Jony Ive muss nicht mehr arbeiten. Nie wieder. Und wenn die Familie sein Vermögen gut verwaltet, werden auch die nachfolgenden Ive-Generationen nicht mehr arbeiten müssen. Jony Ive arbeitet schon lange nicht mehr, um sich am Wochenende auch mal ein Croissant statt Knäckebrot leisten zu können. Jony Ive arbeitet, weil er es will. Weil er ein Besessener, ein Getriebener ist, der ohne Arbeit wohl kaum leben könnte. Gut möglich, dass das soweit geht, dass er seinen Job gar nicht als Arbeit empfindet. Es wirkt stets so, als tue Ive genau das, was er am liebsten tut.
Ive muss beschäftigt werden
Apples aktuelle Position und Marktmacht ist im Wesentlichen drei Menschen zu verdanken: Steve Jobs, Tim Cook und Jonathan Ive. Natürlich haben die drei es auch nicht allein hinbekommen, das steht außer Frage. Aber sie waren und sind die Erfolgsgaranten. Jony Ive hat sich ein Standing erarbeitet, dass es ihm erlauben würde zu tun und lassen, was er will.
Käme er morgen auf die Idee doch lieber wieder einmal Möbel zu entwerfen, könnte er ohne Angst und Sorge um seine Zukunft direkt seinen Hut bei Apple an den Nagel hängen und die Branche wechseln. Um so einen Menschen zu halten, muss man ihm interessante Aufgaben geben. Auch deshalb wird Jony Ive nicht „Nein“ gesagt haben, als man ihm das Software-Design-Team anvertraute. Auch deshalb wird Jony Ive seine Finger beim neuen Apple Campus im Spiel haben. Auch deshalb wird Jony Ive mit Angela Ahrendts am Redesign der Apple Stores arbeiten.
Genius loves company
Apple ist glücklich wenn Jony Ive glücklich ist, so viel steht fest. Es ist gut vorstellbar, dass einer wie Ive kein Problem damit hat, 60 Stunden pro Woche im Design-Labor zu sitzen, jedoch halbwegs wahnsinnig wird, wenn er auch nur ein Excel-Dokument geschickt bekommt. Und letzteres bleibt in einer Management-Position nicht aus.
Es wäre dann eine logische Konsequenz, Ive zumindest nominell einen weiteren Schritt auf der Apple-Karriere-Leiter hochsteigen zu lassen, damit er die ihm lästigen Aufgaben delegieren kann - wie jetzt mit Richard Howarth (kommender Vice President of Industrial Design) und Alan Dye (kommender Vice President of User Interface Design). Beide sind schon länger bei Apple und haben tragende Rollen in Sachen iPhone übernommen.
Es ändert sich nichts
Wahrscheinlich wird sich durch diese Beförderungen für Ive, Howarth und Dye in der Praxis genau genommen gar nichts ändern. Es ist davon auszugehen, dass die neuen Job-Titel lediglich eine Formalisierung des status quo sind. Die drei werden sich die Aufgaben ohnehin schon entsprechend geteilt haben und das wird nun eben durch die neuen Job-Titel reflektiert.
Außerdem setzt Apple somit ein Zeichen, das einer „Steve-Jobs-Situation“ vorbeugt. Als Steve Jobs sich zunächst zurückzog und dann verstarb, war Apple in den Augen vieler praktisch schon tot. „Apple ohne Steve Jobs? Das kann nicht funktonieren.“
Ein ähnlicher Druck baut sich seit dem Ableben Steve Jobs um Jony Ive auf. Mit diesen neuen Job-Titeln und dem damit verbundenen Platz im Rampenlicht für Howarth und Dye zeigt Apple schon jetzt, dass man fähiges Personal hinter Ive hat und Leute in der Hinterhand hält, die dort weiter machen können, wo Ive aufhören wird.
Kuriose Veröffentlichung
Der einzige echte Aufreger in der aktuellen Causa Ive ist tatsächlich nur, wie sie zu Tage gekommen ist. Stephen Fry ist zwar seit Ewigkeiten als Apple-Fan bekannt. Als großer Leaker von bislang „geheimen“ Apple-Informationen hat er sich bisher jedoch nicht hervorgetan. Interessant ist auch der Zeitpunkt der Veröffentlichungen. Schlechte Nachrichten (und in den Augen vieler Kommentatoren handelt es sich hierbei ja genau darum) werden traditionell an einem Freitag veröffentlicht.
Da können die Börsen nicht mehr reagieren, respektive sich über das Wochenende wieder erholen. Außerdem sind den meisten Menschen Nachrichten, die nicht auch als Tagesschau-Eilmeldung durchgehen würden, sowieso egal. Mit einer Veröffentlichung am Montag macht Apple klar, dass es sich aus der Sicht des Unternehmens keineswegs um eine schlechte Nachricht handelt. Im Gegenteil.
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