. Vielleicht taugt Apples Ansatz auch einfach nur dazu, andere Anbieter sich Gedanken machen zu lassen, wie man auf ähnliche Art verfahren kann, damit es gar nicht erst zu peinlichen Momenten kommen muss.
Eigene Sorgfalt walten lassen, statt krimineller Energie freien Lauf
Die zweite Facette, die ich ansprechen wollte, hat mit einem Beispiel zu tun, das ebenfalls jüngst publik wurde. Und zwar geht es um die „Gaming-Tastatur“ MantisTek GK2. Die kostet knapp 50 Euro und ist in manchen Ländern sehr beliebt bei PC-Gamern, da sie viele Funktionen zu einem akzeptablen Preis bietet. Wie jetzt bekannt wurde, hat die Tastatur heimlich alle Benutzereingaben aufgezeichnet und auf Server in China übermittelt. Angenommen Sie haben dieses Produkt eingesetzt und damit aber den Log-in beim Onlinebanking vorgenommen, wundern Sie sich nicht, wenn irgendwann Ihr Konto leergeräumt wird.
Doch es ist gar nicht mein Ansinnen, dieses Beispiel über Gebühr auszuschlachten. Es geht vielmehr darum, dass sich daran zwei Dinge prima beschreiben lassen. Das eine ist die zunehmende Hilflosigkeit, vor der Nutzer stehen, die auf Amazon und eBay mit Produkten zum Beispiel aus Fernost konfrontiert werden, deren Anbieter jedoch ausschließlich Google Translate für sich haben arbeiten lassen, um die Funktion Ihrer Produkte zu bewerben. Es kommt so zwangsläufig zu Missverständnissen.
Doch daneben gibt es noch einen anderen Aspekt, den Sie beeinflussen können: Ihre vermeintliche „Geiz ist geil“-Mentalität, die im Fall der MantisTek-Tastatur offenbar zu einem Problem wurde. Sie haben sicherlich im Rahmen der Berichterstattung um die Paradise Papers mitbekommen, dass Apple, Nike und viele andere Unternehmen, die Ihnen persönlich gar nicht so unsympathisch sind, Strategien zur Steuervermeidung anwenden. In dem Kontext lohnt es sich darauf hinzuweisen, dass es angesichts neuer Möglichkeiten und globaler Marktplätze wie eBay oder Amazon viele „Billigprodukte“ vor allem aus Asien und Indien bei uns zu kaufen gibt. Für die Konsumenten bedeutet dies auf den ersten Blick eine riesige Ersparnis. Neben zum Teil total falsch geführten Diskussionen über die Qualität dieser Produkte wurden ebenjene aber in den Enthüllungen um die Paradise Papers ebenfalls erwähnt. Denn: Die Anbieter umgehen geltende Steuergesetze und bieten Produkte so noch billiger an. Wenn Sie in Zukunft also billig einkaufen und Wochen auf Ihre Ware warten, weil Sie für ein anderes Produkt mehr ausgeben müssten als sie wollen, sollten Sie daran denken, dass Sie dem Fiskus „und“ sich selbst keinen Gefallen tun. Dies ist allerdings kein Thema, das für den Holzschnitt geeignet ist. Denn: Wir wollen und können niemanden in Sippenhaft nehmen. Es gibt Anbieter die gut, günstig und ohne Lauschangriff Produkte anbieten. Vielleicht ist an dieser Stelle unsere Geduld gefragt, sich über einen längeren Zeitraum kundig zu machen, ehe wir eine Kaufentscheidung treffen.
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Hier wird ein wichtiges Thema angesprochen. "Geiz ist Geil" und "noch billiger". Man sagt, wer billig kauft, kauft mindestens zwei mal … das ließe sich sicherlich auch auf das Spionageverhalten mancher Produkte umbrechen. Leider wird dieses Datenschutz- & Privatsphäre Thema viel zu selten in den Medien angesprochen, oder aber von den meisten Leuten ignoriert. Schade eigentlich, denn würden sie mal live und in Farbe sehen, was ihre billigen Produkte alles mit Ihren Daten machen, würden sie es sich wohl noch viel gründlicher überlegen, ob sie nun die 100€ sparen wollen oder nicht.
Stimmt, so gesehen sind iPhones die günstigsten Geräte auf dem Markt, denn Persönlichkeitsrechte lassen sich nicht in Geld aufwiegen, Geld kann wieder verdient werden. Das habe ich aber schon immer gesagt, deswegen ist es mir auch egal, wenn Android-Fanboys über den Preis des iPhone X heulen.